Auszeit für eine lange Reise - Teil2: Amerika
17.05.2022: Guayaquil
Heute haben wir uns für 10 Uhr mit Fabrizio verabredet. Er will uns heute Guayaquil zeigen.
Vorher gehen wir noch in sein Restaurant zum Frühstück.
Dieser Boule besteht aus den Kochbananen, den „platanos“ , Käse und Speckwürfeln—ganz schön mächtig, selbst ich schaffe nicht alles
Das kleine Restaurant: hier gibt es Frühstück und lunch—für Beides sind die Angebote sehr attraktiv, sodass die Nachfrage auch groß ist, wie uns Fabrizio später erklärt. Um 17 Uhr schließt es dann. Er selber kümmert sich nicht mehr darum, hat es seiner älteren Tochter weitestgehend überlassen.
Nun sind wir unterwegs: Fabrizio fährt, telefoniert, redet und zeigt Thomas Fotos.
Ich versuche auf der Rückbank zu entspannen
Die „Catedral Catolica Metropolitana de Guayaquil“ (offiziell Kathedrale St. Peter) ist gleich nebenan. Sie ist relativ neu (gebaut von 1924 bis 1937). Die ursprüngliche Kathedrale war komplett aus Holz und fiel in 1892 einem großen Feuer zum Opfer.
Überall sind die Leguana zu finden. Wir beobachten, wie sie auf Bäume und Büsche klettern und sich an den grünen Blättern satt essen.
Auffällig hier in diesem - aber auch in vielen anderen Parks - ist die hohe Präsenz von Polizisten bzw. Sicherheitspersonal. Fabrizio erzählt uns, dass die Regierung sehr viel investiert, um die Kriminalität weiter zurück zu drängen. Es macht sehr gute Fortschritte. Es gebe zwar einige Nachbarschaften, in die er auch nie bei Nacht gehen möchte, aber in allen Zonen, in denen Polizei präsent ist, gibt es kaum Kriminalität. Übrigens haben wir immer wieder festgestellt, dass sie sehr hilfsbereit sind und immer freundlich grüßen.
Übrigens sind die Parks in der Stadt sehr gepflegt. Vor 10 Jahren war dieser Stadtteil sehr schmutzig und schäbig. Dann gab es eine Initiative, die Stadt zu verschönern. Wir können bestätigen: es ist gelungen.
So schön es mit den Leguanen ist: sie hinterlassen ihre Ausscheidungen auf den Wegen. Und als wir unter einem Baum hergehen, tropft es plötzlich von oben und wir suchen schnellstens das Weite
Die Verzierungen an der Kathedrale sind sehr schön und bis ins Detail hervorragend herausgearbeitet.
Wir setzen uns eine Weile auf eine Bank vor die Krypta der Kathedrale. Hier sind viele Priester beigesetzt.
Eines der Seitenschiffe mit beeindruckenden Fensterbildern. Jedes Fenster der Kathedrale hat eine andere Abbildung.
Im Atrium - welches von zwei Seiten betreten werden kann - sind an beiden Längsseiten kleine „Büros“. Hierbei handelt es sich um Bürgerbüros, in den die Bürger bzw. auch die Unternehmen ihre Steuern bezahlen. Je nachdem welche Steuern zu begleichen sind, muss in ein anderes „Büro“ gegangen werden.
Alles hinter Glastüren, man kann also sehen, ob und wer darin sitzt
Ein wirklich interessantes „Finanzamt“
Diesen Herrschaften verdankt Guayakil seinen Namen. Einer Legende nach verweist ein legendärer Häuptling der Puruhá-Indianer namens Guayas und seine aus dem Hochland stammende Frau Quill, die der Legende nach er getötet haben soll, bevor er sich selbst ertränkte, um nicht den Spaniern in die Hände zu fallen.
Es gibt aber viele weitere Theorien und Legenden. Die Gründung geht jedoch in allen Versionen auf die Zeit um 1542/43 zurück.
Torre Morisca - er steht am Malecon 2000. Eigentlich kann der Glockenturm bestiegen werden, zurzeit doch nicht. Er ist achteckig und hat 4 Etagen. Fabrizio erzählt uns, dass man innen die Konstruktion der Uhr bewundern kann.
Malecon 2000 war ein Stadterneuerungsprojekt des damaligen Präsidenten. Die bis zu damaligen Zeitpunkt herunter gekommene Promenade wurde auf einer Länge von 2,5 km erneuert und verschönert.
Das ist Juan Pueblo (links) - im Englischem auch John Town genannt. Es ist eine Comic-Figur, die instrumentalisiert wird, um die Obrigkeit auf Mißstände hinzuweisen. Wenn ein Stadtteil zu schmutzig ist, dann schreibt Juan Pueblo mittels offenem Brief in den Medien an die Verantwortlichen, dass etwas getan werden muss. Und tatsächlich: Juan bewirkt sehr viel.
Guayaquil ist die zweitgrößte Stadt Ecuadors mit ca. 2,7 Millionen Einwohnern und hat viele Präsidenten hervorgebracht. Auf der Malecon 2000 stehen die entsprechenden Statuen der ehemaligen Präsidenten.
Ebenfalls auf der Malecon 2000 Promenade Hemicycle de la Rotonda - `dieses Monument ist den Befreiern Südamerikas Simon Bolivar und San Martin gewidmet.
Fabrizio führt uns auch noch zu einem Firehouse-Museum. Es ist sehr beeindruckend, wie sich die Feuerwehr in dieser Stadt entwickelt hat.
Es gab in Guayaquil immer wieder große Feuer, die die Stadt sehr stark zerstört haben. 1896 wurden große Teile der Stadt durch Brände zerstört. Daraufhin wurde die Feuerwehr aufgerüstet.
Wir hätten uns noch Stunden aufhalten können, aber Fabrizio drängt und macht Tempo, denn wir haben noch ein Program vor uns.
In keinem der Museen, die wir besucht haben, mussten wir Eintritt bezahlen. Als wir hier spenden wollten, war dies auch nicht möglich. Um jedoch die Arbeit des Museums hier zu unterstützen, haben wir zwei Trinkflaschen gekauft. (Leider sind sie undicht )
…und das bei der Feuerwehr…
Wir gehen durch den denkmalgeschützten Bereich der Stadt. In dieser Straße sind fast ausschließlich Ateliers.
Die Fassaden dürfen nicht verändert werden. Die Häuser bestehen zum größten Teil komplett aus Holz. Lediglich ein Neuanstrich ist erlaubt
Und weiter geht es auf der Promenade Malecon 2000 mit seien modernen Büro-Towern. Hier stand vor 2000 eine Brauerei. Diese wurde nach außerhalb der Stadt verlagert.
Eines der sehr modernen Bürogebäude. Die Stadt blüht und entwickelt sich. Das Gebäude wird Twister bzw. Schraube genannt.
Eigentlich wollten wir noch in das Museum des hiesigen Fußball Clubs Barcelona de Guayaquil. Der Verein wurde 1925 von spanischen Auswanderern gegründet und hat den FC Barcelona als Vorbild. Es gibt auch ein Stadion mit 85.000 Plätzen. Mit fast 100.000 registrierten Mitgliedern ist der Club einer der größten Fußballvereine der Welt.
Anstelle dessen besuchen wir ein Musik-Museum. Fabrizio ist großer Fan des verstorbenen Julio Jaramillo. Julio war einer der bedeutendsten Musiker des ecuadorianischen Pasillo. Er wurde in den 50er Jahren berühmt und sein wohl bekanntestes Lied war der Bolero „Nuestro juramento“
Fabrizio ist ganz aus dem Häuschen angesichts der vielen Erinnerungsstücke. Als wir das Gebäude verlassen wollen, spricht er eine Frau mit Kind an. Es entfacht sich eine lebhafte Unterhaltung, dann werden Selfies gemacht und Nummern ausgetauscht.
Fabrizio ist wie das Duracell Männchen. Später erzählt er uns, dass das eine sehr bekannte Sängerin sei. Er habe sie noch nie persönlich getroffen. Er sei so glücklich
Und dann geht es die 444 Stufen hoch. Das Ziel ist der alte Leuchtturm von Guayaquil. Die Stadt liegt zwar nicht am Meer aber am Fluß Guayas. Hier in der Stadt fließen zwei Flüsse ineinander: Rio Daule und Rio Babahoyo und sie bilden den Guayas. Guayaquil ist einer der bedeutendsten Häfen Ecuadors und Südamerikas.
Fabrizio macht immer mal wieder eine kurze Pause beim Besteigen der Treppen. Er ist Bitcoin-Trader und hängt ständig an einem der drei Handy´s, die er bei sich hat. Die Pausen kommen ihm aber vielleicht auch gelegen.
Links und rechts der Treppen sind fast ausschließlich Restaurants, Bars, Diskotheken und kleine Geschäfte. Alle 100 Meter steht ein Polizist. Diese Zone ist laut Fabrizio sehr sicher, die Stadt legt sehr viel Wert darauf, dass hier keine Kriminalität aufkommt. So ist zum Beispiel hier auch der Konsum von Alkohol an den Straßen und Treppen untersagt. Die Behörden sagen aber auch, man solle nicht durch die eisernen Tore neben der Treppen gehen. Da beginne ein Bereich, der von der Polizei nicht überwacht wird.
Knapp vor dem Gipfel sehen wir noch eine Festung mit Kanonen und den Resten eines alten Piratenschiffs. Alles ist sehr gut erhalten, keinerlei Grafitti Schmierereien - die Polizei passt auch hier aus. Diese Situation ist keineswegs bedrückend oder belastend. Eher fühlt man sich gut aufgehoben.
Denn alle Polizisten lächeln und grüßen!!
Da ist unser Ziel - der Leuchtturm. Wieviel Treppen mögen es wohl im Turm sein?
Der Aufstieg ist recht anstrengend - es ist zwar bewölkt, aber drückend heiß. Immerhin 35 Grad!
Der Schweiß strömt
Der Ausblick von hier oben ist sehr beeindruckend. Hier sieht man einen Teil der neuen Promenade Malecon 2000
Und einer der alten historischen Stadtteile. Hier sehen wir den bunten Santa Ana Hügel seiner seiner ganzen Größe. Dieses Viertel ist laut Fabrizio ein sehr gefährliches Viertel. Er würde niemals in der Dunkelheit dort hingehen. Nicht das dort an jeder Ecke jemand mit einer Waffe steht. Vielmehr haben es Diebe auf Handy´s und Geldbörsen abgesehen und auch Teile von Autos werden abgebrochen und gestohlen. Wir haben darauf verzichtet, dieses Viertel näher kennenzulernen.
Es geht wieder runter vom Berg, es ist bereits 17:00 Uhr, wir haben noch einige Punkte auf unserer Liste ….
… und wir haben noch nichts gegessen. Wir besuchen ein kleines Restaurant und bestellen uns Tuna Encebollado. Es handelt sich hierbei um einen Eintopf, der frisch zubereitet wird. Frischer Thunfisch, viel Zwiebeln, Brühe, Tomaten, Chilli und Yuka (die wie Kartoffeln schmecken). Es ist speziell hier in der Küstenregion Ecuadors ein traditionelles Gericht, welches eigentlich morgens zum Frühstück gegessen wird. Insbesondere bei einem Hang-over, wie Fabrizio sagt. Aber es wird auch zum Lunch oder Dinner gegessen. Einfach - günstig - köstlich!
Auf Thomas Liste stand der „Patrimonial Cementery of the Charity Board of Guayaquil“ - der städtische Friedhof mit seinen Tausenden Grabstätten, Gruften, Mausoleen und Statuen. Für einen Hobbyfotografen ein Muss!
Leider kommen wir sehr spät an und um 18:00 Uhr müssen die Besucher das Gelände verlassen. Der Sicherheitsbeamte am Eingang will uns schon garnicht mehr reinlassen, aber er kennt Fabrizio nicht.
Letztendlich dürfen wir doch noch hinein und dann beginnt der der Marsch über den Friedhof. Er ist mehrere Kilometer groß und hat 16 Eingangstore, von denen zurzeit aber nur 5 geöffnet sind. Am 01.11. (Allerheiligen) werden immer alle Tore geöffnet, weil dann Zehntausende auf den Friedhof kommen.
Wir sind erschlagen von der Größe der Stätte. Überall, wo wir hinschauen, Gräber und Grabstätten. Hier die etwas günstigeren Varianten.
Und hier gibt es nur Spekulationen, was diese Grabstätte gekostet hat.
Auf dem Friedhof liegen Präsidenten, berühmte Persönlichkeiten, aber auch normale Bürger. Ecuador hat sehr viele Einwanderer aus Südamerika, aus Italien und aus dem Libanon. Dementsprechend sind auch viele Gräber von Verstorbenen aus diesen Ländern zu finden.
Leicht verirrt man sich, aber das ist auch gut. Wir treffen nämlich auf einen Polizisten der uns zum Verlassen des Friedhofs auffordert. Diskussion mit Fabrizio hilft nur bedingt. Wir schlagen uns dann einfach ein wenig abseits hinter einige Gräberreihen und warten, dass der Polizist sich entfernt.
Wir genießen die Ruhe und fotografieren, was das Zeug hält. Leider wird es immer dunkler und schwieriger zu fotografieren.
Hier liegt ein Verstorbener aus dem Libanon. Fabrizio erzählt, dass es hier Ruhestätten gibt, die sogar mit Klimaanlagen ausgestattet sind. Wohl eher nicht für die Verstorbenen, sondern für die Angehörigen, wenn sie hierher kommen.
Thomas ist kaum zu stoppen und ist außer Atem - er will alles fotografieren. Zum Glück für mich, dass es irgendwann dunkel wird.
Er weist uns den Weg zum Ausgang - ein anderer Wachmann taucht auf und bittet uns zum Ausgang. Zwischenzeitlich waren wir auch am Ausgang, aber Fabrizio hat mit dem Oberaufseher abgesprochen, dass wir noch ein wenig bleiben dürfen. Schließlich seien seine Freunde aus Deutschland hierher gekommen, um den Friedhof zu sehen und sie würden morgen leider wieder abreisen.
Fabrizio sagt das dem Wachmann und dann beginnt eine nette Unterhaltung zwischen den Beiden. Sie lachen sogar und es ist überhaupt kein Stress mehr.
Es dunkelt immer mehr und wir entschließen uns, jetzt doch den Friedhof, der übrigens rund um die Uhr bewacht wird, zu verlassen.
Der gesamte Friedhof ist unglaublich schön gestaltet, sehr sauber und „freundlich“. Richtig einladend! Wobei wir da im Moment noch nicht so scharf drauf sind.
Irgendwann ist aber die Geduld des Wachmanns verbraucht und er geleitet uns zum Ausgang. Immer darauf achtend, dass wir nicht wieder ausbrechen.
Ein letzter Blick - ein sehr beeindruckender Besuch, den wir nur jedem Besucher von Guayaquil empfehlen können.
Hoch über der Stadt die Statue Monumento al Sageado Corozon de Jesus - eine Skulptur zu Ehren Essstörung von Nazareth.
Die Skulptur ist 15,6 Meter hoch, wurde aus Eisen und Kupfer in Italien geschaffen und in 27 Teilen im Jahr 1970 nach Guayaquil gebracht.
Die Aussicht von hier oben eröffnet uns die Stadt am Abend mit dem großen Riesenrad auf der Promenade.
Aufbruch: | 04.05.2022 |
Dauer: | 8 Wochen |
Heimkehr: | 28.06.2022 |
Ecuador