Auszeit für eine lange Reise - Teil2: Amerika
24.05.2022: Amazonas
Um 5 Uhr ist die Nacht für mich zu Ende. So viele Stunden auf dem harten Boden.
Die dünne ISO-Matte bringt kaum etwas, mein Rücken schmerzt.
Ich bewundere die Jungs, sie haben draußen vor den Zelten geschlafen-nur Delfin hat sein eigenes Zelt.
Er lebt schon lange in Puyo—in einem Apartment und ist schon lange dem echten Dschungelleben fern.
Die „Angel“ lag die ganze Nacht im Wasser und nun hängt tatsächlich noch ein größerer Trap-Fisch dran- den gibts nachher noch zum Frühstück
Dann gibt es noch Brötchen, die wir am Feuer rösten, mit Marmelade und den frischen Fisch—den wir aber dankend ablehnen. Die Jungs essen ihn mit Begeisterung, komplett mit Kopf. Delfin meint immer, das sei das Beste.
Beim zusammenpacken entdecke ich kleine Löcher in den dicken Planen die am Boden lagen und wundere mich woher die kommen, haben wir uns doch vorgesehen….?
Delfin meint, das sind Tiere, die tief im Sand leben und herauskommen, die beißen diese Löcher in die Plane.
Er zeigt mir bestimmte Stellen im Sand, und nun sehe ich es auch: manchmal gibt es im Sand kleine Anhäufelungen. Er gräbt wie gestern mit den Händen.
Je tiefer, desto schneller, dann packt er zu und zieht den Übeltäter raus,
So sieht der aus: wie ein länglicher Krebs oder Krabbe , mit anscheinend scharfen Zähnen- der würde sich ja auch durch die Plane des Zeltes beißen
Nach denen hat Delfin also gestern gegraben, nicht nach Würmern, wie ich dachte
Er gräbt weiter, an verschiedenen Stellen und hat bald eine Menge zusammen.
Ich versuche es auch, aber zum einen verschwinden sie schnell wieder im Sand, sobald sie ans Tageslicht kommen-zum anderen bringe ich es nicht fertig sie anzufassen und herauszuziehen
Immer wieder fängt es an zu regnen. Delfin wickelt sich dann in die Plane und wir ziehen unsere Capes an. Durch den Fahrtwind schlägt uns der Regen immer ins Gesicht und wir sind eigentlich nur nass
Irgendwann sind wir das ewige an- und ausziehen der Regencoats leid und krabbeln alle bei Regen unter die große Plane
Um 11 Uhr sind wir an der Stelle wo sich die beiden Flüsse „Rio Currary“ und der „Pinano“ - auf dem wir bisher gefahren sind, treffen- der „Rio Currary“ ist deutlich größer
Über unseren Köpfen fliegen viele „Parrots“- das sind die kleinen Blaukopfpapageien und auch große Papageien. Wir erkennen das knallige gelb und blau—aber leider setzen sie sich nie , sodass wir gute Fotos machen können
Kurze Mittagsrast—Delfin macht Sandwiches aus Thunfisch, Mayonnaise , Zwiebeln und Tomaten—sehr lecker!
Er steht dazu, dass er dauernd hungrig ist und täglich 5-6 Mahlzeiten braucht. Das können wir mit der -Zeit bestätigen
Wir sehen sogar einen Jaguar, der sich am Ufer gesonnt hat
Leider ist auch er beim Näherkommen schnell entschwunden.
Dann plötzlich ein Aufschrei und sie zeigen wieder zum Ufer. Wir sehen, wie einige Tiere vom Wasser ans Ufer eilen und aufs Land rennen.
Die Jungs fahren fix dorthin und springen aus dem Boot. Delfin ist da nicht so hektisch. Aber William und Herrmann springen durchs Wasser, durchs Schilf und jagen den Tieren hinterher.
Das sind „Capibara“ sehen aus wie eine Mischung aus Meerschwein, Nutria, Bisamratte-jebenfalls total süß
Stolze Beute! Die 3 sind überglücklich. Die Tiere werden in einen Sack gesteckt und ich frage natürlich, was mit ihnen geschieht, ob die etwa auch gegessen werden?
Sie versichern mir, dass die als „Pets“ mit zu der Familie kommen, die wir nun besuchen
Bis zu dem überdachten Steg ist es steil, wir bleiben im Schlamm stecken und mein Gummistiefel verabschiedet sich erstmal
Aber die Jungs ziehen ihn wieder raus
Hier lebt die Familie von Herrmann und William—unter dem Familienobehaupt Amanda—die Mama von 5 Kindern.
Herrmann ist ihr leiblicher Sohn und William der ihrer Schwester, den sie aber adoptiert hat.
Hermann ist übrigens 28 und hat bereits 3 Kinder. William ist 22 Jahre alt und noch Single.
Die Familie von Herrmann lebt in einem Haus nebenan, aber es scheint, als wäre hier im Haus von Amanda ständiger Treffpunkt von allen
Seine Mutter kam ums Leben und so wurde er mit nach Hause genommen. Er läuft frei rum (wenn er nicht gerade auf jemanden Kopf sitzt) und schläft auch bei den Kindern im oberen Bereich des Hauses. Einige Kinder schlafen wohl auch bei Amanda—z.B. ein Kind ihrer Tochter, die noch in Puyo studiert
Links der Esstisch und neben der Feuerstelle die Küchenregale mit dem Geschirr.
Es gibt nur maximal 4 Teller und Tassen—alles wird herumgereicht
Wir fangen an unsere Mitbringsel auszupacken und neu zu sortieren, Wir haben ja nicht damit gerechnet, hier auch noch Kinder vorzufinden.
So verteilen wir einige Kleidungsstücke und ein paar Spielsachen.
Das ist Cassandra, die jüngste Tochter von Amanda—auch noch Single—oder nicht?
Sie hat ein kleines Bäuchlein, über das sie von Zeit zu Zeit streicht—aber wir haben keine Idee wer der Vater sein könnte. Sie lebt auch bei Amanda im Haus
Dann dürfen wir duschen. Dafür müssen wir erstmal ca 100meter laufen. Da hinten befindet sich ein kleines Toilettenhäuschen und eine Außendusche. 4 Kinder zeigen uns den Weg und schauen uns auch ungeniert beim duschen zu.
Keine Ahnung woher das Wasser kommt, ich vermute es ist gesammeltes Regenwasser, denn es sieht „durchsichtig“ aus
Ein kleines Rohr läuft irgendwohin, ich sehe keinen Wasserkanister-keine Ahnung woher das Wasser kommt—evtl doch aus dem Fluß? Es ist jedenfalls kalt.
Das nächste Highlight für die Kinder sind die großen Plastiksäcke mit unseren Vorräten—sie stürzen sich auf alles Essbare. Mit Genuss verschlingen sie die pappigen Brötchen, die wirklich nach nix schmecken-kein Vergleich zu unseren!
Hier ist man kompletter Selbstversorger. Es wird nur gegessen, was die Natur hergibt, oder was manchmal von Leuten wie uns per Boot gebracht wird.
Das geschieht aber nur wenige Male pro Jahr
Die Regierung hat den Communities während des Lockdown Generatoren zur Verfügung gestellt, damit sie Elektrizität haben für die Kinder, die nun keine Schule mehr besuchen können oder dürfen.
Aber hier gibt es momentan nichts.
Der Generator ist kaputt.
Als die Dunkelheit eintritt, werden Kerzen angezündet, die wir mitgebracht haben. Aber es kommen auch die Mücken.
Aufbruch: | 04.05.2022 |
Dauer: | 8 Wochen |
Heimkehr: | 28.06.2022 |
Ecuador