Mit dem Roller nach Irland

Zum Frühstück nehme ich Rührei, gebratenen Schinken, Würstchen und Toast. Es ist viel zu viel. Morgen muss ich weniger bestellen. Nachdem der Hausherr auch heute nicht anwesend ist, frage ich, wem ich das Geld für die dritte Nacht geben soll. Das ist egal. Also gebe ich es der Dame des Hauses. Dann frage ich noch, wie der Heizkörper für die Dusche funktioniert. Ich habe es nicht hinbekommen, halbwegs warmes Wasser zu bekommen. Außerdem sage ich ihr, dass das Zimmer doch recht kalt ist und dass doch damit geworben wird, dass die Zimmer TV haben, meines aber leider nicht. Sie will fragen, ob die Heizung abends einmal kurz aufgedreht wird und auch schauen, ob sie aus einem anderen Zimmer einen Fernseher bei mir reinstellen können. Die Dusche erklärt sie mir auch noch, dann ist sie wieder weg und ich mache mich auf den Weg in die Stadt. Um 11:00 findet die erste Führung zum „blutigen Sonntag“ statt. Sie startet am Gildenhaus und kostet 10 Pfund. Die Sonne scheint und ich freue mich über das schöne Wetter. Während ich darauf warte, dass es losgeht, sehe ich wieder drei Vespas mit Fahrern ein einer kleinen Gruppe herumstehen. Werde ich jetzt von meiner Fantasie verfolgt?

Um 11:00 geht es los. Wir sind eine überschaubare Gruppe. Leider ist unser Führer trotzdem für mich nur sehr schlecht zu verstehen. Es handelt sich aber offenbar um den „interessantesten“ Führer laut Lonely Planet, weil er selbst an dem Wochenende mitten drin war, also aktueller Zeitzeuge. Darauf basiert auch seine Führung. Er steigt direkt damit ein, wer er ist, und welche Rolle er an dem Sonntag gespielt hat. Auch ein Foto von sich selbst zeigt er herum, das wohl damals durch die Weltpresse gegangen ist. Während wir an der Stadtmauer stehen und er seine Einführung hält, fängt es prompt an zu regnen. Ich natürlich ohne Regenschutz. Also stelle ich mich in die Mauerdurchfahrt bis es aufgehört hat zu regnen. Prompt ist die Gruppe weitergezogen. Naja, ich habe ja noch nicht gezahlt. Das Geld wird erst am Ende der Führung eingesammelt.

Also laufe ich zum meinem B&B um meinen Schirm einzustecken und eine Regenjacke anzuziehen. Um 13:00 startet die nächste Tour. Da habe ich noch ausreichend Zeit, mir das Gildenhaus anzuschauen. Wie auch die Kirchen in Irland sind die besonderen Schmuckstücke des Hauses die sehr schönen Buntglasfenster.

Um 13:00 startet dann wie gesagt die nächste Tour. Auch diese mal ist die Gruppe nicht all zu groß. Trotzdem verstehe ich kaum, was er zu erzählen hat. Dennoch ist die Tour ganz interessant. Sie führt in erster Linie durch das Bogside Viertel, und die besonderen Sehenswürdigkeiten sind die riesigen Wandgemälde zum Thema „blutiger Sonntag“. Insgesamt bin ich aber etwas überrascht, wie sehr sich die Stadt anscheinend auf dieses eine Wochenende ausrichtet, auch wenn es mit 15 Toten definitiv ein tragisches Wochenende war muss man doch auch mal in die Zukunft schauen. Das Geld für die Führung wird am Ende der Tour eingesammelt - und zwar in Bar. Zum Glück habe ich noch ein paar Pfund und wenn ich morgen die andere Führung mitmache, die 6 Pfund kostet, wird es dafür auch noch reichen.

Gegen 17:00 habe ich mich auf den Weg zu Sandinos gemacht, dem Tipp von meinem Vermieter. Das Ganze ist eine Mischung aus Kulturzentrum, Musikertreffpunkt und Kneipe. Im Vergleich zu anderen Pubs ist das Sandinos überraschend klein aber gemütlich. Ein bisschen muss ich schon über die Sticker und Poster zu Che und anderen schmunzeln. Für die Uhrzeit ist die Kneipe recht voll und ich bin froh, noch einen Stehplatz an der Theke zu bekommen. Hinten in der Ecke um einen kleinen Tisch herum sitzen 5 Musiker und eine Musikerin und spielen. Die Musik gefällt mir besser, als alles was ich bisher auf der Reise so gehört habe, einmal abgesehen von dem Italiener gestern. Im Laufe der Zeit kommen weitere Musiker hereinspaziert, packen ihre Instrumente aus und fangen an mitzuspielen. Soweit ich meinen Vermieter verstanden habe, kommt das zwar auch in anderen Tagen vor, aber vor allem sonntags um diese Zeit. Ein Besuch ist unbedingt empfehlenswert. Ich bin daher überrascht, dass offensichtlich fast nur Einheimische anwesend sind. Die Touristen versammeln sich überwiegend in den Kneipen in der Waterloo Street.

Heute geht es zum Abendessen also zu „Browns in Town“. Das Lokal ist innen überraschen groß, aber auch großzügig mit weiten Abständen zwischen den Tischen bestuhlt. Es dauert eine ganze Weile, bis ich etwas bestellen kann. Zur Vorspeise nehme ich eine Tagesuppe, in dem Fall eine Koriandersuppe. Zum Hauptgang dann den Fisch des Tages, einen Kabeljau mit Romanesco Soße. Zum Trinken bestelle ich mir Wasser und als Digestiv einen Martini. Vielleicht waren meine Erwartungen etwas zu hoch. Auf jeden Fall bin ich recht enttäuscht. Zum einen ist der Service ziemlich langsam, obwohl an sich ausreichend Personal unterwegs ist. Dann war sowohl die Suppe als auch der Hauptgang extrem langweilig gewürzt. Vor allem hat überall Salz gefehlt. Später habe ich dann gesehen, dass an einem anderen Tisch ein Ehepaar sich Salz und Pfeffer hat kommen lassen. Das Beste war noch die Rhabarber mit Limettencreme Tarte und auch die war keine Geschmacksexplosion. Insofern war der Preis in Ordnung, aber meine Idee, gleich für morgen noch einmal zu reservieren habe ich verworfen.

Nach dem Essen bin ich noch eine Runde spazieren gegangen. Hier in Londonderry gibt es überraschenderweise wieder ein paar recht nette Fotomotive bei Nacht.