Römer und wir im Saarland

Reisezeit: Mai 2024  |  von Herbert S.

T7-Siersburg: Quellheiligtum Sudelfels

Wie schon oft finden wir das Hinweisschild nicht, weil man an der Saar offensichtlich immer nur von einer Seite kommt - auf der Rückseite des Hinweisschildes ist nichts!
Auch am Parkplatz rätseln wir rum, wo es denn losgehen kann. Ein schmaler Pfad versteckt zwischen Gebüsch stellt sich nach einiger Zeit des Zweifelns als richtig heraus.

Der Sudelfels: Ein bemerkenswertes geologisches Phänomen
Der Sudelfels verdankt seine Existenz einer besonderen geologischen Gliederung des Untergrundes. In einem kleinen Gebiet liegen geologische Verwerfungen vor. Diese haben dazu geführt, dass unterschiedlich alte Gesteine heute auf gleicher Höhe liegen. Liegen dann wasserführende und wasserabweisende Schichten nebeneinander, so kommt es an bestimmten Stellen zu einem Stau des Grundwassers, was Überlaufquellen zur Folge hat. D.h., an zahlreichen und wahrscheinlich auch häufig wechselnden Stellen tritt Grundwasser aus und fließt hangabwärts. So erklärt sich die Flurbezeichnung „Auf der Sudelfels". Das austretende Wasser kann im Untergrund Kalk gelöst haben. Somit entsteht im Lauf der Zeit im Bereich der Wasseraustritte und der Gefällstufen des Wasserlaufs eine Kalkdecke mit poröser Struktur (Kalksinter, auch Kalktuff genannt), mit bedingt durch eingeschlossene organische Reste. Sowohl im keltischen, als auch im römischen bzw. gallorömischen Bereich war die kultische Verehrung von Quellen und Gewässern weit verbreitet. Es verwundert nicht, dass dieser besondere Ort eine Faszination auf die Menschen ausgeübt hat.

verblichen zwar aber man erkennt das Nötigste

verblichen zwar aber man erkennt das Nötigste

Der Weg des heutigen Besuchers führt zunächst an einem Wohngebäude vorbei. Es handelt sich dabei um das Hauptgebäude eines kleineren landwirtschaftlichen Betriebes. Dieses Gebäude entspricht dem im Saar-Mosel-Raum gängigen Typus einer Risalit-Villa, d.h. der Bau wird flankiert von zwei Ecktürmen. Zwischen diesen beiden Türmen verlief wahrscheinlich ein Säulengang, die porticus. Der zentrale Saal, ist durch eine gut erhaltene Sandsteintreppe mit dem Kellergeschoss verbunden.
Von einem bescheidenen Wohlstand der Besitzer zeugt der Badebereich der Villa. Der eigentliche Baderaum hat die Form einer Apsis. An der Innenseite war umlaufend ein wasserdichter, roter Putz erhalten. Entwässert wurde hangabwärts durch eine Öffnung mit Bleirohr. In einem Raum sind die Reste einer Hypokaust-Anlage zu erkennen: Fußboden und Wände konnten mittels heißer Luft erwärmt werden.
Die Quelle des Tempelbezirkes versorgte über eine Leitung aus Kalksteinplatten auch Teile der Villa mit Wasser.
Nördlich des Tempelbezirks sind die Grundmauern eines dritten Komplexes freigelegt worden. Dabei handelt es sich um Wirtschaftsgebäude, die zum Gutshof gehörten.
Die Tempel sind in das Gehöft architektonisch so eingebunden, dass an der Zusammengehörigkeit kein Zweifel besteht. Als privates Heiligtum ist die Tempelanlage jedoch sehr groß; sie muss überregionale Bedeutung gewonnen und viele Pilger angezogen haben.
Die Anlage am Sudelfels lag nicht isoliert: am Hang des Hirnberges sind weitere Siedlungsstellen aus römischer Zeit bekannt

mit Fußbodenheizung -

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Heiliger Ort in römischer Zeit
Das Herzstück des Ausgrabungsgeländes ist der kleine Tempelbezirk. Innerhalb eines ummauerten Bereiches standen nebeneinander vier kleine Gebäude: ein quadratischer, ein rechteckiger, ein achteckiger Bau und eine Brunnenanlage mit sechseckiger Einfassung. Die an drei Seiten nachgewiesene Mauer grenzte den heiligen Bezirk (temenos) gegen die Umgebung ab. Der Hof war stellenweise mit Steinplatten ausgelegt.
Wenige Reste bezeugten, dass das Mauerwerk rot verfugt war. Vom benachbarten Rechtecktempel waren Mauern teilweise bis zu 1 m Höhe erhalten. Interessant ist der südlich anschließende Achteckbau. Sein aufgehendes Mauerwerk wird man sich wohl als Brüstung vorstellen dürfen, auf der Säulen standen, die ein Ziegeldach trugen. Vor dem Gebäude liegt in situ auf einer Fundamentierung ein quaderförmiger Block aus Kalksinter. Der Ausgrabungsbefund legt nahe, dass Quellwasser unter dem Estrich des Gebäudes hindurch geleitet worden war. Aufgefangen hingegen wurde Quellwasser in dem benachbarten Brunnen. Dessen Mittelpunkt bildet ein aus einem einzigen Sandsteinblock gearbeitetes sechseckiges Becken.

Eine hölzerne Wasserleitung führt das Wasser unter die Brunnenschale; durch eine Öffnung in der Mitte füllt sich das Becken. Dieses wird von einem secheckigen Plattenbelag umgeben. Auf einer umgebenden Brüstung standen wohl Holz- oder Steinsäulen, die das Dach trugen - ähnlich wie beim benachbarten Achtecktempel. . Wie das Wasser angewendet wurde, können wir heute nur vermuten. Wahrscheinlich trank man es oder man nahm Waschungen von Körperteilen vor. Für Badekuren, wie sie in größeren Heiligtümern der damaligen Zeit möglich waren, fehlte hier am Sudelfels die „Infrastruktur". Das Wasser der Quelle weist übrigens keine besondere Zusammensetzung auf. Es handelt sich um normales Muschelkalkwasser mit alkalischer Reaktion, hoher Karbonathärte, jedoch geringer Salzfracht, also nicht um Heilwasser im modernen Sinn. Doch entscheidend - damals wie heute - ist der Glaube der Menschen, die einen solchen Ort aufsuchen und Hilfe erhoffen. Nicht alle Gebäude haben gleichzeitig existiert; die Rekonstruktionszeichnung stellt gewissermaßen ein Idealbild dar.

ein verwunschener Ort, den wohl so oft niemand besucht - aber die Suche und der Weg haben sich gelohnt.

© Herbert S., 2024
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Endlich hat das Warten auf etwas besseres Reisewetter ein Ende - wir starten mit einem Kurzurlaub ins Saarland. Dazu mieten wir wieder eine Ferienwohnung - sie liegt recht zentral in Merzig und ist hochmodern ausgestattet.
Details:
Aufbruch: 12.05.2024
Dauer: circa 1 Woche
Heimkehr: Mai 2024
Reiseziele: Deutschland
Der Autor
 
Herbert S. berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.
Reiseberichte von Herbert sind von der umdiewelt-Redaktion als besonders lesenswert ausgezeichnet worden!
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