Asien 2005: Der Weg BLEIBT das Ziel
VIETNAM: Easy Riding Vietnam
25. Februar, Hue, Vietnam
[Die nackten Fakten: Bus von Mui Ne nach Dalat, Motorraeder (als Sozius/Sozia) zum Lak See, Motorraeder (...) nach Nha Trang]
Nach Strand faehrt man in die Berge. Die Bibel schwaermt von Dalat als dem Juwel des zentralen Hochlands von Vietnam, dereinst "Le Petit Paris" genannt, einer der "most delightful" Orte in Vietnam. Klingt irgendwie nach St. Moritz, und das Mondaene, das lieben meine Gattin und ich schon arg.
Wieder Karawane. Wieder das uebliche, diesmal aber noch einen Zacken schaerfer. Um auch japanischen Touristen (die gerne in sieben Tagen das gesamte Universum bis zum Andromeda-Nebel bereisen, im naechsten Urlaub dann die Magellansche Wolke) eine komprimierten Eindruck von Vietnam zu vermitteln, werden die schnoeden Transporte von A nach B gerne auch durch kulturelle Zwischenstops aufgelockert. Dort dann eine Szenerie, die fuer uns so erstrebenswert ist wie Rietrode im schoenen Harz an einem lieblich-grauen Novembertag.
Viele Busse halten vor einem strategisch plazierten Rasthaus. Viele froehliche Menschen entsteigen ihren Reisevehikeln, bewaffnet bis an die Zaehne mit Fotoappararaten, Videokameras und Wasserflaschen. Alle froehlichen Menschen streben dem abzulichtenden Kulturgut entgegen, das ist so schoen, dass man es unbedingt als Hintergrund fuer ein schoenes Erinnerungsfoto benutzen muss: Mutti (den abenteuerlichen Reisegegebenheiten adaequat gekleidet, aber dennoch: schoen) vor dem Kulturgut. Dann Vati. Auf dem Weg zurueck zum Bus kommt die Videokamera zum Einsatz. Mangels anderer Motive den Allerwertesten von Mutti erfassend, die geht praktischerweise voran, ist formatfuellend und ... schoen. Der Bus hupt, es geht weiter. Gott sei Dank.
Ankunft in Dalat. Die Stadt, ueberraschend gross, ist auf unzaehligen Huegeln um einen See gruppiert. Das erinnert zunaechst tatsaechlich an St.Moritz, aber nur fluechtig. Ansonsten ist der erste Eindruck weder juwelig noch sonderlich delightful. War der Autor unserer Bibel je in Dalat? Sei's drum, nun sind wir hier, finden eine sehr angenehme Unterkunft ("Dreams-Hotel", nomen est omen), erkunden die Stadt. Irgendwie skurril, dieses Dalat, Tretschwaene (Tretboote, mit Schwanenkoepfen drappiert: putzig) befahren den See, ein Fernsehsendemast in der Form des Eiffelturms (Le Petit Paris ...). Auf unserem Erkundungsgang werden wir gleich angesprochen. Man sei ein Easy Rider (lokaler Tour-Guide mit Motorrad, laut Bibel hoechst vertrauenswuerdig und empfehlenswert). Man moechte uns auf einer laengeren Tour das andere Vietnam, dasjenige jenseits der Touristen-Busse zeigen. Man zeigt uns die wirksamste Waffe des Easy Riders: sein Empfehlungsbuch. "Where you from?" - "Germany!" Punktgenau wird das Empfehlungsbuch auf einer Seite mit deutschem Empfehlungstext aufgeschlagen. Tenor: nicht zoegern, machen! Natuerlich beissen wir an, bloss weg von Mutti und Vati! Als vertrauensbildende Massnahme einigen wir uns zunaechst auf eine Erkundung der Umgebung von Dalat am naechsten Tag.
Der naechste Tag mit Hong ("Kong") und Sinh, unseren Easy Ridern, ist sehr angenehm. Die beiden fahren ausgesprochen umsichtig und sicher. Sinh erklaert mir, dass er unersetzliches Mitglied seiner Familie sei und von daher aus purem Eigeninteresse vorsichtig fahre. Ein sehr ueberzeugendes und beruhigendes Argument. (Waehrend der drei Tage hintendrauf gab es auch tatsaechlich nicht den Hauch einer brenzligen Situation!). Ueberhaupt sind Hong und Sinh hoechst sympathische Genossen, sehr um uns bemueht, kenntnisreich, auskunftsfreudig, humorvoll, keinerlei Versuche uns wie zufaellig zu Verkaufsveranstaltungen zu dirigieren ("friend of mine has a nice shop, makes you very special cheap price" ...). Wir besuchen Sehenswuerdigkeiten in und um Dalat, kommen noch nicht ganz weg von Mutti und Vati und lernen die Vorlieben des vietnamesischen Tagesausflueglers kennen. Dieser liebt es sich in putzigen Verkleidungen vor Wasserfaellen ablichten zu lassen. Zu diesem Zwecke haelt man dort Cowboy-Kostueme, Pferde, diverse Trachten-Outfits und Baerenfelle zum Reinschluepfen bereit. Erinnert irgendwie an die Szenerie am Drachenfels (das kennt jetzt leider nur der rheinlaendische Leser ...).
Hong und Sinh schaffen es uns zu ueberzeugen: wir machen die zweitaegige Tour, die uns in einer grossen Schleife zurueck an das suedchinesische Meer nach Nha Trang fuehren soll. Am naechsten Morgen werden wir um acht abgeholt, unser nicht unerhebliches Gepaeck wird fachmaennisch und staubgeschuetzt auf den Motorraedern verstaut. We hit the road.
Vorbei an Gewaechshaeusern fahren wir durch eine suedeuropaeisch anmutende intensivst landwirtschaftlich genutzte Mittelgebirgslandschaft. Wir halten an zahlreichen kleinen landwirtschaftlichen und handwerklichen Betrieben und lernen kompetent gefuehrt das alltaegliche Vietnam kennen. Wir sehen die bis heute nachwirkenden Verletzungen der Landschaft durch Napalm-Bomben und Agent Orange (von den Amerikanern im Krieg flaechendeckend eingesetztes Entlaubungsmittel). Wir fahren Berge rauf und wieder runter, entspannen unsere Popos bei kurzen Spaziergaengen und bereuen unsere Entscheidung zum Easy Riding keine Sekunde.
Am Abend erreichen wir den Lak-See, der augenscheinlich einen laengeren Aufenthalt rechtfertigen wuerde, finden ein nettes Quartier und sind zum Abendessen Gast bei Freunden von Hong und Sinh, die zur Ede-Minoritaet gehoeren. Dort erfahren wir (u.a.), dass Ede-Frauen (die in der matriarchalischen Ede-Gesellschaft die Familienoberhaeupter darstellen), wenn ihr Gatte frueh verstirbt, ersatzweise einen Bruder des Verstorbenen "stief"-heiraten. So hat unsere Ede-Obergastgeberin (eine beeindruckende 90-jaehrige Dame), deren Mann starb, als sie erst 25 war, den einzig verfuegbaren juengsten Brueder ihres ersten Mannes im zarten Alter von 5 (!) Jahren zu sich und spaeter zum Manne genommen. Petra gestand, dass sie dieser Art des Heranziehens eines Ehemannes durchaus Gefallen abgewinnen koenne. Unser Abend bei den Ede ist ueberhaupt sehr unterhaltsam, aufschlussreich und feucht-froehlich. Es ist so Sitte bei den Ede, dass der Gast nicht eher geht, bis alle ihm angebotenen Speisen und Getraenke verzehrt sind. Da erfuellen uns die zwei randvoll mit Reisschnaps gefuellten Wasserflaschen (je 1,5 l) zunaechst mit etwas Sorge, dann aber mit einem wohligen Gefuehl im Bauch und der Erkenntnis, dass der Alkoholgehalt von Ede-Reisschnaps moderat sein muss.
Am naechsten Tag verlassen wir, immer wieder unterbrochen durch unspektakulaere, aber deswegen nicht minder interessante Besichtigungen allmaehlich das zentrale Hochland und naehern uns der zentral-vietnamesischen Kuestenregion. Dort erreichen wir am fruehen Abend Nha Trang, das wir nur ob einer Formalie ansteuern muessen: ein sehr beruhigendes Gefuehl unsere Paesse, die wir in Mui Ne einem Reisebuero zwecks Visaverlaengerung anvertraut hatten, in Nha Trang wieder in Empfang nehmen zu koennen.
Easy Riding Vietnam mit Hong und Sinh ist nun zu Ende und wir verabschieden uns sehr herzlich von den beiden.
Nha Trang uebrigens hat den diskreten Charme von Lloret de Mar an der Costa Brava, ist keine Anreise von mehr als einer halben Stunde wert, aber ein sehr geeigneter Ort, um Kapitel von Reiseberichten zu schreiben ("Der wundersame Reissverschluss"), denn man weiss genau, dass sich eh nicht lohnt das Hotelzimmer zu verlassen ...
Aufbruch: | 01.01.2005 |
Dauer: | 6 Monate |
Heimkehr: | 23.06.2005 |
Bangkok
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