Asien 2005: Der Weg BLEIBT das Ziel

Reisezeit: Januar - Juni 2005  |  von Armin und Petra Storek

VIETNAM: Linksabbiegende Warmduscher

18. Maerz, Vientiane, Laos

[Die nackten Fakten: Taxi zum Bahnhof in Hue, Zug von Hue nach Hanoi, Mopeds (Sozius/Sozia) zum Hotel]

Nach einer tagfuellenden Zugfahrt, die uns nur sporadisch durch wirklich aufregende Landschaft fuehrt, erreichen wir am 26. Februar Hanoi. Es ist kalt. Wieder muessen wir uns mit unseren schweren Rucksaecken zwei Mopedfahrern anvertrauen, die mit uns durch den spaetabendlichen Verkehr Hanois zum Hotel rasen. Instinktiv druecken wir unsere Beine so fest es geht an die des Fahrers, um unsere Kniescheiben vor Kollisionen mit anderen Mopeds oder sonstigen Hindernissen zu schuetzen. Nicht-invalid schaffen wir es in unser Quartier. Schon der erste Eindruck der Altstadt Hanois ist sehr positiv. Sollte sich die Gesetzmaessigkeit, dass uns alles, was in Vietnam mit "H" beginnt, besonders gefaellt, tatsaechlich bewahrheiten?

Zweiradverkehr in Hanoi

Zweiradverkehr in Hanoi

In den Strassen der Altstadt Hanois

In den Strassen der Altstadt Hanois

Hochzeitskarosse

Hochzeitskarosse

Hanois Altstadt, mit seiner ueber 1000-jaehrigen Geschichte, ist einer von Vietnams lebendigsten und ungewoehnlichstenen Orten. Als Zentrum des Handwerks und Handels entwickelte sich dieses Stadtviertel entlang des Roten Flusses und des wesentlich kleineren "To Lich"-Flusses, der einst als feinmaschiges Netzwerk von Kanaelen die Altstadt Hanois durchdrang. Im 13. Jahrhundert etablierten sich hier die damals 36 Zuenfte Hanois, wobei sich jede Zunft in einer eigenen Strasse niederliess. Noch heute tragen daher 36 der ca. 50 Strassen der Altstadt die Namen der jeweils dort (einst) hergestellten und gehandelten Handwerksgueter. In der "Pho Hang Gai" (Pho: Strasse, Hang Gai: Seide) wurde und wird bis heute Seide verkauft.

Fotorealistischer Portraitmaler

Fotorealistischer Portraitmaler

Im Lampion-Laden

Im Lampion-Laden

Keine Ahnung, was genau hier verkauft wird ...

Keine Ahnung, was genau hier verkauft wird ...

Bambus in allen Laengen fuer alle Zwecke

Bambus in allen Laengen fuer alle Zwecke

Wir folgen einer in unserer Bibel vorgeschlagenen Route durch das Gassengewirr und sind augenblicklich von der Authentizitaet der Altstadt fasziniert. Wo Hoi An (-> "Carmen in Hoi An") ein fein herausgeputztes begehbares Museum ist, erscheint die Altstadt Hanois als ungeschliffener Rohdiamant. Zwar sind auch hier Hotels, Reisebueros und zahlreiche Laeden des touristischen Bedarfs unuebersehbar, beeinflussen aber den Charakter der Altstadt (bis jetzt) nur marginal. Weiterhin ist die Altstadt DER Ort Hanois, an dem nicht-touristisches Handwerk gefertigt, feil geboten und gekauft wird. Das verzweifelt aber erfolglos von modern-europaeischen Stadtplanern verteidigte Ideal, innerstaedtisch eine ausgewogene Synthese von Wohnen, Fertigen und Verkaufen herbeizufuehren, ist hier noch existent. Wie lange wird es dauern, bis auch in Hanoi die Hornbachs und Praktikers dieser Welt allen klein- und mittelstaendischen Handel aus der Stadtmitte in die Peripherie gesogen haben. Seide? (noch) in der Pho Hang Gai oder bei Obi!

Menschen in der Altstadt Hanois

Menschen in der Altstadt Hanois

Maedchen, blondperueckt (der letzte Schrei!)

Maedchen, blondperueckt (der letzte Schrei!)

Schaufensterpuppe (wer ist nur auf die Idee mit der Banane gekommen ?!)

Schaufensterpuppe (wer ist nur auf die Idee mit der Banane gekommen ?!)

Natuerlich hat der schleichende Prozess der Verdraengung traditioneller (und zunehmend obsoleter) Gewerbe durch das Moderne schon begonnen und die strenge strassenweise Separierung der Zuenfte aufgeloest. Dadurch entstehen -stellenweise bizarr- collagenartige Ueberlagerung alter und neuer Handelsstrukturen. Dennoch ist in Hanois Altstadt noch ein Stueck altes Asiens erhalten geblieben, das auch dem Asienweitgereisten durch Fremdartigkeit und unpolierten rauhen Charme sehr zu gefallen weiss.

Elektro-Ausschlachtungsbetrieb unmittelbar neben ...

Elektro-Ausschlachtungsbetrieb unmittelbar neben ...

... einem Schoenheits-Salon

... einem Schoenheits-Salon

Der zentralen Bedeutung der Nahrungszufuhr im vietnamesischen Alltag angemessen wird jederzeit und ueberall Essbares angeboten und verzehrt. Auch wir trauen uns trotz unidentifizierbarer Tierkoerperteile (sind das nun abgezogene Schweineringelschwaenze oder koestliche Bestandteile des Rinderverdauungstraktes?), die in den Kochtoepfen verschwinden, in eine Nudelsuppen-Garkueche und speisen vorzueglich. Man muss neuen kulinarischen Herausforderungen nur unvoreingenommen begegnen.

Suedfruechte in Nordvietnam

Suedfruechte in Nordvietnam

Glasiertes Gefluegel

Glasiertes Gefluegel

Trockenfisch

Trockenfisch

Garkuechen fast an jeder Ecke

Garkuechen fast an jeder Ecke

Der Vietnamese als solcher: isst immerzu und ueberall

Der Vietnamese als solcher: isst immerzu und ueberall

Da wir wagemutige Reisende sind, fuegen wir in der im Reisefuehrer vorgeschlagene Route durch die Altstadt hier und da kleine Extraschleifen an und ueberqueren so auch ueber eine Bruecke den Roten Fluss, der offensichtlich nur aus ideologischen Gruenden so heissen kann. Die betagte Stahlkonstruktion haelt eher aus Gewohnheit denn aus konstruktiven Gruenden noch zusammen, und ein vorbeifahrender Zug bringt das Ganze derart in Schwingungen, dass wir froh sind, wieder Festland zu erreichen.

Eisenbahnbruecke ueber den Roten Fluss

Eisenbahnbruecke ueber den Roten Fluss

Stahlkonstruktion und Reparaturarbeiten

Stahlkonstruktion und Reparaturarbeiten

Weiterer Verkehr auf der Eisenbahnbruecke

Weiterer Verkehr auf der Eisenbahnbruecke

Der grosse Vibrator

Der grosse Vibrator

Als kulturbeflissene Bildungsbuerger (an dieser Stelle ist jedes Gelaechter unangemessen!) besuchen wir auch einige Tempel und haetten gerne auch den in Formalin eingelegten Ho Chi Minh in seinem Mausoleum die Referenz erwiesen. Zwar weilt er waehrend unseres Aufenthalt tatsaechlich in Hanoi und ist nicht etwa zu den alljaehrlichen Wartungsarbeiten nach Moskau gereist (kein Witz!), wir erreichen das imposante Gebaeude ungeschickterweise leider aber erst nach den rigorosen Oeffnungszeiten.

Tempel in der Altstadt

Tempel in der Altstadt

Im "Tempel der Literatur"

Im "Tempel der Literatur"

Tempelimpressionen

Tempelimpressionen

Nur wo Ho Chi Minh dran steht ...

Nur wo Ho Chi Minh dran steht ...

... ist auch Ho Chi Minh drin

... ist auch Ho Chi Minh drin

Und was ist nun mit den linksabbiegenden Warmduschern? Also, das ist so: eigentlich wollten wir noch die Halong-Bucht (beginnt mit "H"!!) und den Nordwesten Vietnams bereisen und dann nach rechts (nach Osten) Richtung China, Hong Kong und den Philippinen abbiegen. Waehrend man in Deutschland einer Jahrhundertkaelte trotzen muss, erscheinen uns waermeverwoehnten Mimosen plus 17 Grad bei staendig bedecktem Himmel und Nieselregen (so das in Hanoi erlebte Wetter und die Vorhersagen fuer Nordvietnam, Suedchina und Hong Kong) nicht mehr erstrebenswert und wir reissen heldenhaft das Ruder herum. Nach links (nach Westen) soll uns unser Weg fuehren, wieder ins hoffentlich warme Laos, wieder zum geliebten Mekong, wieder neuen unglaublichen Abenteuern entgegen.

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Soll man nach der Tsunami-Katastrophe nach Asien reisen? Wir denken ja. Die Rückkehr zur Normalität ist die einzige Perspektive auch angesichts dieser apokalyptischen Tragödie. Wem ist geholfen, wenn Reisende nun Asien jenseits der unmittelbar betroffenen Regionen meiden würden? Wir beginnen nicht in Sri Lanka (...) sondern in Bangkok, um in den Süden von Laos weiterzureisen. Kambodscha und Vietnam könnten nächste Stationen sein, aber weiterhin entscheidet sich die Reiseroute spontan vor Ort.
Details:
Aufbruch: 01.01.2005
Dauer: 6 Monate
Heimkehr: 23.06.2005
Reiseziele: Indonesien
Bangkok
Laos
Kambodscha
Vietnam
Indien
Nepal
Der Autor
 
Armin und Petra Storek berichtet seit 19 Jahren auf umdiewelt.
Reiseberichte von Armin und Petra sind von der umdiewelt-Redaktion als besonders lesenswert ausgezeichnet worden!
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