Asien 2005: Der Weg BLEIBT das Ziel
NEPAL: Kathmandu Masala
18. Juni, Ko Tao, Suedthailand
[Die nackten Fakten: keine, wir sind in "Rama und Sita" bereits in Kathmandu angekommen und reisen in "Erde, Wasser, Feuer" weiter.]
Hier ist Nepal!
Langweilig. Ewig diese Bilder und das bemuehte Geschreibsel ueber Tempels hier und Gompas da, heilige Kuehe, wandernde Asketen, und noch 'ne Buddhastatue und noch drei Moenche. Besteht denn ganz Asien nur aus Religion? Wem die sakrale Lastigkeit einiger unserer Reiseberichte (oder gar unserer Reise im Ganzen) schon jetzt zum Gaehnen ist, der sei gewarnt. Jetzt kommt's nochmal ganz dicke, jetzt kommt Kathmandu.
Sicherlich kann man die nepalesische Hauptstadt auch durch andere Filter betrachten: Architektur, Stadtplanung, Menschen, Maerkte. Haben wir auch getan. Aber Hinduismus und Buddhismus sind so allgegenwaertig in der Stadt und seiner Umgebung, in den Gesichtern der Menschen, sind so eng verwoben zu einem einmaligen sakralen Gesamtkunstwerk, dass gerade eine Fokussierung auf das Profane bemueht waere. Diese Muehe haben wir uns nicht gemacht. Im Gegenteil, wir haben uns ihr noch einmal hemmungslos hingegeben, unserer unzweifelhaft vorhandenen passiven (d.h. zuschauenden) Faszination mit den religioesen Praktiken der genannten Weltreligionen.
Aktuelle Staatsgrenzen zugrundegelegt waere der historische Buddha, Siddhartha Gautama, Nepalese. Er wurde ca. 600 Jahre v.Chr. im Staedtchen Lumbini an der heutigen Grenze zu Indien geboren. Im damaligen Indien fand er Erleuchtung unter einem Baum (Bodhgaya), dort entwickelte sich seine Lehre, zu der sich heute in Indien nur noch wenige bekennen. Der Buddhismus wurde somit aus Nepal ex-, und anschliessend zweimal re-importiert, und zwar ca. 250 v.Chr aus Indien, und ab dem 8.Jahrhundert n.Chr mit den tibetischen Migrationsschueben aus dem Norden, zuletzt ab 1959 nach der Annektion Tibets durch China und der daran anschliessenden und bis zum heutigen Tage andauernden barbarischen Ausloeschung der tibetischen Kultur. Nepal als geographischer und insbesondere kultureller Bestandteil des indischen Subkontinents ist seit tausenden Jahren mehrheitlich hinduistisch, aber die Buddhisten bilden die zweitgroesste Glaubensgemeinschaft und sind um so zahlreicher, je weiter noerdlich (und damit hoeher) man blickt.
Wie haeufig, wenn unterschiedliche Religionen in Kulturen aufeinander stossen, fand auch in Nepal eine Durchdringung des schon seit ehedem etablierten Hinduismus mit den neuen, andersartigen Glaubensinhalten statt. Der Hinduismus als polytheistische Religion tat sich dabei leicht, mussten doch lediglich einige Heilige und Helden des Buddhismus in das bereits vielkoepfige hinduistische Pantheon aufgenommen werden. Entstanden ist ein auf der Welt einzigartiges synkretisches Masala (Hindi fuer "alles durcheinander", "Gewuerzmischung") hinduistischer und buddhistischer Glaubenselemente. Und nirgendwo gaebe es einen geeigneteren Platz als das Kathmandutal, um davon zu kosten.
Kurze, garantiert irdische Atempause. Auch sakrale Ekstase braucht ein Basislager. Und unser Penthouse@Freak Street darf keinesfalls unerwaehnt bleiben. Freak Street (ungefaehr: "Strasse der menschlichen Kuriositaeten") wurde in den wilden Tagen des Hippi-Tourismus nach Indien und Nepal ab Mitte der 60iger Jahre zu DEM Sammelpunkt (neben Goa) von Reisenden, die, wenn nicht denn Erleuchtung, so doch zumindest leicht verfuegbare psychotrope Substanzen und billige Unterkuenfte in exotischer Umgebung suchten. Bis in die achtziger Jahre blieb Freak Street das Zentrum der Rucksackreisenden, wurde dann aber vom neuen Hot Spot "Thamel", einem Stadtteil weiter noerdlich, abgeloest. Thamel ist heute eine bedrueckende touristische Monokultur, in ihrer Ausschliesslichkeit selbst der "Khao San Road" in Bangkok ueberlegen und die eigentliche Freak Show heutzutage. Die meisten Backpacker steigen (aus uns unerfindlichen Gruenden) nun dort ab und nehmen auch den weiten Fussweg zum Durbar Square im Herzen der historischen Altstadt von Kathmandu gerne in Kauf. Wir nicht. Vielleicht weil wir echt kurios sind und, ganz sicher, weil wir im Lonely Planet Nepal etwas gelesen haben von einem "Kraehennest ueber den Daechern der Freak Street". Unsere Bleibe nennt sich selbstbewusst "Monumental Paradise". Monumental oder paradiesisch ist keins der Zimmer ... bis auf eins. Noch ueber dem Dachterrassenrestaurant befindet sich ein weitere Dachterrasse, die exklusiv zum angrenzenden Zimmer 720 gehoert, unsere private Terrasse mit unglaublichem Blick ueber die Daecher von Kathmandu. Danke Lonely Planet! Allein dieser Hinweis war das Geld fuer den Reisefuehrer wert.
Freak Street grenzt unmittelbar an den Durbar Square, und dort beginnen wir unsere Expeditionen ins Kathmandu Masala. Besuchen das Haus der Kumari, einer lebenden Kindgoettin, besteigen die Tempel des Durbar Square und folgen den im Lonely Planet vorgeschlagenen Spaziergaengen durch die Altstadt. So entdecken wir stille Ecken und quirlige Innenhoefe, grosse, kleine und kleinste Tempel und Schreine, die man ohne Hinweis kaum finden wuerde. Viele dieser Innenhofsituatonen erinnern (nicht nur entfernt) an Italien, und die in vielen Tempeln manifestierte Handwerkskunst (Messingschmiedearbeiten! Schnitzereien!!) ist von einzigartiger Guete. Die Altstadt mit ihren historischen Schaetzen macht Kathmandu sicherlich zu einer der bereisenswertesten Staedte in Asien und auch das Klima Ende Mai ist sehr angenehm. Tagsueber 30 Grad, aber gegen Abend schon abkuehlend, ganz sporadisch Regen. Welch ein Kontrast zur moerderischen Hitze der Gangesebene, die um diese Jahreszeit auf ueber 45 Grad steigen kann, und jeden noch so winzigen Reiseimpuls im Keim erstickt.
Kathmandu allein ist viele Tage Aufenthalt wert, aber damit nicht genug. In bequemer Entfernung gibt es weitere Juwelen zu bestaunen. Tempel und Stupa von Swayambhunath (das wohl meistfotografierte Motiv Nepals). Stupa und Gompas von Bodnath. Die Tempel und Verbrennungsstaetten von Pashupatinath. Die alten Koenigsstaedte Bhaktapur und Patan, aufwaendig restauriert, aber dahin schaffen wir es diesmal nicht. Dafuer besuchen wir das Buddha Jayanti Fest (Buddhas Geburtstag) in Swayambhunath, dem auch etliche Hindus beiwohnen. Wir bestaunen, an Varanasi erinnert, die Opfer- und Reinigungsrituale der Hindus in Pashupatinath und hoeren das Wehklagen der Angehoerigen waehrend einer Leichenverbrennung. Von dort wandern wir hinueber nach Bodnath, dem spirituellen Zentrum der Tibeter im Kathmandutal. Gemeinsam mit Glaeubigen umrunden wir den grossartigen (und angeblich weltgroessten) Stupa und erklimmen seine blendend weissen Stufen. Und jeden Tag freuen wir uns erneut unser ureigenstes Himmelreich nicht erst nach unzaehligen Wiedergeburten als Grottenolm erreichen zu koennen. Nur Treppen, wenn auch viele, muessen auf dem Weg in unser monumentales Paradies erklommen werden. Weder zum Fruehstueck noch zum Abendessen verlassen wir je unser Penthouse, sondern werden von den Engeln in der Kueche unter uns ruehrendst versorgt. Wisse Reisender, kommst Du je nach Kathmandu, eile schleunigst Zimmer 720 zu.
Opferritual am Fluss
Aufbruch: | 01.01.2005 |
Dauer: | 6 Monate |
Heimkehr: | 23.06.2005 |
Bangkok
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