Al Sur

Reisezeit: Oktober 2009 - Oktober 2010  |  von Dirk Weisenstein

Ruta Quarenta: Von El Chalten nach Esquel

Ruta Quarenta. Legendär. Schotter bis zum Horizont. Kein Baum, kein Haus. Nur vereinzelt an Kreuzungen ein verschlafenes Nest mit einen Hostal, einer Kneipe, und viel wichtiger einer Tankstelle. Das Fahren ist anspruchsvoll. Grober Schotter, einige tiefe Löcher, mal absoluter weichsand, und viel Wellblech. Am besten sind noch die vielen Umleitungen von der Straße. Sie wird geteert. Und einen Großteil der Strecke haben sie schon fertig gestellt. Aber sie ist noch nicht freigegeben. So fährt man also auf den üblen Wellblech in wilden Schlangenlinien wieder und wieder an der Nagelneuen Asphaltstraße entlang, oder überquert sie laufend, weil die alte und die neue Straßenführung voneinander abweichen. Viel Zeit sich die Landschaft anzusehen hat man nicht. Es gilt volle Konzentration auf die Piste, und immer eine feste Hand am Lenker. Bis die Schultern schmerzen, die Arme verkrampfen, und sich das Auge nach etwas Abwechselung sehnt. Dann noch ein bisschen weiter, und wenn es gar nicht mehr geht, dann ist hoffentlich die nächste Tankstelle in Sichtweite.

Eine kurze Tagesetappe nach Gobernante Gregorius, weil es dort eine Tankstelle gab. Die nächste dauerte bis nach Gobernante Costa. Und die Strecke dauerte einiges an Zeit. Ich kam erst spät am Abend an. Und was gab es zu sehen? Nichts. Vor Perito Moreno, gab es durch einige Hügel, etwas Abwechselung in der Trockenen Steppe. Und dunkele Gewitterwolken waren aufgezogen. Der Wind blies kräftig, und beutelte mein Motorrad. Staub wurde aufgewirbelt, und kratzte in mein Gesicht. Die Sicht war lausig. Schnell fuhr ich weiter. Weg von diesen Ort. Von Zeit zu Zeit gab es schon mal ein paar Asphaltstücke. Auf diesen Stücken konnte ich dann etwas Tempo gutmachen. Die Distanzen sind einfach riesig. Und der Blick reicht so unglaublich weit in dieser Ebene von Nichts. Und hier in Argentinien liegen nicht alle Naselang einige Häuser an der Straße. Nein Kilometer um Kilometer zieht sich die Linie der Piste zum Horizont, und kein Zeichen von Zivilisation erinnert einen daran noch auf einen bewohnten Planeten unterwegs zu sein. Stunde um Stunde fahre ich gen Norden.
Denn allzu schnell kann man hier nicht fahren. Der Einstieg war das schlechteste Stück. Tempo 30! Und tiefer Schotter, viele Löcher. Super. Da war ich nah dran umzukehren, und wieder an der Küste entlang gen Norden zu fahren. Aber zum Glück wurde es besser. Tempo 40 waren drin, und meistens sogar bis zu Tempo 60. Durch das Wellblech eine Quälerei für Mensch und Maschine. Die Quittung sah ich dann in El Bolson.
Ich bin sie also gefahren, muß es aber nicht wieder tun. So spektakulär ist die Landschaft nicht. Es lohnt sich noch nicht einmal viele Fotos von der Strecke zu machen. Es giebt nichts zu sehen. Vielleicht das nächste Mal in den Perito Moreno NP. Das könnte mich noch reizen. Aber wenn sie erst einmal vollständig geteert ist. Dann ist diese Straße einfach nur noch langweilig. Und hat überhaupt keinen Flair, keinen Nimbus. Dann ist es einfach nur eine genauso langweilige Straße wie die Ruta 3 an der Küste entlang.

Es ist Herbst geworden. Fast über Nacht. Nahezu unbemerkt. Aber wie auch. Auf der Quarenta waren ja keine Bäume weit und breit, wie soll man da bemerken, dass sich der Sommer den Ende neigt, das sich das Laub verfärbt, und die Bäume die Blätter verlieren.
Aber ab Esquel war es nicht mehr zu übersehen. Es wird Herbst. Und zum Glück hat dieser Herbst ein paar schöne Tage im Angebot gehabt. Als Ausgleich zu den völlig verregneten Frühling.
Leider war die Saison aber schon fast zu Ende. So das die Boote zu den über 2000 Jahren alten Alercen nur noch unregelmäßig fahren. Und solange wollte ich nicht warten. Es war von nun an immer dieselbe Leier. Da es zu spät im Jahr war, waren weniger Touristen unterwegs, und damit waren die angebote für Touristen auch nicht mehr so zahlreich. Aber dafür war das Wetter schön, und bei Wanderungen hatte ich meine Ruhe. Es war nicht so eine Prozession wie in den Torres. Was muß da im Sommer zur Hochsaison bloß los sein? Ich möchte es gar nicht wissen.
Also fuhr ich nur durch den Park. Genoß es aber endlich wieder bewaldete Hügel zu sehen. Viel Grün. Dazu kleine und größere Seen. Endlich raus aus der Steppe

Ihr glaubt gar nicht wie wohltuend es fuer das Auge war endlich wieder gruen zu sehen, und sogar ganze Seen. Mit einen Wasser so klar, das sich alles in ihnen Spiegelte. Und tiefblau. Genau wie der Himmel.

© Dirk Weisenstein, 2009
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Die Reise
 
Worum geht's?:
1 Jahr Südamerika. Mein Moped und ich!
Details:
Aufbruch: 08.10.2009
Dauer: 12 Monate
Heimkehr: 07.10.2010
Reiseziele: Chile
Argentinien
Südgeorgien und die Südlichen Sandwichinseln
Großbritannien
Brasilien
Der Autor
 
Dirk Weisenstein berichtet seit 14 Jahren auf umdiewelt.
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