auf den Dächern Afrikas

Reisezeit: Februar 2014  |  von Herbert S.

Fahrt nach Dire Dawa: Harar - die muslemische Stadt

Heute steht 'nur' Harar auf dem Programm, Die 50 km entfernt liegende Stadt liegt zwar fast auf gleicher Höhe wie Dire Dawa , aber man muss über den Höhenrücken, den wir gestern befahren haben. Hinter dem Abweig von gestern geht es hinunter auf eine Hochebene mit zwei Regenwasserseen, die die landwirtschaftlich Bewirtschaftung vereinfachen gegenüber den in den Hängen liegenden Terrassenfeldern des Passes. Entsprechend lebhaft ist Arbeit im Gange.

Regenwasserseen zum bewässern der Felder

Regenwasserseen zum bewässern der Felder

Im folgenden kleinen Ort Alemaya halten wir an, um den Khatverkäufern zuzusehen und laufen ein kleines Stück durch einen Markt mit archaischen landwirtschaftlichen Geräten - ein Verkäufer zeigt mir den Holzpflog mit aufgesetztem Steingewicht. Oder auch die geschnitzten Holzhacken zur Feldbearbeitung. Ein paar Männer sind bereits High und stopfen ein Blatt Khat hinter dem anderen ins Maul.

Khathändler in Aktion

Khathändler in Aktion

'moderne' landwirtschaftliche Geräte

'moderne' landwirtschaftliche Geräte

Khat-Abhängiger

Khat-Abhängiger

Danach versuchen wir in ein Institut von Menschen für Menschen zu kommen - nach einigem Hin- und Her gelingt es uns und wir können die wegen Prüfungen leeren Lehrhallen für Elektro, Elektronik, Metallbearbeitung und Maschinenbau anschauen und mit verschiedenen Lehrern und Ausbildern reden. Prinzip zur Aufnahme: arme Familie, gute schulische Leistungen, freie Kost und Logis während der 4jährigen Ausbildung. Ein alter äthiopischer Ausbilder spricht immer vom Herrn Karlheinz.

die Lehrwerkstätten sind zwar verlassen

die Lehrwerkstätten sind zwar verlassen

aber gut ausgestattet

aber gut ausgestattet

Im 13./14. Jh. hatte sich eine Reihe muslimischer Sultanate im Osten des äthiopischen Hochlandes herausgebildet, zu denen auch der Handelsplatz Harar gehörte. Wechselvolle Kämpfen zwischen den Sultanaten und dem christlichen Äthiopien folgten. Harar blieb jedoch durch seine Mauern einigermaßen geschützt und wurde der wichtigste Handelsort am Horn von Afrika. Aus dem Inneren des Landes kamen Sklaven, Kaffee, Elfenbein und ein Farbstoff namens 'wars. Importiert wurden vor allem Kleidungsstücke. Die Güter wurden in Harar ausgetauscht und zur Küste oder ins Landesinnere weitertransportiert.
Harar wurde im Laufe der Zeit zum Zentrum islamischer Gelehrsamkeit, das gilt für islamische Gelehrte bis heute. Im 19. Jh. beherbergte die Stadt fünf große Moscheen, 81 Gebetsplätze und zwölf Koranschulen. Ungläubigen Ausländern war das Betreten der sagenhaften Stadt am Horn von Afrika verboten; erst 1855 gelang es dem englischen Entdecker Richard Burton als erstem Europäer, Harar zu betreten - in Verkleidung.

Der Besuch hat Berrekets Tagesplan so gründlich durcheinander gebracht, dass wir nun eine gute Stunde auf den lokalen Führer warten müssen. Daher starten wir direkt nach Stadtplan vom zentralen Feres Megala allein einen Rundgang, nachdem wir vergeblich versucht haben in die Erlöserkirche zu kommen.

Eingang zur Erlöserkirche

Eingang zur Erlöserkirche

der 8-eckige Bau der Medhane Alem - unter Menelik II. nach den Plänen der Georgskirhe in Addis erbaut

der 8-eckige Bau der Medhane Alem - unter Menelik II. nach den Plänen der Georgskirhe in Addis erbaut

An der Hauptstraße stehen viele zweistöckige Häuser, ein in Äthiopien seltener Haustyp, der gegar genannt wird. Die Balkone sind aber in der Regel erheblich restaurierungsbedürftig.

verschiedene gegar

verschiedene gegar

Die spanische Botschaft ist im restaurierten Palast der Tochter des letzten Herrschers untergebracht, dagegen sieht das Stadtmuseum recht ramponiert aus.

spanische Botschaft

spanische Botschaft

Stadtmuseum

Stadtmuseum

An der großen Moschee - eine von 80 in Harar - biegen wir zum Pferdemarkt ab, auf dem sich viele eigenartige Pfeiler befinden, deren Bedeutung wir nicht eruieren können.

Jamii-Moschee

Jamii-Moschee

Pferdemarkt

Pferdemarkt

Pfeiler (ohne Bedeutung?)

Pfeiler (ohne Bedeutung?)

Danach geht es gefühlsmäßig zurück durch die 'Schneider'strasse - Singernähmaschinen u.a.

Da wir noch etwas Zeit haben, laufen wir vom Feres Megala noch einmal nordwärts zum Stadttor Fallana Ber

hier scheint die ganze Stadt auf den Beinen zu sein

hier scheint die ganze Stadt auf den Beinen zu sein

nur die älteren Herren sitzen an den Häuserwänden

nur die älteren Herren sitzen an den Häuserwänden

interessante VW-Bulli Variante

interessante VW-Bulli Variante

die Damen wollen erstmals nicht fotografiert werden - aber es ist zu spät

die Damen wollen erstmals nicht fotografiert werden - aber es ist zu spät

an der doch recht verfallen(d)en Satdtmauer müssen wir umkehren, da wir den lokalen Guide treffen sollen.

an der doch recht verfallen(d)en Satdtmauer müssen wir umkehren, da wir den lokalen Guide treffen sollen.

Der lokale Guide ist da und fährt mit uns zunächst aus der Stadt heraus, um uns einen schönen Blick auf die 'weiße Stadt' zu bieten, die eigentlich grün-weiß ist.

Panorama der 'weißen Stadt' Harar

Panorama der 'weißen Stadt' Harar

Ein Mädchen mit einer kleinen Ziege auf dem Arm hilft uns, Distelsamen zu ernten, den ich zu Hause züchten möchte. Leider habe ich im Moment keinen einzelnen Birr.

Danach geht es mit dem Führer in den 'Vergessen Sie alle bisher gesehenen Märkte'-Markt. Total verwinkelt unter Zeltplanen hindurch wuseln wir uns durch - wir sind für die Menschen hier genauso interessant wie sie für uns.

Kanister werden zu allem benutzt!

Kanister werden zu allem benutzt!

das hier ist Teff oder Zwerghirse (eragrostis tef) - eine Pflanzenart innerhalb der Familie der Süßgräser - zum Vergleich der Größe der Körner liegt eine Bohne obenauf!

das hier ist Teff oder Zwerghirse (eragrostis tef) - eine Pflanzenart innerhalb der Familie der Süßgräser - zum Vergleich der Größe der Körner liegt eine Bohne obenauf!

die Damen sieben (dreschen) das/den Teff

die Damen sieben (dreschen) das/den Teff

zwischen aller Arbeit gönnt man sich aber auch ein Spielchen - Dame mit Kronkorken

zwischen aller Arbeit gönnt man sich aber auch ein Spielchen - Dame mit Kronkorken

Wir kaufen den ersten Rohkaffee (100 Birr/kg), Chilis und Kicherbsenmehl mit Sesamöl.

Rohkaffee

Rohkaffee

Chili (vorne) - Kichererbsenmehl mit Sesam (hinten)

Chili (vorne) - Kichererbsenmehl mit Sesam (hinten)

Weihrauch kaufen wir keinen - es gibt noch Vorräte aus dem Oman

Weihrauch kaufen wir keinen - es gibt noch Vorräte aus dem Oman

Durch das Buda Ber betreten wir wieder die Altstadt

Stadttor buda ber

Stadttor buda ber

Etwas weiter: Zwei Jungens stellen sich in Pose, ein drittes Kind kommt hinzu und auf einmal sind es fünf.

Der Besuch - durch den lokalen Stadtführer ermöglicht - in einem Privathaus 'höherer' Schicht zeigt uns den Aufbau eines gegar: Wichtigster Raum ist der Empfangsraum, in dem auf verschiedenen Diwanen (Plattformen) die Mitglieder des Haushaltes entsprechend ihrer sozialen Position Platz nehmen. Die Wände sind mit Ocker bemalt und mit Teppichen behängt, in Nischen (im Idealfall elf) werden Porzellane ausgestellt.

Empfangsraum

Empfangsraum

Nischen

Nischen

Abtrennung zum Schlafgemach

Abtrennung zum Schlafgemach

Schließlich nähern wir uns wieder dem Ausgangspunkt. Früher gab es wohl im Rimbaud-Haus Kaffee, den wir inzwischen schmerzlich vermissen. Aber die tolle indische Architektur des Hauses läßt uns auch dies wieder schnell vergessen.
Der prächtige Bau wurde für einen indischen Händler in der Zeit nach der äthiopischen Besetzung der Stadt errichtet und ist es wert, durch den Namen des Dichters geschützt, erhalten zu bleiben, da es sich nicht um den eigentlichen Wohnsitz des Dichters Arthur Rimbaud handelt, sondern heute nur als solcher 'vermarktet' wird. .

Skizze aus dem Privathaus

Skizze aus dem Privathaus

Rimbaud Haus

Rimbaud Haus

Hausinneres

Hausinneres

Zurück im Hotel in Dire Dawa sitzen wir dann nach einer kalten Dusche bei einem Gintonic an der Bar - da ist der Strom weg, niemand regt sich auf, jeder zückt sein Handy o.ä.. An der Bar hat man Taschenlampen und bald geht das Licht wieder, aber der Generator bricht einige Male wieder zusammen, da wohl in den Zimmern noch so viele Lichter eingeschaltet sind. Wir werden wohl nach dem Abendessen mit leckerem Zicklein den Weg ins Zimmer im 3. Stock lieber über die Treppe nehmen.

© Herbert S., 2014
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Auf die Frage im Freundeskreis 'was wollt Ihr denn in Äthiopien - ist es da nicht so gefährlich?' können wir nur antworten. Äthiopien hat eine lange, reiche und bunte Geschichte, die 3.000 Jahre und in die Zeit von Königin Sheba zurückverfolgt werden kann. Axum, Lalibela, Gondar, Bahir Dar sowie Harar sind die herausragendsten Attraktionen und dort passiert sicherlich nicht mehr als in einer deutschen Großstadt. .
Details:
Aufbruch: Februar 2014
Dauer: unbekannt
Heimkehr: Februar 2014
Reiseziele: Äthiopien
Der Autor
 
Herbert S. berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.
Reiseberichte von Herbert sind von der umdiewelt-Redaktion als besonders lesenswert ausgezeichnet worden!
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