Arctic Circle Trail (ACT) - West-Grönland
Ruhetag
Um ehrlich zu sein: Der heutige Ruhetag ist wegen fortschreitender Erschöpfung mir geschuldet. Vielleicht bin ich mit 59 ganz einfach schon zu alt für diesen Scheiß. Aber nein, alles, aber das nicht! Positiv denken! Unterm Strich sind es zwei entscheidende Faktoren, die das momentane Ergebnis hervorgebracht haben: 1) die Wegebeschaffenheit und 2) die mitgeführte Tonnage. An 1) können wir faktisch nicht drehen, sondern müssen es immer so nehmen wie es kommt. Bei 2) sieht es schon anders aus. Hier steht als erste Maßnahme eine Inventur ins Haus und dann sehen wir weiter.
Wir stellen fest, dass meine Proviantplanung ein wenig übers Ziel hinausgeschossen ist. Das wiederum hat meines Erachtens zwei Gründe. Der eine geht zurück auf Wanderungen mit Jens, der leider bei diesem Abenteuer nicht dabei sein kann. Vermutlich habe ich Jens‘ immerwährende Angst, zu verhungern mit einkalkuliert und die Tagesrationen etwas großzügig berechnet. Na, jedenfalls ist die doppelte Nudelportion für einen Tag etwas zu happig ausgefallen. Dann haben wir zusätzliche Tagesausflüge geplant, zwar ohne Streckengewinn, aber mit jeweiligem Captain‘s Dinner am Abend.
Fazit: Wir stornieren die Ausflüge und streichen insgesamt fast 5 kg aus dem gegenwärtig verfügbaren lukullischen Programm: leckere Nudelgerichte (8x), herzerwärmende Schokolade (4 Tafeln), wohlige Bauchgefühle hervorrufende Suppen (4x), Power-Müsliriegel zu je 120 g (4x), 3 Beutel Müsli (☺ca. 1,5 kg) und schließlich 1,5 Liter Spiritus. Die Fette Brühe rühren wir nicht an.
Das ist unser logistischer Aderlass auf dem Weg zum Rücken-Glück. Wohin jetzt mit dem Zeug? Da wir in Sichtweite einer Hütte kampieren ist dieses Problem schnell gelöst. Der Krempel wird als Leftovers für nachkommende Wanderer dort deponiert. Für die anspruchslose Flussüberquerung bastelt Niklas aus einem Packsack und den Koffergurten ein notdürftiges Behältnis, das tief am unteren Rücken herabhängt, ihm aber für die Flussüberquerung die Hände freilässt. Muss ja nur 200 m halten, der Arsch-Sack. Wir bringen das Zeug rüber. Der Ami staunt und der Laie wundert sich über den Kaloriensegen. Ob er selbst etwas von dem Proviant benutzt hat, wissen wir nicht, aber hoffentlich hat er. Dafür ist es ja gedacht. Immerhin haben wir jetzt satte 5 kg weniger zu schleppen. Verloren und wiedergefunden sind es schon 10 und vor den Spiegel gehalten gleich 20. Man kann sich alles schön rechnen, wenn man nur will!
Ich meine, die Erleichterung bereits jetzt auf meinen Schultern zu spüren. Momentan umgibt uns der schiere lukullische Überfluss. Da heißt es: Die Gelegenheit nutzen und aus dem Vollen schöpfen. Das wird heute eine ordentliche Mahlzeit geben. Wer sonst schon nix leistet, soll wenigstens den Topf voll haben. Eine kleine Energiereserve wäre für die morgige Etappe wahrlich nicht ungeschickt. Gemessen an den letzten Tagen soll es morgen gleich eine „Doppeletappe“ werden. Wir wollen bis zur nächsten Hütte vorstoßen, weil das ein markantes Ziel ist. Mit meinem Daumen messe ich die Strecke auf der Karte ab. Eine Daumenbreite von mir bedeuten ziemlich genau 2 km auf der Wanderkarte. 8 Daumen passen auf die Strecke – macht nach Adam Riese also 16 Kilometer. Na, schau’n mer mal!
Der Arschsack
Aufbruch: | 17.08.2018 |
Dauer: | 3 Wochen |
Heimkehr: | 09.09.2018 |