Indian Summer in den Neuengland Staaten der USA

Reisezeit: September / Oktober 2008  |  von Franzi S.

Zweiter Tag im Acadia Nationalpark

Wir haben herrlich in dem riesigen Bett geschlafen, auch wenn das alte schöne Haus immer den Hintergedanken zu liess, dass es mitten in der Nacht zu spuken beginnt. Aber da war nichts - die Strassenlampen scheinen die einzige unheimliche Begegnung gewesen zu sein. Oder aber wir hätten alles verschlafen, was natürlich auch möglich ist.

Ein Blick zum Fenster hinaus zeigt einen nebelbedeckten Himmel, was doch die Hoffnung aufkommen lässt, dass es sich nicht um Regenwolken handelt und wir entgegen der Wetterprognose einen trockenen Tag vor uns haben.

Wir begeben uns in den Speiseraum, wo bereits zwei ältere Ehepaare am riesigen Esstisch sitzen. Das grosse Haus bietet ganz verschiedene Möglichkeiten, wo man sein Frühstück geniessen kann. Sei es auf der gedeckten Veranda oder an kleineren Tischen an Fenstern. Schon bald schlurft eine ältere Dame herein, die sich als Besitzerin des Mira Monte outet und sich als Marian vorstellt. Ich schmunzle! Die englisch anmutende Lady passt perfekt in das alte Haus mit all den Blumenmustertapeten. Sie erklärt uns hingebungsvoll wie das Frühstück hier abläuft: Rund um den grossen Esstisch hat es schöne alte Buffets, wo man sich bei den aufgetragenen Leckereien bedienen kann. Dazu gehören feine Aufläufe und natürlich die obligaten Toast und Beagles mit Confi und Philadelphia Käse. Sie selber bäckt auf Bestellung Waffeln. Dazu gibt es selbstverständlich Kaffee, Tee und verschiedene Säfte. Als wir alles begriffen haben (sie erklärt das wirklich als würden wir den Sicherheitsbereich des Pentagon betreten...), bedienen wir uns ausgiebig und geniessen das wirklich leckere Frühstücksbuffet.

das Frühstückszimmer

das Frühstückszimmer

die Bibliothek

die Bibliothek

Wie es so ist in einer derart familiären Atmosphäre, man lernt die andern Leute kennen! Eine ältere Dame aus Georgia will wissen, woher wir denn kommen. Jedoch mümmelt sie so schrecklich vor sich hin, dass wir kaum ein Wort verstehen. Das Gespräch wird kurz! Ein anderes Ehepaar kommt aus Sydney. So entsteht ein morgendlicher Smalltalk mit verschiedenen Leuten, was Jürg kurz mal überfordert. Am Morgen früh schon präsent sein und dann noch in Englisch Gespräche führen. Nein, das ist definitiv zuviel!

Nach dem Frühstück stellen wir fest, dass es immer noch nicht regnet. Wohlwollend nehmen wir dies zur Kenntnis und hoffen weiterhin auf Petrus' Einsehen. Wir schmeissen uns in die Wanderkluft und fahren zurück in den Acadia Nationalpark zum Jordan Pond. Was so exotisch tönt ist nichts anderes als ein in Bergen eingebetteter See. Warum man hier Pond und nicht Lake sagt, weiss ich auch nicht.

der schöne Jordan Pond

der schöne Jordan Pond

Mitten in der schönen Wildnis finden wir einen grossen Parkplatz und zu Fuss geht's hinunter an den See. Still und majestätisch schön liegt er eingebettet zwischen den bewaldeten Berghängen (okay für Schweizer Verhältnisse höchstens Hügel) mit den amüsanten Namen North and South Bubbles. Der Indian Summer scheint hier bereits munter fortzuschreiten. Viele Bäume leuchten in den unterschiedlichsten Farben und ergeben vor allem als Spiegelbild im Wasser fantastische Fotomotive ab.

Mutterseelenallein entscheiden wir uns für eine Seeumrundung auf dem markierten Wanderweg. Als uns Marian heute Morgen fragte, was wir den vorhaben, brach sie in gespieltes Entsetzen aus, dass wir den Jordan Pond umrunden wollen. Der sei doch viel zu gross. Keine Ahnung wann Marian das letzte Mal hier war, aber unter "riesengross" verstehen wir etwas anderes.

Schon bald wandelt sich unser Wanderweg in schmale Holzstege, die über eine empfindliche Vegetation führen, die man nicht zerstören will. Das finden wir eine gute Idee! Hoffentlich beginnt es nicht zu regnen. Das gäbe eine schöne Rutschpartie auf diesen dicken Holzplanken...

die Holzstege schützen die Vegetation

die Holzstege schützen die Vegetation

Die Gegend ist herrlich! Der Wald unberührt und wild mit weichem Moos bewachsenem Boden und einem malerischen Chaos aus Bäumen, am Boden liegenden Holz und Sträuchern. Immer wieder führen kleine Flüsse Wasser in den See. Manchmal behindern grosse Steinbrocken unseren Weg, so dass nur eine Kletterpartie uns wieder auf die Holzstege zurück führt. Plötzlich teilen sich über dem See die Nebelwolken und zaghaft bildet sich ein Loch, das immer grösser wird. Und so wandern wir ein wenig später im herrlichen Sonnenschein und geniessen den blauen Himmel, der immer mehr und mehr Überhand gewinnt.

eine schöne Wanderung

eine schöne Wanderung

Anderthalb Stunden dauert unsere Wanderung um den See. Marians Panik war also unbegründet... Immer wieder geniessen wir den Blick auf die farbigen Bäume des Herbstes. Von Violett zu orange, von gelb zu rot leuchten uns die Bäume und Sträucher entgegen. Ein angenehmer Wind streicht über den See, welcher vermutlich auch für unser blaues Loch verantwortlich ist.

Wieder zurück am Ausgangspunkt setzen wir uns auf grosse Steine am Rande des Sees und geniessen still für uns den schönen Ausblick über den Jordan Pond. Nur wenige Leute sind uns begegnet. Die Stille ist wirklich herrlich. Die Berge und farbigen Bäume spiegeln sich malerisch im ruhigen Wasser und lassen alles sehr idyllisch wirken!

Mit dem Auto fahren wir zum Jordan Pond House. Mehrere Busse stehen dort und entsprechend haben Senioren (vermutlich vom nächsten Kreuzfahrtschiff) den Souvenirladen und das Restaurant voll im Griff! Auch wir schlendern ein wenig durch die Auslage und decken uns im kleinen Lebensmittelladen mit Bananen, Muffins und Mineralwasser ein.

Wir entscheiden uns noch einmal eine Acadia Rundfahrt zu unternehmen, da wir gewisse Punkte gestern noch nicht gesehen haben. Einer der Punkte ist Schooner Head. Ein Wanderweg führt uns hinunter zu eindrucksvollen Klippen, wo Wellen sich malerisch an den Felsen brechen. In der Ferne auf einer Halbinsel erblicken wir eine beeindruckende Villa, und wir fragen uns, wer wohl in einem Naturschutzgebiet so was bauen darf.

Wir klettern halsbrecherisch über Felsen und machen es uns an einem schönen Ort bequem, wo wir die hereinbrechenden Wellen trocken beobachten können. Leider hat uns der Nebel wieder eingeholt, so dass es nicht sonderlich warm ist.

Unser nächster Punkt ist wieder der Sand Beach. Erstrahlte er gestern noch im herrlichsten Sonnenschein dominiert heute grau in grau. Dafür ist die Brandung weitaus attraktiver, und wir geniessen den Ausblick auf die aufgewühlte See, welche mit lautem Tosen die hohen Wellen auf den goldenen Strand branden lässt. Wir finden zwischen zwei Steinen einen Holzladen und essen unser im Jordan Pond House eingekauftes Picknick.

Ein kühler Wind lässt uns aber irgendwann das Weite suchen, so dass wir rund um den Cadillac Mountain zurück nach Bar Harbor fahren. Um zwei Uhr sind wir zurück. Gemütlich spazieren wir an die Hauptstrasse des süssen Städtchens und ergeben uns ein wenig dem Shopping wie notabene hunderte von andern Touristen auch. Ein neues riesiges Kreuzfahrtschiff ankert vor Bar Harbor, es muss tausenden von Gästen Unterkunft bieten. Wow! Was für ein Anblick.

Ich entdecke einen absolut süssen Laden namens "cool as a moose". Unter diesem Logo werden unglaublich viele Produkte angeboten, mehrheitlich Textilien. Nebst diesem Text in dann ein witzig grinsender Elchkopf zu sehen, der seine Finger zum Victory-Zeichen erhebt (okay, ich weiss, Elche haben keine Finger... aber das tut hier nichts zur Sache...). Ich verliebe mich auf der Stelle in diesen Laden und komme nicht umhin ein T-Shirt zu kaufen.

Jürg kriegt Hunger! Wir entdecken ein chinesisches Familienrestaurant und füllen uns für 6 Dollar den Bauch mit leckerem Sweet-Sour-Chicken. Und dann hat uns die angekündigte Regenfront eingeholt und es giesst Bindfäden. Schnell marschieren wir zurück zu unserem Hotel und geniessen den restlichen Abend faul vor dem TV. Wie immer beginnt langsam die Regenerationsphase der Ferien und das bedeutet, dass ich endlos schlafen kann. Noch voll bekleidet schlummere ich friedlich auf dem Bett bis Jürg mich um neun Uhr weckt, damit ich mich endlich in den Schlafanzug schmeisse. So sind zwölf Stunden durchschlafen schon mal vorprogrammiert. Das tut gut!

© Franzi S., 2009
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Alle schwärmen vom Indian Summer in den Staaten. Wir wollten es mit eigenen Augen sehen... und wurden nicht enttäuscht!
Details:
Aufbruch: 26.09.2008
Dauer: 3 Wochen
Heimkehr: 17.10.2008
Reiseziele: Vereinigte Staaten
Der Autor
 
Franzi S. berichtet seit 16 Jahren auf umdiewelt.
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