Auf nach Peru

Reisezeit: August / September 2014  |  von Beatrice Feldbauer

Titicacasee

Nach dem Regen gestern Abend hätte niemand geglaubt, dass wir heute Morgen von strahlendem Sonnenschein geweckt würden. Renee unser heutiger lokaler Guide begrüsst uns und erzählt, dass es in den letzten Tagen viel geregnet hätte, aber der heutige Tag verspricht viel Sonne. Haben wir es doch schon die längste Zeit vermutet: Wenn Engel reisen, scheint die Sonne.
Renee ist ein echter Uro und er wird uns heute seine Heimat erklären. Mit dem Bus geht es zum Hafen wo wir in ein Motorboot steigen. Durch den breiten Schilfgürtel fahren wir hinaus auf den Titicacasee.
Der See ist ein Achtel so gross wie die Schweiz. Er liegt auf 3800 m und gehört zu 60 % zu Peru, zu 40 % zu Bolivien. "Titi gehört zu Peru, Kaka zu Bolivien" erklärt Renee mit einem Augenzwinkern, erklärt aber gleichzeitig, dass seine Guide-Kollegen in Bolivien genau das Gegenteil behaupten.
Bald erreichen wir eine der schwimmenden Inseln. Die Frauen in ihren farbigen Kleidern erwarten uns bereits und begrüssen uns mit einem freundlichen Lächeln

Der Kontrollposten vor den Urodörfern
Foto: Beat

Der Kontrollposten vor den Urodörfern
Foto: Beat

Die Uros leben seit vielen Jahren auf ihren künstlichen Inseln. Einst flohen sie vor den Spaniern, die von weitem den Schilf sahen und glaubten,Gold zu sehen. Sie wollten die Bewohner von Puno zu Zwangsarbeit verpflichten, doch diese flohen mit ihren Booten, erweiterten diese mit viel Schilf, bauten Häuser aus Schilf daraus und verbesserten ihre Technik bis zu den heutigen Inseln, die auf Schilf mit Wurzelballen, die sich vom Seegrund losgerissen haben, basieren. Renee zeigt uns, wie so eine Insel aufgebaut ist.
Und er erzählt uns auch vom Leben auf den Inseln. Es sind kleine Fische, die ursprünglich im See lebten, die grösseren, wie die Forellen wurden später ausgesetzt. Die Menschen leben noch heute vom Fischfang und von der Vogeljagd. Ausserdem gibt es immer viel zu tun, die Inseln auszubessern, denn der Schilf vermodert und muss immer wieder ergänzt werden. Inzwischen leben die meisten Menschen vom Tourismus. Man hat gelernt, Handarbeiten zu machen, die man an Touristen verkauft. Die Kinder können bis zur 6. Klasse hier auf den Inseln zur Schule gehen. Allerdings nur, wenn die Eltern oder sie selber das wollen. Es gibt so viele Gründe, nicht zur Schule zu gehen, meint Renee. Zur weiteren Ausbildung geht man auf das Festland. Dazu braucht man allerdings jemanden, der einen unterstützt. Renee erzählt stolz, dass er dank guten Noten ein Stipendium erhielt und dadurch weiter studieren konnte. Nicht viele schaffen es, aus den engen Strukturen auszubrechen. Eine Insel ist meistens ein Familienclan. Man wohnt zusammen und teilt alles zusammen. Intimsphäre gibt es kaum. Ehepaare, die etwas Zweisamkeit möchten, fahren zusammen hinaus in den Schilf. Die Leute haben 2-3 Kinder und diese bleiben bei der Familie bis sie heiraten. Dann geht in der Regel die Frau auf die Insel ihres zukünftigen Mannes.

Renee erklärt den Aufbau der Inseln

Renee erklärt den Aufbau der Inseln

Schilf ist die Lebensgrundlage. Der untere weisse Teil kann gegessen werden, die Innenseiten werden als fiebersenkende Auflagen verwendet und aus den winzigen Blüten wird Tee gemacht. Ja, es ist immer feucht auf den Inseln und Renee gibt zu, dass vor allem ältere Menschen oft an Rheuma leiden. Doch man ist sich gewohnt so zu leben.
Nach all den Erklärungen laden uns die Frauen ein, ihre Hütten zu besichtigen. Es sind einfache Häuser mit einem Raum, einem Bett für die ganze Familie und kaum Schränken. Alles hängt an Haken an denWänden oder stapelt sich am Boden. Es sind fröhliche Menschen und sie schaffen es, dass plötzlich neue Uros aus den Hütten kommen. Sie haben uns alle neu eingekleidet. Natürlich versuchen sie jetzt, uns ihre farbigen Handarbeiten zu verkaufen. Gestickte Tücher, farbige Mobiles und viele andere kleine Dinge sind es, die sie anbieten. Renee erklärt derweil wie das mit den Besuchern funktioniert. Es ist genau eingeteilt, wer heute einen Besuch erhält. In der Hochsaison trifft es jede Insel 2-3 mal pro Woche, im Moment ist es einmal pro Woche. Es ist also sehr wichtig, dass die Familie etwas verkaufen kann, um ein wenig Geld zu verdienen.

Eine neue Uro-Familie

Eine neue Uro-Familie

Die Uro-Prinzessin

Die Uro-Prinzessin

Im Urodorf - Foto: Beat

Im Urodorf - Foto: Beat

Blick in eine der Hütten - Foto: Beat

Blick in eine der Hütten - Foto: Beat

Der graue Elefant hat ein neues Zuhause gefunden
Foto: Beat

Der graue Elefant hat ein neues Zuhause gefunden
Foto: Beat

Eine gemischte Uro-Grossfamilie

Eine gemischte Uro-Grossfamilie

Renee lädt uns ein, mit dem Schilfboot hinüber zu der Schule zu rudern und wir entrichten gern den kleinen Obolus. Zu spannend ist es, auf dem fantasievollen Gefährt zu fahren. Bevor wir aber losfahren, erhalten die Kinder noch ein paar Geschenke, denn wunderbarerweise haben ein paar Kuscheltiere die Fahrt bis hierhin mitgemacht.

Mit dem Binsenboot unterwegs zur Nachbarsinsel

Mit dem Binsenboot unterwegs zur Nachbarsinsel

In der kleinen Schule sind zurzeit nur wenige Kinder. Der Lehrer erklärt uns, dass morgen ein grosses Fest für die Uros sei. Es gäbe Prozessionen auf dem Festland und die meisten Kinder seien im Moment dabei, diese zu üben. Trotzdem singen uns die kleinen drei Lieder in vierschiedenen einheimischen Sprachen. Und dann möchten sie auch von uns etwas hören. "Es Purebüebli" eignet sich besonders dafür, vor allem weil wir uns dazu bewegen, schunkeln. Die Kinder klatschen begeistert und dann tritt die ganze Gruppe zu uns und umarmt uns, jedes einzeln. Es ist ein spontaner und sehr bewegender Moment.

In der Uroschule, (von Mormonen unterstützt)
Foto: Beat

In der Uroschule, (von Mormonen unterstützt)
Foto: Beat

Ein emotionaler Moment: Eine Umarmung von den Kindern
Foto: Beat

Ein emotionaler Moment: Eine Umarmung von den Kindern
Foto: Beat

Weiter geht es mit dem bequemen Motorboot

Weiter geht es mit dem bequemen Motorboot

Inzwischen ist auch das Motorboot wieder eingetroffen und wir steigen ein, fahren weiter hinaus auf den See. Tiefblau präsentiert sich das Wasser, und darüber wölbt sich ein blauer Himmel mit ein paar weissen Wolken. Wir verlassen die Bucht von Puno und der See weitet sich zum Meer.
Unser Ziel ist die Insel Takiles. An Land angekommen, heisst es aufsteigen, hinauf zum Dorf. Der Fussweg ist gut ausgebaut und überall am Weg sitzen ein paar Mädchen,verkaufen Freundschaftsbänder oder die alte Frau, die ihre Spindel dabei hat.
Es gibt ein paar Regeln für das Leben auf der Insel, hat uns Renee erklärt: Nicht faul sein, nicht lügen, nicht stehlen. Aber auch für die Touristengibt es Regeln: keine Süssigkeiten an die Kinder verteilen, alles wieder mitnehmen, was man mitgebracht hat und keine Fotos von Menschen ohne deren Einwilligung.

Auf dem Oberdeck - Foto: Beat

Auf dem Oberdeck - Foto: Beat

Foto: Beat

Foto: Beat

Die alte Frau mit der Spindel am Wegesrand

Die alte Frau mit der Spindel am Wegesrand

Die Wollelieferanten - Foto: Beat

Die Wollelieferanten - Foto: Beat

Während die anderen scheinbar ohne Mühe die Höhe erklimmen, habe ich doch etliche Mühe, mitzukommen. Immer wieder stehen bleiben, tief durchatmen, die Aussicht geniessen... wir sind fast auf 4000 m und die Luft ist dünn. Irgendwann schaffe auch ich es zum Dorfplatz. Die Insel der strickenden Männer wird die Insel auch genannt. Tatsächlich stricken hier die Männer.Vor allem Mützen mit fantasievollen Mustern und wunderschöne Pullover und Schals. In der grossen Verkaufshalle können wir die Arbeiten bewundern. Dann gehen wir noch etwas weiter bis zu einem kleinen, privaten Restaurant, wo der Tisch für uns bereits gedeckt ist. Es gibt Quinoa-Suppe, gebratene Forelle mit Kartoffeln. Dazu Coca-Tee. Es schmeckt wunderbar, das Essen, das uns die Familie offeriert. Danach erzählt uns Renee die Regeln der Dorfgemeinschaft. Anhand der Mützen kann man erkennen, ob ein Mann noch ledig oder verheiratet ist. Auch die Ranghöheren haben eigene Kopfbedeckungen. Das Familienlebenist klar strukturiert und wie bei den Uros unterwirft man sich den Strukturen. Auch der Tourismus ist organisiert, so wird genau eingeteilt, welche Familie Besucher bewirten kann.

Es riecht wunderbar auf der ganzen Insel nach Eukalyptus und wilder Minze

Es riecht wunderbar auf der ganzen Insel nach Eukalyptus und wilder Minze

Einer der strickenden Männer zeigt Monika seine Technik

Einer der strickenden Männer zeigt Monika seine Technik

Foto: Beat

Foto: Beat

Der Tisch ist gedeckt

Der Tisch ist gedeckt

und das Essen ist wunderbar.

und das Essen ist wunderbar.

Foto: Beat

Foto: Beat

Nach dem Essen wandern wir noch hinauf bis zur Krete und stegen dann die unendlich lange Treppe hinunter zur anderen Seite der Insel wo uns unser Boot bereits erwartet.
Gut zwei Stunden dauert die Rückfahrt. Zwei Stunden, um die Sonne zu geniessen, zu dösen oder gar auf dem Deck zu schlafen. Die tiefstehende Sonne verzaubert die ganze Landschaft in eine zauberhafte Stimmung und lässt das Schilf wie Gold erstrahlen.
Wir haben alle viel Sonne im Gesicht als wir in Puno ankommen. Wer will kann vor Sonnenuntergang noch einen kleinen Bummel durch die Stadt machen, die anderen fahren mit dem Bus zurück zum Hotel.
Nach dem feinen Abendessen im Hotel bin ich hundemüde. Es reicht grad noch knapp, die Fotos für den Reisebericht auszusortieren, dann bin ich bereits eingeschlafen.

Schon die kleinen Buben lernen stricken

Schon die kleinen Buben lernen stricken

Foto: Beat

Foto: Beat

Foto: Beat

Foto: Beat

Foto: Beat

Foto: Beat

Auf meinem Bett erwartet mich ein lustiger Geselle.

Auf meinem Bett erwartet mich ein lustiger Geselle.

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Zum dritten Mal fliege ich mit einer Reisegruppe nach Peru. Neue Teilnehmer bedeuten eine neue Reise. Jeder sieht das Land mit seinen Augen, erlebt seine eigenen Abenteuer. Ich werde auch dieses Mal wieder von den Erlebnissen der Gruppe berichten. Den Freunden und Angehörigen etwas von der Reise erzählen. Reisen Sie mit, lassen Sie sich inspirieren.
Details:
Aufbruch: 23.08.2014
Dauer: 3 Wochen
Heimkehr: 12.09.2014
Reiseziele: Peru
Der Autor
 
Beatrice Feldbauer berichtet seit 20 Jahren auf umdiewelt.
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