Auf nach Peru
Ausflüge
Die meisten haben anscheinend gut geschlafen in dieser Nacht der Geräusche. Frösche und einzelne Vogelstimmen konnte man in der Dunkelheit erkennen. Eingebettet in eine ganze Kulisse von undefinierbaren Geräuschen. Bestimmt ist man ein paar Mal aufgewacht, erstaunt darüber, wo man sich gerade befindet, aber die träge Luft liess einen gleich wieder einschlafen.
Am Morgen ertönen ein paar tiefere undefinierbare Töne. Als ob der Wind durch die Bäume rauschen würde. Es sind Brüllaffen, die man über Distanzen bis zu 500 Meter hören kann. Um sechs Uhr starten May und Leo mit den Booten zur Vogelbeobachtungstour und ein paar Ausgeschlafene begleiten sie.
Vor dem Frühstück kommen sie zurück und bringen ein paar schöne Fotos mit. Nebst vielen Vögeln haben sie auch eine Anaconda entdeckt, der ein Fischernetz zum Verhängnis geworden ist. Statt dass sie die im Netz gefangenen Fische schnappen konnte, wird sie nun von den Piranas und Geiern selber verspeist.
Nach dem Frühstück starten alle zur Dschungeltour. Zuerst werden aber noch Gummistiefel gefasst und reichlich Mückenspray versprüht. Die Guias zeigen wie sie ihre Machete an einem Stein schleifen und dann geht es los in die grüne Hölle. Mit May falten sie einen Fächer aus Palmblättern während Reynel die Dschungelqueen kürt und mit Leo lernen sie verschiedene Medinpflanzen kennen.
Die Guias machen ihre Gäste auf alles aufmerksam, was sie unterwegs antreffen. Das können kleine Raupen, essbare Früchte, interessante Blätter oder farbige Vögel sein. Sie zeigen wie man sich mit Termiten gegen Moskitos schützt und dann sucht May kleine Kokosfrüchte. Darin leben kleine weisse Maden, die er mit der Machete herausholt. "Sie schmecken nach Kokosnuss", erklärt er und wieder einmal staune ich, dass er das Vertrauen seiner Gäste gewinnt und Beat und Werni dazu bringt, eines der weissen Tiere zu essen. Und das heute sogar ohne dass er es vormacht.
Reynel hat derweil eine Liane gefunden, aus der Wasser sprudelt und die einem hilft, im Dschungel zu überleben.
Ich fahre mit Rene und Keyla unterdessen zur nahen Baumhaus Lodge und wir staunen über die fantastische Konstruktion. Bungalows wurden in die höchsten Bäume gehängt und verbunden sind sie mit Brücken, die sich in 15 bis 25 m Höhe spannen. Ob man an der Bar unten auch Alkohol verkaufe, will ich vom Mozo wissen, denn ich kann mir nicht vorstellen, wie man sich nach einem Bier zu viel noch hier hinauf traut. Ja, meint er, sie trinken zwei Bier an der Bar und lassen sich eine Kiste ins Zimmer liefern."
Zum Mittagessen sind alle wieder zurück in der Lodge. Die Expeditionsmitglieder mit unzähligen neuen Erfahrungen und Eindrücken. "Ueberlebt" ritzt May in einen Pilz und sofort färbt sich die Schrift rot. Wir haben ein neues Dekorationsstück geschaffen.
Reis, Kochbananen und Schinken zaubert die Küche auf den Tisch und zum Dessert frische Ananas. Inzwischen fliesst der Schweiss in Strömen und der Wunsch nach einem Tropenregen wird wach. Und wirklich, während alle eine Siesta halten, öffnen sich über uns die Schleusen und grosse Tropfen fallen vom Himmel. Es regnet mindestens eine Stunde und die Palmdächer können beweisen, dass sie den meisten Regen abhalten. Nur an einigen Stellen fallen Tropfen bis auf den Boden, andere versprühen einen feinen Nebel. Wie ein Feuchtigkeitsspray bei der Kosmetikerin fühlt es sich an.
Der Regen hilft beim Stress abbauen. Wir bleiben in den Hängematten, plegern in den Betten oder bringen Keyla im Aufenthaltsraum "Tschau Sepp" bei.
Später fahren die Boote aus zum Fischfang. Heute sind die Gäste für das Nachtessen verantwortlich. Einfache Stecken mit einem Haken dienen als Angelruten und ich weiss, dass der eine oder andere nicht glaubt, dass es möglich ist, damit einen Fisch zu fangen. Doch weit gefehlt, den ersten zieht Susanne heraus und dann folgen auch andere so dass am Schluss ein ordentlicher Fang in die Küche gebracht werden kann.
Selbstverständlich werden sie von der Köchin gebraten und schön dekoriert serviert. Dazu gibt es Spaghett und Rindfleisch. Und selbstverständlich wie immer frisches Gemüse und Salat.
Nach dem Nachtessen setzen sich die Guias zu uns und May meint: "Heute war ein sehr guter Tag, morgen wird ein noch besserer sein. So ist es immer im Leben, es folgt immer wieder ein neuer Tag, der besser ist, als der vorhergehende. Man muss das nur richtig sehen". Die Verständigung zwischen Guias und Gästen ist etwas holperig, aber man kommt sich etwas näher.
René ruft die Küchenmannschaft in den Essraum und sie stellen sich schüchtern vor uns auf.
Werni bedankt sich im Namen der Gruppe bei der Küchenmannschaft und bei den Bootsführern. Sie haben uns in den letzten beiden Tagen wunderbar bekocht, waren besorgt, dass immer heisses Wasser zur Verfügung stand, haben uns über das Wasser gefahren und werden auch morgen noch einmal einen ganz besonderen Effort machen um uns ein unvergessliches Erlebnis zu bieten. Ich spüre plötzlich, wie speziell dieser Moment ist, wie ungewöhnlich. Die Helfer bleiben in der Regel im Hintergrund. Sie sind schüchtern, trauen sich nicht von sich aus einen Tourist anzusprechen. Kaum je wird das Trinkgeld in die Küche so offiziell übergeben und die Gruppe steht etwas verlegen vor uns Touristen. Und dann springt der Funken springt über. Die Köchin, deren Namen ich mir zu meiner Schande noch immer nicht merken kann, tritt einen Schritt vor und bedankt sich im Namen ihrer Kollegen, dankt, dass wir den weiten Weg hierhergekommen sind, dankt, dass wir sie und ihr Leben kennen lernen wollen und dann kommt sie zu jedem Einzelnen. Drückt Hände, umarmt und mit ihr die ganze Crew. Es ist einer dieser Momente, die unwiederbringlich sind.
In dieser Stimmung erhebt sich auch May und erzählt die Legende von Chullachaqui, den man nicht beim Namen nennen darf und der sich in jedes Lebewesen verwandeln kann und der Menschen verwirrt. Sein einziges Erkennungszeichen ist, dass seine Füsse nicht gleich gross sind. May erzählt nicht nur die Legende sondern auch von seiner Familie, die im Dschungel lebt und dort eine kleine Alkoholbrennerei betreibt. Er erzählt vom Leben der Bauern, die ihre Früchte vom Feld im Dschungel nach Hause holen und von einem kleinen Jungen, der vom Chullachaqui entführt wurde. Der Schamane erkannte mit Hilfe von Ayahuasca, dass dem kleinen Jungen nichts passiert ist und dass er am nächsten Tag zurückkehren würde. Und so war es auch. Der Junge erzählte, von Früchten, die er gegessen und von einer Kreatur, die ihn gut behandelt hätte.
Dann holt Leo die Flaschen mit den einheimischen Schnäpsen. Es sind Liköre aus Früchten und Wurzeln und sie werden vor allem als Medizin genossen. Reihum werden die Getränke probiert, von der aphrotiasierenden Wirkung des Wurzeltrankes kann ich keine detaillierten Ergebnisse berichten.
Die letzte Nacht im Dschungel beginnt.
Aufbruch: | 23.08.2014 |
Dauer: | 3 Wochen |
Heimkehr: | 12.09.2014 |