Frankreich - Spanien 2013

Reisezeit: August - Oktober 2013  |  von Uschi Agboka

Mendigorria - Teil 1 - Streckenverlauf (Spanien): Puente la Reina Gares -Obanos -Sierra del Perdon

30.09.2013 - 32. Tag - Puente la Reina - Obanos - Sierra del Perdon

30. September 2013 – Montag – 32. Tag
Campingplatz Errota-El Molino, Mendigorria, Navarra – Spanien
Mendigorria – Puente la Reina Gares – Puente – Iglesia San Pedro – Iglesia Santiago - Iglesia del Crucifijo – Santa Maria de Eunate – Obanos – Iglesia San Juan Batista – Sierra del Perdon - Mendigorria – Iglesia San Pedro - Mendigorria
Fahrzeit: 4 1/2 Stunden, 43 Meilen (69 km)

Es ist trocken geblieben in der Nacht, doch am Himmel ziehen dunkle Wolken. Mal schauen, was der Tag bringt. Rolf holt Brot an der Bar des Campingplatzes und lernt einige Deutsch sprechende Leute kennen. Die ganze Anlage des Campingplatzes ist riesig, aber in unserer Ecke am Fluss steht nur noch ein französischer Camper, weit genug entfernt, so dass wir einander nicht stören. Die Sonne lässt sich hin und wieder blicken.

Um 10.30 Uhr fahren wir los, zunächst zur Brücke in Puente la Reina. Hier muss ich viel Geduld aufbringen, denn es dauert bis die Sonne so scheint, dass es Rolf passt für ein Foto. Doch die Warterei hat sich gelohnt, Rolf macht ein wirklich traumhaft schönes Bild von der mittelalterlichen Brücke über den Rio Arga.

Die Bogenbrücke, die den Fluss überspannt und dem Ort seinen Namen gab, wurde im 11. Jh. erbaut, um den Jakobspilgern auf ihrem Weg nach Santiago de Compostela die Überquerung des Flusses zu ermöglichen. Weil Flussüberquerungen gefährlich, Umwege weit und Fährdienste teuer waren, konzentrierten sich die Pilgerströme schnell auf diese Brücke.

Nachdem die Fotos im Kasten sind, machen wir uns auf in die Altstadt, ich muss erst einmal einkaufen. Bei einem Metzger erstehe ich Hähnchenbrustfilets, Langostinos, Gehacktes, Eier und Käse. In einem Obstladen packt mir eine ältere Frau alles lose in die Tüte, Trauben, Pilze, Tomaten, Bananen und Zucchini. Nach längerem Suchen finden wir auch einen Supermarkt, wo wir Wein einkaufen. Nun fahren wir zunächst zurück zum Campingplatz, alles im Kühlschrank verstauen.

Dann machen wir uns auf, die Altstadt von Puente la Reina und die schönen Kirchen zu besichtigen. In Puente la Reina haben wir ja bei Ankunft am Samstag ein Fest erlebt. In der Hauptstraße sieht man noch die starken Gitter, die die Stiere von den schönen Portalen der Häuser fernhalten sollten.

Die Iglesia San Pedro aus dem 14. Jh. ist leider geschlossen. Im Innern der Kirche befindet sich die Statue der Virgen de Txori (16. Jh.), die früher auf der Brücke stand.

Wir laufen weiter durch die Altstadt, die wirklich wunderschöne Häuser aufweist, bis zur Iglesia Santiago, die ganz im Barockstil gehalten ist. Hier haben wir Glück, die Kirche ist geöffnet. Prachtvolle vergoldete Altäre schmücken die Kirche. Das typisch navarrische romanische Zackenportal ist über und über mit verwitterten Szenen aus der Schöpfungsgeschichte verziert. Das im 16. Jh. erneuerte Kirchenschiff ist sehr prachtvoll. Besonders zu erwähnen sind die beiden Figuren gegenüber dem Eingang, der Heilige Jakobus als Pilger und der Heilige Bartholomäus. Der Turm der Kirche stammt aus dem 18. Jh..

Unsere Besichtigung geht weiter, durch die Calle Mayor. Die weist Häuser aus goldfarbenem Backstein auf, mit herrlichem Wappenschmuck und schönen, skulptierten hölzernen Vordächern.

Puente la Reina Gares (heute ca. 3.000 Einwohner) verdankt seine Existenz den Jakobspilgern. Von Pamplona kommend steht am Ortseingang die Bronzefigur eines Pilgers. Sie markiert den Punkt, an dem sich die beiden Caminos (Aragon und Navarra) vereinen, der eine kommt von Roncevalles, der andere vom Somport-Pass. Name und Entwicklung sind mit der von der navarresischen Königin Dona Mayor, Ehefrau des Königs Sancho Mayor, oder ihrer Stieftochter gestifteten Brücke verbunden.

Es folgten die Ansiedlung von Franken und die Gründung eines Marktfleckens. König Alfons I. veranlasste 1121 die Gründung des Ortes. Die Gewährung des Fuero von Estella sollte die Ansiedlung entlang des Jakobsweges fördern, um durch die Straßenzölle und den Handel Profit zu ermöglichen.

Im 14. Jh. bestand Puente la Reina bereits aus 5 Ortsteilen, die Stadtmauer wurde erweitert. Es folgte die Schenkung der Stadt durch García IV. an die Templer und nach deren Auflösung zu Beginn des 14. Jahrhunderts ging sie an die Johanniter über. Nach dem Niedergang des Pilgerwesens verlegte sich der Ort hauptsächlich auf die Landwirtschaft, speziell auf den Anbau von Gewürzpaprika. Heute findet man in fast allen Geschäften diesen Paprika.

Vor der Stadt befindet sich noch die Iglesia del Crucifijo (12. Jh.), die leider auch geschlossen ist. Diese Kirche des ehemaligen Templerklosters (13./14. Jh.), mit einem romanischen Portal von der vorherigen Kapelle stammend und einem Y-Kreuz des weichen Stils der Spätgotik als Besonderheiten, wollen wir uns ein anderes Mal noch anschauen. Das Kreuz soll angeblich aus dem Rheinland stammen.

Nachdem wir Puente la Reina verlassen haben, geht es auf NA 6064 / NA 601 zur Ermita Santa Maria de Eunate, eine sehr schöne Kirche, die auf freiem Feld, einige Kilometer vor Puente la Reina liegt.

Im Gras, wo wir parken, entdecken wir eine ganz ungewöhnlich Spinne, die auf sehr hohen Beinen durch die Wiese läuft. So etwas haben wir noch nie gesehen. Natürlich werden Fotos gemacht. In der Nähe der Ermita entdecke ich ein Verbotsschild in mehreren Sprache, die deutsche Übersetzung ist witzig, auf jeden Fall muss man hier ruhig sein, man darf hier nicht spielen, nicht essen. Dafür gibt es einen speziellen Platz, in einiger Entfernung.

Santa Maria de Eunate
Der Ursprung dieser romanischen Kapelle ist rätselhaft. Da sie von keiner Siedlung umgeben ist und bei Grabungen Gräber mit Muscheln als Grabbeigaben entdeckt wurden, vermutet man, dass sie als Friedhofs- oder Hospizkirche für die Jakobspilger diente. Möglicherweise war sie aber auch eine Kapelle, die die Templer als Heiliggrabkirche nutzten, dafür spricht die Vorliebe der Templer für den Zentralbau. Zudem besteht eine Ähnlichkeit zur nahe gelegenen Heiliggrabkirche in Torres del Rio.

Erbaut wurde die kleine Kirche im romanischen Stil und mit mozarabischen Einflüssen um 1170. An den achteckigen Bau schließt eine fünfeckige Apsis an, die dem Zisterzienserstil verwandt ist. Der Innenraum zeigt islamischen Einfluss. Leider können wir uns das nicht ansehen, weil die Kapelle „Ruhetag“ hat.

Doch auch von außen ist die Ermita sehenswert. Ein offener Bogengang verläuft um die Kapelle herum. Der Gang war früher die Verbindung zu Nebengebäuden. Das baskische Wort“Eunate“ bedeutet 100 Türen – dieser Spitzname ist eine Anspielung auf die Arkaden, die die Kirche umgeben. Der Arkadenumgang ist wiederum von einer Mauer umgeben.

Die Lage der Kirche, ihre ungeklärte Geschichte sowie die spezielle Stimmung in der Kirche regten viele Menschen zu Spekulationen an. So existiert in der Gegend der Kapelle eine Sage, die die Ähnlichkeit des Kirchenportals mit dem einer anderen nahen Kirche dem Wirken übernatürlicher Kräfte zuschreibt, während sie wohl nur Beleg für das Wirken des gleichen (unbekannten) Steinmetzes ist.

Esoterik-Anhänger glauben, dass Santa Maria de Eunate neben Notre Dame de Paris und dem Taj Mahal einer der Kraftorte dieser Erde ist. In der Bevölkerung ist die Kapelle speziell als Heiratsort sehr beliebt.

Nach der Besichtigung der Ermita fahren wir über NA 601 / NA 6064 nach Obanos, auch eine Station auf dem Jakobsweg. Die herrliche neugotische Kirche San Juan Batista (1911) hat einen eleganten Glockenturm. Wie üblich in Spanien, ist die Kirche geschlossen. Durch einen Bogen gelangen die Pilger auf die trichterförmige Plaza de los Fueros, auf der ein modernes Kruzifix steht. Die Inhaberin eines Tante Emma Ladens spricht uns an, sie bewundert das Motorrad.

Obanos (ca. 900 Einwohner) ist das historisch belegte Villa de los Infanzones – Städtchen der Landedelleute. Diese versammelten 1327 die gesellschaftlichen Kräfte des navarrischen Königsreichs und schworen mit ihnen, gemeinsam gegen die Übermacht und den Ämtermissbrauch des herrschen französischen Hochadels vorzugehen. Dieses Vorhaben stand unter dem Wahlspruch „Pro libertate patriae gens libera state – Für ein freies Vaterland müsst auch ihr frei sein“.

Auch hier existiert eine Legende - Die Einsiedelei der Muttergottes von Arnotegui liegt auf einem Hügel auf der gegenüberliegenden Talseite. Die Muttergottes von Arnotegui wird als weinspendend beschrieben, ihre „Vorgängerin“ könnte eine eingesessene heidnische Weingöttin gewesen sein.

Es ist sehr warm, wir fahren weiter, durch die Sierra del Perdon, versehen mit vielen Windrädern, die aber das schöne Landschaftsbild nicht stören. Die Windräder sind 40 m hoch, wiegen 50 Tonnen und haben 20 m lange Rotorblätter. Es handelt sich hier um einen der ersten Windparks (Beginn 1994).

Es geht hoch hinauf auf den Monte Perdon, 1.037 m. Die Straße NA 6056 ist keine Straße, sondern eine reine Holperpiste. Doch die herrliche Aussicht, weit über die Landschaft, entschädigt uns. Auf dem Monte Perdon haben sich einige müde Jakobspilger versammelt, sie essen und trinken und tauschen wohl Erfahrungen aus.

Hier steht einem kleinen steinernen Schrein für die Jungfrau die eiserne Skulptur eines Pilgerzugs gegenüber, die von der navarrischen Wasserkraft- und Windanlagengesellschaft gestiftet wurde, die die Windräder auf der Sierra del Perdon betreibt. Die sehenswerte Figurengruppe besteht aus 14 Stahlstatuen in natürlicher Größe, die zu Fuß, zu Pferd und auf dem Esel nach Santiago unterwegs sind. Ihre Lanzen blinken im Sonnen- und im Sternenlicht. Die spanische Inschrift lautet „Wo sich der Sternenweg mit dem Weg des Windes kreuzt.“ Das Denkmal bildet eine Linie mit den Windrädern, was wunderbar ausschaut. Leider haben auch hier Vandalen gehaust und das Kunstwerk teilweise verunstaltet. Eine Krawatte hängt um den Hals einer Pilgerfigur.

Weiter geht es, bis zum höchsten Punkt des Berges. Dort steht eine kleine Kapelle, die auch durch Malereien beschmiert ist. Auch Unrat findet sich in der Wiese um die Kapelle, u. a. finden wir zwei Kondome, die wohl jemand vergessen hat. Von hier oben hat man einen herrlichen Blick bis nach Pamplona und bis hin zu den Pyrenäen.

Der Windpark in der Sierra del Perdón, die das Pamploner Becken nach Südwesten hin abschließt, war die erste Anlage dieses Typs in Navarra. Er umfasst 40 Windgeneratoren, gewaltige Windmühlen, deren Umrisse man noch von der Hauptstadt Navarras aus erkennen kann. Sie reihen sich auf einer Länge von 4 km auf dem Kamm dieser Anhöhe (1.037 m) aneinander. Die Zufahrt erfolgt über die N-111, die Autovia del Camino.

Vor den Straßentunnels durch El Perdon fährt man ab und von dort hinauf zum Windpark. Je näher man kommt, desto größer scheinen die Generatoren zu werden, und der Ausblick ist phantastisch. Die Generatoren besitzen zum Großteil Rotoren auf waagrechten Achsen, die auf hohen Masten angebracht sind. Die Masten sind 40 m hoch, die Rotorblätter haben eine Länge von jeweils 20 m. Jeder Generator wiegt 52,5 t und erbringt eine Leistung von 500 kW, was eine jährliche Stromproduktion von 60 Mio. Kilowatt ermöglicht. Die Windgeschwindigkeit beträgt hier im Jahresdurchschnitt 8,7 m/s. Navarra ist unter den spanischen Autonomen Regionen hinsichtlich der Umsetzung von Plänen zum Ausbau der Windenergie Spitzenreiter, und seit über 10 Jahren nimmt sie auch im europäischen Vergleich eine Spitzenposition ein.

In Navarra sind noch andere Windparks in Betrieb, wie der Cabanillas-Windpark mit 50 Windgeneratoren, Leitz-Beruete mit 32 Einheiten oder der Guerinda-Park mit 115 Generatoren. Letzterer ist der größte Windpark Europas. Die Nutzung des Windenergiepotenzials beläuft sich zurzeit auf ein Drittel der in ganz Spanien aufgestellten Anlagen. Gegenwärtig produziert Navarra 10 % des hier verbrauchten Stroms in Windparks, es wird eine 100 %ige Deckung angestrebt.

Wir verlassen die Sierra del Perdon. Unterwegs halten wir noch an einem futuristisch aussehenden Gebilde, es schaut aus wie eine fliegende Untertasse und ist hermetisch abgeriegelt. Leider ist nirgendwo eine Info zu lesen, so wissen wir nicht genau, was es ist.

Wir kommen nach Mendigorria und fahren hinauf in den Ort. Mir gefällt besonders die prächtige Iglesia San Pedro, die wir so gut vom Campingplatz aus sehen. Dies ist ein Gebäude aus dem Mittelalter, im gotischen und Renaissance-Stil im 16. Jh. wieder aufgebaut. Renovierungen und Erweiterungen fanden im 18. und 19. Jh. statt. Der schöne Kirchturm stammt aus dem 18. Jh. Auf einem kleinen Platz an der Kirche steht ein Trinkwasserbrunnen, der 1911 von Bernardino Ayala der Stadt gestiftet wurde.

Gegen 15 Uhr sind wir zurück auf dem Campingplatz, nach 4 ½ Stunden, 43 Meilen (69 km). Es ist sehr warm geworden. Rolf trinkt Cappuccino und isst dazu ein süßes Teilchen. Dann putzt er den Campingbus, ehe es zum Duschen geht.

Heute Abend gibt es Langostinos, Pilze, Salat, Baguette, Trauben und Weißwein. Lange können wir draußen sitzen und bei himmlischer Ruhe den schönen Ausblick genießen.

© Uschi Agboka, 2015
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Von Niederbayern nach Frankreich, 50 Tage mit dem Campingbus und dem Motorrad durch die Auvergne, die Midi-Pyrenees, durch Spanien mit Stützpunkt in Boltana bzw. Mendigorria.
Details:
Aufbruch: 30.08.2013
Dauer: 7 Wochen
Heimkehr: 19.10.2013
Reiseziele: Frankreich
Spanien
Der Autor
 
Uschi Agboka berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
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