Vor dem Start!

Reisezeit: Januar - April 2019  |  von Gundula Henkel

Entlang der Ostküste Australiens: Es geht weiter in Richtung Süden

Unser Abstecher in Eden

Liebe Familie, wenn ihr in den deutschen Zeitungen von der Hitze in Australien lest, keine Sorgen, wo wir sind, ist sie nicht. Also kein Mitleid! Wir würden uns eher zuweilen mehr Sonne wünschen. Wobei, wenn sie dann mal scheint, brennt sie erbarmungslos vom Himmel, insofern nehmen wir Wolken und ab und zu Regen gern in Kauf. Und weil das Wetter eher mehr zum Fahren als zum Sonnenbaden einlädt, schrubben wir weiter Kilometer um Kilometer, denn noch liegen bis nach Melbourne gut 500 Kilometer vor uns.
Wir verlassen Merimbula zunächst weiter auf dem Coastal Drive am Ozean Richtung Eden.

Eden, eine kleine Stadt an einer Bucht gelegen, steht auch auf unserer Liste der unbedingten musts. Die Stadt zieht aber auch zahlreiche australische Touristen an. Und das vor allem deshalb, weil der Ort von spannenden Geschichten über die Orcas, auch Killerwale genannt, Glatt- und Buckelwale und die Familie Dawidson erzählen kann. Bunte Fresken am Killerwalmuseum berichten darüber. Alexander Walker Dawidson, ursprünglich aus Schottland, kam Mitte des 19. Jahrhunderts mit seiner Familie nach Australien kam, um ihr ein besseres Auskommen zu bieten. Und seine Nachfahren, die zum Teil immer noch in Eden leben, wissen zu berichten, dass der Ururopa eigentlich Schreiner war und von Sydney nach Eden kam, um sich beim Bau des Hafens zur verdingen. Da aus diesem nichts wurde, sattelte er um auf Walfang. Das brachte damals gutes Geld, war aber nicht ungefährlich. Denn auf die Wale, die Buckel- und Glattwale, die sich von Pflanzen ernährten, hatten es auch die Orcas abgesehen. Sie trieben die Walkühe, die nach dem Entbinden und Säugen ihrer Kinder in den warmen Gewässern im Norden reichlich geschwächt sich wieder nach Süden bewegten, wurden von den Orcas in die Bucht vor Eden getrieben. Aber eigentlich waren sie nur auf die Zungen und die Lippen der Wale aus gewesen sein, alles andere überließen sie dem Meer und den Ureinwohnern Australiens, den Aboriginies. Die lebten seit Tausenden von Jahren mit den Walen, fingen sie und ernährten sich von ihnen. Dawidson, ein frommer Mann, der alle Menschen gleichbehandelte, so auch die Aboriginies, die in der Region Eden vom Stamm der Yuin waren, achtete ihre Erfahrungen. Das brachte ihm damals Respekt bei den Yuins ein, aber nicht unbedingt bei seinen Landsleuten. Denn für die Europäer, die nach Australien kamen, waren die Aboriginies minderwertige Menschen, die noch in der Steinzeit lebten. In gewisser Weise stimmte das, dass Steinzeit auf entwickelte Neuzeit traf, als die ersten Schiffe aus England mit Häftlingen und Sträflingen in Australien ankamen. Dass Kultur, Traditionen und Lebensweise der Ureinwohner, die seit Tausenden von Jahren im Land lebten, von den Neuankömmlingen derart missachtet wurde, wirkt offenbar bis heute nach. Auch wenn es wohltuende Ausnahmen gab wie die Familie Dawidson, die sich aufgrund ihrer aufgeschlossenen Haltung gegenüber den Ureinwohnern mit dem Walfang mehr als nur ein Auskommen sichern konnte. Das in allen Orten an die Ureinwohner, ihre Sitten und Gebräuche gedacht wird, zeugt von dem Versuch einer vorsichtigen Geschichtsaufarbeitung.

Im Informationszentrum des Ortes werden in deiner Endlosschleife Interviews mit Nachfahren der Familie Dawidson gezeigt. Und vor dem Museum über die Geschichte der Orcas in der Bucht vor Eden werden Busladungen australischer Touristen „ausgekippt“.
Wir genießen den phantastischen Blick auf das Meer und fahren weiter auf der A 1 in Richtung Melbourne.

Die A1 nach Victoria

Die A1, auch Prinzess Highway genannt, ist zumindest laut Karte die einzige gut ausgebaute schnelle Autoverbindung nach Melbourne. Sie verläuft zumeist einspurig in jede Richtung, nur alle drei bis vier Kilometer wird eine overtaking lane, also eine Überholspur, angekündigt. Aber kaum ein PKW, der hinter uns die 80 bis 90 Stundenkilometer herfährt, nimmt die Chance wahr und überholt uns, wenn sich die Möglichkeit ergibt. Zuweilen würden wir gern mehr aus unsrem Camper herausholen, aber er quält sich bei den höheren Geschwindigkeiten, und wir wollen ja auch etwas von der Landschaft um uns herum mitbekommen. Denn die verändert sich, je mehr wir uns Victoria, dem Flächenmäßig kleinsten Bundesstaat Australiens, nähern. Und trotzdem leben von den rund 25 Millionen Australiern die meisten Menschen in den Bundesstaaten New South Wales (NSW) und in Victoria. Während wir uns in NSW vor allem an den saftig grünen Wiesen und dem regelmäßigen Blick auf das Meer erfreuten, werden wir in Victoria zunächst von üppigem Regenwald begrüßt. Hohe Wälder links und rechts der Fahrbahn mit dichtem Untergehölz, die immer wieder zum „Wandern im Urwald“ erschlossen sind. Über lange Strecken fahren wir ganz allein auf der Straße. Kaum zu glauben, denn immerhin befinden wir uns auf einem Highway und dazu mitten in der Woche. Doch die Zahl der Autos auch im Gegenverkehr hält sich sehr in Grenzen. Auch treffen wir kaum auf Lastwagen, meist sind Camper wie wir unterwegs.

Dann, kurz vor Orbost, einem kleinen Städtchen am Highway lichten sich die Wälder, Wiesen und Weiden bestimmen das Bild. Allerdings sind sie nicht mehr grün, sondern braun und vertrocknet. Victoria ist für Buschfeuer bekannt. Das schlimmste muss um diese Zeit vor zehn Jahren in der Region um Melbourne getobt haben. Viele Menschen sollen ihre Häuser verloren haben. Auch in diesem Jahr muss es in den Wäldern bereits gebrannt haben. Immer wieder sehen wir verkohlte Baumstämme zu beiden Seiten der Straße. Hier muss vor unserer Ankunft die große Hitze geherrscht haben, von der überall in der Welt berichtet wurde. Und wir sehen auch keine Rinder mehr auf den Weiden, sondern vor allem Schafe, genügsam wie Schafe eben sind, finden sie auch was Brauchbares auf den trockenen staubigen Böden, die mal Wiesen waren. Im Reiseführer lesen wir, dass Landwirtschaft, in NSW und Victoria vor allem Viehwirtschaft, in Southern Australia Gemüseanbau, ein wichtiger Zweig der heimischen Wirtschaft ist. Wir haben auf unserer Fahrt keinen Ackerbau gesehen, allein Vieh- und Weidewirtschaft.

Auch die Orte verändern sich. Sie haben auch keine Namen mehr, die der Sprache der Aboriginies entlehnt wurden wie in NSW, sondern heißen nun Lakes Entrance, Bairnsdale, Stratford, Sale. Es sind Orte, durch die die A1 mitten durchführt und zumeist die Hautstraße des Ortes bildet. Zu beiden Seiten Geschäfte, öffentliche Gebäude und Restaurants. Dahinter erstrecken sich die Wohnsiedlungen. Hübsche Zentren mit gepflegten Grünanlagen und immer wieder sehr gut erhaltene und restaurierte Gebäude aus der Anfangszeit der Europäer Mitte des 19. Jahrhunderts. Mal ist es eine katholische Kirche mitten in der Stadt, dann um die Ecke ein Hotel, heute Gasthaus, ein altes Postamt oder eine Polizeistation, alles wohlerhalten und in gutem Zustand. Es scheint, als wolle man die wenige Geschichte, die die Europäer hier haben, unbedingt für die Nachwelt erhalten. Uns fällt auf, mit wie viel Liebe und Sorgfalt den Personen und Ereignissen auf aufwendig gestalteten Erinnerungstafeln gedacht wird, die in den Jahren kurz nach der Entdeckung und Landung für die Entwicklung des jeweiligen Landstriches aktiv waren. Und niemand wagt, diese Tafeln zu beschmieren oder zu zerstören.

Unser Ziel für die nächsten drei Tage ist Seaspray am 90 Mile Beach. Wir fahren bei Sale vom Highway ab in Richtung Meer und kommen an einen kleinen Ort, dessen „Hauptattraktion“ der Seaspray Caravan Park mit mehr als 200 Stellplätzen ist. Direkt hinter den Dünen stellen wir unseren Camper ab, das Meer in Hörweite. Ursprünglich Prospect heißt der Ort heute Seaspray, wohlmöglich, weil die Gicht der Wellen so hoch ist und die Luft neblig in der Ferne erscheinen lässt. Auch wenn der Wind am zweiten Tag abflaut, bleibt die See sehr rau und stürmisch. Wir trauen uns nur in Nähe des Strandes herein, zu stark ist die Strömung. Aber wir sind allein am Wasser, sowohl in die eine wie auch die andere Richtung ist nur Strand und Meer zu sehen. Endlich kommen wir zu ausgedehnten Strandspaziergängen, langen Lesestunden und dem ausgiebigen Bewundern der Natur.

Der Ort, ein Ferienparadies, wirkt verlassen. Auf dem für mehr 200 Camper ausgelegten Platz zählen wir knapp 10 Campingwagen. Trotzdem ist der Platz bestens gepflegt, und der Strand picobello sauber, die sanitären Anlagen sowieso. Insgesamt sieben Campingplätze werden wir auf unserer Reise nach Melbourne erleben. Sie sind alle ähnlich eingerichtet. Zumeist mit Elektro- und Wasseranschluss versehen bieten sie großzügige Anlagen mit Duschen und Toiletten, in der Regel werden sie täglich gesäubert. Sie heißen Amenities, was laut Wörterbuch mit Annehmlichkeiten übersetzt werden kann. Des Weiteren sind Waschstationen mit Waschmaschinen und Trockern sowie großen Wäscheständer vorhanden. (In Orbost haben wir unseren gesamten dreckigen Wäscheberg für 11 Dollar in anderthalb Stunden gewaschen und getrocknet.) Und es gibt auf allen Plätzen sog. Campkitchen, wo sich Kochherde, Spülbecken und im Außenbereich Elektrogrillstationen befinden. An einem Abend, als es gewitterte, haben wir unsere Steaks und eine Flasche Wein genommen, und es uns unter dem Dach gemütlich gemacht. Das Fleisch auf dem Grill verbreitete einen wohlriechenden Geruch, der Wein schmeckte und der Regen störte in keinster Weise.

Uferpromenade von Lakes Entrance

Uferpromenade von Lakes Entrance

Die A1 führt direkt durch Lakes Entrance

Die A1 führt direkt durch Lakes Entrance

Fish und Chips gibt es an jeder Ecke und schmeckt. Wir kaufen eine Lunch Box, die reicht für mittags und abends!

Fish und Chips gibt es an jeder Ecke und schmeckt. Wir kaufen eine Lunch Box, die reicht für mittags und abends!

Die katholische Kirche in Bairnsdale

Die katholische Kirche in Bairnsdale

Die A1 durch Bairnsdale

Die A1 durch Bairnsdale

Das Grand Terminus Hotel von 1889 in Bairnsdale

Das Grand Terminus Hotel von 1889 in Bairnsdale

Am 90 Mile Beach bei Seaspray

Am 90 Mile Beach bei Seaspray

Abendstimmung auf unserem Campingplatz in Seaspray

Abendstimmung auf unserem Campingplatz in Seaspray

Ein Gewitter bahnt sich an...

Ein Gewitter bahnt sich an...

© Gundula Henkel, 2019
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Die Koffer sind gepackt. Ziemlich ungewöhnlich für uns. Eigentlich sind wir die Spätpacker kurz vorm Losmarschieren. Doch diese Reise ist anders als alle unsere Unternehmungen zuvor. Wir sind 71 Tage in 5 Ländern unterwegs, davon gut 30 Tage in Campern in Australien und Neuseeland. Absolutes Neuland für uns ! Daher die lange Vorbereitungszeit. Mit der Routenplanung begannen wir im letzten Sommer. Ein tolles Reisebüro, Kinder und Freunde standen mit viel gutem Rat zur Seite.
Details:
Aufbruch: 21.01.2019
Dauer: 10 Wochen
Heimkehr: 01.04.2019
Reiseziele: Singapur
Fidschi
Japan
Der Autor
 
Gundula Henkel berichtet seit 5 Jahren auf umdiewelt.
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