Vor dem Start!
Von Süd nach Nord quer durch Neuseeland: Die Inland-Scenic-Route
Die Inland Scenic Route mit Halt in Geraldine, Kaikoura und Picton
Wir nehmen die Inlandsroute Richtung Norden vorbei an alpinem Gebirge, tiefen Schluchten und glasklaren Gletscherseen, weiten Tälern für Schaf- und Rinderweiden und für wie mit dem Lineal gezogenen Rebstöcke für den Weinanbau. Die wechselnde Natur bestimmt das Bild. Alles erscheint uns weit und groß. Womöglich deshalb wirken die wenigen Orte, durch die wir fahren, so klein und unscheinbar, als wollte man der Natur so wenig wie nötig Raum wegnehmen. Die flachen Häuser, kaum ein Gebäude hat mehr als zwei Etagen, ziehen sich an der Hauptstraße entlang und passen sich mit ansprechenden Außenfassaden, den gepflegten Vorgärten und den zum Bummeln einladenden Fußgängerwegen immer wieder auch den natürlichen Gegebenheiten an. Nichts scheint dem Zufall überlassen, alles wirkt durchdacht, überlegt gestaltet und angelegt. Wir spüren, wie sehr die Menschen ihr Land lieben und bei aller Freude über den wachsenden Tourismus alles daransetzen, um die Ursprünglichkeit der Inseln zu erhalten bzw. wiederherzustellen. Die Neuseeländer, so erfahren wir es immer wieder, leben mit und für die Natur.
Da es keine Industrie gibt, zumindest haben wir auf der Südinsel keine gesehen, ist die Luft stets rein und sauber. Vor allem in der Nacht, wenn der Himmel von Sternen nur so übersät scheint und sie zum Greifen nahe wirken, fällt uns dies besonders auf. Und ich messe die Sauberkeit eines Landes immer auch daran, wie oft ich mir die Fingernägel säubern muss. Es gibt nur wenige Länder in der Welt, wo es eigentlich nicht nötig ist, täglich die Nägel zu reinigen. Neuseeland gehört auf alle Fälle dazu. Das Land lebte lange von der Landwirtschaft. Energie wird zu gut 80% mit Wasserkraft gewonnen. Wir haben nur wenig Solarenergiepanel und noch weniger Windräder gesehen. Obwohl die Sonne fast täglich und sehr kräftig vom Himmel scheint. Windkraftanlagen fielen uns auf dem Weg nach Milford Sound auf. Das soll auch der erste Windpark in Neuseeland überhaupt entstanden sein. Aber Wasser zum Anstauen haben wir zumindest auf der Südinsel immer wieder gesehen, offenbar ist diese Energiegewinnung sehr kostengünstig und umweltschonend.
Halt in Geraldine
Wer weder die Ostroute über Dunedin am Pazifik oder die Westroute an den Gletschern entlang der Tasman See wählt, fährt durch das Hochgebirge mit Blick auf den Mount Cook u.a. an den Seen Pukaki und Tekapo vorbei. Die Straße zieht sich, aber die Aussichten sind wunderschön. Immer wieder halten wir zum Fotografieren an. Die Berge sind durchweg Schneebedeckt. Offenbar hat das nasse und kalte Wetter für viel Schneefall im Hochgebirge gesorgt, sodass wir nun bis weit in den Norden auf den Spitzen über 2500 Meter immer wieder Schnee sehen. Das Wetter ist klar und sonnig, der Himmel tiefblau. Wir machen Rast am Pukaki See und genießen die Stille und die Aussicht auf den türkisfarbenen See, in dessen Wasser sich die Sonnenstrahlen verfangen.
Die Sonne scheint noch warm, als wir auf den Campingplatz in Geraldine einfahren. Geraldine ist typisch für die kleinen Ortschaften in Neuseeland: eine Geschäftsstraße mit geschmackvoll dekorierten Geschäften, die allerdings nach 17 Uhr fast alle geschlossen sind, mit einladenden kleinen Cafes und Restaurants. Nichts wirkt aufgesetzt oder deplatziert, alles scheint seinen Platz und seine Ordnung zu haben.
Wir genießen die Ruhe auf dem Campingplatz in Ortsnähe, ein großer Park mit Schatten spendenden Mammutbäumen und sehr gepflegtem Rasen. Unsere Nachbarn, älteren Semesters wie wir, sprechen uns an. Sie kommen aus England und besuchen immer wieder gern Neuseeland, weil eben alles hier so sei wie bei ihnen zuhause ist, nur das Wetter oft sonniger und wärmer. Kaum zu glauben, dass sie jährlich zig Flugstunden in Kauf nehmen, um „England“ auf der anderen Seite der Erde zu erleben. Aber sie haben wohl recht, zumindest müssen sie sich nicht beim Verkehr umstellen. Aber auch die vielen Fish & Chips Imbissbuden, die Bierkneipen mit Live Musik sprechen dafür, dass sich gerade Engländer hier recht wohl fühlen. Von der Sprache ganz zu schweigen.
Nächster Stopp in Kaikoura
Von Geraldine aus geht es weiter auf der Inland Scienec Route vorbei am Peel Forrest, am Mount Somers und Mount Hutt, alles Skigebiete in der Nähe von Christchurch, die wir nun westlich passieren. Wir kommen an der Rakaia Schlucht vorbei, in der kristallklares Gletscherwasser sich seinen Lauf sucht. Wir treffen auf den Highway Nr. 1, die eine der Hauptverkehrsader der Insel ist, und von Invercargil im Süden bis nach Picton im Norden zum Fährhafen verläuft. Wir werden auf dieser Straße weiterfahren, auch wenn es zuweilen recht beschwerlich ist.
In Kaikoura, unserem nächsten Halt erfahren wir, dass ein Erdbeben von 2016 in der Region die Straße stark beschädigt, zum Teil den Verkehr zum Erliegen gebracht hat. Straßenarbeiten bei laufendem Verkehr – in Deutschland undenkbar – verengen die Straße immer wieder auf eine Fahrbahn für beide Richtungen. Viel Geduld und Verständnis seitens der Autofahrer ist erforderlich. Wir sind im Urlaub, wir bringen sie auf, wir können sie aufbringen. Doch offenbar scheinen sich auch die Einheimischen damit abzufinden. Zu keiner Zeit treffen wir auf Aufgeregtheit und Nervosität. Alles läuft sehr entspannt und ruhig ab. Die Bauarbeiter winken freundlich zu beim Vorbeifahren an den Bauabschnitten.
Gegen Abend erreichen wir Kaikoura, ein kleiner Ort am Pazifik, der vor allem bekannt ist durch Whale- und Sealwatching. Der Campingplatz ist an der Hauptstraße gelegen, aber trotzdem recht ruhig und besticht durch die herrliche Sicht auf die Schneebedeckten Berge im Hintergrund. Wir buchen zwei Tage, um uns vor allem der Tiervielfalt zu widmen. Leider macht uns für das Wetter einen Strich durch die Rechnung, die See ist zu aufgewühlt, als dass wir zum Walbeobachten auf das Meer fahren können. Dafür haben wir Seerobben gesehen, zum Anfassen nah und unbeeindruckt von den vielen Menschen um sie herum.
Kaikoura ist in den letzten Jahren zu einem Anziehungspunkt für Ökotourismus geworden, und es ist auch die wichtigste Einnahmequelle des Ortes. Neben Walen und Seerobben können Seevögel aller Art und zuweilen auch Delfine beobachtet werden. Der Ort mit kleinen gemütlichen Cafes und Restaurants hat sich auf den Besucheransturm eingestellt. Wir haben die Zeit in dem Ort sehr genossen.
Am Morgen vor unserer Weiterfahrt frühstücken wir in der Sonne am Strand von Kaikoura, vor uns das Meer und in der Ferne die alpinen Berge mit bis zu 2600 Meter Höhe und Schneebedeckten Spitzen.
Letzter Stopp auf der Südinsel Picton
In der Sonne geht es auf dem Highway Nr. 1 nach Norden, zunächst entlang am Wasser, dann fahren wir durch Berge und Täler und erreichen nahe Picton die Weinbauregion der Südinsel. Bei Seddon biegen wir ab auf das Weinanbaugebiet von Peter Yealands. Weinreben soweit das Auge reicht, saftig grün inmitten der von der Sommerhitze ausgetrockneten Täler und Hügel.
Angekommen an der Weinkellerei erfahren wir, dass vor gut 20 Jahren Peter Yealands mit dem Weinanbau in der Region begonnen hat. Zuvor wurde das Gebiet zur Schafs- und Rinderzucht genutzt. Aber er hat die besonderen Konditionen für den Weinbau erkannt, und in den letzten 20 Jahren eine richtige industriemäßige Produktion aufgebaut. In der großen Empfangshalle werden wir freundlich empfangen. Produktion und Weinsorten werden uns vorgestellt. Vor allem der auch uns so gut schmeckende Sauvignon Blanc wird im Anbaugebiet produziert. Wir verkosten, eigentlich mehr Siegmund, denn ich fahre. Wir nehmen zwei Flaschen mit. Eine trinken wir nach Ankunft am Abend in Picton. Er schmeckt einfach köstlich.
Bevor wir nach Pction kommen, erleben wir noch Neuseeland live auf der Straße: stock (eine Herde) wird an einer Kurve angekündigt, und ehe ich mir darüber Gedanken machen kann, sehen wir in der Ferne eine große Schafsherde über die Straße wechseln, sehr gemächlich, so wie Schafe nun einmal sind, aber würdevoll. Die Autos vor uns bleiben stehen. Siegmund läuft los zum Fotografieren, Tourist eben. Ein aufgebrachter LKW Fahrer spricht ihn an. Er kann diese Verkehrsstörung überhaupt nicht verstehen. Aber auch er muss sich den Gegebenheiten beugen. Bis die Herde samt Schäfer und Hunde auf der anderen Seite angekommen ist, vergeht eine gute Weile. Ein schönes Schauspiel für uns. Für die, die unter Zeitdruck stehen, eher eine Last. Aber es scheint, als wäre Zeitdruck in diesem Land eher ein Fremdwort.
Picton, ein kleiner Ort an der Cook Strait, die Neuseeland in Süd- und Nordinsel teilt, erreichen wir am späten Nachmittag, aber noch früh genug, um einen kleinen Spaziergang in die Stadt zu unternehmen. Der Ort lebt von dem Fährbetrieb von und nach Norden.
Wir beenden den ersten Teil unseres Neuseeland-Trips. In den nächsten 10 Tagen entdecken wir den Norden des Landes.
Aufbruch: | 21.01.2019 |
Dauer: | 10 Wochen |
Heimkehr: | 01.04.2019 |
Fidschi
Japan