Vor dem Start!

Reisezeit: Januar - April 2019  |  von Gundula Henkel

Tokyo, unsere letzte Station

Ankunft in Tokyo. Vom Hochsommer in den Vor-Frühling

Verglichen mit den Temperaturen, die wir auf Fidschi gewohnt waren, erwartete uns Tokyo fast noch im Winter. Nur wenige Grad über Null zeigt das Thermometer bei Landung am Abend auf dem Airport Tokyo-Narita. Doch mit der Sonne am Tage wird es warm, und Tokyo zeigt sich von seiner freundlichen Seite. Die Kirsch-, Magnolien-, und Mandelblüten haben dicke Knospen und allmählich gehen sie auf. Ein Blütentraum, wo immer das Häusermeer von Grünanlagen aufgebrochen wird.
Leider haben wir `unser` Apartment in unmittelbarer Nähe von Floris und Madokas Wohnung nicht beziehen können, aber wir sind weiterhin im Bezirk Meguro im Süden der Stadt untergekommen. Ca. 15 Minuten mit dem Bus von der Wohnung der Kinder entfernt beziehen wir für die restliche Zeit unserer „Weltreise“ ein Apartment im zweiten Stock eines Hinterhauses, das über eine kleine steile Treppe zu erreichen ist. Und auch in der Wohnung ist alles klein, niedrig und schmal, eben typisch japanisch. Die Wände sind dünn und wenig isoliert. Ein Leichtbau aus den 1950rt oder 60er Jahren, als der japanische Wirtschaftsaufschwung gerade begann. Am meisten „beeindruckt“ sind wir vom Bad, das uns Miri, unsere Gastgeberin, gleich mit „very little and cozy“ vorstellt. Es braucht für uns beide schon ein wenig Zeit, um die entsprechenden Techniken für die Abend- und Morgentoilette zu entwicklen. Aber wir kommen zurecht und fühlen uns wohl, zumal wir sogar zwei Zimmer haben, ein Luxus für viele Tokyoter. Und ehe wir uns ins Tokyoter Großstadtgetümmel begeben, erkunden wir bei herrlichem Sonnenschein die nähere Umgebung.

Aufgang zu unserer Wohnung

Aufgang zu unserer Wohnung

Ein schmaler Weg führt an den Häusern im vorderen Bereich zu unserer Wohnung.

Ein schmaler Weg führt an den Häusern im vorderen Bereich zu unserer Wohnung.

Die Stadtbezirke Meguro und Setagaya im Süden und Südwesten Tokyos

In insgesamt 23 Stadtbezirke ist die Stadt Tokyo unterteilt. Der Bezirk Meguro ist beliebt als Wohngegend, weil mit dem öffentlichen Nahverkehr relativ schnell die Zentren in Shibuya, Shinjuku und Shinagawa erreicht werden können. Auch zahlreiche diplomatische Vertretungen sind in Meguro zu finden.
Und so erleben wir Meguro in unserer unmittelbaren Umgebung bei unseren ersten Spaziergängen: Enge Straßen, schmale Häuser, ein- bis maximal dreistöckig, eng aneinandergebaut, zwischendurch kleine Supermärkte (convenient stores) mit umfassendem Angebot, sehr ruhig und fast menschenleer, Kleinstadtidylle. Keine Großstadt, keine Hochhäuser, keine breiten Straßen mit viel Verkehr, so wie man sich Tokyo gemeinhin vorstellt. Das alles gibt es hier nicht. Dafür Fahrräder, Jogger und Spaziergänger, die offenbar wie wir auch, die Ruhe und die leeren Straßen genießen. Denn sobald wir an die nächste Hauptstraße kommen, den Meguro Drive, der direkt zur Meguro U-Bahnstation führt, ist es vorbei mit dem Kleinstadtleben. Hier braust der Verkehr, hier bevölkern die Menschen die Fußwege, hier ist das Tokyo, das im Ausland kolportiert wird. Es ist wirklich erstaunlich, wie unterschiedlich sich diese Großstadt präsentiert. Von der Yebisu Sky Lounge im 39. Stock haben wir einen weiten Rundumblick auf die Stadt. Hier ist die punktuelle Konzentration der Hochhäuser in den Businessbezirken Shibuya, Shinjuku, Shinagawa und Ginza zu sehen, dazwischen aber immer wieder viele Viertel mit niedrigen schmalen Häusern und engen Gassen.

Auch im westlich von Meguro gelegenen Nachbarbezirk Setagaya, dem flächenmäßig zweitgrößten Stadtbezirk, prägen die typischen schmalen Wohnhäuser das Stadtbild. Hier zeigt uns Florian auf die vor allem bei jungen Leuten so typischen Szenekneipen, versteckt hinter den Hochhäusern, am Tage kaum wahrnehmbar. Aber dass hier am Abend das Geschäft brummt, ist gut zu verstehen. Wir gehen entlang kleiner schmaler Wege, hübsch angelegt mit Blumenrabatten und kleinen Bächen. Alles ist sauber gefegt, kein Papier liegt herum, die Menschen begegnen sich freundlich und gehen sehr höflich im Alltag miteinander um. Aufgrund der Enge des Zusammenlebens, das keine Gärten um die Häuser zulässt, sind vor vielen Türen, an den Fenstern Blumentöpfe mit bunten Frühlingsblumen aufgestellt. Zuweilen finden wir auch einen minikleinen Vorgarten bzw. Zwischengarten, wo die Lücke zwischen bei Gebäuden für ein wenig Grün genutzt wird. Ein wirklich schöner Farbtupfer in dem grauen Häusermeer.

In Setagaya befindet sich auch der Olympiapark Komazawa, wo 1964 die Spiele erstmalig in einem asiatischen Land stattfanden und für einen enormen Boom für die Wirtschafts- aber auch gesamtgesellschaftliche Entwicklung des Landes geführt haben. Viele Japaner zehren bis heute vom dem „Goldrausch“ der damaligen Zeit.

Unser Wohngebiet

Unser Wohngebiet

An der U-Bahnstation

An der U-Bahnstation

Kneipen- und Barszene

Kneipen- und Barszene

Kleinstadtidylle in Tokyo Segayata

Kleinstadtidylle in Tokyo Segayata

Olympiagelände Komazawa von 1964

Olympiagelände Komazawa von 1964

Memorialturm im Olympia-Park

Memorialturm im Olympia-Park

Das Stadium für die Leichtathletikwettbewerbe

Das Stadium für die Leichtathletikwettbewerbe

Mittagspause im Olympiapark

Mittagspause im Olympiapark

Alltag in Tokyo

Tokyo ist eigentlich kein Neuland für uns, aber zu entdecken gibt es auch für uns immer wieder Neues. Fasziniert sind wir immer wieder von dem Kabelgewusel entlang der Straßen im High-Tech Land Japan. Und offenbar wird nicht immer alles so zusammengesteckt, dass es richtig arbeitet. In den Steckdosen unserer Wohnung scheint nur die Hälfte der Kraft anzukommen, denn das Laden unserer Geräte gestaltet sich zu einer Langzeitaufgabe.

Aber am meisten beeindruckt sind wir von den Einparkkünsten der Japaner. Eigentlich erwartet man aufgrund der engen Straßen und knappen Parkmöglichkeiten sehr kleine und wenige Autos. Ja, die kleinen kastenförmigen Kei-Cars (Kleinstwagen) sehen wir auch, aber vor allem stehen millimetergenau eingeparkt große Luxuskarossen der Marken Mercedes, BMW, Porsche, Audi, Masaratti usw. Für uns oft unvorstellbar, wie der Besitzer das Auto in den vorhandenen Platz hineinbekommen hat. Und wir haben nur Hochglanzautos ohne Schrammen und Beulen gesehen. Offenbar haben die Japaner auch die Affinität zum Auto mit uns Deutschen gemein. Es wird gehegt, gepflegt und geliebt, auch wenn das richtige Ausfahren in Japan nirgend möglich ist, erst recht nicht in Tokyo.

Die Liebe zum Detail und zum schönen Äußeren beobachten wir auch beim Einkauf. Dort, wo wir in Deutschland zunehmend Abstand nehmen beim Einpacken, vor allem mit Plastikhüllen, wird in Japan noch einmal richtig zugelegt. Jeder Apfel, jede Orange, das Gemüse, jede Flasche wird blank geputzt in Extraverpackungen dem Käufer übergeben. Das hat natürlich seinen Preis, verursacht Abfall, der allerdings nur zuhause, akribisch sortiert, entsorgt werden kann. Als wir unseren Kaffee mangels Platz im Cafe auf einer Parkbank trinken, mussten wir die Pappbecher mit nach Haus nehmen, um sie zu entsorgen, weil auf den Straßen keine Papierkörbe zu finden sind. Es für uns immer wieder erstaunlich, wie sauber die Straßen, öffentlichen Plätze und Bahnen trotz dieser Regelung sind. Die Menschen leben mit diesem Verpackungswahn und wissen damit umzugehen. So stellt es sich zumindest für uns dar.

Kabelwirrwarr überall auf den Straßen Tokyos

Kabelwirrwarr überall auf den Straßen Tokyos

Das kann auch schiefgehen....

Das kann auch schiefgehen....

DA passt kein Blatt mehr zwischen Auto und Wand!!!

DA passt kein Blatt mehr zwischen Auto und Wand!!!

Bummel durch Freedom Hill (Jiyugaoka) im Süden von Meguro

Das sonnige Frühlingswetter ist geradezu perfekt für einen Bummel durch das Viertel Jiyugaoka in Fußnähe zu unserer Wohnung. Schmale Straßen mit vielen trendigen, aber gemütlichen Cafes, Restaurants, die jede Küche dieser Welt anbieten, mit unzähligen modischen Boutiquen und Shops, das ist Jiyugaoka, und wir fühlen uns oft in unsere Breiten versetzt. Auch aus diesem Grund wird Jiyugaoka als Klein Europa von den Einheimischen bezeichnet. Allerdings kommt die japanische Note immer wieder durch, sei es bei den kleinen Eingängen zu den Restaurants, bei der oft verspielt wirkenden Schaufenstergestaltung, Sicher, auch hier sind die Straßen recht bevölkert, doch im Vergleich zum Trubel und der Hektik ringsherum der U-Bahnstation Shibuya geht es regelrecht beschaulich zu. Wir lassen uns treiben, sehen uns die Schaufenster an und beobachten bei einer Tasse Kaffee die Menschen, die an uns vorüberziehen. Es ist später Nachmittag, der Feierabendverkehr setzt ein, doch Hektik, ja gar Gedränge erleben wir nicht. Es bleibt auf den Straßen erstaunlich ruhig, trotz Auto-, Bus- und U-Bahnverkehr. Allein das Warnsignal für den Bahnschrankenbetrieb nervt ganz schön. Die armen Menschen, die direkt an den Bahngleisen wohnen. Die Züge fahren mitten durch die Wohngebiete. Da haben bei uns selbst die Straßenbahnen mehr Platz.

Und trotzdem soll die Wohngegend vor allem bei Tokyos Mittelschicht und Künstlern sehr beliebt und begehrt sein. Benannt wurde die Gegend Freedom Hill nach einer für liberale Bildung bekannten Schule in dem Gebiet. Das war am Anfang des 19. Jahrhunderts. Heute gibt es aufgrund des hohen Anteils einer wohlhabenden Mittelschicht überdurchschnittlich viele Privatschulen in Freedom Hill. Auch wir haben auf unserem Spaziergang nicht nur vergleichsweise großzügig gebaute Villen und Apartmenthäuser, sondern auch sehr teure Luxuskarossen gesehen.

Straßenkreuzung Shibuya, die nicht allein gerade, sondern auch diagonal überquert werden kann.

Straßenkreuzung Shibuya, die nicht allein gerade, sondern auch diagonal überquert werden kann.

Im beschaulichen Viertel Jiyugaoka

Im beschaulichen Viertel Jiyugaoka

Das Gemüse einzeln in Plastikhüllen verpackt

Das Gemüse einzeln in Plastikhüllen verpackt

Und mittendrin im Vierteil Jiyugaoka der 800 Jahre alte Kumano Schrein, dessen Anwesen die typische japanische Atmosphäre verbreitet.

Und mittendrin im Vierteil Jiyugaoka der 800 Jahre alte Kumano Schrein, dessen Anwesen die typische japanische Atmosphäre verbreitet.

Mitten durch die Wohngebiete führen die Bahngleise und fahren die Züge.

Mitten durch die Wohngebiete führen die Bahngleise und fahren die Züge.

© Gundula Henkel, 2019
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Die Koffer sind gepackt. Ziemlich ungewöhnlich für uns. Eigentlich sind wir die Spätpacker kurz vorm Losmarschieren. Doch diese Reise ist anders als alle unsere Unternehmungen zuvor. Wir sind 71 Tage in 5 Ländern unterwegs, davon gut 30 Tage in Campern in Australien und Neuseeland. Absolutes Neuland für uns ! Daher die lange Vorbereitungszeit. Mit der Routenplanung begannen wir im letzten Sommer. Ein tolles Reisebüro, Kinder und Freunde standen mit viel gutem Rat zur Seite.
Details:
Aufbruch: 21.01.2019
Dauer: 10 Wochen
Heimkehr: 01.04.2019
Reiseziele: Singapur
Fidschi
Japan
Der Autor
 
Gundula Henkel berichtet seit 5 Jahren auf umdiewelt.
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