Kuehe, Kinder, Katastrophen -Alleine in Indien
Chennai oder "Wo ist das Wasser?"
Puih! Mit diesen Nachtbussen ist das immer so eine Sache. Da hat einen die Muedigkeit gerade ueberwaeltigt, man schlummert ein und schon wird man auch wieder rausgeworfen. Diesmal unsanft von meiner mitreisenden Tschechin geweckt (Haareziehen) war das Ziel auch noch die Millionenstadt Chennai und die Uhrzeit halb sechs morgens. Aber egal... rein in die Rikscha und ab gehts. Voellig verpennt realisiere ich, dass das hier anders ist als Bangalore. Wuerde man sich die ueberdimensionalen Werbebanner wegdenken, dann wuerde diese Stadt aus Bruchbuden bestehen und unendlich vielen Menschen. Immerhin fuenfmal so viele wie in Berlin. Ach ja und auf einmal spricht niemand mehr Englisch, die Schilder sind in Tamil (das sieht fuer mich alles aus wie gekringelte Nudeln) und Touristen scheinen hier auch keine zu sein. Es kommt hinzu, dass die Haelfte der Stadt von einer extrem heftigen Flut (Cyclonsturm??) ueberflutet sein soll und ueberall in der Zeitung Horrorbilder von Menschen zu sehen sind, die brusttief im Wasser stehen. Ich dachte also ich muss zu meinem Hotel schwimmen aber gluecklicherweise scheint die Sonne und von Wasser ist keine Spur. Wir werden morgen aber mal ins Krisengebiet fahren und versuchen ein bischen zu helfen. Was genau wir da tun sollen, weiss ich zwar auch nicht, aber immerhin habe ich ja ein Rettungsschwimmabzeichen... (Sagte der Hund und stieg von der Ente)
Es ist so faszinierend, wie sehr diese Stadt anders ist. Gerade habe ich eine Stunde nach einem Internetcafe gesucht (!!!). Es hat ein Schild "Fastest in Town" an der Scheibe, einziges in town waere wohl angebrachter. Die Inder reagieren hier voellig anders auf mich als in Bangalore. Dort versuchen sie immer mir irgendwas zu verkaufen, weil ich offensichtlich Geld besitze, hier ist es eher eine Unsicherheit und ein etwas verwirrtes Anstarren, das den meisten ins Gesicht geschrieben steht. Chennai, Madras oder wie auch immer man es nennen mag (politisch korrekter ist glaub ich Chennai, frueher war es Madras) ist jedenfalls auf seine Art ein riesengrosses verwirrendes Etwas, das entdeckt werden will. Selbst die Kuehe sehen hier anders aus...
Ich hatte jetzt langsam auch genug von Bangalore. Am Samstag waren wir zum ersten mal so richtig Clubmaessig weg und haben erstaunlicherweise zu Rammstein getanzt. Hat schon was, wenn man in einem Club mit ca 200 Indern und 5 Inderinnen steht und auf einmal alle auf Deutsch groelen. Ausserdem ist es gut fuers Selbstbewusstsein, wenn man ca. 500 mal erzaehlt bekommt, wie "beautifull" man doch aussieht. Ich habe mich einfach dran gewoehnt, dass ich als grosses, blondes Maedchen in Indien immer Aufmerksamkeit bekomme. Nun denn...westlichste Stadt Indiens hin und her um 23.30Uhr kommt die Polizei und macht alle Bars und Clubs dicht. Das ist undenkbar zu Hause aber hier irgendwie normal.
Jetzt bin ich sowieso erstmal zum Arbeiten hier in Chennai ( oder doch in Madras und wo ist denn nun die FLut?) und konkret sieht der Plan so aus, dass wir zu acht die Ostkueste hinunterreisen und eine Dokumentation ueber die Tsunamigebiete drehen und schreiben, indem wir mit Opfern sprechen und NGOs besuchen, die damals vor Ort waren. Unsere kleine indisch-tschechisch-franzoesisch-italienisch-japanisch-deutsch-englische Gruppe ist auf den ersten Eindruck jedenfals ganz witzig. Das klingt jetzt alles etwas verwirrend, isses auch. An Weihnachten bin ich dann hoffetnlich an der absoluten Suedspitze Indiens und habe ungefaehr jeden eingeladen, den ich hier kenne. Falls ich vorher noch nicht weggeschwommen bin, melde ich mich aber nochmal, ist nur wie gesagt ziemlich kritisch mit Internetzugang hier. Gruesse aus Madras und Chennai!
Eure Julia
Aufbruch: | 01.10.2005 |
Dauer: | 7 Monate |
Heimkehr: | 29.04.2006 |
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