Kuehe, Kinder, Katastrophen -Alleine in Indien

Reisezeit: Oktober 2005 - April 2006  |  von Juljenka P.

The Ashramstory

Was soll ich sagen. Mir fehlen immernoch ein bisschen die Worte, um die letzten Tage zu beschreiben. Eine Woche war ich im Ashram des Gurus "OSHO: in Pune (sprich Puuunnnaaaa), den mir mein Papa waermstens empfohlen hatte. Zuallererstmal ist Ashram die falsche Bezeichnung, weil der "Ashram", in dem ich war, mitlerweile nicht mehr Ashram heisst, sondern "OSHO Meditation Resort" (haette man komplizierter nicht schreiben koennen, julia).
Von einem Ashram erwartet man spartanische Betten in grossen Schlafsaelen, einfaches Essen und Feldarbeit mit Indern. Im "Meditation Resort" (ich liebe dieses Wort) erwartet einen ein einladender Pool und Whirlpool, eine Sauna, drei Restaurants, eine Disko, ein Fitnessstudio, Tennisplaetze, Meditationstempel, Internetanschluss, Geschaefte und auch sonst alles, was das Herz begehrt.
Aber fangen wir mal von vorne an... (Und um es vorwegzunehmen...das alles ist mein (und Oshos) voller Ernst...)
Nachdem ich einen negativen HIV-test vorgewiesen hatte und mir eine rote Robe (Pflichtkleidung unter den Ashramianern)zugelegt, bekam ich eine Einfuehrung in die Mediatation. In diesen ersten Stunde (lang lang ist's her) habe ich mich erstmal gefragt, ob dies die anderen in rot ernst meinen, oder das hier so eine Art "versteckte Kamera" Gag ist. Sofort wird angefangen zu tanzen. Frei nach dem Motto: moeglichst peinliche Bewegung, zu schrecklicher Musik. Danach schreien wir in unseren roten Roben, so laut es geht, summen, stoehnen, huepfen, lachen, drehen uns im Kreis, bis die Uebelkeit kommt. Alles unter Aufsicht des teachers. Am Ende bin ich total erschoepft und irgendwie...ganz bisschen nur...ganz innen drin...geht es mir erstaunlich gut.

Im Plazakaffe treffe ich meine Gefaehrten. Die kreidebleiche Englaenderin, die schon vier Wochen hier ist und es "totally freeing and amazing" findet und Shiva (der eigentlich Suraj heisst, hier im Ashram aber bei seinem Sanyassinnamen Shiva gerufen wird), der seinen Job schon vor Jahren zwecks OSHO aufgegeben hat. Flavio (Politikstudent aus Duesseldorf)hat gerade Pause von seinem Yogakurs und schwaermt von den abendlichen Diskoparties...ich bin gespannt.
Bevor die ganze Gemeinschaft raven geht, trifft man sich allerdings fuer ein zweistuendiges Abendritual im Auditorium. Dafuer wird eine saubere weisse Robe benoetigt, man muss sich duschen und darf kein Parfum benutzen. Ich habe keine Robe, aber Shiva gibt netten blonden Maedchen gerne seine. Ca 600 Menschen stroemen in Richtung der Marmorpyramide. Laechelnde weisse OSHO-Anhaenger, die zuerst tanzen und "OSHO" rufen und dann still sitzen. Hierbei darf man nicht husten oder niesen, sonst wird man diskret rausgeworfen. Ich halte mich deshalb krampfhaft zurueck, weil meine Nase natuerlich unglaublich juckt. Es folgt ein Video, auf dem der Guru zu seinen Anhaengern spricht und schliesslich Witze erzaehlt. Ich bezweifele, dass meine Nachbarn die Witze besser verstehen als ich, aber alle brechen in schallendes Gelaechter aus. Ich lache mit.
Schliesslich ist alles vorbei. Weisse Gewaender schweben Richtung Ausgang und spaeter trifft man sich auf Drinks in der Disko.
Das war der erste Tag im Resort. Anfaenglich bizarr, aber ich muss zugeben, dass ich das ganze Getue schaetzen gelernt habe. Dieser Ort ist in der Tat etwas besonderes. Die Menschen beginnen innerlich ein wenig zu scheinen und es herrscht durch alle Altersklassen und Nationalitaeten ein liebevoller Umgangston. In den folgenden Tagen lerne ich, dass Meditieren keineswegs stummes Herumsitzen im Schneidersitz bedeuten muss und bin erstaunt von meiner Begeisterung. Der Guru OSHO war kein Ueberwesen, sondern eher ein sympatisch versauter Mensch, mit Hang zu teuren Autos und Froehlichkeit und einer Menge Ahnnug von allem.
Ich lerne unendlich viele Menschen kennen, muss bald nicht mehr fuer mein Essen zahlen und begreife langsam das ganze System. Jeden Tag probiere ich eine neue Meditation aus, nutze die Sauna und kommuniziere unentwegt. Ausserdem erweitere ich meine Tanzfaehigkeit (ihr werdet erstaunt ueber meine neuen Moves sein!!!) und geniesse die Vielfalt an allem.
Nach einer Woche reisse ich mich dann aber doch los, um zurueck nach Indien zu gehen. Habe mich fast ein bisschen zu sehr an diese heile OSHO-Welt gewoehnt.
Und wer weiss, wenn mich das nachste mal alles nervt, vielleicht meditiere ich ja. Von meiner roten Robe konnte ich mich irgendwie auch nicht trennen.
Ich verabschiede mich von Pune, dem Ashram, einigen guten Nightclubs, dem besten Masseur der Welt und einer handvoll guter Gefaehrten. Habe jetzt endlich den Weg nach Norden gefunden.

Puh...das war sie...die Ashramstory! Und was ist so euer Alltag?

Freu mich ueber Post. Ich liebe euch alle und vermisse euch...
Julia

© Juljenka P., 2006
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Von Tsunamiopfern, Aidsaufklaerung und Gurus, von Sueden nach Norden und Osten nach Westen. Zum Reisen und Arbeiten in ein Land, in dem immer alles anders kommt, als man es erwartet...
Details:
Aufbruch: 01.10.2005
Dauer: 7 Monate
Heimkehr: 29.04.2006
Reiseziele: Indien
Nepal
Thailand
Malaysia
Laos
Der Autor
 
Juljenka P. berichtet seit 19 Jahren auf umdiewelt.