Jakobsweg von Seant Jean Pied de Port bis ans Ende der Welt
von el Burgo ranero nach Leon
Wir waren zu dritt im Schlafraum. Anton der Spanier, Jatzek und ich. Morgens war ich echt fertig. Nachts war es echt kalt und ich hatte den Alkohol noch im Kopf, als ich mich morgens in das Badezimmer schleppte.
Jatzek fragte mich als ich wieder in den Raum kam ob mir etwas auffällt.. Ja mir fiel was auf. Es roch hier so dermaßen nach Gras!!!
Der Spanier!!!!!!!! Ich brach vor lachen zusammen. Der Typ war ohnehin der totale Vogel. Er quatschte die ganze Zeit mit uns und die ganze Zeit spanisch, aber ich verstand so unglaublich wenig. Ich glaube es war katalan. Englisch sprach er kein Wort....aber er redete und redete..
Wir landeten in der Kneipe von gestern um ein wenig zu frühstücken.. Anton war auch dabei. Dann ging´s zusammen mit Jatzek raus aus diesem kleinen Dorf auf den Camino.
Nach Plan musste heute Leon erreicht werden. Das waren aber schon wieder 40 km und war einer der wenigen Etappen von den 29 die als harte Etappe gekennzeichnet war. Grundsätzlich sollte man vermuten, dass die gestrigen 42 Kilometer nicht unbedingt als eine gute Ausgangsposition für eine erneute harte Tour verstanden werden konnten.
Aber am Anfang schmolzen die Kilometer ohne größere Anstrengung einfach dahin. Wir quatschten, lachten und freuten uns bald die Meseta verlassen zu können. Die einsame und weite Meseta. Sie verlangt einem tatsächlich viel ab. Gibt sie einem was? Ich meinte ja! Jatzek meinte nein ! . Jatzek konnte einfach nicht mehr auf die Einsamkeit!!
Wir machten eine längere Pause in einer Bar und gingen dann weiter...
Doch dann kam der Mann mit dem großen Hammer, und haute Jatzek nach 30 km stumpf auf den Kopf, besser gesagt auf seine Beine. Jatzek knickte ein und seine Beine wollten nicht mehr. Mich wunderte es ohnehin, dass er immer noch ging und ging. Er hatte seit langem so heftige Probleme an seinen Füßen und mittlerweile kamen auch Schmerzen an den Beinen dazu.
Ich verabschiedete mich von Jatzek und sagte ihm, er soll endlich stehen bleiben. Aber ich glaube, er konnte das gar nicht mehr
Zumindest trennten sich unsere Wege an einer Tankstelle. Ich dachte wirklich, dass ich ihn nicht mehr auf dem Weg sehen würde. Ich dachte er würde sich hier irgendwo schlafen legen um dann morgen wieder aufzubrechen.
Mach´s gut Jatzek!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!! Du weißt ich muss weiter!!!!
Ich hätte niemals gedacht, dass ich völlig einsam die letzte Etappe nach Leon nehmen würde. Aber Jatzek musste ich hinter mir lassen und vor mir schien es keine Menschen mehr zu geben. Aber was war los? Leon war eine große Stadt aber ein Virus schien die ganze Menschheit dahingerafft zu haben. Ehrlich, es kam mir grusselig vor!!!!!
Es waren noch so einige Kilometer bevor ich überhaupt in Leon ankam.
Es ging dann durch ausgestorbene, von der Finanzkrise umgebrachte alte Gewerbegebiete. Es war so unglaublich. Es gab keinen Laden, kein Büro, kein Autohaus welches überlebt hatte. Es zog mich so was von runter. Es war schrecklich und spiegelte die Tatsache der materiellen Vergänglichkeit wieder...
Es nahm auch kein Ende und dauerte Kilometer.......
Aber dann war ich wirklich nach 40 km in....
Ich fragte mich durch zur nächsten Herberge. Ich landete in der öffentlichen Herberge des Benedektinerinnenklosters an der Plaza del Grano. Man geht hier direkt in der Altstadt in einen Innenhof.
Von hier aus ist noch eine Treppe nach oben zu nehmen. Nachdem ich oben meinen Stempel bekommen habe und 5 Euro bezahlt hatte, muss ich so einen zerbrechlichen Eindruck hinterlassen haben, dass mich ein Schweizer fragte, ob er mir helfen konnte und ob ich Schmerzen hätte. Nein ich war einfach nur mal wieder so schweinemäßig am Ende und benötigte meine 2 Stunden um wieder in die wirkliche Welt zu kommen.
Die Schlafräume waren mal so richtig was für mich. Riesige Säle fast ohne Fenster. Die Betten sahen so richtig nach Bettwanzen aus....
Ein Traum!!!!
In die Dusche geschleppt und dann raus auf den Innenhof wo ich in einen Stuhl sackte und meinen Kopf in die Sonne streckte. Als ich mich nach einer gefühlten Ewigkeit wieder aufraffte und an der Treppe vorbeihumpelte hörte ich ein "Tommi".
Es war Jatzek, Jatzek die Kampfsau, Jatzek der Mann der seine Beine scheinbar zum laufen nicht brauchte, Jatzek der Mensch der keinen Bock darauf hatte alleine zu sein, aber auch der Jatzek der nun endgültig in den Tiefen der körperlichen Höllenqualen angekommen zu sein schien. Mit einem Satz: Jatzek war endgültig am Ende.
Jatzek hielt es einfach nicht aus zurückzufallen. Ich konnte ihn dabei verstehen. Er hatte sich tatsächlich hierher geschleppt. Ich weiß noch wie wir uns von der Herberge über die kleine Straße zum Platz in eine Bar geschleppt hatten. Jeder Schritt war ein Erlebnis. Scheiße waren wir fertig.
Leider gab es in der Bar auf dem Platz nichts zu essen und so mussten wir noch eine Straße weiter gehen.
Die Herberge war wirklich fies ich freute mich nicht darauf zurückzugehen. Es war ein klitzekleiner mini Tiefpunkt. Die Stimmung war wirklich etwas traurig. Es waren nur Jatzek und ich hier und keine bekannten Gesichter mehr. Etwa hatten wir viele zurückgelassen und wahrscheinlich sind viele auch vor uns gewesen, weil Sie mit den Bus oder Zug die Meseta übersprungen hatten. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass Jatzek morgen weitergehen konnte.
Ich bekam eine Whatsap Nachricht von Nilton und Maria. Sie hatten sich in Santiago de Compostela getroffen und verbrachten zusammen noch einen Tag. Alessandro war schon wieder auf dem Weg nach Italien.
ich freute mich für die beiden. Wir gingen dann zurück in die Herberge. Jatzek lag in einem anderen Saal als ich. Es wurde die schlimmste Nacht auf dem Weg. Einige Schnarcher schienen diese Nacht nicht zu überleben, die Luft war widerlich und die Matratze ohne Bettbezug wurde morgens einfach einmal mit einem Besen abgefegt. Man lag auf seinem Schlafsack und hoffte die Matratze mit seiner Haut nicht zu berühren.
Aufbruch: | 07.05.2015 |
Dauer: | 5 Wochen |
Heimkehr: | 10.06.2015 |
Spanien