Jakobsweg von Seant Jean Pied de Port bis ans Ende der Welt

Reisezeit: Mai / Juni 2015  |  von Thomas Eggers

von Leon nach Hospital de Orbigo

Ich war so froh als ich morgens aufstehen konnte. Ich musste hier echt raus, ich musste an die Luft. Ich machte mich fertig und ging ein Raum weiter zu Jatzek.

Jatzek lag noch im Hochbett. Es ging nichts mehr. Er versuchte aus dem Bett zu kommen. Er schaffte es zwar, aber er konnte nicht mehr gehen. Er war am Boden. Er tat mir so leid. Jatzek hatte den gleichen Willen, den ich hatte und deshalb wußte ich, was er fühlte. Was sollte ich ihm sagen? Er war Physiotherapeut und brauchte keinen Arzt der ihm sagen würde das Schluss ist. Trotzdem sagte ich ihm, dass er zum Arzt gehen sollte. Er sagte mir nur, dass er hier nicht bleiben wollte. Letztendlich gab es nur zwei Möglichkeiten: Etwa in Leon zwei bis drei Tage bleiben und hoffen dass man danach weitergehen könnte oder abbrechen. Beide Varianten waren bitter!

Ich verabschiedete mich von Jatzek im Flur zwischen beiden Sälen. Es war der traurigste von allen Abschieden, die ich auf dem Jakobsweg hatte.
Manche Augenblicke kann man bildlich immer wieder zurück in das Gedächnis spülen weil die Bilder einfach gespeichert bleiben. Ich glaube der Abschied im Raum war so ein Augenblick.

Draussen bekam ich wieder Luft. Frische Luft!! Ich ging durch die Straßen von Leon.

Es war noch ein langer Weg durch Leon. In einer Bar frühstückte ich und traf noch auf einen Pilgerer der hier schon ziemlich lange saß.

An der Gabelung La Virgen del Camino musste man sich zwischen der klassischen Wegführung und einer etwas längeren Wegalternative entscheiden. Der klassische Weg wurde in meinem Outdoor Buch folgendermaßen beschrieben:
Diese Route ist nur ausgesprochenen Masochisten, eingefleischten Autoliebhabern und Menschen, die auf dem Jakobsweg besonders große Sünden abbüßen wollen zu empfehlen.

Naja, aber diese Strecke hatte für mich auch eine Eigenschaft bei der sie bei mir ganz groß punkten konnte. Sie war etwas kürzer als die Alternative über herrliche Landschaften. Nach den ganzen Ü 40 Partys der letzten Tage freute ich mich auf eine Ü 30 Party bis nach Hospital de Orbigo.

Die Strecke war wirklich nur ne Strecke. Zunächst mußte man unter einem Brückenwirrwarr durch und dann ging es fast nur neben der Straße weiter.

Ich war heute alleine mit meinen Gedanken unterwegs. Die Kilometer vergingen ziemlich schnell.

Als ich aus einem kleinen Laden kam und wieder neben der Straße ging hörte ich wieder dieses Wort das immer nur einer auf dem Weg sagte "Tommi !!!!!". Er war es tatsächlich. Er schoss auf einem Fahrrad auf mich zu und ging vor mir in die Eisen.
Jatzek hatte sich ein Fahrrad gekauft!!!!!!!!! Jatzek, Respekt du coole Sau...

Jatzek wollte bis nach Hospital de Orbiga vorfahren und da eine Herberge suchen. Er wollte irgendwo auf mich warten. So fuhr er wieder los!!!!!!
Coole Sache.
Ich hatte noch einige Kilometer vor mir.
Es war Red Hot chilli Peppers "Soul to Squeeze"

Dann war auch ich angekommen. Angekommen an der Brücke von Hospital de Orbigo.

Ich traf Jatzek, er hatte eine coole Herberge ausgesucht. Was für ein Unterschied gegenüber der letzten.

Nachdem ich mit Jatzek was essen war, dem größten Hund, den ich jemals gesehen hatte gegenüberstand (leider kein Foto von gemacht) saßen wir wieder im Innenhof der Herberge auf einer Bank. Es war so gegen 21 Uhr und es war echt ne schöne Atmosphäre. Im Hof waren ein Kolumbianer dem ich ab hier öfter mal wieder begegnen sollte, aber auch mal wieder 2 Deutsche. Mit der einen Deutschen teilte ich mir seit langem mal wieder eine Waschmaschinenladung (also mal keine Handwäsche).
Es war voll der Film. Die Ruhe und die scheinbare Selbstverständlichkeit mit der die Geschehnisse einfach so geschahen.
Ein Obdachloser der draußen um Zigaretten gebettelt hatte saß auf einmal am Tisch im Innenhof.
Anton der aus allen Poren nach Gras riechende Spanier kam um 21 Uhr in den Innenhof und fragte nach einem Bett. Es war alles einfach nur abgefahren. Ich mochte das so dermaßen!!!!!!!!
Dann klingelte eine kleine Glocke im Innenhof und jemand kam zu uns und sagte, dass eine spirituelle Runde im Raum stattfindet und ob wir mit reinkommen wollten. Jatzek fing neben mir auf der Bank an lachend in sich zusammenzufallen. Es war so skurril!!! Es war so unendlich skurril!!!!!
Und überhaupt...wo kam dieser verrückte Spanier auf einmal so spät her und warum schaute er in den Himmel!!!!!!!!!!!!

Anton der Spanier schaut ins Universum!!!!!!!!

Anton der Spanier schaut ins Universum!!!!!!!!

© Thomas Eggers, 2017
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Die Reise
 
Worum geht's?:
880 km zu Fuß über den klassischen Jakobsweg.
Details:
Aufbruch: 07.05.2015
Dauer: 5 Wochen
Heimkehr: 10.06.2015
Reiseziele: Frankreich
Spanien
Der Autor
 
Thomas Eggers berichtet seit 9 Jahren auf umdiewelt.
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