Thailand - Malaysia - Singapur - Indonesien. Ein Reisebericht von 1989
Nach Kuching/Tag 14: Finstere See
Gegen halb acht stehen wir wieder am Ufer, dieses Mal mit unserem Gepäck. Wir müssen nicht lange warten, bis uns eines der langen, flussabwärts fahrenden Boote aufnimmt. Es ist voll gestopft mit Leuten und für uns bleibt nur wenig Platz am Rand. Zwei halbierte, blutverkrustete Borstenschweine, die vor mir liegen, hindern mich zunächst daran die Beine auszustrecken. Als ich schließlich die Füße auf das frische Fleisch setze (etwas gewöhnungsbedürftig), habe ich einigermaßen Platz .
Eine Frau fällt mir auf, sie trägt ein Kind im Arm und bemerkt mich sicher kaum. Wie alt mag sie sein, vierzig schon oder viel jünger? Für mich verkörpert sie jenen Typus einer von Gaughin gemalten Südseeschönheit.
Wenn wir gleich Kapit erreichen, wird sie nicht mehr richtig ins Bild passen. Kapit ist gut für einen Frühstückssuppenaufenthalt; dort sehen wir den Iban-Frauen eine Weile zu, wie sie ihre Geschäfte auf dem Markt erledigen. Die Expressboote nach Sibu verkehren fast stündlich, und als wir das nächste bestiegen haben, müssen wir wieder die Ohrstöpsel hervorzuholen, um keinen Gehörschaden zu erleiden. Von diesem ins nächste, denn auch nach Sibu fährt so ein Boot und schafft die Strecke in einer Stunde. Es ist allerdings restlos überfüllt, wir finden lediglich noch ein Plätzchen auf dem Dach.
Plötzlich macht Karin mich darauf aufmerksam, dass der rostige Kahn, den wir gerade überholen, die alte Hong Lee ist, mit der wir auf dem Hinweg unterwegs gewesen sind. Ich drehe mich deshalb kurz zur Seite und im selben Moment, obwohl ich sie tief ins Gesicht gezogen hatte, fliegt mir meine chinesische Arbeitermütze vom Kopf. In Südchina gekauft, nach Hause gebracht, gerne getragen und nun in einem Urwaldfluss in Borneo gelandet, das ist ihre Geschichte.
Karins Hinweis kann immerhin bedeuten, dass wir der sturmerprobten Hong Lee in Sibu wieder begegnen, bestimmt aber in Sarikei, und mit ihr zurück nach Kuching schippern können. Sarikei - man muss ein bisschen genauer hinsehen, um festzustellen, dass es sich von den beiden anderen Städten, Sibu und Kapit, wohl tuend unterscheidet; es hat einen gewissen kolonialen Charme. Zwei Taiwanesen, denen wir begegnen, erzählen, dass sie in Kürze ein Frachtschiff besteigen würden, das sie von hier direkt in ihre Heimat bringen wird.
Wir warten unsererseits auf die Hong Lee, fragen ein wenig herum, erfahren aber außer "Kommt sicher bald" nichts Konkretes. Sie kommt nicht und wir entschließen uns deshalb zu einem anderen Kai zu wandern, der angeblich einen Kilometer entfernt ist, wollen gerade dorthin losziehen, als ein Dampfer anlegt, auch er nach Kuching unterwegs. Zwar ist er nicht auf Passagiere eingerichtet, dennoch sind wir nicht die Einzigen, die sich's wenig später auf dem schmalen Hinterdeck versuchen bequem zu machen. Als er losdampft, drückt der Fahrtwind den Rauch des Schornsteins wie zuvor auf der Hong Lee kräftig nach unten und obwohl wir uns hinter eine Truhe verkrochen haben, rußen wir gemütlich ein. Die Mannschaft ist gut gelaunt, vielleicht liegt es daran, dass heute Zahltag ist. Zahlmeister ist ein dicker Chinese, der uns gelegentlich zuzwinkert und zwei saftige Mandarinen schenkt.
Als wir aufs offene Meer hinauskommen, passiert genau das Gegenteil von dem, was auf der Hinreise passiert ist: Kein Lüftchen weht, es ist stickiger als in einem unventilierten Hotelzimmer. Aber das bleibt nicht so, irgendwann fängt es zu regnen an. Karin, die zuvor wieder ein paar Shanties gesungen hat, schläft zu dieser Zeit schon tief und merkt gar nichts von den dicken Tropfen.
Aufbruch: | Juli 1989 |
Dauer: | circa 5 Wochen |
Heimkehr: | August 1989 |
Malaysia
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