Thailand - Malaysia - Singapur - Indonesien. Ein Reisebericht von 1989
Bangkok/Tag 3: Schicksal aus dem Köcher
Im Gegensatz zur noch tief schlummernden Karin schaffe ich's die Acht-Uhr-Verabredung mit Mignon einzuhalten. Wir begegnen uns schon auf der Straße und er zeigt mir den vorbereiteten Brief an seine Verwandten, hat außerdem noch ein Fax-Schreiben entworfen, das ihm, wie er meint, etwas zu lang geraten ist. Er kürzt es, ist ausgesprochen bemüht. Ich bedanke mich herzlich, sage, es wird uns sicher nützlich sein.
Karin ist, als ich zu ihr zurückgekehrt bin, noch immer kaum wach zu kriegen, erst das Tuk Tuk zur laotischen Botschaft rüttelt ihr den Schlaf aus den Gliedern. Bangkok ist vor allem laut und ich habe den Eindruck, als liege unser letzter Besuch bloß ein paar Tage zurück. In der Visa-Abteilung der Laoten bedauert man. Eine Einreise sei nur möglich, wenn man eine organisierte Tour vorweisen könne. Der schüchtern wirkende Beamte drückt uns das Kärtchen eines Reiseveranstalters in die Hand. Wir fahren umgehend hin, vielleicht lässt sich was deichseln. Aber Pustekuchen, ein paar Kilometer Fahrt von der Grenze zur Hauptstadt Vientiane soll 3.000 Baht kosten, Laos rückt merklich in die Ferne. Dann also doch Birma?
Bereits am Eingang des Konsulats spricht uns jemand an, sagt, was auch auf einem Aushang zu lesen ist: Das Land ist für Touristen bis auf Weiteres nicht zugänglich. Gründe werden nicht genannt, aber es ist klar, dass innenpolitische Spannungen den Ausschlag geben. So weit, so schlecht.
Die großen vergoldeten Tempel recken ihre Drachenhälse zu uns herüber, als wir mit einem Fährboot den Chao Phya entlangfahren und den Booten, dem Treiben am Ufer, den orangegewandeten Mönchen hinterhersehen. Am Eingang des Oriental Hotel sind wir zuvor abgeblitzt: Schlipszwang; mit einer old-fashioned tea time wird es deshalb nichts.
Dann - weil wir schlichtweg vergessen hatten zu fragen - nochmals ein Besuch in der laotischen Vertretung: Das Visum kostet 1.200 Baht und man muss drei Tage darauf warten, faktisch fünf, weil ein Wochenende dazwischen liegt. Das würde unser Zeitbudget über Gebühr strapazieren. Wir werden, wir müssen uns ein anderes Reiseziel ausdenken. Warum nicht Sarawak in Ostmalaysia, dem nördlichen Teil der Insel Bomeo? Karin findet den Vorschlag in Ordnung und wir verabschieden uns für heute von weiterer Reisebürokratie, verkrümeln uns nach Chinatown und besuchen Tempel.
Der indische riecht nach hundert Parfums, der chinesische vor allem nach Rauch. In Letzterem halten wir uns ein wenig auf, sehen eine Frau, die vor einem Altar kniet und ein beschriftetes Stäbchen aus einem Köcher schüttelt, in dem ein ganzes Bünde1 solcher Stäbchen ist. Die Bedeutung des Ihrigen findet sie in einem zugehörigen Katalog, jeder Nummer ist eine Weissagung zugeordnet. Ein Tempeldiener trägt Vasen und Schalen herum, wir stehen überall im Weg, weichen gerne auch einer Kakerlake aus, die so groß ist wie drei. Abgetrennt von Gitterstäben hocken weitere Bedienstete vor alten Schreibmaschinen - eine Bürokratie der Glücksverheißungen? Vor dem Tempel werden Lose verkauft und Spatzen für eine kleine Gebühr in die Freiheit entlassen (sie werden bald wieder freiwillig zu ihren Fressnäpfen zurückkehren).
In einem Thai-Tempel betet eine Gruppe von Mönchen vor einer Buddha-Statue, es ist ein brabbelnder, kehliger Singsang, dem die Kantatenfrömmigkeit der christlichen Kirchen gänzlich fremd ist. Karin stellt Überlegungen zu den unterschiedlichen Formen der kahl rasierten Mönchsköpfe an.
Beim Teetrinken am Straßenrand bleibt es nicht beim Tee, denn es werden auch Schwalbennestsuppen angeboten. Ihre Basis ist der kleistrige Speichel der Vögel und die Suppe, abgesehen von ein bisschen eingerührtem Zucker, schmeckt nach nichts. Dafür ist das Abendessen fantastisch, Fisch und Gemüse (es kostet viel weniger als zuvor diese Suppe).
In Chinatown werden Erinnerungen an die China-Reise im vergangenen Jahr wach, auch an die Halbinsel Penang, die wir demnächst wieder passieren werden, an alles, die zweigeschossigen Häuser mit den Läden im Parterre, die Essensstände mit ihren schmalen Tischen und Bänken und bunten Buffets (einmal liegen da aufgeschlitzte kleine Schildkröten), über denen die glasierten Enten baumeln, die Apotheken mit den getrockneten Reptilien und der ausdrücklichen Empfehlung es bei Hustenreiz mit Tee von aufgebrühten Seepferdchen zu probieren.
Karin im Kreis von Mönchen.
Aufbruch: | Juli 1989 |
Dauer: | circa 5 Wochen |
Heimkehr: | August 1989 |
Malaysia
Singapur
Indonesien