Thailand - Malaysia - Singapur - Indonesien. Ein Reisebericht von 1989
Gen Osten/Tag 9: Nächtliche Ohrfeigen
Wir lassen es gemütlich angehen, das Frachtschiff nach Sibu legt erst am Nachmittag ab. Deshalb noch ein Besuch im christlichen Kuching.
Die katholische St. Josephskirche hat eine ausladende Dachkonstruktion, offene Seitenwände und macht eher den Eindruck einer Zeltarena. Die Katholiken und Anglikaner unterhalten mehrere Schulen in Kuching, sind auf diesem Sektor besonders gut vertreten. Vielleicht ist das ein Hinweis auf eine verstärkte Missionsarbeit, die sie in den Dschungelgegenden verrichten.
Nochmals das Sarawak-Museum. Erst jetzt bemerken wir, dass ihm noch verschiedene Aquarien und Terrarien angeschlossen sind. Die Auswahl der Meerestiere ist ziemlich beliebig, der ganze Globus ist ein bisschen vertreten. Die Krokodile hingegen, die in engen, dunklen Kisten vor sich hin dösen, sind ein Hinweis auf das, was einem hier im Urwald begegnen kann.
Wir machen ein paar Besorgungen für unterwegs, denn auf dem Schiff muss man sich selbst verpflegen. Der 16er Bus (nun ist er's für alle Ewigkeit) bringt uns zur Anlegestelle, viel zu früh, wie sich bald herausstellt. Dann ein Zwischenfall auf dem Weg zum Kai: Ein Mopedfahrer rempelt Karin an, knattert weiter und wir können ihm nur hinterherschimpfen.
Die Hong Lee wird noch beladen, als wir über einen schmalen Steg das Schiff betreten. Es ist ein ältlicher Kahn, Teile der Reling und des Treppengeländers hat der Rost schon aufgefressen und man muss auf der Hut sein, dass man sich seine Klamotten an den freistehenden Enden der Stangen und Rohre nicht zerreißt. Außer einer Frau mit ihren zwei Kindern sind wir für eine Weile die einzigen Passagiere. Bald aber strömen die Fahrgäste an Bord, meistens ganze Familien und die Plätze an Deck werden in Windeseile belegt. Schon flimmert auch die landesübliche Nervensäge, ein Videogerät. Wir verdrücken uns von hier und finden das einzig freie, aber auch das schönste Plätzchen: halb unter dem Bauch eines Rettungsbootes.
Das Meer rauscht, die Sterne blinken und ein paar chinesische Mädchen, denen wir etwas zu essen angeboten hatten, stopfen uns nun ihrerseits mit Chips und Süßigkeiten voll. Ablehnen hat auch nach der fünften oder sechsten Fuhre keine Aussicht auf Erfolg. Ein Transistorradio quäkt, der Motor tuckert und der Schornstein, der nur ein paar Schritte entfernt ist, pafft Rußflocken aus; sie legen sich sanft auf unsere Schlafsäcke und unsere Haut. Egal, Karin singt Seemannslieder, eins nach dem anderen, und ich wundere mich, woher sie die alle kennt.
Mittlerweile schippert die Hong Lee aufs offene Meer hinaus, nun verschwinden die Sterne hinter Wolken. Dann kommt Wind auf, der uns Sand in die Augen treibt, und dann fängt es an zu regnen. Dicke Tropfen knallen wie leichte Ohrfeigen herunter, alles flüchtet sich in den überdachten Teil des Oberdecks.
Weil man die Planen an der Seite viel zu spät heruntergelassen hat, ist dort alles schon überschwemmt. Einige Leute laufen deshalb hinunter in den Bauch des Schiffes, wo die Luft aber sehr stickig ist. Andere, halb schon im Schlaf, suchen sich auf Deck kleine Inseln, Taue oder Gepäckstücke. Wir hocken mit anderen auf einer großen Kiste. Der heftige Regen hört freilich bald wieder auf und die Schiffsplanken beginnen in der warmen Luft rasch zu trocknen. Der Seegang allerdings wird immer heftiger, so dass man Mühe hat auch nur aufrecht zu sitzen. Wir breiten uns auf dem Boden aus, das Schlafen funktioniert nur auf diese Weise. Inzwischen ist es uns auch ziemlich gleichgültig, dass es erneut zu regnen anfängt und dass wieder das Wasser unter den seitlichen Deckplanen hereinströmt. Dass mein Schlafsack außen ganz nass ist, bekomme ich anfänglich gar nicht mit.
Aufbruch: | Juli 1989 |
Dauer: | circa 5 Wochen |
Heimkehr: | August 1989 |
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