Thailand - Malaysia - Singapur - Indonesien. Ein Reisebericht von 1989

Reisezeit: Juli / August 1989  |  von Peter Kiefer

Cirebon/Tag 20: List und Gewalt

Es sind sieben Kilometer Fahrt zur Stadt hinaus in den so genannten Wassergarten. Am heutigen Sonntag tummeln sich die Leute hier wie in einem Vergnügungspark. Eigentlich ist es eine historische Anlage mit ein paar künstlichen Grotten und, wie ich finde, kein eben lohnendes Ziel. Auch das angeschlossene Museum nicht, wo ein paar Porzellanscherben aufbewahrt werden (immerhin noch aus der Ming-Zeit).
In Cirebon - wir kehren bald wieder dorthin zurück - gibt es einen bescheidenen Fischereihafen, bestehend aus einem Dutzend kunterbunter Kähne. Der Weg, den wir weiter gehen, wird von Müllhaufen flankiert und endet nach kurzer Zeit buchstäblich im Sumpf. Unentwegt sind wir von Kindern umlagert, die unsere Aufmerksamkeit auf diese oder jene Weise erzwingen.
Am Kraton Kasepuhan werden wir sie für eine Weile los. Zufällig finden gerade die Proben für ein bevorstehendes Tanzfestival in der Hauptstadt Jakarta statt. Im Mittelpunkt steht das pencak silat, eine subtile Choreografie aus Kampfsport und Tanz, der wir auch in Malaysia schon begegnet sind. Die Regeln sind nicht leicht zu durchschauen. Wir behelfen uns damit, dass es ähnlich funktionieren könnte wie Schere, Stein, Papier, dass man also bestimmte Bewegungen statt mit "Gewalt" mit einer angepassten List parieren muss. Gelungene Aktionen werden beklatscht, nicht selten ertönt sogar ein beifälliges Gelächter.
Im Hintergrund bemerke ich den Sultan des Palastes, ein sehr blasses und im landläufigen Sinn aristokratisches Konterfei. Im Gegensatz zu unsrem gestrigen Sultan scheint dieser, kenntlich an seinem Ehrenplatz, seinen gönnerhaften, arrogant wirkenden Gesten, noch über lokalen Einfluss zu verfügen.

Die Tänze werden von einem Gamelanorchester begleitet. Als ich ein paar Aufnahmen mache, bittet man mich mitzuspielen! Einer der Musiker räumt eigens für mich seinen Platz, man drückt mir einen Klöppel in die Hand und ich bearbeite daraufhin ein Xylophon. Bald sitzt auch Karin mit dabei und wir erhalten fortwährend Erklärungen darüber, was sich gerade auf der Bühne abspielt.
Zunächst ist es ein kleines Zeremoniell: Ein Ausrufer erscheint und kündigt das Auftreten des Sultans an. Ihm folgt eine kleine Prozession, an deren Spitze dann der Sultan schreitet, nicht der richtige, sondern einer der Musiker, der ihn darstellt. Nachdem er auf einem Sessel Platz genommen hat, überreicht man ihm eine Insignie, woraufhin er sich wieder erhebt und das Zeichen zur Eröffnung des Festes gibt, diesem - so formuliert man es - "freien Lauf" lässt. Lärmender Beifall folgt und es treten zwei mit Stangen bewaffnete Kämpfer auf. Bei ihren Aktionen zielen sie gegenseitig auf die Schienbeine des Gegners und treffen gelegentlich auch. Dann jenes pencak silat, das allerdings nicht nur von Männern, sondern auch (eine Neuerung?) von jungen Mädchen ausgeführt wird.
Im Palastmuseum sind Waffen, Musikinstrumente und holländisches Porzellan ausgestellt, auffällig eine javanische Schnitzerei mit eingearbeiteten Delfter Kacheln (wiederum Windmühlen und Holzschuhbauern-Motive). Das zweifellos beeindruckendste Stück ist eine Kutsche, in der ein Sultan bereits im 15. Jahrhundert unterwegs gewesen ist. Sie hat die Form eines Drachenvogels, dessen Schwingen sich sogar bewegen lassen.
Ein Deutscher betreibt in Cirebon eine Bäckerei. Er heißt Wolfgang und er hat sich auf einem Ölgemälde verewigen lassen, das in seinem Laden hängt. Ihn selbst treffen wir nicht an, dafür seine Tochter, die kaum Ähnlichkeit mit ihm (bzw. dem Gesicht auf dem Gemälde) hat. Noch unähnlicher ist der Käsekuchen mit dem, was man bei uns unter einem Käsekuchen versteht. Das hängt sicher mit dem Mangel an Schichtkäse zusammen. Helmuts eigenwillige Kreation jedenfalls besteht aus einem Biskuitteig, bestreut mit Edamer Käseflocken. Das abendliche Fischgericht ist enttäuschend.

Fliegende Kutsche.

Fliegende Kutsche.

© Peter Kiefer, 2005
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Die Reise des Jahres 1989 ist ein wenig lückenhaft dokumentiert. Erstens streikte mein Fotoapparat zeitweilig, zum anderen hat der Atem des Tagebuchs nur etwa vier Wochen gereicht. Dennoch erfährt man einiges: die Begegnung mit einer Dorfgemeinschaft der Iban in einem Langhaus auf Sarawak, ebenso die mit einem javanesischen Sultan oder auch Einzelheiten einer Verbrennungszeremonie in einem balinesischen Dorf.
Details:
Aufbruch: Juli 1989
Dauer: circa 5 Wochen
Heimkehr: August 1989
Reiseziele: Thailand
Malaysia
Singapur
Indonesien
Der Autor
 
Peter Kiefer berichtet seit 19 Jahren auf umdiewelt.
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