Corona-Spaziergänge vor Ort
Aachen - Ortsteil Seffent I
Seffent ist eine kleine Ortschaft mit 200 Einwohnern im westlichen Aachener Stadtbezirk Laurensberg.
Der Name leitet sich vom lateinischen Septem Fontes, den „Sieben Quellen“ ab, heute als „Siebenquellen“ bekannt. Die Quellen entspringen einem eingefassten Quelltopf und sind die stärksten Quellen im Umkreis von 70 km. Sie speisen den Wildbach, der durch ganz Laurensberg fließt und schließlich in der Wurm mündet.
Wir starten in der Ortsmitte nahe der Burg und laufen den Willkommsweg entlang
Wahrscheinlich haben schon die Kelten diesen Platz verehrt. Der Name Seffent geht aber auf die lateinische Bezeichnung "Septem fontes" zurück, wie Seffent in einer Urkunde im Jahr 896 genannt wird. Die Sieben Quellen sind in zwei Quelltöpfen gefasst, im Wasser liegen Kalksteine und Feuersteinknollen
Die Sieben Quellen sind die stärkste Quellgruppe im Aachener Stadtgebiet: Das Einzugsgebiet der Quelle reicht bis Holland und Belgien, pro Sekunde fließen durchschnittlich 80 I Wasser aus dem Boden. Ein Teil des Wassers stammt aus wasserführenden Schichten unter dem Waldstück "Am Friedrich" südlich der Vaalser Straße. Zwischen 5 und 50 Jahren ist das Regenwasser aus dem Aachener Wald bis hier zu den Quellen unterwegs!
Auf engstem Raum herrschen spezifische Bedingungen, wie
- ganzjährig gleichmäßig niedrige Temperatur
-wenig Nährstoffe, - wenig Strömung und wenig Säuerstoffgehalt.
Die Wassertemperatur liegt das Jahr hindurch gleichbleibend bei etwa 9°C Aus zahlreichen kleinen Quellen steigen wie brodelnd auch Gasblasen auf: Das Wasser und der Boden enthalten hier Kohlendioxid. Viele Wasserorganismen fühlen sich in dem sehr reinen Queltwasser wohl und leben hier, z.B. schwarze Strudelwürmer und Bachflohkrebse.
Über den Willkommsweg geht es entlang der Magerwiese unterhalb des Wilkensberg (auf dem heute viele Gebäude des 'neuen' Campus Melaten der RWTH Aachen liegen) in Richtung Aachener Klinikum.
Unter besonderem Schutz steht der Wilkensberg mit einem hier seltenen Halbtrockenrasen mit dünner kalkhaltiger Verwitterungsschicht; hier wachsen Enziane und Orchideen.
2. Quelltopf - hier gibt es auch Brunnenkresse, vor allem im helleren südlichen Quelltrichter; sie wächst nur in nährst oftarmen Böden und Gewässern und ist durch zunehmende Überdüngung (Eutrophierung) selten geworden.
Der Freundeskreis Botanischer Garten e.V. hat neben dem Gut Melaten eine Gartenanlage, den Karlsgarten, errichtet In ihm stehen alle Pflanzen, die Karl der Große in seiner Landgüterordnung (Capitulare de villis) aufgelistet hatte. Unterhalb des Karlsgartens wird mit Unterstützung der NRW-Stiftung Umwelt und Entwicklung ein großer Teich mit breiten Ufer-
zonen und einem Beobachtungssteg angelegt. In diesem "Freilandlabor Wasser" können Gruppen unter Anleitung Wassel Untersuchungen durchführen. Eine Wiese mit Hochstämmen alter Obstsorten der Region entsteht in grenzüberschreitender Zusammenarbeit und zeigt die Vielfalt der Landschaft.
'Grassofa'
Gut Melaten - (oberhalb das Aachener Klinikum)
Gut Melaten liegt nur 100 Meter vom Klinikum an der ehemaligen Via regia, der Königsstraße zwischen Aachen und Maastricht. Der Hof wurde absichtlich dorthin gebaut, damit die Leprakranken und Aussätzigen, die dort untergebracht waren, ihren Lebensunterhalt auch durch Betteln verdienen konnten.
Die ehemalige mittelalterliche Leprastation vor den Toren der Stadt, urkundlich erstmals 1230 erwähnt, war gut isoliert und diente für mehr als 300 Jahre als Leprastation, ehe sie um 1550 in einen landwirtschaftlichen Pachtbetrieb umgewandelt wurde, der mit seinen Einnahmen das Hospitalwesen unterstützte.
Deutschlandweit ist Gut Melaten das einzige in seiner Eigenart erhaltene mittelalterlich Leprosorium überhaupt. Auch ist es ein frühes Zeugnis für die Beziehungen Aachens in die Euregio, es gehörte nämlich zum Bistum Lüttich. Seit 1966 ist Gut Melaten im Zuge der Hochschulerweiterung im Eigentum des Landes NRW, der landwirtschaftliche Betrieb wurde in den 1970er Jahren aufgegeben.
Die ehemalige Aachener Léproserie Melaten lag in der Wegegabelung zweier mittelalterlicher Hauptverkehrswege. Die hier ausgesetzten Leprakranken erhielten von den Vorbeiziehenden reichlich Almosen. Das Hospital Melaten hatte entsprechend dem in. Laterankonzil von 1179 eine eigene Kapelle mit Friedhof. Zur Wasserversorgung gab es einen eigenen Brunnen. Das Leprosorium wurde urkundlich nachweisbar von 1230 bis 1550 betrieben. Danach wurde Melaten vier Jahrhunderte lang als Pachthof bewirtschaftet. Die Erträge dienten zur Finanzierung des städtischen Hospitalwesens. Die Bruchsteinmauer mit Apsis erinnert an die ehemalige Quirinuskapelle und das Kreuz darin an den Altar. Eine Sage bringt Karl den Großen auch mit Melaten in Verbindung.
Königstraße - VIA REGIA
Im ältesten urkundlichen Nachweis der VIA REGIA verspricht Papst Gregor IX. am 24. Februar 1234 allen Wohltätern einen 40tägigen Ablass, die den armen Leprosen am Aachener Königsweg eine Spende zukommen lassen („locus iuxta Aquis in via regia"). Über diesen Königsweg kamen von Westen her jedoch nur Richard von Cornvallis (1257) und Karl V. (1520) zur Krönung nach Aachen. Die Bezeichnung als Königsweg geht auf den Königsschutz zurück, unter dem diese Straße früher einmal stand. Die Entfernung nach Maastricht soll auf diesem Weg nach einem Bericht Einhards von 830 acht Meilen betragen haben. Er soll rege von Kaufleuten und Einwohnern genutzt worden sein. Ein niederländisches Sprichwort sagt: „Het is zo oud als den weg naar Aken". Ein dazu passender archäologischer Befund steht noch aus. Jahrhundertelang sind auch Jakobspilger diesen Weg gegangen.
Wir laufen den Schneebergweg parallel zu den langen Bahnen des Aachener Golfclubs (hier herrscht unverständlicherweise Spielverbot - wie auch auf unserem Golfclub im belgischen Gemmenich, das z.Zt. nicht mal angefahren werden kann) bis zu einem Relikt aus jüngerer Vergangenheit: einem interessanten Detail des Westwall aus der Nazizeit.
PANZERSPERREN
Mit dem Befiehl zum beschleunigten Ausbau des Westwalls vom 28.5.1938 begann man Panzerhindernisse, auch Höckerlinien genannt, entlang der Grenze zu Belgien und den Niederlanden anzulegen. Dabei wurden 1938 zunächst vierzügige Panzersperren mit einer Hindernisbreite von 7 m und Höckerhöhen von 0,6-1,1 m errichtet. Die Sperre aus der Baureihe 1939 hatte bereits eine Breite von 13,45 m und bestand aus drei parallel verlaufenden Fundamenten. Auf der Frontseite erhob sich eine 0,6 m hohe Mauer als erste Barriere. Die folgenden Betonhöcker in fünf Reihen waren leicht versetzt und stiegen von 0,8 m über 0,9 m bis auf 1,5 m an. Zwischen den Höckerlinien befanden sich Stacheldrahtverhaue.
Als Relikte des Westwalls erstrecken sich die Panzersperren bis heute westlich des Schneebergs über Orsbeck bis nach Vetschau. Sie sind teilweise bewachsen, übererdet und werden z.T. als Viehweiden genutzt. Hinter der Panzersperre errichtete man 1938 und 1939 zahlreiche Bunker, die nach dem Krieg gesprengt und deren Ruinen 2003 endgültig zerstört wurden.
Die Panzermauer am Schneeberg ist 340 m lang, 3,7 m hoch und leicht abgeschrägt. Am Anfang und Ende ist sie mit Flankenmauern fest in den Hang eingebunden. An der Oberkannte der Mauer sind noch die abgeschnittenen Reste von eisernen Hindernispfählen zu erkennen, an denen Stacheldraht zur weiteren Sicherung befestigt war. Zu beiden Seiten der Sonderkonstruktion sieht man Widerlager als Sperrvorrichtungen für die Straße. Der vorhandene weiße Streifen im mittleren Abschnitt der Panzermauer ist Teil des Kunstprojektes „Begradigung" aus dem Jahr 1993.
KRIEGSGESCHEHEN
Nach der Invasion der Alliierten am 6.6.1944 in der Normandie erreichten die amerikanischen Streitkräfte am 11.9.1944 die Reichsgrenze bei Aachen. Vom 12.-14.9. griff die 1. US.-lnfan-teriedivision Aachen von Süden und Westen an. Auf deutscher Seite kämpften Teile der 116. Panzerdivision und der 353. Infanteriedivision.
Am 17.9. eroberten die Amerikaner die Westbefestigungen zwischen Orsbach und Horbach und standen direkt vor dem Westwall. Erst mit der Einkesselung von Aachen wurden die Stellungen am Schneeberg und am Wachtel köpf ab dem 8.10.1944 eingenommen.
Direkt gegenüber der Panzersperre führt ein Pfad zur Friedenskapelle oder Marienkapelle, die aufgrund eines Gelübdes hier errichtet wurde. Der ortsansässige Bauer Maahsen hatte gelobt, falls er und seine Familie ebenso wie die Orte Vaals und Vaalserquartier den Zweiten Weltkrieg heil überstehen sollten, wolle er an dieser Stelle eine Kapelle bauen lassen. Nachdem im Oktober 1944 der Schneeberg von Osten her durch alliierte Truppen eingenommen sowie Vaals und Aachen befreit worden waren und Bauer Maahsen sowie seine Familie die Kämpfe unversehrt überlebt hatten, begann er einige Monate später mit der Planung und dem Bau der Kapelle. In Eigenregie beschaffte er sich Bauschutt aus dem Umfeld des Aachener Domes, womit er das Fundament und Teile des Rohbaus zu errichten begann. Maahsen besaß zu diesem Zeitpunkt jedoch noch keine Baugenehmigung und musste die Arbeit vorübergehend einstellen. Nachdem ihm ein Architekturstudent die notwendigen Pläne ausgearbeitet und er die weiteren behördlichen Auflagen erfüllt hatte, führte er das Bauvorhaben mit Hilfe seiner Nachbarn fort.
Der Kapellenbau ist dem Oktogon des Aachener Doms nachempfunden und besitzt einen achteckigen Grundriss.
Für den Rückweg wählen wir einen Pfad, der vom Schneebergweg hinunter zum Senserbachweg - dem Grenzflüßchen zu den Niederlanden - führt. Hier ist noch eine weiß geschlämmte Hofanlage - Gaßmühle - mit einem Wohnhaus als Bruch- und Backsteinbau sowie Satteldach; einseitiger Anbau mit Walmdach zu bewundern. Erste Erwähnung um 1375 / 18. und 19. Jh.
Der Rückweg zieht sich etwas, da es nicht viel zu bewundern gibt. Schließlich kommen wir wieder zur Burg Seffent zurück.
Die Burg Seffent ist eine mittelalterliche Burganlage aus sandsteinfarbenem Bruchstein, die als Versorgungs-Hofgut des lotharingischen Herzogtums errichtet wurde. , Sie entwickelte sich im 17. Jahrhundert zu einer Vierflügelanlage mit wehrhaften, architektonischen Elementen. Nach einer umfassenden Restaurierung, welche die Gebäude vor dem endgültigen Verfall rettete, beheimatet sie heute Wohnungen.
Einst von Wassergräben umgeben besitzt sie an der Nordecke einen Rundturm mit Kegelhelm sowie einen wuchtigen, halbrunden Wehrturm an der östlichen Ecke. Die heutige Bausubstanz stammt mehrheitlich aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges und des 18. Jahrhunderts. Im Inneren besitzt die Anlage drei alte Kamine.
Geschichte
Der Rundgang läßt sich in gut zwei Stunden bewältigen. (etwa 8 km)
Aufbruch: | Mai 2020 |
Dauer: | 13 Monate |
Heimkehr: | Juni 2021 |
Herzliche Grüße aus Bayern.