Corona-Spaziergänge vor Ort
Herzogenrath - eine Acht im Wurmtal
Das Wurmtal ist ein geschichtsträchtiges, landschaftlich wunderschönes Tal mit interessanter Geschichte.
Die Wurm hatte in der Vergangenheit viele Funktionen. Sie war nicht nur „Abwasserkanal" für die Kokereien und die Tuchindustrie, sondern auch Energieträger. Beispielsweise wäre ohne die vielen tuchverarbeitenden Mühlen die Aachener Tuchindustrie nicht möglich gewesen. Aber auch für die mit der Tuchindustrie eng verbundene Nadelindustrie waren die Mühlen wichtige Energielieferanten und Produktionsstätten.
Alleine zwischen Aachen und der Burg Wilhelmstein befanden sich einst 34 Mühlen. Entlang der Wurm zählte man um 1890 rund 80 Mühlen und sonstige Wasserbetriebe. Neben den Mahlmühlen fanden sich in der Region Ölmühlen, Kupfermühlen, Schleifmühlen oder Walk-, Fell- und Papiermühlen. Nicht nur die Besitzer wechselten häufig, auch die Mühlen selbst wurden oft anderem Nützen zugeführt.
Wir parken auf dem Parkplatz an der Wurm in der Nähe der 'Alten Mühle'.
Bei der Alten Mühle handelt sich um eine von ehemals zwei Mühlen an diesem Ort, die in einer Urkunde von 867 genannt wurden. Das genaue Baujahr ist nicht bekannt. Sie war wahrscheinlich zwischen 867 und 1899 in Betrieb. Die Bauern des Herrschaftsbereichs der Vogtei Wilhelmstein mussten seinerzeit ihre Erzeugnisse hier mahlen lassen.
Bis zur Jahrhundertwende verlief parallel zum heutigen Weg ein von der Wurm abgeleiteter Mühlengraben, der drei Mühlenräder antrieb. Erhalten geblieben ist ein großer Teil des langgestreckten Ablaufgrabens der Mühle, der „Untermühlengraben" unterhalb des Burgbusches, fälschlicherweise auch alte Wurm genannt. Heute befinden sich in der Mühle ein Hotel und Restaurant.
Nach etwa halbstündigem Spaziergang durch schönen Mischwald erreichen wir die Burg Wilhelmstein.
Von 1265 bis 1269 erbaute Graf Wilhelm IV. von Jülich auf den Resten der Grenzfeste „Valencia" die nach ihm benannte Burg Wilhelmstein. Der Sage nach erschlug ein wehrhafter Aachener Schmied den Grafen und seine Söhne in der Gertrudisnacht 1278 mit einem schwerem Hammer. In jener Nacht versuchte der Graf, die Reichsstadt Aachen einzunehmen.
Im Mittelalter bildete die Wurm unterhalb der Burg die Grenze zwischen der Grafschaft Jülich und der Grafschaft Maas, später zwischen dem Erzbistum Köln und dem Bistum Lüttich. Etwa ein Kilometer südlich verlief die Grenze zum Aachener Reich. Sie lag in einer Burgenkette mit der Burg Nivelstein und der Rimburg. (siehe Kapitel aus Burgen an der Wurm)
Die Gerichtsstelle auf Burg Wilhelmstein bestimmte die Geschehnisse im Herzogtum Jülich. Die Trutzburg wurde mit Bruchsteinmauern als Verteidigungsbastion und Fliehburg angelegt, so dass sie als Ausfall- und Verteidigungsstellung dienen konnte. Im Laufe der Jahrhunderte wechselte sie mehrfach den Besitzer. Wilhelmstein wurde mehrfach belagert und eingenommen, besonders in den Jahren 1690 und 1691, als sie von den französische Truppen Ludwigs XIV. und später im spanischen Erbfolgekrieg verwüstet wurde.
Die heutige Burgruine
Anfang des 19. Jahrhunderts erklärte die französische Verwaltung die Burg mit ihren umliegenden Waldungen zu Staatseigentum und verkaufte das Anwesen an Privatleute. Seit 1950 gehört es der Familie Grafen.
Die Burgruine vermittelt auch heute noch einen deutlichen Eindruck der ehemaligen Bedeutung.
Die Ruine besteht aus einer ursprünglich durch einen Wassergraben geschützten Vorburg mit Rundturm und gotischem Torbogen sowie dem ehemals fünfgeschossigen Bergfrieds (24 Meter) mit angrenzendem Palas (repräsentativer Saalbau). Der Rundturm der Vorburg war ursprünglich der Kerker der Burg, und noch heute ist die Rolle der Zugbrückenkette zu sehen.
Von der Burg führt ein Pfad hinab zur Wurm - nach Überqueren derselben kann man durch das offene Wurmtal zwischen Wiesen und Waldrand zum Parkplatz zurücklaufen.
War diese Runde 'linksdrehend' so wenden wir uns an der Alten Mühle nach rechts und laufen wieder auf der rechten Seite der Wurm an Feuchtbiotopen vorbei südwärts.
An einer Wegekreuzung, an der an einem weißen Gebäude eine alte Kohlenlore zu sehen ist, knickt unser Pfad nach rechts ab.
Nach Erreichen des Steilhanges zum Ort Würselen kann man das Stollenmundloch der Grube Gouley bewundern.
Die Grube Gouley war ein Bergwerk in Morsbach, einem Stadtteil von Würselen. Sie gehörte zu den ältesten Gruben des Aachener Steinkohlenreviers und förderte bis 1969 Steinkohle.
[verweis=Von Autor unbekannt - Eschweiler Bergwerksverein: Vor Ort... Aachen 1995. S. 63, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=9430058]alte Postkarte[/verweis]
Dieser Stollen wurde wie viele andere in früheren Jahrhunderten von der Sohle des Wurmtales in den Höhenrücken vorgetrieben . Ursprünglich zur Förderung der Steinkohle angelegt und 1837 ausgebaut, dient der Stollen seit langer Zeit der Entwässerung der früheren Würselener Grube Gouley. Auch heute erfüllt er noch diesen Zweck, um die auf die benachbarte Grube Anna zulaufenden Grubenwässer möglichts gering zu halten. Ds Stollenmundloch wurde vom Landeskonsevator als Industriedenkmal anerkannt.
Die Grube Gouley, zu der dieser Stollen einst gehörte, wurde 1599 erstmals urkundlich erwähnt. 1969 mußte die Grube wegen der schwierigen geologischen Verhältnisse und der schlechten Absatzlage für Steinkohle stillgelegt werden.
Eschweiler Bergwerks-Verein AG
Infotafel des Betreibergesellschaft
Etwas oberhalb des Tales führt der Pfad auf eine geteerte Straße, die zur 'Pumpermühle' führt.
Pumpermühle (auch „Mühle am Pumpenhäuschen")
Die sogenannte Pumpermühle ist die letzte von insgesamt sechs Kupfermühlen, die um 1648 hier errichtet wurden. An dieser Stelle gab es bereits ein Pumpwerk einer Kohlegrube. Diese versorgte eine Kohlengrube mit der Bezeichnung „de Haan". Ihr Betrieb wurde schon vor dem Bau der Kupfermühlen eingestellt.
Um 1648 bediente man sich der Wasserkraft, um in den sechs Mühlen Fingerhüte zu produzieren, später auch Pantoffeln. Die Pumpermühle wurde um 1822 als Mehlmühle und Ölmühle betrieben. Die Mühle war in dieser Zeit mit drei oberschlägigen Mühlrädern ausgestattet. Ab 1844 kaufte der Nadelfabrikant Franz Kaspar Schmitz die Mühle. Er nutzte ihre Kraft, um hier ab 1917 Nadeln zu produzieren. Seit 1967 steht die Pumpermühle alleine an diesem Ort.
Hier führt der Weg wieder über die Wurm (von der benachbarten Kläranlage ist durch Baumbewuchs fast nichts mehr zu sehen) durch lichten Wald.
Auf dem Rückweg mäandriert die Wurm stark, einen Arm hat man abgetrennt und ein künstliches Biotop mit Insel und ruhigem von Seerosen bedecktem Wasser geschaffen.
Nach etwa zwei Stunden ist dann der Spaziergang in Form einer Acht vollendet.
Aufbruch: | Mai 2020 |
Dauer: | 13 Monate |
Heimkehr: | Juni 2021 |
Herzliche Grüße aus Bayern.