Corona-Spaziergänge vor Ort

Reisezeit: Mai 2020 - Juni 2021  |  von Herbert S.

Aachen - kleine Grenzroute: Tour Köpfchen

In den vergangenen Jahren wurde ein Programm geschaffen, das die Vielfalt der Landschaft des Dreiländerecks mittels verschiedener Touren - ob zu Fuß oder per Rad - nahebringen soll. An einem sonnigen Februartag haben wir eine solche Tour gemacht - sie ist ausgeschildert unter 'Rundweg Raeren' .
Startpunkt ist der Grenzübergang Köpfchen.

zunächst geht es ostwärts in den recht malträtierten (Sturm und Borkenkäfer) Wald, in dem kräftig abgeholzt wird/ werden muß

zunächst geht es ostwärts in den recht malträtierten (Sturm und Borkenkäfer) Wald, in dem kräftig abgeholzt wird/ werden muß

es geht mehrfach an Grenzsteinen vorbei, die mit ihrem Strich auf der Oberkante die Grenzrichtung anzeigen

es geht mehrfach an Grenzsteinen vorbei, die mit ihrem Strich auf der Oberkante die Grenzrichtung anzeigen

auf deutschem Gebiet liegen die sogenannten Zyklopensteine

auf deutschem Gebiet liegen die sogenannten Zyklopensteine

Wenn man über den Rücken der Felsen streicht, fühlt sich die Oberfläche rau und sandig an, und das kommt nicht von ungefähr. Die sogenannten Zyklopensteine bestehen tatsächlich aus steinaltem Sand, der sich auf dem Grund des Kreidemeeres, das es vor vielen Millionen Jahren hier gab, in einer 30-50 Meter dicken Schicht angesammelt hat
Dann zog sich das Meer zurück. Die freigelegte Sandschicht war einem heißen Klima mit tropischen Regengüssen ausgesetzt. An einigen Stellen löste der warme Regen den Quarz im Sand auf, er sickerte in tiefere Bodenschichten ein, wo er zu harten Sandstein- und Quarzitbänken verwittete.
Heute liegen die Zyklopensteine an der Oberfläche. Im Laufe von Jahrmillionen haben Wetter, Wind und Wasser den lockeren Sand drumherum weggewaschen, nur die steinharten Dickhäuter hielten stand und tauchten so aus dem Untergrund auf. Und ob sie nun aus dem Kreidemeer stammen oder wie ihr Name sagt, von riesigen Zyklopen herbeigeschafft wurden, faszinierend sind die felsigen Dickhäuter allemal.

Text aus der Tafel vor Ort

entlang grüner Wiesen und abgestorbenen Buchenstümpfen laufen wir wieder westwärts und überqueren wir Grenzstrasse.

entlang grüner Wiesen und abgestorbenen Buchenstümpfen laufen wir wieder westwärts und überqueren wir Grenzstrasse.

über die sogenannte Kaiserallee geht es weiter in Richtung der belgischen Ortschaft Hauset

über die sogenannte Kaiserallee geht es weiter in Richtung der belgischen Ortschaft Hauset

Die wechselhafte Geschichte der Ortes beschreibt eine Tafel am Beginn des Weges:
HAUSET - VERSTECKT IM GRÜNEN
Für manche ist Hauset das Dorf an der Göhl, für andere liegt es „versteckt im Grünen. Hier sind einige wichtige Daten seiner Geschichte:
1266-1271: Im Lchensregister des Marienstifts zu Aachen wird 1266 eine Burg erwähnt und ein .Bosch von Hoisoit" und 1271 ein .Thomas von Hulsit* als Urkundenzeuge.
1442: Hauset ist nachweislich ein Quartier der Bank Walhorn. Im Zinsregister steht unter den Schöllen der Bank .Heinrich von Hotsit".
1477: Das Herzogtum Limburg wechselt durch Erbfolge von dem Haus Burgund zum Haus Habsburg, den spanischen Habsburgers
1556: Nach der Abdankung von Karl V gehört Limburg endgültig zu den spanischen Niederlanden (die 17 Provinzen).
1611: Der Landgraben wird die Grenze zwischen dem Aachener Reich und dem Herzogtum Limburg.
1713: Das Herzogtum Limburg geht an die österreichischen Habsburger . Die Zeit Maria-Theresias (1740-1780) war eine Friedenszeit
1795: Unter französischer Herrschaft wird das Herzogtum Limburg aufgelöst Hauset gehört nun zum Kanton Walhorn in Departement Ourthe.
1804: Unter Kaiser Napoleon gehört Hauset als Ortsteil der Maine Hergenrath zum Kanton Eupen
1815: Nach dem Wieoer Kongress kommt Hauset, wiederum mit Hergenrath im Kanton Eupen, zum Kreis Malmedy.
1830: Die Gemeinde Hergenrath-Hauset ist nunmehr im neuen Kreis Eupen eine Gemeinde der preußischen Rheinprovinz
1849: Hauset erholt eine gewisse Eigenständigkeit. Beigeordneter Ortsvorsteher wird Johann Egidius Bischof! Er ließ die Schule (1859) und die Kirche (1860) bauen, und Hauset wurde zur Pfarre erhoben (1861).
1877: Hauset gehört wieder zur Gemeinde Hergenrath.
1919: Nach dem Versailler Vertrag kommen die Kantone Eupen-Malmedy und damit auch Hauset zum Königreich Belgien. Hauset ist nun Grenzdorf zu Aachen.
1922: Hauset wird eigenständige Gemeinde in der Provinz Lüttich. Erster Hauseter Bürgermeister ist Michael Nogl
1940: Mit Walhorn und Eynatten gehört Hauset im Zweiten Weltkrieg zum Amt Kettenis.
1977: Durch die Gemeindefusion wird Hauset ein Ortsteil der Gemeinde Raeren, eine der neun deutschsprachigen Gemeinden in Ostbelgien.

wenn sich der Wal lichtet, liegen z.T. monumentale 'Einfamilien-Anwesen' am Straßenrand.

wenn sich der Wal lichtet, liegen z.T. monumentale 'Einfamilien-Anwesen' am Straßenrand.

wir biegen nach kurzer Zeit wieder nach rechts in den Wald ab - für den Sommer gibt es hier einen kleinen Grillplatz

wir biegen nach kurzer Zeit wieder nach rechts in den Wald ab - für den Sommer gibt es hier einen kleinen Grillplatz

alte Wegsteine begleiten uns

alte Wegsteine begleiten uns

Reste des sogenannten Landgrabens lassen sich in der Folge erahnen.
AACHEN 1615: Ein Erdwall von vier Metern türmt sich auf und schlängelt sich 70 Kilometer rund um die Stadt. Der Rücken des erdigen Lindwurms ist gekrönt von dichtem Buschwerk. Seine Aufgabe: die Waldgebiete und das ländliche Umfeld des Aachener Reiches vor feindlichen Überfällen, Raubzügen und Holzdieben zu schützen.

Er ist gewappnet: Regelmäßiger Rückschnitt macht die Buchenhecke auf seinem Buckel undurchdringlich, Nebenwalle und tiefe Gräben halten unerwünschte Besucher ab. ... Die Rekonstruktion hier vorne zeigt den Erdwall - Landgraben genannt - mit Heckenkrone. Nebenwall und Graben. Entdecken Sie. wie sich der historische Wall in der Landschaft fortsetzt. Er hat an Höhe eingebüßt ist teilweise abgetragen, und seine Gräben sind oft verschüttet Aus den Hecken von damals sind stattliche Buchen geworden, alte Grenzsteine mit dem Aachener Adler lugen aus dem Unterholz. Sie waren alle dabei, wenn der Kontrolltrupp mit Tambour und Pfeifern, Bürgermeistern und Stadtsoldaten, Förstern und Graben Wächtern einmal im Jahr über drei Tage den Zustand des Landgrabens inspizierte. Heute steht der Landgraben unter Denkmalschutz, seine Funktion ist Geschichte. Doch der weiße Grenzstrich auf der Oberseite der belgisch-deutschen Grenzsteine zeigt klar: Die Linie des grünen Lindwurms, der uns im Wald immer wieder begegnet gilt bis heute.
Text aus der aufgestellten Grenzrouten-Tafel

Rekonstruktion des Landgrabens

Rekonstruktion des Landgrabens

Bald erreichen wir allerdings auch wieder einmal eine 'modernere' Art des 'Schutzes' bei Aachen: den sogenannten Westwall .
Der Westwall, von den Westalliierten auch Siegfried-Linie genannt (englisch Siegfried Line, -französisch Ligne Siegfried), war ein über etwa 630 km verteiltes militärisches Verteidigungssystem entlang der Westgrenze des Deutschen Reiches, das aus über 18.000 Bunkern, Stollen sowie zahllosen Gräben und Panzersperren bestand. Er verlief von Kleve an der niederländischen Grenze in Richtung Süden bis nach Grenzach-Wyhlen an der Schweizer Grenze.
Hitler ließ die Anlage, die militärischen und auch propagandistischen Wert hatte, ab 1936 planen und zwischen 1936 und 1940 errichten.

Westwallreste im Wald

Westwallreste im Wald

setzen sich entlang der Wiesen fort.

setzen sich entlang der Wiesen fort.

nach ca. 7 km ist das ehemalige Zollhaus am Grenz+übergang wieder erreicht

nach ca. 7 km ist das ehemalige Zollhaus am Grenz+übergang wieder erreicht

© Herbert S., 2020
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Als Vielreisende sitzen wir 'fest'! Für die Monate März und April sind die Menschen wegen des Kontaktverbots darauf angewiesen, sich zu Zweit (oder mit der Familie) zu bewegen. Wir nutzen die Zeit - wie so oft fährt man in die Ferne und schaut sich das Nahe kaum an! Jetzt haben wir Zeit. Wir beginnen mit der unmittelbaren Umgebung unseres Hauses, ziehen allmählich größer Kreise und schließen schließlich meinen ehemaligen Dienstort mit ein.
Details:
Aufbruch: Mai 2020
Dauer: 13 Monate
Heimkehr: Juni 2021
Reiseziele: Deutschland
Der Autor
 
Herbert S. berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.
Reiseberichte von Herbert sind von der umdiewelt-Redaktion als besonders lesenswert ausgezeichnet worden!
Bild des Autors
Aus dem Gästebuch (3/4):
anonym 1714843226000
Ich bin die Uh­ren­ke­lin von Viktor Bühl ich möchte nur er­wähnen dass das gelbe Haus sein Woh­nhaus war
Birgit 1588311134000
tolle Idee, auch ich schrei­be gerade einen "Co­ro­na-­Li­ve-­Rei­se­bericht" hier auf dieser Seite. Wenn sich noch mehr Autoren von der Ferne in die Nähe be­ge­ben, können wir uns wenig­stens auf nähere Ziele vor­be­rei­ten, wenn wir in Deuts­chland wieder reisen dürfen­.
Her­zliche Grüße aus Bayern.
Ulrike S. 1587288855000
Die Kennt­nis stammt aus Gäste­buche­int­rägen zu meinen Rei­se­berich­ten. Zwar habe ich schon länger nichts mehr ge­pos­tet, aber hier sind einige Berich­te von mir nach­zu­lesen. Unter anderem hatten wir - glaube ich zu­min­dest- beim Thema Rum­änien schon einmal Kontakt