Mit den Flying-Wombats ein Jahr durch Australien

Reisezeit: Dezember 2006 - Dezember 2007  |  von Claudia und Sven

Eine Reise geht zu Ende...

Claudia`s Gedanken nach der Reise:

Nachdem wir in Broome aufgebrochen sind, ging unsere Fahrt weiter entlang der Westküste.
Es war Ende September und wir hatten unseren Rückflug bereits lange zuvor geplant für den 9. Dezember 2007. Wir wollten Anfang November in Perth sein, um genügend Zeit für den Verkauf unseres Autos zu haben. Den "Terminkalender" hatten wir demnach genau im Kopf. Es hatte sich später wieder einmal gezeigt, dass es sich nicht immer lohnt sein Leben komplett zu verplanen. Meistens kommt es anders als man denkt.

Ich wollte mich innerlich nicht so recht damit anfreunden, dass es noch mehr wie zwei Monate bis zum Rückflug waren. Denn für einen Menschen, der keine Tagesaufgabe hat, außer seinen drei Mahlzeiten, war das eine sehr lange Zeit. Bewaffnet mit meiner
Spiegelreflexkamera machte ich Fotoaufnahmen von der wunderschönen australischen Landschaft, wir gingen oft ins Schwimmbad und die Bibliotheken waren nicht zu verachten.
Doch es war nicht Lebens ausfüllend und ich vermisste das Aikidotraining sehr.
Mit jedem gefahrenen Kilometer wurde die Stimmung schlechter, wir versuchten uns gegenseitig zu stützen und wieder aufzubauen. Aber auf Dauer kann man sich nicht belügen.
Jeder Besuch im Nationalpark gab einem nicht mehr das, was es zu Beginn war. Mir fiel die Schönheit der endlosen Strände, des wunderschön großen Sternenhimmels oder der endlosen Weiten Australiens nicht mehr auf. Ich hatte mich satt gesehen und es war kein Platz mehr für neue großartige Impressionen und Abenteuer. Deshalb möchte ich auch keinen halbherzigen Bericht über Westaustralien schreiben. Das hat es nicht verdient. Ich betrachtete die Region nur mit verschlossenen Augen und war mit dem Herzen nicht mehr dabei. Nur soviel...

Die Westküste ist wohl das Einsamste und Dünnbesiedelste was ich von Australiens Küsten gesehen habe. Es ist Natur pur, ohne viele Menschen. Da wir praktisch nur durchgefahren sind, haben wir diese Seite von Australien nicht kennen gelernt. Wir waren nicht mehr zufrieden und glücklich mit dieser Situation. Was tut man? Sitzt man im Auto und hofft das die Tage bis zum Abflug schnell vergehen oder nimmt man sein Schicksal selbst in die Hand und ändert die Situation, wenn sie einem nicht mehr gefällt? Wir bestimmten den Verlauf unseres Lebens selber und entschieden uns etwas zu ändern. Wir wollten nach Hause!
Auf unseren Autositzen, mitten in der Einöde, haben wir uns " Zu Hause" vorgestellt. Allein der Gedanke in einem richtigen Bett zu schlafen, die Zahnbürste immer am selben Platz vorzufinden oder einfach nur zum Aikidotraining zu gehen beflügelte uns und wir malten uns "Zu Hause" in den schönsten Farben aus. Bis Mitte Oktober waren wir nach Perth zurückgefahren, immer mit der Hoffnung, dass unser kleines Autochen durchhält.
In einem STA-Büro in Perth verlegten wir ganz kurzfristig unseren Rückflugtermin auf den 25. Oktober 2007. Ursprünglich hatten wir für den Autoverkauf vier Wochen eingeplant. Daraus wurden nur zwei, doch das war kein Grund in Panik zu geraten. Denn eine der wichtigsten Lektionen, die wir auch auf dieser Reise wieder gelernt haben, ist darauf zu vertrauen, dass immer alles gut geht und sich im Leben stets ein Türchen öffnet auch wenn sich ein anderes schließt. Wir verkauften nach nur einer knappen Woche (!) unser Auto an einen weiteren Australienabenteurer. Somit waren die letzten Tage in Perth gezählt und am 25. Oktober 2007 startete unser Flieger Richtung Heimat in ein weiteres "neues" Leben.

Was hat mir diese Reise gebracht? Es gibt sicher einige die glauben, dass so viele Monate ein traumhaft langer Urlaub sind und oft bekamen wir zu hören, wie neidisch der ein oder andere doch gewesen sei und wie toll die ganzen Abenteuer sind die wir erleben. Dabei kann es jeder selber tun. Es ist nicht schwer, alles was man braucht ist eine (größere) Portion Mut, um dem Strudel des "Normaldaseins" zu entfliehen. Und sicher war diese Reise kein Urlaub. Ich bin oft an meine eigenen Grenzen gestoßen, weil ich unter den Umständen, so wie wir in Australien gelebt haben, oft mit mir selbst konfrontiert war und mehr Zeit hatte über die Dinge die mir wichtig sind nachzudenken. Die Monate waren gut für mich zu erkennen, was ich im Leben will und wie ich mir dieses Eine, zusammen mit Sven, gestalten möchte.
Mittlerweile bin ich wieder fast zwei Monate zu hause und ich habe immer noch Schwierigkeiten mich im "deutsche Trubel" zu Recht zu finden. Doch egal wo auf der Welt man sich befindet, es gibt gute und schlechte Seiten. Die "heile Welt" gibt es nicht. Es ist nur wichtig es sich so zu gestalten, wie man es sich wünscht, um zufrieden und glücklich zu sein.

Ich habe keinen einzigen Tag unsere Monate in Australien bereut, auch wenn es nicht immer einfach war. Es hat Sven und mich noch fester zusammen geschweißt und irgendwann werden wir, möglicherweise zu dritt, in unser geliebtes Australien zurückkehren.

Sven`s Gedanken nach der Reise:

Was habe ich mir von dem Jahr Auszeit in Australien versprochen? Viele Orte zu besuchen, Tiere ausgiebig in freier Wildbahn zu beobachten, andere Leute und Einstellungen kennen zu lernen? Ja unter anderem, aber im Grunde sind diese Punkte nur positive Abfallprodukte. Eine Reise in der Form ist immer auch ein weiterer Weg zur Selbstfindung. Jeder von uns beiden ist auf dieser Reise öfters an seine Grenzen gekommen und mit seinen Schwächen konfrontiert wurden.

'Ihr habt es so gut.' Oder ähnliche Kommentare haben wir öfters aus Deutschland gehört. Klar haben wir es gut, doch wer ist wirklich bereit sich aus seinem behüteten warmen Nest in Deutschland auf zumachen, mit fast nichts aus zukommen und alle Sicherheiten in den Wind zu schreiben. Nur wenige Menschen können sich vorstellen, dass so eine Reise anstrengend und zeitweise auch langweilig sein kann.
Der Mensch ist ein Träumer und sieht das was er sehen möchte und glaubt an das was er glauben möchte. Doch die Essenz unserer Reise waren nicht die schönen Bilder, sondern das was wir persönlich gelernt haben in dem Jahr. Auch ich bin ein ganz großer Träumer doch ist mir seit Jahren wichtig meine Luftschlösser in Taten umzusetzen. Daran hat sich auch durch unseren Trip nichts geändert, doch auf dieser langen Reise habe ich u.a. gelernt Prioritäten zu setzen. Es tut nicht gut für die Seele sich mit tausend Dingen zu beschäftigen.

Viele von Euch fragen sich sicher, warum wir unsere Reise vorzeitig beendetet haben. Hat es uns in Australien nicht mehr gefallen? Claudia und ich gehören nicht zu den Menschen, die Dinge vor sich herschieben. Unser Lebensmotto ist Nägeln mit Köpfen zu machen, langes zweifeln und zögern ist uns ein Grauen. Unser Akku für die Aufnahme von Eindrücken war voll und viele Ideen für unser neues Leben in Deutschland spukten in unseren Köpfen. Warum dann noch 2 Monate warten? Wir beschlossen spontan früher nach Perth zu fahren und den Rückflug zu buchen. Von der Entscheidung diesen Lebensabschnitt zu beenden und der Ankunft in Deutschland vergingen nur knapp 2 Wochen.

Hoch motiviert kamen wir in Deutschland an doch der Kulturschock erschlug uns gleich mit einer Riesenkeule. Eigentlich war es zu erwarten, aber wir waren lange aus Deutschland weg und einen anderen 'way of life' gewöhnt. Nur ein Beispiel: Autofahren ist der Horror in Deutschland. Beim Auto fahren spürt man ganz deutlich den Puls nach dem viele Menschen in Deutschland ticken. Jeder muss so schnell wie möglich von A nach B, als ob ein paar Minuten etwas ausmachen würden. Die besonders Eiligen hängen dir auf der Stoßstange und beißen ins Lenkrad, wenn sie nicht gleich an dir vorbeikommen.

Mit vielen Themen und Problemen der Menschen hier können wir nach dem Jahr im Ausland noch viel weniger anfangen als vorher. Es ist traurig zu sehen wie viele Menschen, denen wir seit unserer Rückkehr begegnet sind, unglücklich, frustriert oder unausgeglichen sind. Es ist nicht immer einfach sich vor den negativen Stimmungen zu schützen. Meiner Meinung nach liegt es nicht am Land Deutschland selber. Es gibt so viele schöne Dinge und Möglichkeiten hier. Auch in Australien ist nicht alles Sonnenschein. In Deutschland glauben viele Menschen, dass alles um einen herum verantwortlich für ihre eigenen Probleme ist. Nach so vielen Monaten im Ausland ist es noch schwieriger mit solchen Einstellungen klar zu kommen. Dabei ist es meist nicht schwer seine Probleme zu lösen. Ein kleiner Tritt in den eigenen Hintern und etwas Mut würde bei vielen Menschen kleine Wunder wirken. An manchen Tagen fühlen wir uns wie Außerirdische in der Heimat. Zum Glück gibt es aber auch Menschen die Ausnahmen sind und uns Sonne fürs Gemüt spenden.

Es ist trotz der Umstellung wieder schön in Deutschland zu sein und einen neuen Lebensabschnitt zu beginnen. Viele kleine Dinge des Alltags, wo die meisten von uns normalerweise nicht darüber nachdenken, haben für Claudia und mich nach einem Jahr Nomadenleben eine ganz andere Bedeutung. Es ist schön wieder eine Wohnung zu haben in der man einfach für sich sein kann. Man wird nicht mehr beim Frühstück von fremden Menschen angesprochen. Ein Badezimmer mit allem was man braucht für zwei Personen ganz allein, welch ein Luxus. Auch ein Kühlschrank haben wir jetzt wieder. Sobald das Pendeln zwischen Freiburg und Halle Mitte Januar aufhört freuen wir uns wieder regelmäßig ins Dojo zum Training gehen zu können. Manche werden uns sicher für solche Statements belächeln, aber so ist das nun mal wenn man als Nomade gelebt hat, man kann sich über die einfachen Dinge des Lebens freuen.

Claudia und mich hat das Jahr (24 Stunden am Tag auf engsten Raum zusammen) noch mehr zusammengeschweißt. Es war eine sehr intensive Zeit für die ich in tiefster Seele sehr dankbar bin. Allein dieser Punkt wiegt mehr auf als all das was wir für Sicherheiten dafür aufgeben mussten. Ich danke dem Schicksal und dem Leben dafür das es mir meinen 'soulmate' Claudia an die Seite gestellt hat.
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Wir wünschen allen Menschen, den Mut ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen und die Stärke sich nicht von außen von ihrem Weg abbringen zu lassen. Mögen euren Gedanken auch die Taten folgen.

Fröhliche Weihnachten und ein tatenreiches neues Jahr 2008
wünschen euch
Claudia und Sven, die beiden Flying-Wombats

Packt das Leben bei den Hörnern

Packt das Leben bei den Hörnern

© Claudia und Sven, 2006
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Die Reise
 
Worum geht's?:
In unserem Buch "Zu Besuch beim Lachenden Hans" haben wir bereits unsere Erfahrungen in Australien niedergeschrieben. Nun wollen wir, Claudia und Sven von www.flying-wombats.de, endlich einmal ein ganzes Jahr in Australien verbringen, weil uns die normale Urlaubszeit von 4 Wochen dafür einfach nicht mehr ausreicht. Alle die sich dafür interessieren können gern dabei sein...
Details:
Aufbruch: Dezember 2006
Dauer: 12 Monate
Heimkehr: Dezember 2007
Reiseziele: Australien
Der Autor
 
Claudia und Sven berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.
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