Nach Costa Rica und weiter...

Reisezeit: Februar - September 2007  |  von Stefania Wunderli

ECUADOR: Tena / Dschungel

Nach dem super Erlebnis Galapagos, kam der traurige Abschied und die Rueckreise meiner Lieben stand bevor. Fuer Richi und Mammamia ging´s zurueck in die Schweiz, mein Route fuehrte Richtung Suedosten mit Ziel Tena, oder das "Tor zum Dschungel".
Von da aus organisierte ich durch "RICANCIE" (Organisation aus 10 Indio-Gemeinschaften, die Ethnotourismus anbieten) einen 5-taegigen Aufenthalt bei Indio-Gemeinschaften mitten im Urwald.
Am Montag 9. Juli ging das Abenteuer los, ohne dass ich wusste, was genau auf mich zukommen wuerde.

1. TAG (MO):

Frueh Morgens traff ich im Buero von "RICANCIE" ein und schloss sofort Freundschaft mit einem aufgestellten schwedischen Paerchen, Barbara und Mats. Zusammen sollten wir knapp eine Woche im Jungel ueberleben. Aber wir waren schon froh, als wir die rasante Taxifahrt bis zum Río Napo ueberlebten. Die kennen nichts, die Taxifahrer in Ecuador! Sollte man also jemals in die Haendae eines verrueckten Fahrers geraten, heisst das Motto: Augen zu und durch!
Nun... Schliesslich ueberquerten wir den Río mit einem Motorkanu, montierten die unbequemen Gummistiefel und packten eine lange Wanderung auf schlammigen Wegen durch dichten Urwald an. Waehrend der Wanderung hatte ich meinen Spass daran, mit Absicht in die Knoecheltiefen Schlammbaeder zu treten. Dabei kamen schoene Kindheitserinnerungen auf. Ein super Gefuehl! Aber je laenger die Wanderung dauerte, desto mehr Schlamm blieb an meinen Stiefeln kleben und dementsprechend schwerer wurden die zwei Stoerefriede an meinen Fuessen.

Nach einem 3-stuendigen Spaziergang lichtete sich der Wald und es praesentierte sich eine kleine Ansammlung von primitiven Huetten mit Palmblaetterdaechern (unsere Unterkunft), aber keine Mensch weit und breit. Unser Uebersetzer (die Leute der Gemeinschaften sprechen nur wenig Spanisch, geschweige denn Englisch) und Fuehrer machte sich also auf die Suche nach den Yurak Yakus (= Mitglied der Indio-Gemeinschaft "Río Blanco" oder "Yurak Yaku"). Nach einiger Zeit trudelte gemuetlich einer nach dem anderen ein und alle zusammen brachten die verlassene Huettensiedlung fuer uns auf Vordermann. Sie bereiteten uns ein Mittagessen vor und scheu hiessen sie uns in ihrer Gemeinschaft willkommen.
Sie leben ab von der modernen Zivilisation und versorgen sich so weit als moeglich selbst.

Am Nachmittag demonstierte uns Roberto (ein junger Yurak Yaku) wie sie Fische fangen. Fuer sehr viele ihrer taeglichen Aktivitaeten verwendet die Gemeinschaft eine bestimmte Art von Palme (ich weiss den deutschen Namen leider nicht).

Aus den sternfoermigen Blaettern werden zum Beispiel die Hausdaecher gebaut und aus der ausseren Schicht des Palmstiels wird Faden und Schnur gemacht... Oder eben, man formt ein Fischernetz!!!

Und eine aelteres Mitglied der Gemeinschaft flocht mit einer verblueffenden Geschwindig- und Geschicklichkeit ein Koerbchen aus der aeusseren Schicht des Palmblaetterstiels.

Als unerfahrene Touristen machten wir uns spaeter laecherlich, weil wir mit grosser Muehe den Rest des Nachmittags versuchten, das Handwerk nachzuahmen. Die Sonne sank immer tiefer und als es begann einzudunkeln, gaben wir auf. Es sieht so einfach aus, ist aber unglaublich kompliziert.

Bei flackerndem Kerzenlicht (im Urwald gibt es natuerlich keine Elektrizitaet ) und dem Zirpen der Grillen liessen wir uns das Nachtessen schmecken und gingen frueh zu Bett, so wie es sich gehoert.

2. TAG (DI):

Am naechsten Tag fruehstueckten wir gemuetlich und schlugen dann den Weg zu einem huebschen Wasserfall ein, wiederum durch Schlamm und Sauce. Waehrend der Wanderung entdeckten wir, was der Urwald dem Menschenleben alles zu bieten hat. Erstaunlich! Ich behaupte, dass mit nur wenig Wissen ueber den Dschungel, das Ueberleben darin moeglich ist. Probelm Nummer 1: Nahrung! Die gibt's ueberall...

Zum Beispiel Fische aus dem Fluss, gefangen ohne Netz...

Zum Beispiel Fische aus dem Fluss, gefangen ohne Netz...

... oder Pilze...

... oder Pilze...

und wer Lust auf einen Urwaldsalat hat, der bedient sich der zarten Palmherze .

Problem Nummer 2: Hygiene! Man waescht sich natuerlich unter dem Wasserfall und geniesst eine einfache Jacuzzi-Anlage *hehe*... Davon profitierten wir selbstverstaendlich und frisch gebadet freuten wir uns auf die Kanufahrt zurueck zu unserer Unterkunft. Bevor wir aber ueberhaupt ins Kanu einsteigen konnten, musste zuerst einmal alle undichten Stellen des Holzboots gestopft werden. (Es schien ganz so, als ob das Kanu schon laengere Zeit am Ufer des Flusses ruhte und nur selten gebraucht wird). Alles startbereit stiegen wir mit groesster Vorsicht ins schwankende Kanu, immer schoen die Balance haltend, denn es drohte jederzeit zu kippen... Und los gings! Flussabwaerts. Bei jeder Stroemungswechsel schwappte das Wasser ueber die Raender und Barbara machte sich sehr, sehr nuetzlich, indem sie staendig das Wasser aus dem Boot schoepfte. Roberto, der Gondoliere (und Fischernetzmann), musste hin und wieder das Kanu einwenig anheben, da der Fluss nicht genuegend tief war. Ein Wunder, dass wir nicht seekrank wurden und unversehrt in Yurak Yaku ankamen.

Am Nachmittag begann es zu regnen... Und wie erkennt man Touristen mitten im regnerischen Dschungel?

An den haesslichen auffaelligen Regenponchos!!! Die Einheimischen benutzen naemlich Palmblaetter als Regenschirm.

An den haesslichen auffaelligen Regenponchos!!! Die Einheimischen benutzen naemlich Palmblaetter als Regenschirm.

Kokett gekleidet besuchten wir den Medizingarten der Yurak Yakus. Was stellt ihr euch unter einem Medizingarten vor? Ja genau, ein ordentlich gepflegter Acker mit getrennten Beeten und schoen angschriebenen Heilpflanzen.
Im Dschungel ist das anders, denn im Dschungel ist der Medizingarten gleich dem Urwald ! Das heisst, da ist gar nichts angeschrieben und ein "normaler Stadtmensch" wird in der Pflanzenvielfalt des Urwalds keine Heilpflanzen finden, wenn er nicht das geschulte Auge dafuer hat. Jeder Yurak Yaku weiss ueber die medizinische Eigenschaft bestimmter Pflanzen Bescheid, kann die Pflanzen im "Heilgarten" finden und richtig anwenden.

3. TAG (MI):

Am Mittwoch wechselten wir die Gemeinschaft und liefen bei Regen und mit unseren sexy Ponchos zu den "Galeras", einer weiteren Indio-Gemeinschaft. Die "Comunidad" zaehlt etwa 250 Mitglieder und eine Familien (Eltern&Kinder) ist etwa so gross wie eine ganze Fussballmanschaften. Ueberrascht ueber unsere Ankunft, hiess und die Frau des Galera-Fuehrer Francisco zu warten, bis er zurueckkehrt und unser "Haus" in Ordnung gebracht wird. In der Zwischenzeit zeigte uns unser Guide wie man traditionelle Fallen fuer Maeuse und Voegel baut.

Das ist die Maeusefalle! Fuer Demonstration bitte im Dschungel nachfragen.

Das ist die Maeusefalle! Fuer Demonstration bitte im Dschungel nachfragen.

Zum Glueck hatten wir mit den Fallen kein Erfolg, sonst waeren gabratene Voegelbrust und Maeuseragout auf dem Dinner-Menu gestanden .
Francisco kam dann am spaeten Nachmittag und stellte sich als Fuehrer und Shaman vor. Der Shaman ist ein Medizinmann, der durch ein spezielles Ritual in einen Trancezustand faellt und somit Kontakt zu den Geistern herstellen kann. Mit Hilfe seiner Shamanenkraefte und der guten Geister, kann der Shaman Leute heilen und teilweise weissagen und Traeume deuten. Um in den Ekstasezustand zu geraten, trinkt der Shaman des ecuadorianischen Dschungels "Ayahuasca", einen Trank der aus der Hayauascawurzel hergestellt wird. Am Abend sollten wir ein solches Shamanenritual miterleben und so halfen wir Francisco in den Nachmittagsstunden den "Ayahuasca" herzustellen. Das Rezept muss strikte eingehalten werden, sonst hat der trank keine Wirkung.

Die kochenden Ayahuascawurzel

Die kochenden Ayahuascawurzel

Nach dem Nachtessen, es war schon dunkel, sassen wir drei Unwissenden am Tisch, gegenueber Francisco und Carlos, der Guide. Bereit stand der Ayahuasca, die Zigaretten, Ingwerwurzel, der Aguardiente (Schnaps) und der Blaetterwedel. Wir warteten gespannt, was jetzt geschehen wuerden. Ich wusste nicht recht, ob ich mich dieser Sache mit dem Shamanenkult unterziehen wollte, aber ich war neugierig und sagte zu. So fuehrte Francisco das kompizierte Ritual durch und was dabei herauskam war, dass ich nun von allen boesen Geistern befreit sei. Mit dieser guten Nachricht schlief ich vermutlich mit einem sorglosen Laecheln ein und versuchte zu ignorieren, dass wir das Zimmer mit Riesenkakerlaken teilten.

4. TAG (DO):

Von allen guten und boesen Geistern verlassen, wachte ich am naechsten Morgen um 5 Uhr auf um, wie nach alter Indio-Tradition, Guayusa-Tee (energiereicher Tee) zu trinken und die Tagesplaene zu besprechen, die folgendermassen aussahen: Kaffeeplatagen von Francisco besuchen und Chicha zubereiten. Aber zuerst wurde ich der Herausforderung gestellt, mich im reissenden Fluss zu "duschen". Gar nicht so einfach zu meistern, denn die frischen Kleider sollten moeglichst nicht nass und schmutzig werden... Aber alles ist moeglich, auch wenns ein bisschen viel laenger dauert als normal .
Am spaeten Morgen ging's zu Franciscos Kaffeplantagen. Nathalia, seine 7-jaehrige Tochter, begleitete uns. Und waehrend wir ueber den Dorfplatz gingen folgten uns die neugierigen Galeras-Kinder. Ich wusste nicht genau, was sie im Sinne hatten und da Laecheln das einzige Kommunikationsmittel unter uns war, machte ich das Beste daraus; drehte mich immer wieder um und laechelte. Ploetzlich spuerte ich eine fluechtige Kinderhand an meinem Arm und an meinen Haaren. Ich warf nochmals einen Blick zurueck und da relisierte ich, dass die Kinder von meinen Haaren an den Armen und meinen blonden Locken fasziniert waren. Vergleicht selber: schwarze gerade Haare und keine Behaarung an den Armen .

Einige beeindruckte der Galera-Kinder

Einige beeindruckte der Galera-Kinder

In der Plantage angekommen, halfen wir Kaffeebohnen ernten,

Nathalia und ein komisch blondbehaarter Mensch !

Nathalia und ein komisch blondbehaarter Mensch !

Maniok schaelen und als Belohnung durften wir frischen Kakao probieren. Nicht die Bohnen, sondern das suess-saure weisse Fleisch um die Kakaobohnen.

Francisco mit Kaffeebohnen und Kakaofrucht

Francisco mit Kaffeebohnen und Kakaofrucht

Wie schon angekuendigt bereiteten wir am Nachmittag im Hause Francisco Chicha zu, ein Getraenk aus Maniok. Wir wurden behandelt, wie wenn wir Familienmitglieder waeren, mit einer Freundlichkeit aufgenommen, die das Herz gleich hoeher schlagen laesst. Das werd ich nie vergessen.

Das Tagwerk vollbracht wartete auf uns eine Ueberraschung und zwar ein kleines Abschiedsfest à la Galera.

Abschiedsfest mit traditioneller Kleidung und Musik

Abschiedsfest mit traditioneller Kleidung und Musik

Mit Musik, Tanz und Trank bedankten sich die Einheimischen bei uns, dass wir ihre Gaeste waren und baten uns der Welt von ihnen zu erzaehlen.
Dieser Tag bleibt mir als einer der eindruecklichsten aller meiner Reisetage in Erinnerung.

5. TAG (FR):

Der letzte Tag im Dschungel war kurz, begann mit Goldwaschen im Fluss und endete mit der Wanderung zurueck in die hochzivilisierte Welt. Und da lernt man Warmwasser, Elektrizitaet und saubere Strassen wieder zu schaetzen.

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Von Zürich über Madrid nach San José, Quito und Buenos Aires! Für 6 1/2 Monate mittel- & südamerikanische Luft schnuppern und Erfahrungen machen, die das Leben prägen...
Details:
Aufbruch: 28.02.2007
Dauer: 7 Monate
Heimkehr: 15.09.2007
Reiseziele: Costa Rica
Nicaragua
Quito
Peru
Bolivien
Argentinien
Der Autor
 
Stefania Wunderli berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
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