Südostasien 2010 - Der Weg ist das Ziel

Reisezeit: Januar - August 2010  |  von Ines und Livio

Vietnam: Ho Chi Minh City

06.02.2010

Good Morning Vietnam!

Am 29.01.10 sind wir nun nach knapp vier Wochen in Vietnam angekommen. Unser Flug mit Air Asia, der asiatischen Version von Easyjet, war sehr angenehm.

Unser erster Eindruck von Ho Chi Minh City? Roller! Alle Arten von Roller! Grosse, kleine, laute, bunte, schwarze, stotternde, röhrende, stinkende, aufgemotzte Roller... einfach Roller...

Im Ernst, es ist schier unglaublich. Unser verrückter, dauerhupender, wie auf Speed fahrender Taxifahrer nutzte jede kleine Lücke im Verkehr. Und wenn es keine gab, hupte er sich eine frei. Wenn man abbiegen muss, biegt man halt einfach langsam ab, obs nun Platz hat oder nicht. Die Masse an Rollern verhält sich dabei wie Wasser, oder Fischschwärme. Sie fliessen einfach dorthin wo der geringste Wiederstand herrscht, auch aufs Trottoire. Zuerst rechts vom Fahrzeug, wenn der PKW abbiegt wird rechts und links weiterhin vorbeigefahren, bis er dann abgebogen ist und wieder Platz herrscht. Ich hoffe man kann sich das ein wenig vorstellen. Obwohl auch wir uns im Vorfeld YouTube-Videos davon angesehen haben, trotzdem, ist es in natura einfach noch zehn Mal krasser! Zum überqueren der Strasse muss man einfach langsam laufen, einen Fussgängerstreifen hat es selten, und wird sowieso nicht beachtet. Die Rollerflut fliesst mit der Zeit einfach vorne und hinten an einem vorbei. Es darf allenfalls gestoppt, aber keinesfalls einen Schritt zurück gemacht werden. An Rotlicht-Kreuzungen fahren gewiefte Rollerfahrer auch gerne einmal auf dem Trottoire wenn die vorne wieder einmal zu langsam anfahren. Überflüssig zu erwähnen, dass es jeweils um die 20-30 solcher Gewiefter gibt...

Roller, Roller und nochmals Roller... Und ein 'Gewiefter' im Vordergrund

Roller, Roller und nochmals Roller... Und ein 'Gewiefter' im Vordergrund

Erst einmal angekommen und orientieren hiess die Devise. Also checkten wir als erstes in unserem Hostel ein und die freundliche Besitzerin half uns sogleich mit einer Karte aus. Sie zeigte uns die wichtigsten Sehenswürdigkeiten und Märkte. Glücklicherweise ist das Zentrum der Stadt viel kleiner und kompakter als in Bangkok, so dass das meiste zu Fuss mit kürzeren oder ausgedehnteren Spaziergängen zu erreichen ist.

Als erstes streiften wir ein wenig durch die Stadt und genehmigten uns ein feines Nachtessen in einem der vielen Barbecue-Restaurants. Man servierte uns rohes Fleisch und Gemüse das auf einer asiatischen Version eines Tischgrills zubereitet wurde. Wir hatten unseren eigenen 'Grilleur', der uns stetig mit Nachschub versorgte. Sehr praktisch und köstlich! Danach setzten wir uns in eine typische vietnamesische Strassenbar. Das heisst man nimmt an kleinen, niedrigen Minitischchen mit kleinen, niedrigen Ministühlchen Platz und bestellt was sie gerade so vorrätig haben. Die Stühlchen waren übrigens sehr seltene Zauberstühlchen, die - sobald man sich erhob - auf wundersame Weise am Hintern kleben blieben. Zumindest bei mir (Livio)...

Unser Grillmeister

Unser Grillmeister

Am nächsten Tag schlenderten wir der Strasse 'Dong Khoi' entlang, welche direkt aus der französischen Kolonialzeit erhalten geblieben zu sein scheint. Überall französische Restaurants, Hotels, Bäckereien und Boutiquen. Generell spürt man in der Stadt den französischen Einfluss gelegentlich. So gibt es frische Baguettes oder Kaffee zu kaufen, gelegentlich auch Pastete, und nach wie vor ist einiges noch auf Französisch angeschrieben. Wir besuchten Notre Dame, einer Kirche welche ebenfalls von den alten Kolonialherren erbaut wurde und heute noch den -nicht wenigen- christlichen Gläubigen dient. An den mit Dankesplaketten übersäten Wänden der Maria-Kapelle sieht man, dass wohl schon zahlreiche Gebete erhört worden sind. Der Rest der Kirche ist einer typischen europäischen Kirche nachempfunden. Das grosse Hauptschiff, mit seinen Nebenschiffen und Kapellen, wird frontal von zwei 40m hohen Glockentürmen eingefasst. Obwohl sie nicht sonderlich pompös ausgestattet ist, wirkt sie dennoch imposant und eindrucksvoll. Natürlich ist sie keinesfalls mit ihrer Mutterkirche in Paris vergleichbar, aber als das Glockengeläut begann, machte sich doch ein vertrautes Gefühl in uns breit und wir fühlten uns ein klein wenig nach Hause versetzt, oder eben nach Paris...
Weiter ging der Spaziergang und führte uns vorbei am geschichtsträchtigen Wiedervereinigungspalast. Als am 30. April 1975 ein nordvietnamesischer Panzer durch das Gittertor brach, erklärte Saigon -und mit ihnen die USA- kurz darauf ihre Kapitulation und den jahrzehntelangen Krieg für beendet. Der Feind aus Übersee war also besiegt. Es begann nun jedoch die Jagd nach dem 'inneren Feind' die das Land ein weiteres Mal zerriss und die Entwicklung stagnieren liess.

Beispiele der Kolonialarchitektur - Das Stadttheater

Beispiele der Kolonialarchitektur - Das Stadttheater

Beispiele der Kolonialarchitektur - Das Hauptpostamt

Beispiele der Kolonialarchitektur - Das Hauptpostamt

Beispiele der Kolonialarchitektur - Notre Dame

Beispiele der Kolonialarchitektur - Notre Dame

Am nächsten Tag besuchten wir das Kriegsrelikte Museum. Im Eingangsbereich gibt es (abgeschossene?) amerikanische Flugzeuge, Helikopter, Panzer und andere Fahrzeuge zu sehen. Im Innern schildern vor allem Fotos den Verlauf des Krieges. Hier in Vietnam wird übrigens vom 'Amerikanischen Krieg' gesprochen... das sind die verschiedenen Sichtweisen. Die Ausstellungsstücke gingen zum Teil sehr unter die Haut, aber leider wird sehr einseitig berichtet! Trotzdem war es interessant zu sehen, wie der Krieg hierzulande erlebt wurde. Besonders krass waren Bilder von Gegenden vor und nach dem Einsatz von 'Agent Orange'. Blühende, saftige Landschaften verwandelten sich nach dem Einsatz dieses Umweltgiftes in karges Ödland. Die Amerikaner setzten es als Entlaubungsmittel ein, um den Guerillakämpfern die Deckung zu nehmen. Die Folgen -auch heute noch- sind jedoch fatal! Die Halbwertszeit des Toxins beträgt zehn Jahre, es sind also noch beträchtliche Mengen in Böden und Grundwasser enthalten. Noch heute ist die Quote von Fehlgeburten und Missbildungen sehr hoch. Die vielen Bettler in der Stadt sind wohl nur ein kleiner Teil dieser Opfer...

Am letzten Tag besuchten wir die 'Pagode des Jadekaisers' (Chua Ngoc Hoang), einer der wichtigsten Heiligtümer der Stadt. Der Tempel ist voller Einflüsse aus der Taoistischen und Buddhistischen Welt. Viele Gottheiten und Geister werden hier verehrt. Der Tempel ist relativ düster und die Luft rauchgeschwängert von den vielen Kerzen und Räucherstäbchen. Chua Ngoc Hoang strahlte eine seltsame dunkle und mystische Atmosphäre aus, verglichen mit den hellen und 'freundlichen' buddhistischen Tempeln.

Gläubige vor dem grimmig dreinblickenden Jadekaiser

Gläubige vor dem grimmig dreinblickenden Jadekaiser

Wir haben die Stadt sehr unterschiedlich erlebt. Ines gefiel das geschäftige Treiben, dieses Überall-ist-was-los-Gefühl und dass sie übersichtlicher und kompakter als Bangkok war. Mir persönlich überwogen die negativen Seiten der Stadt, wie zum Beispiel dieses Chaos und der Dreck überall. Vor allem damit müssen wir wohl lernen umzugehen. Die Vietnamesen sind diesbezüglich noch viel schlimmer als die Thailänder. "Abfall in der Hand? - Kein Problem, ab auf die Strasse damit..." Ausserdem fehlen uns mittlerweile die allgegenwärtigen Tempel Thailands. Wo sind denn all die goldigen Chedi-Spitzen? Keine Pauken und Gongs die man aus den Tempeln hört, oder der hypnotische Gebetsgesang der buddhistischen Mönche.

Typische Strassenszene - Männer beim Karten- oder Schachspiel

Typische Strassenszene - Männer beim Karten- oder Schachspiel

Auch Abends ist immer etwas los

Auch Abends ist immer etwas los

Shopping beim Night Market - A la Saigon...

Shopping beim Night Market - A la Saigon...

Nach vier Tagen in dieser chaotischen Stadt waren wir beide froh zwei Tage ins Mekong-Delta und anschliessend an den Strand fahren zu können. Für das Delta buchten wir eine geführte Tour bei 'Delta Adventures'.

Mehr dazu in den nächsten Kapiteln.

In der Zwischenzeit senden wir euch allerliebste Grüsse aus Vietnam.

Ines & Livio

© Ines und Livio, 2010
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Es ist ein lange gehegter Traum von uns einmal den südostasiatischen Raum bereisen zu können. Doch man kann soviel lesen wie man will. Man weiss trotzdem nicht was einen da erwartet. So gesehen reisen wir ohne grosse Routenvorbereitung nach Thailand als ersten Zwischenhalt. Alles was dazwischen geschieht ist völlig offen, daher der Titel. Wir versuchen möglichst regelmässig hier zu schreiben, doch wir wissen nicht wie es mit Internetzugang klappen wird. Liebe Grüsse
Details:
Aufbruch: 03.01.2010
Dauer: 7 Monate
Heimkehr: August 2010
Reiseziele: Thailand
Vietnam
Laos
Kambodscha
Der Autor
 
Ines und Livio berichtet seit 15 Jahren auf umdiewelt.