Südostasien 2010 - Der Weg ist das Ziel

Reisezeit: Januar - August 2010  |  von Ines und Livio

Kambodscha: Phnom Penh

28.05.2010

Nach wunderbar entspannenden Tagen am Strand waren wir bereit für die Hauptstadt. Wir buchten ein Busticket mit einer anderen Transportfirma welche uns empfohlen wurde. Wir wurden nicht enttäuscht. Während der Fahrt lief sogar ein Film (Fast & Furious - Tokio Drift) in englischer Sprache! Bei der Ankunft ging es auch ein wenig ruhiger zu und her. Der Bus fuhr aufs firmeneigene Gelände, wo in aller Ruhe das Gepäck ausgeladen wurde. Danach konnte man sich einen der lizenzierten TukTuk-Fahrer, die auf dem Gelände warten durften, aussuchen. Alles viel entspannter und besser als sechs Tage zuvor. Da wir allerdings unser Hostel diesmal vorgebucht hatten, erwartete uns ein Fahrer > einer der Gründe für unsere Vorreservation

Leider hatten wir beim Hostel weniger Glück. Wir wurden zuerst in ein Zimmer gebucht welches fürchterlich nach Rauch (und Urin?) stank. Nach einer Reklamation wurde uns ein besseres Zimmer versprochen, welches aber zuerst noch gereinigt werden musste. Na gut, lassen wir uns überraschen. Wir zogen zu einer ersten Erkundung der Stadt los, streiften ein wenig umher und planten unsere weiteren Tage in Phnom Penh. Wir wollten unbedingt den Königspalast (als Beispiel der guten Tage) und die Killing Fields und das Foltermuseum Tuol Sleng (als Beispiel der schlechten Tage während der Herrschaft der Roten Khmer) sehen.
Als wir wieder ins Hostel zurückkehrten traf uns fast der Schlag. Mit unserem Zimmer gelangten wir wie man so schön sagt, vom Regen in die Traufe. Es stank zwar nicht mehr, aber es glich sehr einer Gefängniszelle. Die Raumhöhe betrug gerade einmal 1.75 Meter und die Tür war eine schwere Eisentüre und mit einem grossen Vorhängeschloss gesichert, ein Wunder, dass es keine Gitterstäbe waren. Was soll das denn?!? Wir packten unser Gepäck und wollten auschecken, auch wenn wir im schlimmsten Fall für die eine bereits gebuchte Nacht zahlen sollten. Plötzlich war der Eigentümer persönlich da und entschuldigte sich vielmals für die schlechten Zimmer. Das seien nicht ihre Standartzimmer, (Was denn sonst? Zimmer für die Kakerlaken?) wir bekommen natürlich die normalen Zimmer. Und tatsächlich, das dritte Zimmer war bereits viel angenehmer > ein ganz normales Zimmer mit Bad, TV und Aircon, so wie es sich gehört und sogar mit Internetanschluss. Wir haben uns schon gedacht wie sonst all die guten Bewertungen des Hostels ins Internet kamen. Aber der Anfang war wirklich schrecklich. Wir blieben für unseren ganzen Aufenthalt, weil im dritten Zimmer das Preis/Leistungs-Verhältnis sehr gut war. Andere Zimmer in der Stadt waren hoffnungslos überteuert oder derart klein, dass die Kakerlaken-Zimmer in unserem Hostel doch besser waren...

Am nächsten Tag besuchten wir den Königspalast. Es war alles sehr schön gestaltet und auch eindrücklich. Aber natürlich lag er weit hinter dem Glanz des Bangkoker Königspalastes. Aber das war uns bereits im Vornherein klar. Man spürte doch die Pracht des Königshauses und die Macht, welches es früher gehabt haben mochte. Trotzdem wirkt es, wie vieles andere in der Stadt, sehr befremdlich. Denn in all der Armut sieht so ein Palast doch sehr komisch aus. Auch an der Flusspromenade reihen sich ein Lexus mit dicken Felgen an den anderen, während draussen Minenopfer betteln. Die Kluft zwischen arm und reich scheint hier extrem zu sein!

Das Palastgebäude - Da er zum Teil immer noch benutzt wird, kann nur ein kleiner Teil besichtigt werden. Rund um den Palast sind unzählige Tempel und andere Gebäude gruppiert

Das Palastgebäude - Da er zum Teil immer noch benutzt wird, kann nur ein kleiner Teil besichtigt werden. Rund um den Palast sind unzählige Tempel und andere Gebäude gruppiert

Nach dem anstrengenden Besuch des Palastes (anstrengend, weil extrem heiss), gönnten wir uns einen Drink. Wir suchten den geschichtsträchtigen Foreign Correspondents Club of Cambodia (FCCC), welcher während den kriegerischen Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit dem Vietnamkrieg den Kriegsreportern als Büro, Rückzugsort und Zuhause diente. Heute ist es ein schönes Restaurant mit angegliederter Bar in dem jeder willkommen ist. An den Wänden zeugen Bilder und Fotos der damals hier arbeitenden Fotografen von jener Zeit. Viele Kriegsfotos, aber auch Fotos vom alten Phnom Penh sind zu sehen. Sehr beeindruckend! Für uns war der Besuch noch eindrücklicher, da wir am Vortag den Film 'Killing Fields' im Hostel gesehen hatten. Den zeigen sie jeden Abend um den Besuchern ein Stück der tragischen Vergangenheit näher zu bringen. In dem Film wird die Geschichte von zwei ausländischen und einem kambodschanischen Reporter erzählt. Sie waren in eben diesem FCCC stationiert um über die Auswirkungen des Vietnamkrieges und später über den Einfluss der Roten Khmer zu berichten. Als sich die Lage mit der Machtübernahme Pol Pots dramatisch zuspitzte, mussten sich die drei mit anderen Journalisten im Club verschanzen und später in die Botschaft flüchten. Ihr kambodschanischer Freund musste sich als Europäer durchschmuggeln bis er irgendwann aufflog und flüchten musste. Einige der Bilder die an den Wänden hängen stammen von einem der betroffenen Fotografen.

Nachtessen im FCCC

Nachtessen im FCCC

Am nächsten Tag wollten wir uns mit eben diesem Terrorregime beschäftigen. Wir besuchten Tuol Sleng, ein ehemaliges Gymnasium welches während der Regentschaft Pol Pots zu einem Foltergefängnis umfunktioniert wurde. Hier wurden Feinde, Kritiker, Intelektuelle und sogar solche die lediglich verdächtigt wurden lesen zu können, inhaftiert. Es war wirklich sehr erschütternd was man dort zu sehen bekommt. Man kann sich nicht mal im Ansatz vorstellen, was die kambodschanische Bevölkerung während dieser Zeit (1976-79) durchmachen musste! Die Roten Khmer töteten während dieser Zeit über 2 Millionen ihrer eigenen Landsleute, ein Genozid am eigenen Volke!
Unvorstellbar wie traumatisch diese Ereignisse sein mussten. Man spürt, dass die Kambodschaner diese Zeit nun hinter sich lassen und nach vorne schauen wollen. Der Weg ist hart und steinig, denn die gesamte Elite des Landes -Ärzte, Lehrer, Journalisten, Schriftsteller, usw.- wurde einfach ausgelöscht. Erschwerend kommt hinzu, dass noch viele Funktionäre und Helfer des alten Regimes nach wie vor frei herum laufen und sogar in der Politik tätig sind. Das UNO-Kriegsgericht konnte bis jetzt nur gerade zwei ranghohe Minister von damals verurteilen. Diesbezüglich lief und läuft noch sehr viel falsch, im Land selber, jedoch auch bei der internationalen Staatengemeinschaft und der UNO.

Tuol Sleng - Codename S-21

Tuol Sleng - Codename S-21

Um die Gefangenen am Selbstmord zu hindern, sind die Laubengänge mit Stacheldraht 'gesichert'

Um die Gefangenen am Selbstmord zu hindern, sind die Laubengänge mit Stacheldraht 'gesichert'

Unzählige Zellen (2x1 Meter) befinden sich im Innern

Unzählige Zellen (2x1 Meter) befinden sich im Innern

In der angegliederten Galerie sind Bilder eines überlebenden Ex-Insassen ausgestellt

In der angegliederten Galerie sind Bilder eines überlebenden Ex-Insassen ausgestellt

Um den Tag noch zu vervollständigen besuchten wir die Killing Fields von Choeung'Ek. Hierher wurden die Gefangenen gebracht, um sie auf brutalste Weise hinzurichten. Die Art und Weise werde ich hier nicht näher erläutern. Choeung'Ek ist nur eines solcher Hinrichtungsstätten, von über 400 die im ganzen Land vertreut sind.

In den Gruben links und rechts des Weges wurden die Leichen 'entsorgt'

In den Gruben links und rechts des Weges wurden die Leichen 'entsorgt'

Die Gedächtnis-Stupa am Eingang - Hinter der gläsernen Front sind die Schädel von 5000 Opfern zu sehen. Die Opfer sollen nie vergessen werden

Die Gedächtnis-Stupa am Eingang - Hinter der gläsernen Front sind die Schädel von 5000 Opfern zu sehen. Die Opfer sollen nie vergessen werden

Nach diesem Tag waren wir echt geschafft. Trotzdem waren wir froh diese Stätten besucht zu haben. Es hilft die Vergangenheit, Gegenwart und die Pläne für die Zukunft sowie die Denkweise der Kambodschaner ein wenig zu verstehen. Die Khmer (die offizielle und historische Bezeichnung der Kambodschaner, hat nichts mit den Roten Khmer zu tun) sind ein zähes Volk. Sie waren fähig das ganze südostasiatische Gebiet zu beherrschen, erbauten die sagenhaften Tempel von Angkor, wurden teilweise zurückgedrängt und standen in neuer Grösse immer wieder auf. So wie sie auch dieses Mal wieder aufstehen werden. Den Willen dazu haben sie auf jeden Fall!

Zum Schluss noch einige Eindrücke aus Phnom Penh's Strassen

Kokosnuss-Verkäufer

Kokosnuss-Verkäufer

Dieses Bild könnte auch in Vietnam geschossen worden sein - Es hat noch Platz

Dieses Bild könnte auch in Vietnam geschossen worden sein - Es hat noch Platz

Praktisch - So hat man jederzeit sein gesamtes Restaurant dabei

Praktisch - So hat man jederzeit sein gesamtes Restaurant dabei

Ohne Worte

Ohne Worte

Streetlife am Quai

Streetlife am Quai

Liebe Grüsse

Ines & Livio

© Ines und Livio, 2010
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Es ist ein lange gehegter Traum von uns einmal den südostasiatischen Raum bereisen zu können. Doch man kann soviel lesen wie man will. Man weiss trotzdem nicht was einen da erwartet. So gesehen reisen wir ohne grosse Routenvorbereitung nach Thailand als ersten Zwischenhalt. Alles was dazwischen geschieht ist völlig offen, daher der Titel. Wir versuchen möglichst regelmässig hier zu schreiben, doch wir wissen nicht wie es mit Internetzugang klappen wird. Liebe Grüsse
Details:
Aufbruch: 03.01.2010
Dauer: 7 Monate
Heimkehr: August 2010
Reiseziele: Thailand
Vietnam
Laos
Kambodscha
Der Autor
 
Ines und Livio berichtet seit 15 Jahren auf umdiewelt.