Südostasien 2010 - Der Weg ist das Ziel
Kambodscha: Siem Reap & Die Tempel von Angkor
03.06.10
Nach einigen Tagen in Phnom Penh, welche für uns relativ deprimierend waren, wollten wir uns endlich die prächtigen Tempel von Angkor anschauen! Dafür mussten wir erstmals die 320 km nach Siem Reap zurücklegen. Wir wählten dafür wieder eine neue Busgesellschaft, um auch diese auszuprobieren. Es wurde diesmal zwar kein Film gezeigt, dafür gab's gratis Törtchen und Wasser
In Siem Reap wählten wir ein schönes Hotel ein wenig ausserhalb der Stadt. Tagsüber war es ein knapp 15-minütiger Spaziergang in die Stadt, nachts eine kurze TukTuk Fahrt zurück. Der freundliche TukTuk-Fahrer der uns vom Busport zum Hotel brachte, fragte beim abladen prompt nach einer Tempelbesichtigungstour. Eigentlich wollten wir nichts überstürzen und uns vorher einen Überblick über die Angebote und Möglichkeiten machen. Wir besprachen das kurz zusammen. Denn mit einer ganzen Busladung voller Touristen wollten wir nicht nach Angkor, für eine Erkundung per Fahrrad war's einfach zu heiss und weitläufig und per Roller durfte man nicht alleine rein. Da uns Wong, so sein Name, sehr sympathisch war, sagten wir nach kurzem Feilschen zu. Wir hatten bereits eine grobe Vorstellung vom Ablauf und der Reihenfolge der Tempelbesuche, besprachen es aber trotzdem noch mit Wong, der seinerseits noch einige Tipps einfliessen liess. Wir verabredeten uns für den nächsten Tag um 8 Uhr, denn den obligatorischen Sonnenaufgang vor Angkor Wat wollten wir als Highlight erst am letzten Tag sehen.
Nachdem dies organisiert war, machten wir einen Spaziergang in die Stadt. Siem Reap ist so ganz anders als Phnom Penh. Nicht sehr kambodschanisch zwar, aber dafür hat sie ein sehr sympathisches Kolonialflair mit zahlreichen Restaurants, Bars und Läden zum shoppen. Man merkt zwar an jeder Ecke, dass diese Stadt eigentlich nur durch und für die vielen Touristen lebt, denn als Ausgangspunkt für die Tempel von Angkor eignet sie sich perfekt und ist dementsprechend überlaufen. Aber wisst ihr was? Uns gefiel das! Die Atmosphäre in der Stadt ist sehr entspannt, freundlich und multikulturell. Sehr angenehm. Unser Abendessen bestand aus einem kambodschanischen Barbeque in einem schönen Restaurant direkt an einer Flaniermeile. Das Barbeque ist eine Mischung aus Fondue Chinoise und Tischgrill, eigentlich eine Art Tartarenhut. Mhhh
Beim Fisch-Spa - Diese verflixten Fische knabbern einem zwischen den Zehen rum, Hung 'Cobra' Vui steht ihr bei. Der Schlangenfänger hat bei einem Missgeschick mit einer Kobra seinen rechten Arm verloren.
Nachtleben in Siem Reap
Am nächsten Tag wollten wir mit der Besichtigung der Tempel beginnen. Zwischen dem 9. und 13. Jahrhundert entstand eine mächtige Kultur der gottgleichen Khmer Könige. In der Ebene zwischen den Phnom Kulen Bergen und dem Tonle Sap See entstand ihr Zentrum. Riesige Städte und unzählige religiöse Bauwerke wurden in dieser Zeit gebaut. Überdauert haben leider nur die Tempel, denn in ihnen wohnten die Götter und nur ihnen war es vorbehalten in Steinbauten zu leben. Die Khmer beherrschten fast die gesamte Südostasiatische Halbinsel, nebst dem heutigen Kambodscha und das Gebiet um Laos, ganz Thailand und fast ganz Vietnam. Um ein solch mächtiges Reich am Laufen zu halten und all die Bauvorhaben in Angkor zu verwirklichen, brauchte es ein Heer von Arbeitern und Soldaten, die natürlich mit Nahrung versorgt werden mussten. Als Schlüsselpunkt für ihre Macht wird genau dieser Faktor vermutet. Denn drei Flüsse, die ganzjährig Wasser führen, durchziehen diese Ebene von Angkor. Mit einem ausgeklügelten Bewässerungssystem konnten extrem reiche Ernten eingefahren werden. Es basierte auf riesigen Wasserreservoirs (sogenannte Barays) von denen das Wasser mit Hilfe von komplizierten Kanal- und Dammwegen auf die Felder gelangte. Der westliche Baray ist der grösste der drei künstlichen Seen und hat eine Abmessung von 8 x 2.2 Kilometern! Durch diese Reiskultur erreichte das Khmer Reich eine hohe Bevölkerungsdichte. Zu jener Zeit lebten 700'000 - 1 Mio. Menschen in der Ebene von Angkor, weitaus mehr als dazumal in jeder europäischen Metropole! Da dieser Grundstein gelegt war, konzentrierten sie sich nun auf den Bau von Städten und monumentaler Tempel. Jeder Gottkönig war verpflichtet einen Tempel zu errichten, in welchem er nach seinem Tod leben konnte. Da in den Stadtvierteln der Vorgänger oft der Platz fehlte, wurden kurzerhand neue aus dem Boden gestampft. So ging es weiter bis irgendwann die gesamte Ebene zugebaut war. Es wurden ältere Stadtteile abgerissen und neue gebaut, so war Angkor keine Stadt mit klar definierten Grenzen, sondern wuchs immer weiter und wurde immer grösser. Die Tempel waren zuerst hinduistische Heiligtümer, bis gegen Ende der Blütezeit der Hinduismus immer mehr vom Buddhismus verdrängt wurde. Der Schönheit der Bauten tat dies keinen Abbruch.
Das Khmer Imperium - Hellgelb ist das heutige Kambodscha dargestellt
So genug der trockenen Theorie. Man merkt vieleicht, dass wir von Angkor schwer beeindruckt waren... Also zurück zum ersten Tag.
Wong holte uns pünktlich vor dem Hotel ab und los ging's. Einige Kilometer vor den Tempeln bogen wir rechts ab um die Tickets zu kaufen. Eine riesige, zentrale Kassenanlage an deren Ausgang man Flyer für das samstägliche Beatocello Konzert in die Hände gedrückt bekam. Sehr gut, denn das war unser zweites 'must see' für Siem Reap. Dazu später mehr.
Man fährt also weiter die schnurgerade Strasse durch den Wald, bis irgendwann einmal eine T-Kreuzung vor einem riesigen Wassergraben kommt. Man biegt links ab und fährt wieder minutenlang dem Wasser entlang, erst mit der Zeit wird einem bewusst, dass dies die äusseren Wassergräben von Angkor Wat, dem berühmten Aushängeschild von Angkor, sind. Den Tempel selber sieht man von aussen nicht, denn nach dem 200 Meter breiten Wassergraben (ein Rechteck von 1500 x 1300 m) kommt erst die äussere Umfassungsmauer die einem den Blick auf den Tempel verwehrt. Hier gleich beim Eingang wird man sofort von den unglaublichen Ausmassen dieses Tempels konfrontiert. Wie abgemacht, fährt Wong einfach daran vorbei, denn Angkor Wat gilt als einer der Schönsten und Vollendesten Tempel, und gehört damit ans Ende unserer Besichtigung. Er fährt weiter direkt durch Angkor Thom, der riesigen alten Tempelstadt, bis zum Preah Khan. Wong erzählt uns, dass er Japanisch studiere und ob es uns Recht sei, dass er kurz für eine Stunde zur Schule gehen würde. Wir seien hier ja bestimmt eineinhalb Stunden beschäftigt. Wir waren sprachlos, nicht dass er ging, das war uns egal. Aber dass der gute Mann neben seinem Job auch noch studiert, und das sogar nur stundenweise... Wie wir später erfuhren, arbeitet Wong zusätzlich durch die Nacht in einem Hotel als Nachtportier, tagsüber besucht er die Schule um Englisch und Japanisch zu lernen und tuckert nebenbei noch Touristen durch die Gegend herum. Je nach Arbeitsangebot - und aufwand mal das Eine mehr und das Andere weniger. Er koppelte also seinen TukTuk-Anhänger ab und brauste mit Vollgas davon.
Preah Khan umgibt ein 40 m breiter Wassergraben (1000 x 750 m) auf dem ein breiter Damm ins Innere führt. Der Flachtempel besteht aus einer unübersichtlichen Fülle von Türmen, Sälen, Bibliotheken, Pavillions, Höfen und Mönchszellen. Es war ein imposanter Auftakt. Diese Symmetrie, die Symbolik und die feinen Verzierungen der Steine verblüfften uns. Vor allem die Reliefs waren unglaublich, man findet fast keine kahlen Stellen. Als wir schliesslich aus dem Tempel kamen, war Wong wieder zur Stelle. Anschliessend besuchten Preah Neak Pean, eine Art riesiger Pool für rituelle Waschungen. Analog zur hinduistisch-buddhistischen Kosmologie, erhebt sich in der Mitte des 60 x 60 Meter messenden Wasserbeckens ein Heiligtum, das den Götterberg Meru darstellt. Rundherum wird das Urmeer dargestellt. Auf jeder Seite befinden sich weitere kleinere Bassins (für die Waschungen), die von steinernen Wasserspeiern aus der Mitte gespiesen werden.
Preah Khan - Eine der Bibliotheken
Preah Khan - Sturzdekor
Preah Khan - Wohin geht's?
Preah Neak Pean - Einer der Wasserspeier
Ta Som - Würgefeige über einem Gopuram (Torturm)
Nach zwei weiteren Tempeln besuchten wir Pre Rup. Ein majestätisch wirkender Terrassentempel, der König Rajendravarman als Mausoleum diente. Für uns war es der erste wirklich hohe Terrassentempel den wir besuchten. Die dreistufige Pyramide (etwa 50 Meter hoch) gipfelt in fünf riesigen Prasat (Tempeltürme) in sogenannter Quincunx-Stellung. Das bedeutet, dass sie wie die '5' auf einem Würfel angeordnet sind, dies entspricht wiederum den fünf Gipfeln des Götterberges Meru. Pre Rup diente später auch als Vorbild von Ta Keo und fand schliesslich die Perfektion in Angkor Wat. Das erklimmen des Tempels war schweisstreibende Arbeit, die Stufen waren etwa 30 Zentimeter hoch und lediglich 12-15 Zentimeter breit. Wong erklärte uns lachend, dass die nächsten Tempel noch schlimmer werden. Wir werden noch genügend Möglichkeiten haben um dies zu üben... Aber zuerst stand das Mittagessen an. Und so brachte uns Wong zu seiner Mutter, welche einen kleinen Essensstand gleich gegenüber hatte. Wir hatten es so gut mit ihm, dass wir einwilligten. Er spendierte uns sogar die Getränke.
Pre Rup - Treppensteigen...
Pre Rup - Von oben
Mittagessen bei Wong's Mutter - Hinter der Wellblechwand wird gerade für uns gekocht
Wong hatte eine harte Nacht
Nach einem weiteren Tempel erreichten wir schliesslich Ta Keo. Wie oben bereits erwähnt, ist er architektonisch an Pre Rup angelehnt. Die Anordnung der Elemente ist ähnlich, nur ist alles bereits grösser, feiner, höher und steiler (inkl. Treppen: 40 auf 10 cm ^^). Als Abschluss des Tages erklommen wir Phnom Bakheng. Auf diesem zentral gelegenen Hügel wurde der erste 'richtige' Tempel in Angkor errichtet. Der Tag neigte sich dem Ende zu und wir wollten auf dem Hügel den Sonnenuntergang bestaunen. Natürlich versammelte sich hier oben die ganze Touristenschaar um gleichermassen diesem Ereignis beizuwohnen. Leider zogen Wolken auf und die Sonne ging ohne uns unter. Lustig war der Abstieg vom Tempel. Die Menge marschierte auf die steilen Treppen zu und wie ein riesiger Tatzelwurm mühten sich alle nacheinander mit den steilen Stufen ab. Einmal unten angekommen, drehten sich alle um und fotografierten die Nachfolgenden.
Ta Keo - Die Treppen werden steiler
Ta Keo - Fensterkordeln
Ta Keo - Und noch steiler...
Ta Keo - Passt genau
Ta Keo - Wir geniessen unseren wohlverdienten Ausbllick
Phnom Bakheng - Alle warten auf den Sonnenuntergang, im Hintergrund der Angkor-Highflyer
Nach diesem anstrengenden, aber sehr interessanten und wunderschönen Tag brauchten wir erst mal eine Pause. Wir verabredeten uns mit Wong für den übernächsten Tag. Wir brauchten wegen der Hitze erst mal einen Tag am Hotelpool, ausserdem wollten wir die weitere Reise planen.
Am Samstagmorgen um 5.00 Uhr (gähn) holte uns Wong ab. Heute wollten wir den Sonnenaufgang vor Angkor Wat erleben. Es war ein magisches Erlebnis. Noch in fast völliger Dunkelheit marschierten wir über den Wassergraben und durchschritten das riesige Tor der äusseren Umfassungsmauer. In der Dämmerung bot sich uns ein imposanter Anblick. Nach einer 350 m langen, erhöhten Prozessionsstrasse thront am Ende der riesige Tempel mit seinen majestätischen Türmen, in perfekter Symmetrie. Einfach unbeschreiblich!
Angkor Wat - Morgenstimmung
Angkor Wat war ursprünglich nicht ausschliesslich als riesiges Heiligtum geplant, es sollte vielmehr auch als Verwaltungszentrum von König Suryavarman II dienen. Die ganzen riesigen Rasenflächen links und rechts von der Prozessionsstrasse waren mit Palästen und Häusern für hohe Würdenträger, Hofbeamte, Priester, Tempeldiener und Tempeltänzerinnen (die hoch verehrten Apsaras) bedeckt - insgesamt wohl an die 20'000 Menschen! Die ganze Anlage war eine Stadt in der Stadt. Daher kommt auch der Name 'Angkor Wat', welcher aus den zwei Wörtern 'nokor' (königliche Stadt) und 'wat' (buddhistisches Kloster) besteht. Er gilt als das grösste religiöse Heiligtum der Welt! Ursprünglich war der Tempel dem hinduistischen Gott VIshnu geweiht, aber nach der Thronbesteigung von Jayavarman VII -der den Buddhismus als Staatsreligion einführte- wurde er in ein buddhistisches Kloster umgewandelt.
Wir standen also da vor dieser eindrücklichen Kulisse und warteten mit vielen anderen Menschen auf den Sonnenaufgang. Leider war auch an diesem Morgen der Himmel ziemlich wolkenverhangen. Es wurde einfach immer heller, ohne richtigen Sonnenaufgang. Da die meisten anderen Leute eisern darauf warteten, änderten wir kurzerhand unser Programm. Eigentlich wollten wir uns den Tempel am Schluss ansehen, aber wir packten unsere Chance ihn fast für uns alleine zu haben. Über eine der sechs grossen Freitreppen gelangten wir wieder auf die Prozessionsstrasse. Links und rechts erheben sich zwei mächtige Gebäude, 40 m lange Bibliotheken mit jeweils vorgelagerten grossen Bassins. Über die Ehrenterrasse gelangt man als erstes zur äusseren Galerie, die nach aussen hin offen ist und den gesamten Tempel umfasst. Die Innenwände der Galerie sind über und über mit kunstvoll gemeisselten Flachreliefs verziert. Wie Gemälde, welche von Schlachten und Heldenepen erzählen, ziehen sie sich über 800 m um den Tempel. In unserem Buch über die Tempel waren alle einzelnen Bilder detailliert beschrieben, so konnten wir all die Geschichten nachvollziehen.
Weiter ging es ins Innere. Der Tempel ist wie bereits Pre Rup und Ta Keo dreistufig gegliedert. Zu jeder Pyramidenstufe führen extrem steile Treppen. Jede Stufe ist ihrerseits wieder mit einer Galerie umfasst, im Innern befinden sich weitere Gebäude und hohe Prangs. Zur obersten Terrasse führen derart steile Treppen, dass man auf der einen Seite eine provisorische 'Touristentreppe' über die Originale gebaut hat, die anderen sind gesperrt. Das zentrale Heiligtum ganz oben war früher nur dem König und dem Hohepriester vorbehalten. Denn hier wurden die Rituale vollzogen, indem der Herrscher mit der Gottheit eins wurde. Fünf finale, wunderschöne Prangs in Quincunx-Stellung krönen den Bau. Der mittlere, höchste Turm dient Suryavarman II als Grabmal.
Wir verbrachten geschlagene viereinhalb Stunden in Angkor Wat, in der keine einzige Minute langweilig war! Einfach unfassbar!
Angkor Wat
Angkor Wat - Eines der Reinigungs-Bassin's auf der ersten Stufe
Angkor Wat - Treppenläufe zur zweiten Stufe
Angkor Wat - Relief
Angkor Wat - Der zentrale Prang
Angkor Wat - Die Schlachtengalerie
Als wir zum TukTuk zurückkehrten, schlief Wong tief und fest, er hatte wohl eine strenge Nacht...
Unter Jayavarman VII (1181 - 1220), ein Nachfolger von Suryavarman II (Erbauer von Angkor Wat), erlebte Angkor in politischer und kultureller Hinsicht eine letzte grosse Blütezeit, das Khmer Imperium erreichte seine grösste Ausdehnung. Während seiner Regierungszeit wurden unzählige Bauwerke errichtet, auf ihn gehen fast ebenso viele Bauten zurück, wie auf alle seine Vorgänger zusammen.
Um 1200 wurde Angkor Thom unter seiner Regentschaft erbaut, die letzte grosse Hauptstadt des Khmer Reiches, mit riesigen Sakralbauten, Palästen, Prozessionsstrassen, ausgeklügelter Wasserversorgung und ebenso cleverer Abwasserentsorgung. Nördlich vom Zentrum erstreckt sich das riesige Areal des Königspalastes. Alles ist wie üblich nach Osten ausgerichtet. Vor dem Palast liegt die 350 Meter lange und 14 Meter breite Terrasse der Elefanten, von der der 'grosse Platz' überblickt werden konnte. Aus Aufzeichnungen von einem chinesischen Reisenden -welcher Angkor schwer beindruckt gegen Ende des 13. Jahrhunderts besuchte- geht hervor, dass auf der Terrasse prächtige, hölzerne Pavillions standen. Von hier oben beobachteten der König und sein Gefolge grosse Spektakel, Büffelkämpfe, Pferderennen und dergleichen. Vom Palast selber sind nur noch Fundamente und Grundmauern erhalten, da nicht religiöse Bauten, nicht aus dauerhaften Materialen gebaut werden durften.
Exakt im Zentrum der 3 x 3 Kilometer messenden Stadt steht der Bayon Tempel. Bei ihm treffen sich die schnurgeraden Nord-Süd- und Ost-West-Strassen, welche die Stadt in vier gleich grosse Quadrate teilen. Während dem Bau wurden die Pläne mehrfach geändert (wer kennt das nicht ), das führte zu einem äusserst komplizierten Bau, mit verwinkelten Galerien, verschachtelten Räumen und insgesamt sehr verwirrender Architektur. Damit steht er in völligem Kontrast zu Angkor Wat, der die Architektur der symmetrischen Proportionen und klaren Linien perfektionierte.
Die äussere Galerie (140 x 130 m) stellt mit ausdruckstarken, steinernen Bildtafeln Kampfszenen, mythologischen Geschichten und Szenen aus dem täglichen Leben dar. Nach einem 20 m breiten Hof kommt die zweite Galerie (70 x 80 m), auch ihre Aussenwände sind über und über mit Reliefs geschmückt. Von hier führen auf allen vier Seiten steile Treppen auf die zweite Pyramidenstufe. Auf dieser und der Nächsten Stufe erheben sich eine unübersichtliche Zahl an Gopurams (Tortürmen) und grossen Gesichtertürmen, auf deren das Antlitz des Erbauers (Jayavarman VII) in alle vier Himmelsrichtungen blickt. Die riesigen Gesichter, deren Augen in meditativer Haltung fast geschlossen sind, besitzen heitere Züge, auch dank des weise lächelnden Mundes. Es wird als 'Das Lächeln Angkor's' bezeichnet. Die Gesichter symbolisieren "Güte und Barmherzigkeit, sowie der allumfassende Schutz des Gottkönigs, aber auch dessen Macht und Allgegenwart."
Bayon - Der Gesichtertempel
Bayon - Ein Gesichterturm
Bayon - Apsara's, himmlische Tempel-Tänzerinnen
Bayon - Das Lächeln Angkor's
Als der französische Naturwissenschaftler Henri Mouhot im Jahre 1860 seine ersten Entdeckungen in Angkor machte, war das ganze Gebiet von dichtem Dschungel überwuchert. Praktisch alle Tempel waren von riesigen Kapok-Bäumen und Würgefeigen eingenommen. Man beschloss die Tempel von den Bäumen und Sträuchern zu befreien. Jahrelang, bis heute, restauriert man die Gebäude die zum Teil von den starken Wurzeln der Bäume schwer beschädigt wurden. Ta Prohm, das erste grosse sakrale Bauwerk von König Jayavarman VII, liess man jedoch bewusst in genau dem Zustand wie ihn Henri Mouhot vorfand. Es soll ein Denkmal für den Verfall sein, es soll die Macht der Natur veranschaulichen und zeigen, wie trotzallem die Bauwerke der Menschen vergänglich sind.
Ta Phrom, der Tomb Raider Tempel, war also unser nächstes und letztes Ziel. In und um die stark verfallenen Mauern des Tempels wurde der erste der beiden Tomb Raider Filme gedreht. 1186 begann Jayavarman VII mit dem Bau einer 1000 x 600 m messenden Tempelstadt. Im Innern lebten einer Inschrift zufolge 12'640 Menschen > Hohepriester, Beamte, Künstler und Tänzerinnen. Daran erkennt man, wie auch später in Angkor Thom, die Abkehr vom Hinduismus zum Buddhismus. Während vorher die Tempel ausschliesslich für Rituale vom König oder den Hohepriestern benutzt werden durften, war das Volk hier nicht mehr ausgeschlossen. Der Tempel war Begegnungsort von Mönchen, Nonnen und Novizen. Die Baupläne wurden wie auch beim Bayon, welcher später gebaut wurde, mehrfach geändert. Dies führte zu einer unübersichtlichen Raumordnung, Korridore die kreuz und quer verlaufen, ein Gewirr von Sälen, Höfen und Galerien. Dieser labyrinthähnliche Charakter wird durch die wildwuchernden Dschungelpflanzen noch verstärkt. Dieser Tempel hat seinen ganz eigenen Reiz. Uns hat er durch diesen verfallenen Charakter extrem gefallen!
Ta Phrom - Der Tomb Raider Tempel
Ta Phrom
Ta Phrom
Ta Phrom
Diese zwei Tage waren einfach super! Zwar war es auch ziemlich anstrengend, da es sehr heiss war und es viel zu laufen und klettern gibt. Aber es lohnt sich definitiv! Man könnte noch tagelang durch das Gebiet streifen, man findet immer wieder neues. Die zwei Tage waren für uns aber trotzdem genug, wir hatten einiges gesehen. Die ganzen Verkäufer und Restaurantbetreiber waren auch sehr lustig. Wenn man aus einem Tempel kam, wurde man von überall her erwartet. Überall wollten die Leute etwas verkaufen. Schon von weit her hörten wir "Hey Mister, wanna cold Water, Pineapple, Coconut?" oder "Heeeeyyyy Lady, nice skirts and bracelets, wanna buy?". Man fühlte sich wie ein Superstar... Wir waren auch sehr positiv überrascht, dass es nicht so viele Touristen hatte. Nie war ein Tempel so überfüllt, wie man es zuweilen von anderen Reisenden hört. Vielleich lag es auch an der Reihenfolge, wie wir die Tempel besucht hatten. Wong hat uns versichert, dass er uns an den Massen vorbeischleusen wird und er hat es geschafft. Wir hatten zwar im Vorfeld gehört, dass es die meisten in etwa mit unserer Reihenfolge angehen, aber Wong meinte, die meisten gehen genau aus diesem Grund anders rum. Murphys Law, oder so...
Wen es interessiert, hier unsere Abfolge: Tag 1 > Preah Khan > Preah Neak Pean > Ta Som > Östlicher Mebon > Pre Rup > Srah Srang > Banteay Kdei > Ta Keo > Phnom Bakheng / Tag 2 > Angkor Wat > Angkor Thom > Ta Prohm
Selbst die Kleinsten verstehen sich schon im Feilschen
Som, der kleine Junge der Ladenbesitzerin, spielt mit seinem 'Bambus-Reis-Snack'
Nach den Highlights von Angkor war's jetzt Zeit für ein anderes Ereignis, auf welches wir uns schon lange gefreut hatten. Dr. Beat Richner, ein Zürcher Kinderarzt welcher hier in Kambodscha vier Kinderspitäler aufgebaut hat, veranstaltet jeden Samstag Abend ein Cellokonzert um Spenden für seine Einrichtungen zu sammeln. Mit seinem über Alles geliebten Cello spielt er Bach und erzählt nebenbei von seinen Spitälern. Da wir schon seit längerem sein Wirken verfolgen und unterstützen, wollten wir uns diese Chance natürlich nicht entgehen lassen. Wong setzte uns also wieder beim Hotel ab und wir verabredeten uns für später, dass er uns zu dem Konzert fahren konnte. Zwischendurch ging er wieder in die Schule und besorgte uns ausserdem Bustickets zurück nach Phnom Penh, ein super Typ
Der Anlass war wirklich klasse! Der Mann sitzt ganz alleine auf der Bühne, bewaffnet mit nichts anderem als seinem Cello und einem Mikrofon. Das Wort 'bewaffnet' benutze ich ganz bewusst, denn es ist noch immer ein täglicher Kampf für Beat Richner. Ein täglicher Kampf um genügend Geld zu sammeln, ein Kampf gegen Krankheiten, Epidemien, den Tod, gegen Korruption, Vorurteile, die Richtlinien der WHO, und nicht zuletzt gegen das Heimweh. Es ist unglaublich was dieser Mann und sein Team leisten! In den drei Kinderspitälern und der Maternité für Schwangere werden jedes Jahr 600'000 Kinder behandelt, 9'000 Operationen durchgeführt, und 5'500 Geburten betreut. Ohne diese Behandlungen -welche übrigens kostenlos sind, da die Bevölkerung es sich schlichtweg nicht leisten kann- würden jeden Monat 2'800 Kinder sterben. Ausserdem werden in den Einrichtungen Hunderte von neuen Ärzten und Krankenpfleger ausgebildet, um das Niveau im ganzen Land anzuheben. In den Spitälern sind insgesamt 1'400 Leute beschäftigt, um den Kindern und ihren Müttern rund um die Uhr beizustehen. Alle Mitarbeiter, bis auf zwei, sind kambodschanischer Herkunft. Die jährlichen Kosten für die vier Spitäler belaufen sich auf lediglich 17 Mio. Dollar, was zum besten Kosten/Heilungs-Verhältnis weltweit führt. Die tägliche Sorge um die Finanzierung zehrt wohl sehr an der Kraft. Noch immer ist diese erst für die jeweils nächsten sechs Monate gesichert. Geld kommt vor allem durch private Spenden aus der Schweizer Bevölkerung und den Spenden von Angkor-Touristen zusammen. Einmal jährlich reist Dr. Richner in die Schweiz um an der Zirkus Knie - Kantha Bopha Gala teilzunehmen. Wir werden das nächste Mal bestimmt mit dabei sein! Wir wünschen ihm und dem ganzen Team weiterhin viel Erfolg und vor allem Kraft um gegen all die Windmühlen antreten zu können!
Das war nun ein Monster-Kapitel. Wir hoffen es war nicht zu mühsam zum lesen. Diese Eindrücke aus Angkor kann man eigentlich, wie vieles andere auch, fast nicht in Worte fassen. Man muss es selber sehen.
Bis zum nächsten Mal. Liebe Grüsse
Ines & Livio
Aufbruch: | 03.01.2010 |
Dauer: | 7 Monate |
Heimkehr: | August 2010 |
Vietnam
Laos
Kambodscha