Südostasien 2010 - Der Weg ist das Ziel

Reisezeit: Januar - August 2010  |  von Ines und Livio

Vietnam: Hue

01.03.2010

Da man mit den Open-Tour-Bussen nur von Touristen umgeben ist, wollten wir für die relativ kurze Distanz von Hoi An nach Hue etwas anderes ausprobieren und mit den öffentlichen Bussen fahren. Wir haben die Entscheidung nicht bereut! Am 20. Februar morgens gingen wir also als erstes zur örtlichen Busstation. Da es noch etwa 20 Minuten bis zur Abfahrt waren, meinte eine Gruppe Vietnamesen, dass wir doch an ihrem Tisch Platz nehmen sollen. Also setzten wir uns auf diese kleinen Kinderstühlchen und bestellten etwas zu trinken. Wir 'unterhielten' uns miteinander, ohne etwas voneinander zu verstehen, es gab viel zu lachen... Wir waren wieder einmal der Anlass von allgemeinem Gelächter als wir uns ans schälen von einer Art Sonnenblumenkernen machten, das wird hier natürlich wieder anders gemacht als bei uns...
Kurz darauf ging es auch schon los, die etwa 90-minütige Fahrt nach Da Nang war unspektakulär. Obwohl der Bus voll war, lernten wir auch in Vietnam, dass immer noch zwei oder drei weitere Personen Platz finden...

Der Bus von Noi An nach Da Nang - Bei der Abfahrt, kurze Zeit später war jede Ecke vollgestopft...

Der Bus von Noi An nach Da Nang - Bei der Abfahrt, kurze Zeit später war jede Ecke vollgestopft...

In Da Nang, der grössten Stadt Zentralvietnams, lösten wir gleich ein Ticket für die Weiterfahrt nach Hue. Der Bus war eigentlich mehr ein Minivan und auch dieser hatte irgendwo immer noch ein Plätzchen frei für Passagiere die auf der Strasse dazu steigen wollten. Wenn auch sehr eng, waren wir froh um unsere Sitzplätze. Die cleveren Reisenden hatten ihr eigenes kleines Kinderstühlchen dabei, womit sie sich in den Gang setzten konnten. Vorausschau ist auch in Vietnam alles. Wir hatten unsere Plätze gleich neben einem älteren vietnamesischen Pärchen, mit denen wir ebenfalls einige Worte -eher Gesten- wechselten. An unserem Reiseführer hatten sie beide Gefallen gefunden. Wir schauten uns gemeinsam die Bilder an und die beiden sagten immer wieder mal etwas dazu, verstehen konnten wir es jedoch nicht Während der Fahrt streckten uns die beiden immer wieder ihre köstlichen Trauben entgegen.

Angekommen in Hue wollten wir vom Busbahnhof in die Stadt laufen, da es laut Reiseführer nur knapp einen Kilometer weit war. Denkste! Reiseführer sind auch nicht frei von Fehlern, die Busstation war völlig falsch eingezeichnet. Wir mühten uns mit unseren 1234kg schweren Rucksäcken immer weiter stadteinwärts, immer darauf hoffend, dass die Angaben der Einheimischen über die Richtung zum Fluss, wo wir hinwollten, auch korrekt waren. Nachdem wir all die TukTuk-, Xe'Om- und Taxifahrer beim Busbahnhof abwimmelten, liess es uns der Stolz nicht zu, doch noch eines herbeizuwinken. Also liefen wir weiter. Völlig verschwitzt erreichten wir schliesslich das Flussufer und gleichzeitig das Stadtzentrum. Wir steuerten unser vorher ausgewähltes Guesthouse an und hatten auf Anhieb Glück. Sauberes Zimmer, nette Betreiberin und ruhig gelegen, was will man mehr? Da wir von der Reise und unserem Marsch ziemlich fertig waren, unternahmen wir nur einen kurzen Ausflug in die Stadt.

Hue ist die alte Hauptstadt Vietnams und Sitz der letzten Kaiser aus der Nguyen-Dynastie (1802-1945). Am nächsten Tag mieteten wir uns Fahrräder und besuchten die Zitadelle, die die Nguyen-Herrscher erbauen liessen. Die riesige Anlage von knapp zehn Kilometern Umfang, wurde von französischen Festungsbaumeistern entworfen, mit massiven Mauern, Wassergräben und mächtigen Verteidigungsbastionen. Es wurden aber gleichzeitig auch die Prinzipien des Feng Shui beachtet und die Anlage nach chinesischem Vorbild gebaut. Im äusseren Teil wohnten die Minister und Beamten und kümmerten sich um die Staatsangelegenheiten. In der Kaiserstadt selbst -eine Zitadelle in der Zitadelle- lebte der Herrscher mit seiner Familie, den zahlreichen Konkubinen (eine Art Harem, mit hunderten von Frauen) und den Eunuchen. Die Eunuchen waren die engsten Mitarbeiter der Kaisers, welche unter anderem sein Sexualleben anhand astrologischer Aspekte minutiös planten... tztz, welch strenge Verpflichtungen man als Kaiser hat... Im Zentrum der Kaiserstadt liegt die Verbotene Purpurne Stadt, die ausschliesslich dem Kaiser und seinen engsten Vertrauten vorbehalten war.

Als wir uns der Zitadelle über den Fluss näherten, fiel uns sofort der Flaggenturm auf, an dessen Spitze stolz die vietnamesische Flagge wehte. Durch das mittlere Tor gelang man in Innere des äusseren Ringes, vorbei an den neun heiligen Kanonen. Diese liess der erste Nguyen-Kaiser aus den erbeuteten Waffen von besiegten Rebellen giessen. Dem imposanten Auftakt folgte leider bald ziemliche Ernüchterung. Die 'moderne' Stadt wuchs im Laufe der Zeit einfach in die Zitadelle hinein, wenig bis gar nichts ist von dem alten kaiserlichen Flair erhalten. Innerhalb des äusseren Ringes sieht es aus wie in jeder typischen vietnamesischen Kleinstadt. Unsere Hoffnung lag demzufolge auf der Kaiserstadt selbst. Leider wurden wir auch hier enttäuscht. Zwar gab es einige sehr schöne und interessante Ecken zu sehen, aber vieles im Palast ist in sehr schlechtem Zustand. Dieser Teil der Stadt stand im Vietnamkrieg unter heftigem Beschuss. Abgesehen davon, nagte der Zahn der Zeit erheblich an den Gebäuden, denn die kommunistische Regierung, welche direkt auf den letzen Kaiser folgte, wollte von der feudalen Vergangenheit ihres Landes nichts wissen und überliess die gesamte Anlage einfach sich selbst. Erst in den letzten Jahren begannen hier Restaurierungsarbeiten welche versuchen, den Glanz vergangener Zeiten wieder aufleben zu lassen. Bei uns hinterliess der Besuch einen zwiespältigen Eindruck. Einerseits lässt sich die Pracht des Kaiserreichs erahnen, andererseits hatten wir vielleicht zu viel erwartet, da die Stadt im Reiseführer viel besser dargestellt wird, als sie sich tatsächlich präsentiert. Naja, vielleicht hat auch das trübe Wetter ein wenig mitgespielt. Seit Hoi An ist es erheblich kälter geworden. Nachdem wir im Süden geschwitzt hatten, waren nun lange Hosen und Jacke angesagt. Wir hoffen, dass sich dies bis Hanoi wieder bessert.

Eingangstor der Zitadelle - und über allem wacht Ho Chi Minh

Eingangstor der Zitadelle - und über allem wacht Ho Chi Minh

Die heiligen neun Kanonen

Die heiligen neun Kanonen

Der Lesepavillon, eines der gut erhaltenen Gebäude

Der Lesepavillon, eines der gut erhaltenen Gebäude

Das Tor zur früher sicher sehr schönen Gartenanlage - heute eher eine Müllhalde

Das Tor zur früher sicher sehr schönen Gartenanlage - heute eher eine Müllhalde

Baustelle und Müllhalde, so wie hier - der heiligste und wichtigste Ort in der Verbotenen Purpurnen Stadt... Schade

Baustelle und Müllhalde, so wie hier - der heiligste und wichtigste Ort in der Verbotenen Purpurnen Stadt... Schade

Am Abend besuchten wir ein super Traveller-Café, welches in sämtlichen Reisführern drin steht. Das 'Café On Thu Wheels'. An den Wänden und Decken haben sich schon Generationen von Backpackern verewigt und überall finden sich Tipps und Anregungen für Hue und Vietnam. Von den Wänden liess sich ablesen, dass hier wohl geniale Touren 'On Thu Wheels' veranstaltet werden. Thu, die Besitzerin brachte uns sogleich ein Buch vollgestopft mit Empfehlungen in allen Sprachen, Skizzen und Sprüchen. Also buchten wir für den kommenden Tag eine solche Rollertour mit zwei von ihren zehn Brüdern

'Café On Thu Wheels'

'Café On Thu Wheels'

Pünktlich am nächsten Tag holten uns die zwei ab und los ging es. Wir besuchten die Thien Mu Pagode. Hier lebte der Mönch Tich Quang Duc, der im Jahre 1963 traurige Berühmtheit erlangte. Von hier aus liess er sich an eine Strassenkreuzung nach Saigon fahren um mit seiner Selbstverbrennung gegen die Unterdrückung des südvietnamesischen Präsidenten Diem zu protestieren. Kurz zuvor hatte dieser in eine Gruppe friedlich protestierender buddhistischer Mönche schiessen lassen. Die Selbstverbrennung wurde für die buddhistischen Mönche zum Mittel des Protestes. Unter den Augen von Millionen Zuschauern auf der ganzen Welt die den Vietnamkrieg live mitverfolgten, wurde so enormer Druck auf das Diem-Regime ausgeübt.

Und los geht's

Und los geht's

Danach besichtigten wir die Japanische Brücke von Hue und die Kampfarena, in welcher zu Kaisers Zeiten Elefanten gegen Tiger kämpften. Da die Elefanten (Symbol des Kaisers) immer gewinnen mussten, wurden den Tigern (Symbol der Rebellen) Zähne und Krallen abgewetzt, niemals sollte ein so symbolträchtiger Kampf zu Ungunsten des Kaisers ausgehen.

Nach der Arena fuhren wir ins Umland um zwei der sieben grossen Kaisergräber zu besichtigen. Diese Gräber sind riesige Anlagen, an denen bereits zu Lebzeiten jahrelang geplant und gebaut wurde. Zum Teil verbrachten die Kaiser auch viel Zeit in ihren Grabanlagen um zu entspannen oder, wie im Falle von Tu Doc, sich der Lyrik hinzugeben. Sein 'Grab der Bescheidenheit' besuchten wir als erstes. Laut Überlieferungen verfasste er hier über 4000 Gedichte und die Theatervorführungen die er hier besuchte dauerten oft mehr als 100 Tage! Das ganze sieht wie ein verträumter Park mit Pavillons, Tempeln und Plätzen aus. Dazwischen befinden sich kleine Seen die mit geschwungenen Kanälen miteinander verbunden sind. Das Grab von Khai Dinh könnte nicht kontrastreicher sein. Nach einem Besuch in Frankreich war der Kaiser so beeindruckt von der europäischen Architektur, dass er sogleich sein Grab als eine Mischung zwischen barockem Anwesen und vietnamesischem Tempel erbauen liess. Breite Treppen mit Drachengeländern führen über fünf Ebenen zum reich verzierten Mausoleum hinauf. Vorbei an zwei grossen Obelisken, Pavillons und Bewachern, bestehend aus zivilen und militärischen Mandarinen. Beide Gräber waren wirklich beeindruckend und ihre jeweils 55'000 Dong Eintritt wert. Wer jedoch alle sieben Gräber sehen möchte, muss wohl sehr viel Zeit und ein grosses Portemonnaie dabei haben.

Kaisergrab von Tu Doc

Kaisergrab von Tu Doc

Grab von Khai Dinh

Grab von Khai Dinh

Grab von Khai Dinh - Die dritte Ebene bei den Wächtern

Grab von Khai Dinh - Die dritte Ebene bei den Wächtern

Die Tour mit Thu's Brüdern war wirklich genial und absolut empfehlenswert. Man zahlt zwar mit 10 Dollar pro Person ein wenig mehr als mit den grossen Touribooten, aber es lohnt sich definitiv. Wir hatten überall genügend Zeit um uns intensiv umzuschauen und das beste war, dass sie uns mit ihren Rollern auf abgelegene Wege -zwischen Reisfeldern, Büffeln, Dörfern und Wald- führten, wo niemals ein Boot oder ein Bus vorbeikommen würde. Einfach super!

Während der Fahrt mit den 'Thu Wheels'

Während der Fahrt mit den 'Thu Wheels'

Während der Fahrt mit den 'Thu Wheels'

Während der Fahrt mit den 'Thu Wheels'

Während der Fahrt mit den 'Thu Wheels'

Während der Fahrt mit den 'Thu Wheels'

Da uns plötzlich bewusst wurde, dass unser Visum bald ausläuft, standen wir vor der Entscheidung es zu verlängern oder nicht. Einerseits wollten wir noch zwei weitere Stopps vor Hanoi einlegen, andererseits gefiel uns das Wetter im Moment überhaupt nicht. Ausserdem hätten wir für die Verlängerung etwa drei Tage irgendwo bleiben müssen, was wiederum mit Kosten verbunden war. Da man ja immer einen Grund haben muss, um ein Land nochmals zu besuchen, beschlossen wir also kurzerhand einen Flug nach Hanoi zu buchen um für die Hauptstadt noch möglichst viel Zeit zu haben.

Hier an dieser Stelle noch einmal herzlichen Dank an alle die immer mal wieder etwas ins Gästebuch schreiben oder mailen. Wir freuen uns immer riesig darüber!!! Macht weiter so

Liebste Grüsse

© Ines und Livio, 2010
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Worum geht's?:
Es ist ein lange gehegter Traum von uns einmal den südostasiatischen Raum bereisen zu können. Doch man kann soviel lesen wie man will. Man weiss trotzdem nicht was einen da erwartet. So gesehen reisen wir ohne grosse Routenvorbereitung nach Thailand als ersten Zwischenhalt. Alles was dazwischen geschieht ist völlig offen, daher der Titel. Wir versuchen möglichst regelmässig hier zu schreiben, doch wir wissen nicht wie es mit Internetzugang klappen wird. Liebe Grüsse
Details:
Aufbruch: 03.01.2010
Dauer: 7 Monate
Heimkehr: August 2010
Reiseziele: Thailand
Vietnam
Laos
Kambodscha
Der Autor
 
Ines und Livio berichtet seit 15 Jahren auf umdiewelt.