Heilige Kühe und GoGo-Girls
shekhawati - kunst und kommerz
Die Region Shekhawati, nördlich von Jaipur.
die region der legenden und der anfänge rajasthans - das ist die landschaft ca. 100 km nördlich von jaipur. definitiv kein backpacker-paradies. es gibt recht wenige unterkünfte und sehr viele touristengruppen mit einem durchschnittsalter von sechzig jahren. letztere treiben die preise aber auch die qualität der unterkünfte in die höhe. zugverbindungen sind selten und die busse brechend voll. die hitze ist mörderisch, denn die meisten städte der region befinden sich in den östlichen ausläufern der tharwüste.
ohne motorrad wäre ich nie hierher gekommen, aber deshalb habe ich es ja gemietet.
ausblick aus meinem zimmer in nawalgarh.
die erste station ist nawalgarh, eine kleinstadt mit sandstraßen. nach letztendlich erfolgreicher zimmersuche (und das wird wohl mein bestes zimmer in diesem jahr bleiben), begebe ich mich zu fuß richtung marktplatz, komme aber nicht weit. gleich neben der straße entdecke ich einen volleyballplatz, auf dem die männliche dorfjugend zugange ist. nix wie hin und dumm geschaut. zwanzig lauwarme männerhaende später und nach etwas zuschauen, werde ich aufgefordert, mitzuspielen. ich bin ja nun nicht der volleyballfreak (wahrscheinlich weil ich nicht über das netz reiche), aber der stil hier im dorf ist doch sehr gewöhnungsbedürftig: der ball wird ohne jegliches zuspiel sofort mit voller wucht und beiden händen über das netz gedroschen. aber respekt: das schaut sehr gut, fast schon furchterregend aus.
ich versuche gleich, ein wenig technik reinzubringen, mit dem ergebnis, dass mir nach drei (!) minuten der ball von vorn auf die linke hand gedroschen wird. der ringfinger ist die nächsten drei tage nicht zu gebrauchen, was mir beim motorradfahren (kuppeln) immer wieder schmerzlich in errinnerung gerufen wird. doch jetzt gleich aufzuhören, könnte die würde meines landes stark untergraben, und so spiele ich (obwohl geborener schattenparker und beckenrandschwimmer) tapfer weiter, bis ich eine stunde später dann doch vor schmerz die segel streichen muss. Aber ab jetzt bin ich im dorf bekannt wie ein bunter hund und werde stetig freundlich begrüßt.
lohargar - spiritualität und spaß.
trotzdem (natürlich!!!) mache ich mich am nächsten tag auf den weg nach lohargar - einem pilgerort in 30 km entfernung. eingeschlossen von hügeln, befindet sich dort ein tempel mit tauchbecken und außer mir keinem touristen weit und breit. das verwundert nicht, denn im indienführer steht nichts von diesem tempel, und die letzten vier kilometer sind - selbst mit viel liebe zu land und leuten - nicht mehr als straße zu bezeichnen, sondern eher als gebirgspfad, aber ohne pfad. echte gläubige wie mich schreckt das natürlich nicht )
ein haveli in mandawa.
die folgenden beiden tage verbringe ich in mandawa und so wie in der ganzen shekhawati-region gibt es hier etwas im überfluss: "havelis". das sind (bzw. waren) alte herrschaftliche häuser reicher händler, die um einen innenhof herum gebaut sind. viele davon sind noch relativ gut erhalten und bunt bemalt mit szenen aus mehreren jahrhunderten. deswegen kommen auch die ganzen touristen hierher.
der innenhof eines haveli in nawalgarh.
auch hier allerdings - und ich gestehe es freimütig: ich bin ein kulturbanause - gleicht ein bauwerk dem anderen. mich langweilt sowas schnell und so begebe ich mich mit neil, einem engländer, der ebenfalls mit dem motorrad unterwegs ist, auf erkundungstour.
zu zweit macht das viel mehr spaß, und prompt landen wir in einem alten schloss (hier "fort" genannt), das mittlerweile, wie so viele davon, ein hotel ist. der besitzer wirkt etwas trottelig, aber nett, und die räume sind riesig, für mich leider ein wenig zu teuer.
die momentan einzigen gäste - ein niederländisches pärchen - kommen gerade zurück. auch sie reisen auf einer enfield. und endlich, nach drei wochen, entspinnt sich für fast vier stunden die art von gespräch, die ich hier zu finden versuche. jeder hat was zu erzählen und eine story jagt die nächste:
neil berichtet von einer floßfahrt. zehn tage lang von assam aus nach zentralindien (eine solche idee kann natürlich nur im suff geboren sein). der niederländer war schon vor 25 jahren per motorrad in indien unterwegs und erzählt von unfällen, krankheiten und dem versuch einiger inder, seine damalige freundin von ihm zu kaufen. die atmosphäre ist nett und entspannt, und den abend lasse ich mit neil auf der dach-terrasse unseres hotels ausklingen. vor uns die pulsierende kleinstadt mit beleuchtetem palast, hinter uns eine traumhafte rückfahrt durch die wüste bei untergehender sonne. seufz.
am zweiten tag (neil ist leider schon wieder weitergefahren) ist ein wenig sightseeing angesagt und ich mache die bekanntschaft eines kleinen mädchens. sie zerrt mich in den garten der familie und will mit mir federball spielen. sie hat vier schwestern und zwei brueder. klar, die wollen alle auch mit oder gegen mich spielen. es folgen die üblichen kurzgespräche und ich darf mich zeichnerisch im schulbuch verewigen... und werde für den nächsten tag zum frühstück eingeladen.
entgegen meiner sonstigen angewohnheit erscheine ich pünktlich, wir essen und: ... spielen federball, diesmal sogar mit dem vater. die nachbarn schauen zu und feuern uns an.
nicht nur deshalb wird es fast mittag, bis ich mandawa und die shekhawati-region verlasse - und das sollte ich noch bitterlich bereuen.
Aufbruch: | Januar 2004 |
Dauer: | 6 Monate |
Heimkehr: | 18.07.2004 |
Jaipur
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