Heilige Kühe und GoGo-Girls

Reisezeit: Januar - Juli 2004  |  von Ralf Knochner

rishikesh - vorhang auf: am rande erzählt

in der sadhuhöhle

sadhu beim chillum-rauchen.

sadhu beim chillum-rauchen.

der neelkant-tempel - im juli ein großes pilgerziel - liegt auf ca. 1500 m. mit monique, die jetzt schon zum fünften mal in rishikesh ist, fahre ich die bergstraße, teilweise am ganges entlang hoch. der tempel ist für einen nordindischen tempel sehr bunt, ansonsten aber nur eine art massenbetrieb. es gibt mit gittern umfasste gänge für den ansturm der gläubigen und ich werde mit allen anderen durch die tempelgänge gedrängt. vor dem tempel wird "bang" hergestellt, ein legales rauschmittel, das deshalb auch offen verkauft wird.

bangproduktion.

bangproduktion.

kurz bevor mich die langeweile überfällt, macht monique den vorschlag, eine sadhuhöhle zu besuchen, angeblich nur 2 km entfernt von hier ... per fußmarsch versteht sich. jaaa, 2 km wären vielleicht schön gewesen in der mittagshitze und zur hälfte steil bergauf. 5 km sind da schon ein wenig anstrengender, aber schließlich ist das ziel erreicht. drei sadhus sitzen um das heilige feuer herum (das nie ausgeht) und tun, was sie vermutlich hauptsächlich tun - nichts. die große kunst besteht vermutlich darin, es nicht als langweile zu empfinden. monique war natürlich schon mal da und hat - so ist das üblich - ein geschenk mitgebracht .... hasch. schön wenn man menschen mit kleinigkeiten eine freude machen kann. sogleich kreist (der, die, das) chillum, also die haschpfeife und das anscheinend dazugehörige husten beginnt. ich bleibe wie üblich ein "sonderling", rauche nicht und schaue mich in der höhle um. als ich zurück komme, erlaubt mir einer der sadhus, vermutlich nepalesischer herkunft, ein paar fotos von ihm zu machen. er nimmt mich mit in seine höhle, die ich nur kriechend besichtigen kann. er steigt auf den felsen rum, lächelt und ... das ist der hammer: er frisiert sich vor einem handspiegel und schmiert sich sogar frische asche ins gesicht. irgendwie erleichtert es mich, dass nicht alle zivilisationsgewohnheiten abhanden gekommen sind, wenn es auch nur normale eitelkeit ist.

nepalesischer sadhu.

nepalesischer sadhu.

ardh mela in haridwar

ich hatte ja versprochen, zu erklären, was eine "mela" ist, na gut: das ist eine feier an einem besonders günstigen tag - günstig im hinduistischen glauben. gekrönt wird das ganze mit einem bad in einem heiligen fluss. alle drei jahre finden kleine melas statt, alle 12 jahre die großen, dazwischen noch einige besondere. alle diese feiern finden in nur 4 städten statt, eine davon ist haridwar, ca. 25 km von rishikesh entfernt.

badende am tag

badende am tag

zu all diesen feiern kommen wahrlich menschenmassen an gläubigen. bei großen melas können das schon mal 60 millionen sein, bei kleineren kommen meistens auch einige millionen. die ardh mela ist eine der besonderen feiern und es wurden wohl mehr menschen erwartet. meine schätzung beläuft sich auf dreihundert- bis fünfhunderttausend. egal, voll genug war es auf jeden fall.
die polizei und die armee waren mit einem riesenaufgebot präsent und die stadt selbst schien auch gut gerüstet. haridwar ist voller brücken über den ganges, der hier besonders breit ist. einige künstliche seitenarme wurden angelegt, damit die gläubigen gefahrloser ihr von sünden reinigendes bad nehmen können.

blumen für die puja

blumen für die puja

die stimmung glich der auf einem großen volksfest und zum glück ist alkoholkonsum in heiligen städten untersagt. gegen abend stieg die stimmung weiter und mit einsetzender dunkelheit begann eine art feuerzeremonie im haupttempel, der mitten im ganges steht. der priester schwenkte ein feuer, fing an zu singen und dann sangen hunderttausende mit, begannen im takt zu klatschen und schrien zum abschluss auf. das war ein gänsehaut-feeling wie auf einem guten konzert, aber anstatt glimmender feuerzeuge sieht man hunderte von kerzen in mit blumen bestückten palmblattschiffchen den ganges hinuntertreiben.

farben im wasser.

farben im wasser.

nachtrag: einige tage später waren auf einmal alle geschäfte in uttaranchal geschlossen. der grund waren unruhen in haridwar, wo bei zusammenstößen mit der polizei ein mann ums leben kam.

heimweh
ja ja, es trifft auch mich. nach knapp über drei monaten ist wohl die zeit gekommen, um an daheim zu denken. damit verbinde ich nicht unbedingt deutschland und auch nicht unbedingt die stadt in der ich lebe, aber natürlich meine freunde und familie. ich sehe hier täglich so viel neues, viel schönes, manches auch weniger schönes, aber nur selten ist jemand da, mit dem man das teilen kann. das ist wohl die krux am allein reisen. man lernt schon leute kennen, aber ich stelle fest, dass die freiheit des motorrades auch seine nachteile hat. früher habe ich viele leute in bus und bahn kennengelernt, nach der ankunft haben wir meistens ein gemeinsames zimmer gesucht. mit dem motorrad bin ich mobiler und suche oft plätze auf, wo andere gar nicht hinkommen. mail und telefon, ist ja alles schön, ersetzt aber nicht das persönliche gespräch. mir fehlen aber vor allem die gespräche, wo man gar nicht viel sagen muss und trotzdem ist da das gefühl der sicherheit und des gegenseitigen respekts und der wertschätzung. buaahh, jetzt werde ich wehleidig .... zeit, aufzuhören.

© Ralf Knochner, 2004
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Die Reise
 
Worum geht's?:
. := Auf einer Enfield Bullet durch den Norden Indiens := . . Den zweiten Teil der Reise findet ihr in der Rubrik Südostasien/Laos unter "Dauerlächeln und Bombenstimmung - der Fortsetzungsroman in Südostasien". Bis jetzt ist erst der Teil über Laos fertig, Kambodscha folgt noch.
Details:
Aufbruch: Januar 2004
Dauer: 6 Monate
Heimkehr: 18.07.2004
Reiseziele: Indien
Jaipur
Udaipur
Jaisalmer
Leh
Der Autor
 
Ralf Knochner berichtet seit 20 Jahren auf umdiewelt.
Reiseberichte von Ralf sind von der umdiewelt-Redaktion als besonders lesenswert ausgezeichnet worden!
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