Heilige Kühe und GoGo-Girls

Reisezeit: Januar - Juli 2004  |  von Ralf Knochner

pushkar - wo die seele frieden findet: am rande erzählt

handel treiben
offensichtlich habe ich einen boomenden wirtschaftszweig verpasst: hier indische waren billig kaufen und zuhause teurer verscherbeln. ungefähr jeder fünfte scheint das zu machen, allerdings ist pushkar auch ein guter ort dafür.
hauptsächlich bettlaken und rauchutensilien, kleidung und natürlich schmuck. mein beschränktes weltbild ließ mich bisher glauben, dass sich damit a) nicht mehr viel geld verdienen lässt, weil es schon in jeder zweiten kleinstadt einen laden gibt, und sich b) gerade die kleidung nur an wirkliche freaks absetzen lässt. anscheinend ein irrglaube. in israel ist die kleidung durchgehend sehr beliebt und offensichtlich auch in anderen warmen ländern. bettzeug und kleinkram sind anscheinend der renner im angebot meines französischen nachbarn, während meine beiden benachbarten engländerinnen eher schmuck verkaufen. tja, das macht es möglich, ein halbes jahr oder zumindest drei monate in indien zu verbringen.

die perfekten 5 minuten
vier uhr nachmittags, es ist nicht mehr so heiß. ich sitze auf der veranda, überblicke die ghats von pushkar. es weht ein leichter wind. im hintergrund läuft in angenehmer lautstärke "morcheeba" und ich esse eine saftige orange.

pushkar at it`s best.

pushkar at it`s best.

scheißtag
am besten, ich fange am abend an: die türe mit dem vorhängeschloss verschlossen, um schnell auf's klo zu gehen. in der hand das klopapier und den schlüssel. ist ja klar, oder? Man kann es erahnen - der schlüssel fällt ins klo und verschwindet im nirwana. indische toiletten sind nun wirklich nicht der ort, um mit der hand einem schlüssel nachzufühlen. der boy hilft mir, das fenster aufzubrechen und mit einem langen stock gelingt es mir, den rucksack zu angeln, in dem der ersatzschlüssel versteckt ist.

aber der beginn des tages war noch besser: ich wartete, mit einem tee in der hand, vor dem hotel auf den boy, der die türe aufschließen soll. zwischen halb acht und halb neun ist hier immer wirklich die hölle los, weil die affenhorde im baum ihren frühsport betreibt. die affen jagen sich von ast zu ast. als einer auf dem ast über meinem kopf landet, schaue ich kurz auf - ohhhh, böser fehler, böser fehler. seine morgenscheiße trifft mich genau im mundwinkel - ein einmaliger geschmack macht sich breit... hmm - vielleicht steiniger südhang, sehr wahrscheinlich vegetarier, der gute junge.

die warnung: liebe kinder, macht das zuhause nicht nach - das ist bääää!

nach 20 minuten zähneputzen, zig mal gesichtwaschen und gründlichem ausspucken geht es wieder besser, aber aus gründen der sicherheit nehme ich ein antibiotikum.
naaaa - das kann man ja wohl zu Recht einen scheißtag nennen, oder?

aber in indien lernt man, aus solchen situationen das beste zu machen:

gedanke 1:
ab jetzt kann ich, wenn mir ein essen nicht schmecken sollte, sagen, dass es wie affenscheiße schmeckt. und ich weiß jetzt wirklich, wovon ich rede.

gedanke 2:
ich sammle affenscheiße, presse sie zu flachen blöcken und verpacke sie in kleine wiederverschließbare plastiktütchen. diese kann ich mit der ernsten miene eines geschäftsmannes als "the really best shit I ever tried" verkaufen (sorry, dieser gag kommt nur in englisch gut).

gedanke 3:
ich erkläre mich ab sofort zum heiligen mann, der als zeichen der naturverbundenheit affenscheiße gegessen und dadurch die erleuchtung erlangt hat. pushkar ist der ideale ort für sowas, denn hier gibt es heilige männer und willige gläubige bis zum abwinken.
bald finden sich einige treue anhänger, die dann in meinem auftrag kleine - von mir gesegnete - kugeln affenscheiße verkaufen (aufdruck: frische affenscheiße vom heiligen see, 100% rein vegetarisch). sie tragen fellbesetzte gewänder, lächeln ständig und bewegen sich hüpfend weiter. für eine art hymne kaufe ich die rechte an dem song "i'm a believer" von den "monkeys" und mixe ihn neu ab (sog. pushkar-version), unterlegt mit mystischem gemurmel und affengeschrei. in anlehnung an hanuman den affengott (den gibt es wirklich) bauen wir einen kleinen tempel. die heerscharen an gläubigen spenden fleißig und kaufen mein buch "mit affenscheiße und ohne yoga zum ewigen glück". zum dank dafür materialisiere ich ab und an ein wenig heilige affenscheiße aus dem nichts für meine anhänger. ich erkläre sex mit wildfremden frauen zu meiner heiligen pflicht und rituellen notwendigkeit.

hehe, bald stehen in meiner garage 40 rolls-royce.

meine lieben freunde - schauen unschuldig, aber jetzt wissen wir es besser.

meine lieben freunde - schauen unschuldig, aber jetzt wissen wir es besser.

toter affe - guter affe?
kaum spricht man soviel von affen, schon stirbt einer davon einen hollywoodreifen tod.
direkt vor meinen augen, knapp über der haupteinkaufsstraße von pushkar (der main bazaar) greift ein affe in eine hochspannungsleitung. ein schlag oben und dann der aufschlag unten. sofort eilen inder zu hilfe und gießen wasser über ihn. sie scheinen sehr besorgt, aber es kommt dann doch zu keiner mund-zu-mund-beatmung. 20 minuten später wird der affe mit einem orangenen tuch bedeckt und es werden blumen um ihn rum gestreut.
warum das denn? in indien werden tiere sonst wirklich übel behandelt! ... nun ja, diese stadt ist eine heilige stadt, und affen sind das ebenbild von hanuman, dem (oben erwähnten) affengott. religion bestimmt nun mal das leben hier.

griechischer wein
nein, nix griechisch, sondern jemenitisch und auch kein wein.
ein israeli hat mir den tip gegeben, ein essen auszuprobieren und nachdem indisches essen zwar gut, aber auf dauer auch eintönig sein kann, tat ich das auch.
das lokal war rein auf israelis zugeschnitten (was es hier ziemlich oft gibt) und ich war auch der einzige nicht-israeli. das essen nannte sich "fatut mit oliven und pilzen". war sehr lecker, auch wenn ich bis heute nicht weiß was alles drin war. vielleicht kann einer von euch mal im internet nachschauen.
danach hab ich mir noch eine nachspeise gegönnt mit einem witzigen namen: "gruß an die königin". drei kugeln eis auf zerkrümeltem vollkornkeks, darunter schokoladencreme und darunter heiße bananenscheiben. mmmmhhhh, lecker, lecker! natürlich die volle kalorienbombe, aber ich bin ja schlank :-0

© Ralf Knochner, 2004
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Die Reise
 
Worum geht's?:
. := Auf einer Enfield Bullet durch den Norden Indiens := . . Den zweiten Teil der Reise findet ihr in der Rubrik Südostasien/Laos unter "Dauerlächeln und Bombenstimmung - der Fortsetzungsroman in Südostasien". Bis jetzt ist erst der Teil über Laos fertig, Kambodscha folgt noch.
Details:
Aufbruch: Januar 2004
Dauer: 6 Monate
Heimkehr: 18.07.2004
Reiseziele: Indien
Jaipur
Udaipur
Jaisalmer
Leh
Der Autor
 
Ralf Knochner berichtet seit 20 Jahren auf umdiewelt.
Reiseberichte von Ralf sind von der umdiewelt-Redaktion als besonders lesenswert ausgezeichnet worden!
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