Heilige Kühe und GoGo-Girls
uttaranchal: die letzten beiden wochen in uttaranchal
es ist heiß, um genau zu sein schweineheiß, so um die 45 grad im schatten. ich bin wieder in rishikesh. die fahrt hierher glich der hölle. drei tage vorher habe ich noch auf 4000 m schnee in der hand gehalten, jetzt brennt mir die sonne auf 400 m die haut vom leib. die erste nacht konnte ich nicht schlafen, habe mein laken durchgeschwitzt und bin, weil es da kühler schien, im garten des hotels gewandelt. zum glück ist mein hotelmanager ein netter mensch und stellt mir kostenlos einen sog. "cooler" zur verfügung. jetzt geht es wieder, aber immer noch habe ich den dringenden wunsch, schnell wieder in die berge zu kommen.
auf dem weg nach rishikesh - terassenfelder.
nach rishikesh zu kommen, hat nur einen grund ... geld. traveller-schecks kann man in uttaranchal nur bei wenigen banken wechseln, und geld mit der kreditkarte bekommt man nur bei einer ganz bestimmten bank und auch da nur bei hauptniederlassungen. zudem hätte ich gerne noch einen neuen hinterreifen für mein motorrad. nach nun über 7000 km auf indischen straßen ist von dem profil nicht mehr viel übrig. für inder wäre das kein problem, aber da, wo ich noch hin will, möchte ich gerne auf nummer sicher gehen. die letzten beiden wochen waren nur eine vorbereitung - eine meistens sehr schöne, aber ab und an auch ein wenig "herausfordernd".
itai beim baden.
kasar devi noch in schöner erinnerung, brachte mich die tagesfahrt zuerst nach kausani, einem der bekannteren bergorte. als ich in das städtchen - auf einem bergkamm gelegen - hineinfahre, springen mich fünf leute an, die mich in ihr hotel verfrachten wollen. damit ist klar, dass ich hier nicht bleibe. kausani ist auch bekannt als die "kleine schweiz", vermutlich sind damit die hochhäuser und die preise gemeint. es gibt auch einen ashram hier, in dem ghandi eine kurze zeit verbracht hat, aber selbst darauf ist mir die lust vergangen. ich fahre deshalb gleich weiter nach bageshwar, einer kleinen stadt, in einem tal gelegen, wo zwei flüsse zusammenfließen. ein nettes städtchen mit promenade, einem geschäftigen bazaar, verbrennungsstellen entlang der flüsse und dem absolut miesesten essen bis dato. der hotelmanager nett, aber dauerbekifft, und wie abgemacht sind auch itai und aya noch da. weil sich aya nicht gut fühlt, mache ich mit itai einen tagesausflug in die umgebung. immer an einem der flüsse entlang, kommen wir in den kleinen ort song, der ein startpunkt fürs trekken ist. wir baden im fluss, trinken tee und genießen die ruhige landschaft auf der rückfahrt.
blick von chaukori.
ich verabschiede mich von den beiden (sie fahren richtung westen, ich gen osten) und breche in die höheren berge an der grenze zu nepal auf. die erste zwischenstation ist chaukori auf knapp über 2000 m. ein wunderschöner ausblick auf schneebedeckte gipfel und eine zeltstadt. ich beziehe eines der kleinen zelte und mache noch einen tagesausflug zu einer höhle. dort angekommen warte ich, bis der priester und der führer für westliche touristen eintreffen. die höhle ist ein heiligtum, der führer ist pflicht und der priester ein schleimiges arschloch. die höhe der "spende" legt er selber fest und besteht darauf, meinen pass im original zu sehen. dann geht es in die höhle, besser gesagt wir kriechen rücklings. zugegeben, ich bin nicht schlank, aber das war knapp vor lebensmüde. es ist feucht und kalt in der höhle, die schuhe musste ich ausziehen und ein generator versorgt die lampen mit licht. der führer spricht ein wenig englisch und gibt sich redlich mühe mir die details der höhle zu erklären, aber ohne gutes verständnis der hinduistischen mythen versteht man nicht wirklich viel. jede noch so kleine erhebung, jede wasserpfütze, alle stalagmiten und stalagtiten, alle blindgänge, wirklich alles hat eine bedeutung oder wird in eine bedeutung hineingeredet. ja, zugegeben, wenn ich mein rechtes bein hinter mein linkes ohr bringe, meinen kopf neige und gleichzeitig in der nase popele, dann erkenne auch ich den elefanten in diesem felsen. interessant war es trotzdem, aber ich bin froh als ich wieder draußen bin. dort bekomme ich noch die füße gewaschen und nach ein zwei stunden rückfahrt durch eine wunderbare bergwelt freue ich mich auf das bett.
sonnenaufgang in munsyari.
die fahrt nach munsyari am nächsten tag wird mir noch lange in errinnerung bleiben. wie in der tapetenwerbung "immer an der wand lang". die straße windet sich immer höher, wird immer schlechter und mehr als einmal bin ich kurz vorm umkehren - hier möchte ich wirklich keinen platten haben. schließlich siegt die psychologie ("wenn ich jetzt schon so weit gekommen bin") und der gipfel ist erreicht. einige kilometer später bin ich in dem kleinen dorf und finde in der "martolia lodge" mein kleines paradies für die kommenden fünf tage. die aussicht ist gigantisch und als nach zwei tagen noch drei spanier vom trekken zurückkehren, sind auch die abende gerettet. die familie ist nett, das essen sehr gut und auf meinen ausflügen lerne ich noch einen gleichaltrigen inder aus kalkutta kennen - meinen letzten tag in indien werde ich vermutlich bei und mit ihm verbringen, dann fliege ich von kalkutta aus nach bangkok.
in meinen letzten tagen in munsyari endet auch endlich die wahl in indien (mehr davon in "am rande erzählt"), aber benzin wird zum größeren problem. schließlich schafft es die familie, mir fünf liter zu besorgen und ich kann die straße zurückfahren, ohne talwärts den motor auszustellen. letzteres ist zwar schön leise, aber gefährlich, weil ich dann auch keine hupe habe, und die ist bei so engen und kurvigen bergstraßen lebenswichtig.
bis bageshwar ist es zwar nicht weit, aber die frisch geteerten straßen machen mir zu schaffen. mit "frisch geteert" meine ich nicht vor zwei tagen, sondern vor zwei minuten. ich kann entweder ein paar stunden warten oder so wie alle inder einfach drüberfahren. die arbeiter schauen mich immer verständnislos an, wenn ich stehenbleibe und ich schaue sie verständnislos an, weil ich nicht verstehen kann, warum gleich die ganze straßenbreite geteert wird. schlussendlich fahre ich dann natürlich, meine reifen, mein motorblock, meine hosen voller teer - das zeug kommt wirklich schwer runter.
deoprayag - der ganges entsteht aus alaknanda und baghirati.
in bageshwar ist das essen immer noch mies und es stinkt erbärmlich nach scheiße. frühmorgens gehen offensichtlich alle anwohner an die jetzt fast trockenen flüsse und machen ihr morgengeschäft. ich verzichte wie so oft auf ein frühstück und mache mich auf zu einem der vier heiligen pilgerorte in uttaranchal. alle vier sind der ursprung eines flusses, und in badrinath - das ist mein ziel - entspringt der alaknanda, der größte zufluss des baghirati, der später in der ebene zum heiligen ganges wird. auf dem weg dahin muss ich einen zwischenstopp einlegen, was sich als nicht einfach erweist. die meisten orte auf der route leben vom pilgertourismus und inder pilgern immer in großen gruppen. viele hotels sind also ausgebucht oder - und das ist das erste mal in indien - die hotelangestellten betrachten es als lästig, wegen nur einem kunden aufzustehen. "wieviel personen? ....... was, alleine? ..... neee, nix frei!" die preisvorstellungen sind üppig und an schlaf ist nicht zu denken, wenn noch in der nacht reisegruppen eintrudeln.
um das mal loszuwerden: inder (zumindest in gruppen) können nicht leise sein, sie verstehen auch nicht warum überhaupt. auch wenn man in der nacht irgendwo ankommt, wo andere schon schlafen könnten .... na und?! es wird laut diskutiert, gekichert, gelabert, gefurzt und gerülpst. dann muss noch die funktionsfähigkeit der hupe überprüft werden .... man weiß ja nie. selbst in nationalparks hört man indische familien meilenweit, das autoradio natürlich auch. auch wenn nicht immer freitag der 13te sein kann .... jason wo bist du ..... ich kauf dir ne axt.
blick auf tapovan.
der weg hinauf war eine der vielen wundersamen erfahrungen in indien. teilweise ist die straße besser als eine deutsche autobahn und auch fast so breit, dann wieder fährt man auf schotter und buckelpisten, unter steinüberhängen hindurch, über morsche brücken, bäche kreuzen den weg, aber immer ist die aussicht genial - teilweise geht es von der straße tausend meter runter bis zum fluss.
schließlich ist joshimat erreicht, die verwaltungshauptstadt. wie üblich in grenznähe voller militär (in diesem fall: indo-tibetian-border-police), aber durchaus hübsch und wie immer eine wow-aussicht. zimmer ist ok, essen gut, sogar eine internetmöglichkeit - reisender was willst du mehr?! tagesausflüge bringen mich nach auli, dem skigebiet in indien, das man sogar von joshimath aus mit einer art seilbahn erreichen kann und nach tapovan, wo es heiße quellen geben soll, die ich aber nicht finde. dafür finde ich die bis dahin schönste aussicht auf meiner reise. in der ferne sind "nanda devi" und "trishul" zu sehen, die beiden höchsten berge in indien, davor eine ebene und berghänge mit feldern in verschiedenen farben, eine fluss-schlucht und steil aufragende berge um mich herum. die spätnachmittagssonne scheint, es weht ein wenig wind, große raubvögel nutzen die aufwinde und fliegen in 2 m entfernung von mir neben dem motorrad her.
in badrinath, mana ist rechts hinten.
die angeblich quelle des alaknanda, ich habe sie besucht (siehe "am rande erzählt"). davor stand der weg nach badrinath, laut schild auf 3500 m. angeblich wird der verkehr dahin in kolonnen organisiert, also stehe ich noch vor 6 uhr auf und mache mich auf den weg zur straßenbarriere. dort angekommen bin ich der einzige und muss deshalb auch nicht warten. am fluss entlang geht es durch die schluchten, aufgrund des wassers ist es noch bitterkalt und die straße ist eine typisch indische (siehe oben). mit zunehmender sonne wird es immer schöner und wieder danke ich herrn lalli singh, dass er mich zu diesem motorrad überredet hat. oben angekommen blicke ich auf eine art betonhangar. waaaas, das soll der tempel sein? du meine güte, das muss ich mir nicht antun. das war ein fehler, denn der wunderschöne tempel war darunter und so hab ich ihn verpasst. ich genieße die aussicht und als es zeit für die rückfahrt wird (ein regenschauer kündigt sich an), streife ich meine weißen baumwollhandschühchen und die schwarze skimaske über. ich muss wie ein verrückter ausgesehen haben, aber hauptsache warm. die rückfahrt ist ein wenig schwieriger als die fahrt nach oben und ich erweitere mein wissen um die gefahren des motorradfahrens: wenn du in der früh einen berg hochfährst und die wasserdurchquerungen sind schon am limit, dann wird es am nachmittag noch mehr wasser sein, weil tagsüber das eis schmilzt.
sonu's musik-shop in rishikesh.
der weg hinab ist schnell geschafft. als zwischenstation erwähle ich pauri, schlichtweg weil der ort auf 2000 m liegt und ich die übernachtung in den ebenen fürchte. der ort ist überraschend hübsch (an indischen standards gemessen), die leute sind freundlich und ich überlege ernsthaft ein paar tage dort zu bleiben. ich bin allerdings der einzige westliche tourist weit und breit, internet gibt es auch nicht und das geld wird knapp. also doch am nächsten tag nach rishikesh. geld geholt, hinterreifen montiert und motorrad durchchecken lassen. tja und dann kaufe ich noch 17 cd's, natürlich keine originale, sondern kopien. da wird bei uns ein riesenwirbel um das urheberrecht veranstaltet und hier gehe ich in einen offiziellen musikshop, suche die cd's aus und halte am nächsten tag die kopien in der hand - incl. rohling für knapp mehr als einen euro pro stück.
nach drei tagen ist alles erledigt und ich kann die hitze nicht mehr ertragen. ich mache mich auf den weg nach dehradun, der hauptstadt von uttaranchal. die fahrt dauert weniger als eine stunde und weil der tag noch jung ist, will ich gleich weiterfahren. davor gehe ich noch in einen buchladen für englischsprachige bücher (das ist in den bergen recht selten) und kaufe mir zwei bücher indischer autoren. die preise sind verglichen mit unseren recht zivil, aber für indien teuer.
von dehradun aus führt der weg über musoorie, einem der bekanntesten bergorte indiens und urlaubsziel für tausende reiche inder. mit einem wort - grauenvoll. hochhäuser, die - wie immer in den bergen - deplaziert wirken, hunderte autos, tausende von menschen, aber zum glück auch passable straßen, die es mir ermöglichen, uttaranchal relativ zügig in richtung himachal pradesh zu verlassen.
blick vom tempel in auli - dem skigebiet auf 2700 m.
Aufbruch: | Januar 2004 |
Dauer: | 6 Monate |
Heimkehr: | 18.07.2004 |
Jaipur
Udaipur
Jaisalmer
Leh