Heilige Kühe und GoGo-Girls
schlussendlich - das unvermeidliche fazit
ein fazit, du meine güte! ich hab noch nie eines geschrieben! was schreibt man da so? hmmm, gut, vielleicht sollte ich einfach mit den harten fakten beginnen, dem geld. danach wird es ausführlicher: warum bin ich eigentlich nach indien gefahren, wo es doch so viele andere schöne länder gibt, was wollte ich dort und was kam dabei raus? abschließend dann noch ein ausblick auf den rest der reise.
und die vielen fotos hier stammen von ralfs resterampe.
rajasthanis setzen sich für mich in pose (mt. abu).
rajasthanis genießen den sonnenuntergang (mt. abu).
ja, das liebe geld
mein budget betrug 12 euro am tag, beim momentanen kurs sind das etwa 15 dollar oder 600 rupien.
damit lässt sich in indien gut leben. ich habe nicht in abgetakelten drecksbuden geschlafen und habe normal gegessen. einer der größten kostenfaktoren war das benzin und das bringt mich zum motorrad. dafür habe ich insgesamt (also miete, benzin und reparaturen) fast 50000 rupien ausgegeben, also knapp 1000 euro. dadurch (und weil ich die letzten beiden wochen sehr gut gelebt habe) habe ich das budget gesprengt und auf den tag umgerechnet 17,50 euro ausgegeben. wenn ich das motorrad nicht gehabt hätte, wären pro tag ca. 13 euro rausgekommen, was ich aber nur schätzen kann, denn wieviel mich dann die ganzen fahrten gekostet hätten, weiß ich natürlich nicht. aber sicher ist, dass ich dann nicht halb soviel gesehen und gemacht hätte.
biken in der aufgehenden sonne (mt. abu).
warum ausgerechnet indien,was wollte ich dort und war's was?
- ein erster grund könnte sein, dass ich schon mal dort war, was jetzt wiederrum für andere vermutlich ein grund wäre nicht mehr dahin zu fahren. indien hat aber den vorteil (vielleicht auch den nachteil?), dass es so groß ist, dass ein leben nicht langt, um es gesehen zu haben. jedesmal wenn ich wieder vorhabe, nach indien zu fahren und mir den neusten reiseführer anschaue, entdecke ich wieder dinge, orte oder gegenden von denen ich vorher nichts gehört habe. allerdings muss ich sagen, dass ich mich in indien mittlerweile auch sehr sicher bewege. ich weiß, wie der hase dort läuft, kenne die mentalität und bin abgehärtet, wenn auch zum glück nicht vollkommen.
mein zimmer für 50 rupies in pushkar.
- den zweiten grund traut man sich ja kaum zu nennen, dabei ist er doch wichtig: es ist billig! wo sonst auf der welt kann man mit so wenig geld auskommen? wenn man in deutschland keine miete zu zahlen hat, dann kann man in indien von wesentlich weniger geld leben als daheim und das nicht schlecht.
- der dritte grund ist die sicherheit. im gegensatz zu südamerika, wo man in den verschiedensten staaten für einen dollar umgebracht wird, geschieht einem in indien (zumindest als mann) mit allergrößter wahrscheinlichkeit gar nichts, zumindest nichts kriminelles. man wird natürlich betrogen, unter umständen ausgeraubt, aber mehr wird nicht passieren. selbst im größten slum indiens fühlte ich mich immer sicher.
- ein letzter grund ist die sprache. erstaunlich viele inder sprechen englisch und da das die einzige fremdsprache ist, die ich annehmbar gut spreche, komme ich mit hoher wahrscheinlichkeit immer dahin, wo ich hin will.
blick aus dem thiksey kloster (ladakh).
außer diesen sehr kopfgesteuerten gründen gibt es natürlich auch andere gründe, die mich nach indien führen.
- zum einen möchte ich interessante leute kennenlernen. die trifft man natürlich auch anderswo, aber in indien sind sehr viele leute sehr lange unterwegs und die sind meiner einschätzung und erfahrung nach immer ein wenig interessanter. vermutlich deshalb, weil viele davon es geschafft haben, sich von allem loszureißen, ihr leben ein wenig auf den kopf stellen mussten, viele davon sind auch ein wenig vom schicksal gepeitscht worden. für viele ist es auch nicht die erste lange reise und so kommt es, dass diese leute meistens über einen haufen interessanter lebenserfahrung verfügen. indien zieht natürlich auch nicht alle an und deshalb ist die chance groß, dass man gleichgesinnte findet. an indien scheiden sich auch die geister, die einen wollen grundsätzlich nie hin, die anderen waren dort und wollen nie mehr hin, andere waren noch nie und wollen unbedingt hin und als letzte gruppe gibt es leute wie mich, die schon dort waren und immer wieder hin fahren.
in haridwar auf der ardh mela.
- zum anderen finde ich es sehr bereichernd, mich mit leuten aus aller welt zu unterhalten und dabei zu überprüfen, wie eigentlich ein gleichaltriger von sonstwo sein leben, die weltlage und auch sonst einiges im vergleich zu mir sieht. was ist menschen auf der anderen seite der weltkugel wirklich wichtig, wovon träumt ein australier und, weil auch tatsächlich geschehen, wie lebt ein israeli? nicht zu vergessen die inder selbst. gerade die beiden leute, die ich über den hospitalityclub kennengelernt habe, haben mir neue horizonte eröffnet. man muss allerdings ehrlicherweise zugeben, dass man natürlich mit vielen ganz normalen indern auf der straße aufgrund der sprachbarriere nicht in kontakt kommt.
blick von kasar devi aus (uttaranchal).
- bleibt zuletzt der intimste grund. ich selbst. ich bin mit meinem leben nicht wirklich zufrieden. ich habe das gefühl, meine zeit, mein wissen und können, meine kraft und liebe ein wenig zu verschwenden. ich brauche ein bischen zeit um mein leben neu zu sortieren und ich denke, dass ich schon ganz gut weiß wohin es gehen soll, ja vielleicht auch muss. das könnte natürlich auch nur eine ausrede sein, die ich für mich selbst brauche, um ein jahr lang nichts zu tun?! ein freund meinte, ich würde vielleicht noch etwas anderes suchen, was ich vielleicht noch gar nicht wüsste. nun, kann sein, hoffentlich erkenne ich es dann auch, wenn ich es sehe.
ein sikh-junge in hemis (ladakh).
soooo, lange rede kurzer sinn:
ist das eingetroffen? habe ich interessante leute kennengelernt, mich mit gleichaltrigen ausgetauscht, den festen willen entwickelt, einen anderen weg zu gehen, irgendwas gefunden?
ja, im allgemeinen schon
ja, aber weniger als erhofft
ja
vielleicht
nö
das nenn' ich eine durchwachsene bilanz, leute.
blick von der shanti stupa (leh in ladakh)
was allerdings fest steht, ist, dass ich durch das motorrad indien ganz anders und sehr viel schöner erlebt habe, als auf den vergangenen reisen. insbesondere ladakh war absolut genial und das würde ich auch leuten empfehlen, die sonst mit indien nicht klarkommen. motorradfahren ist natürlich nicht jedermanns sache, aber wer kann, der sollte.
der arme - weil schielende- junge hat mich gebeten, ihn und seine familie kurz zu besuchen (udaipur). außer dem vater sind alle auf dem bild. sie wohnen in zwei zimmern mit je 8 qm.
indien ist ansonsten ein sehr hartes land, das mir viel abverlangt, aber dafür auch viel gibt. armut, dreck und elend sind ständige begleiterscheinungen und manchmal war ich erstaunlicherweise innerlich sehr stark verärgert über indien, die inder im allgemeinen und sogar über bettler. ich glaube das ist meine reaktion auf die eigene hilflosigkeit, dem unvermögen jedem dieser leute angemessen helfen zu können. das kann wirklich zum kotzen sein. hier bekommt armut ein gesicht und man kann nicht wegsehen oder auf ein anderes programm umschalten. ich habe mich fast ständig schuldig gefühlt für mein gutes leben, für das ich ja nicht wirklich viel getan habe und tue. das hat schon was masochistisches an sich, aber ist "natürlich" nichts im vergleich zu dem, was manche menschen - leider nicht nur in indien - alltäglich erdulden müssen.
immer wenn ich indien verlasse, freue ich mich ein wenig, trauere aber gleichzeitig auch. indien holt mich immer auf den beinharten boden der realität zurück. das ist das leben von millionen menschen, die mehrheit der welt lebt so und schlimmer. das könnte mich noch mal zum amoklauf treiben.
und indien zeigt mir ganz klar den wert meines lebens auf. ich habe tolle freunde, leute denen ich genauso wichtig bin, wie sie mir, ein gutes verhältnis zu meinen familienmitgliedern, eine tochter, die ich mehr liebe als ich es in worte fassen könnte, aber im endeffekt ist meine existenz eigentlich nur ein furz im heißen wüstenwind.
im jain-tempel in ranakpur.
quo vadis oder so ähnlich
zuerst nach thailand bis ca. mitte august. vor allem in den norden. ein paar tage bangkok und dann kultur bis dschungel.
ab mitte august nach laos für vier wochen, dann wieder thailand, aber nur zwei wochen im nordosten den mekong entlang. danach wieder nach laos, für zwei wochen, um den süden zu sehen. von dort direkter übergang nach kambodscha für ca. drei wochen, das wichtigste ist natürlich angkor wat, die verfallene tempelstadt der khmer. danach thailand für zwei wochen, die küste zwischen kambodscha und bangkok. von bangkok für vier wochen nach myanmar, wohin weiß ich noch nicht. wieder zurück nach bangkok und dann in den süden an die strände solange ich noch zeit habe. rückflug ist offiziell ende januar, aber wenn es ganz toll ist, ich nicht total heimwehkrank bin und das geld reicht, dann lass ich das ticket verfallen und verlängere um zwei monate.
das ist natürlich nur der plan und pläne sind dafür da, geändert zu werden. aber das entscheide ich vor ort.
landschaft auf mt. abu.
was die berichte betrifft, so kann ich fast garantieren, dass sie kürzer ausfallen werden. vermutlich pro besuch in einem land ein bericht. thailand also dreimal, laos, kambodscha und myanmar einmal. das muss reichen, wer mehr will, der kann mir gerne schreiben. im gegenzug schicke ich diesen leuten dann meine kontonummer für die jetzt ins leben gerufene aktion "reis für ralf"
ich bedanke mich bei denjenigen, die bisher mit mir mitgereist sind und hoffe dass ihr mir treu bleibt.
verabschieden möchte ich mich mit den worten eines bekannten philosophen, dessen name mir entfallen ist, aber was solls .... also:
HAKUNA MATATA
Hinweis der Redaktion: die Fortsetzung von Ralfs Reise gibt es hier: Dauerlächeln und Bombenstimmung - der Fortsetzungsroman in Südostasien: Thailand, Laos, Kambodscha und Myanmar
Aufbruch: | Januar 2004 |
Dauer: | 6 Monate |
Heimkehr: | 18.07.2004 |
Jaipur
Udaipur
Jaisalmer
Leh