Über Indien zu den hohen Bergen in Nepal und zurück!
Die Annapurnaumrundung: Der lange Aufstieg
2. Tag
Um halb sieben gings nach dem Tee- und Biscuitfruehstueck wieder auf den Trek. Dieser folgte dem Lauf des Flusses und wir durchquerten viele kleine Dorfer, in den Reis angebaut wurde und der geerntete Mais in den sonnenbeschienen Fenstern trocknete.
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An diesen Stellen koennte es vielleicht vorkommen, dass man den falschen Weg einschlaegt, aber es gibt da eine tot sichere Methode um herauszufinden, welches der richtige Weg ist. Begehe einfach den ausgelatschteren Weg und wenn du nach 50 Metern immer noch keinen Muell gefunden hast, bist du definitiv auf dem Falschen.
Unsere Mittagspause legten wir in einem Guesthaus-Restaurant-Kombinat vor einem grandiosen Wasserfall ein. (Hab ich schon den Vorteil der Monsunzeit erwaehnt, dass alle Wasserfaelle auch richtige WASSERFAELLE sind?) Generell sollten wir noch sehr viele tolle Wasserfaelle passieren, von denen auch einige unseren Weg ueberfluten sollten. (Hab ich schon den Nachteil der Monsunzeit erwaeht, dass viele Wege mehr Bach als begehbar sind?)
Der Bach, dein Weg...
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Die spielenden Restaurantkinder...
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So viele Wasserfaelle....
An einem Erdrutsch (landslide) lernten wir 2 Sherpas (Kaste und Volksgruppe der Himalayaregion um den Everest) kennen, die eine Stecke in 2 Tagen zurueck legen wollten, fuer die wir ueber 4 Tage brauchten. (die beiden hatten allerdings auch so gut wie kein Gepaeck dabei und wollten sich fuer den Folgetag zwei Mulis ausleihen). Ich war froh wenigstens mal n bisschen Nepali und Nepanglisch zu reden. Doch wir konnten ihrem Sherpa-Berg-Urschritt nur 2 Stunden mithalten und dann mussten wir die beiden an einem steileren Stueck ziehen lassen.
Botanisch gesehen, bewegten wir uns die ersten 1800 Hoehenmeter auf vertrautem Boden und somit gab es fuer mich nicht viel Neues, waehrend wir die subtropischen Bambuswaelder hochkraxelten. Doch dies sollte sich zum Glueck in den kommenden Tagen noch gewaltig aendern
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Chicken transport
Am Wegesrand kann man auf diese Maiden treffen...
aber auch auf diese Wegelagerer, die es sich nach dem Motto "Suesses sonst saures" (und ich habe nie Suessigkeiten dabei!) zur Lebensaufgabe gemacht haben, Touristen mit Dreck zu bewerfen.
Die Nacht verbrachten wir in diesem schoenen Guest House in Chyamche vor einem weiteren wunderschoenen Wasserfall.
unsere Lodge Nr. 2...
der hauseigene Wasserfall...
Als Chin Jae und ich zu abend assen, fragte mich der Besitzer auf einmal, ob ich Medizin gegen Hoehenkrankheit dabei haette, doch die hatte ich nicht (zu teuer...). Doch ich sagte ihm, dass ich etwas Aspirin und Paracetamol dabei haette..."Give medicin!" war alles was er zu mir sagte. Ich holte also meinen Kulturplastikbeutel aus dem Zimmer und wurde daraufhin zum Erkrankten gefuehrt. Damit meine Medizin bei dem glasig blickenden Nepali auch seine volle Wirkung entfalten sollte, musste ich dem Ganzen etwas mehr Placebo-Effekt einverleiben und fuehlte erstmal pseudo-fachmaennisch seine Temperatur mit Daumen und Zeigefinger hinter seinem Ohr. Danach mit sanftem Druck uber den Handgelenken fuehlte ich seinen Puls. Er hatte leichtes Fieber und sein Puls war normal und somit beschloss ich ihm einfach eine halbe Paracetplacebol zu geben. Doch leider gab es, als ich mich diskret wieder verabschiedete, noch nicht mal ein "Danjabad" (Dankeschoen) von einem der beteiligten zu hoeren. Bitteschoen...
Als ich danach eine warme Dusche nehmen wollte musste ich leider feststellen, dass ich mein geliebtes Handtuch und auch meine Stirnlampe (2 unerlaessliche Dinge zum Duschen in Nepal) in der letzten Lodge vergessen hatte. (Seit dem checke ich immer mein Kopfkissen und den Platz unterm Bett, wenn ich ein Zimmer verlasse)
Eigentlich dachte ich ja, dass dies der erste Sommer in meinem Leben sein wuerde, an dem ich nicht an Heuschnupfen leiden sollte. Doch in dieser Nacht genoss ich das volle Droehnaroma, dass von den Pollen einer Pflanze (die Vermutung gibts spaeter) hier verursacht wurde.
3. Tag
Wie jeden Morgen gings frueh los. Chin Jae und ich sind keine Raser, wir stehen fueh auf, gehen genuesslich durch die Landschaft und laufen dafuer relativ lange. (meist bis 5 oder 6 Uhr Abends).
On the road again...
Da ich niemanden hatte, mit dem ich reden konnte, wurde dieser Abschnitt zu meinem persoenlichen Jacobsweg, bei dem man viel ueber sich und sein Leben nachdenkt. In dieser meditativen Stimmung schmiedet man ganz viele tolle Plaene, die man bestimmt! umsetzen wird, wenn man wieder zu Hause ist.
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An den orangemarmorierten Steilhaengen wuchsen einige Hanfpalmen, waehrend der kleinere Namensbruder die Flussuferregionen regierte.
Bei den ersten haerteren Anstiegen (eigentlich gab es nur einen einzigen wirklich harten Anstieg, der es mit Singdi aufnehmen konnte, auf dem ganzen Trek und der kam erst vorm High Camp) stiessen wir auf eine kleine Gruppe Traeger. Wenn man sich anguckt was diese kleinen Persoenchen den Berg hinaufschaffen, kommt einen der eigene Rucksack sofort wie ein Spielzeug vor.
Wir passierten nun das schoene Staedchen (Doerfchen) Tal (1700 m), das in einem sandigen Tal liegt.
Man ueber die Brucke wars echt schwer hinueber zu kommen, und fast waere ich auch in den Marsyandi gestuerzt, doch dann hab ich die neue Bruecke daneben entdeckt
Hier gab es neben einer freizukaempfenden Trinkwasserstation auch die ersten Kiefern des Weges zu bestaunen.
Hinter Tal konnten wir einem Bergarbeiter Trupp aus naechster Naehe auf den Presslufthammer schauen.
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So langsam wurde es kaelter und wir assen unser rituelles Mittags Dal Bhat in einem netten Restaurant mit gemuetlichem Ofen. Das Dal Bhat kostete hier zwar schon 300 Rupies aber dafuer war es mit frischen Bambussprossstreifen (ein hoch auf die neue deutsche Rechtschreibung; es sieht so daemlich aus...) eines der besten Dal Bhats des ganzen Treks.
Feels like home...
Und so langsam veraenderte sich auch die Flora und die ersten Perlen tauchtem am Wegesrand auf.
Ein schoenes Ingwergewaechs
Ein Bergveilchen
Iris spec.
Einige Kilometer hinter Tal teilt sich der Weg und der Trekker kann sich entscheiden, ob er einen einfachen Weg den Fluss entlang folgen will, oder ob er einen 400 Meter hohen Anstieg nach Timang machen moechte. Diese Entscheidung wurde uns jedoch abgenommen, da der leichtere Weg von einem Erdrutsch verschuettet war. Trotz des schweistreiben Anstiegs, war ich froh, das wir hier lang gehen mussten, denn wir fanden uns ploetzlich in einem dieser nebeligen Nadelmischwaeldern wieder, in denen die Baueme mit Bartflechten und Ochsenzungenfarnen bewachsen waren.
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Ich genoss es einfach in diese maerchenhafte Stimmung einzutauchen und bei nachlassendem Licht erblickten wir durch den Nebel die Lichter von Temang.
Hier liessen wir uns in dem netten Tibetian Guest House nieder.
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3rd Room
Direkt nach der Ankunft zog ich Schuhe und Socken aus (ein Hoch auf die McKinley Socken, die nach 2 Tragtagen immer noch so gut rochen, dass man seine Nase fest an sie druecken und tief durchatmen konnte, ohne dass einem uebel wurde)
Ich setzte mich auf die Kiefernhoelzernen Stufen der Treppe zu unseren Zimmern und verfolgte das Dorftreiben.
Hier kann der junge Hengst noch alle Fuenfe von sich stecken...
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Dabei riss ich mir die Blasen auf, die sich unter den Blasen des Vortages gebildet hatten und ich waermte meine eiskalten Haende an meiner gluehenden Stirn. War das Fieber?... Ich wollte es gar nicht wissen, denn der Voyeur in mir erwachte, als Kam Prunge Himal die Huellen fallen lies.
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...mehr wollt ich doch gar nicht...
4. Tag
Frueh morgens boten die Brues... aeh, Bergspitzen noch mal einen schoenen Anblick und ich gesellte mich zu der Familie ans Herdfeuer in der Kueche.
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Dummerweise hatte ich gestern beschlossen einen Waschtag einzulegen und da die Luft so kalt und feucht war, wurde ich gezwungen die nasse Waesche ueber dem Herd aufzuhaengen. An diesem Morgen waren die Klamotten aber immer noch nass. Sie hatten nun nur den Vorteil, dass sie schoen viele Russflecken hatten und wie ein Kiefernnadeloel-Raeucherstaebchen rochen. Egal ich musste mich eben daran gewoehnen, meine Klamotten einfach auf meinen Koerper trocknen zu lassen.
Denn warm wurde es einem bei den naechsten Etappe schnell, besonders ums Herz, denn wir passierten den Abschnitt, der klimatisch dem Europaeischen Mischwald entspricht und somit errinerten mich Landschaft und Vegetation stark an Zuhause. Und das beste ist, das man all die Sachen hier reichlich vorfindet, die in Deutschland alle auf roten Listen stehend in Naturschutzparks behuetet werden. (Die Annapurna-Konservation-Area in der ich mich gerade aufhielt, ist allerdings auch so etwas wie ein Naturschutzpark)
na, das koennt doch auch in den Alpen sein, oder?
Nein kein Ritterhelm, eine richtige schmarotzende Orobanche ist dies...
nicht erschrecken, dieser Salbei beisst nur, wenn man den Tee zu lange ziehen laesst...
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Unser zweites Keksfruehstueck legten wir auf einer kleinen Huette ab, wo die Kinder in Bommelmuetzen auf der Yakdecke spielten.
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Tja in dem Alter ist man noch so gelaenkig, da koennte man fast neidisch werden.
Danach passierten wir das geschaeftige Chame (2670m), das ueber eine lange Maniwall (Gebetssteinwand), Gebetsmuehlen und ein schoenes Ausgangsportal verfuegt.
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Mit Chame im Ruecken erreichten wir eine kleine Bruecke, die in einen trockenen Tannen und Eibenwald muendete und von dieser Strecke aus hatte man einen berauschenden Blick auf eine riesige glattgeschliffene Felswand, die wie eine ueberdimensionierte Halfpipe wirkt und angeblich magnetische Eigenschaften auf nahe Flugzeuge haben soll, die die Piste in Humde anfliegen.
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Danach wurde es botanisch hochinteressant und ich entschuldige mich schon mal im Vorraus, wenn das Ganze hier vielleicht etwas zu einer alpinen Floraexkursion ausartet, aber ich moechte euch diese Schaetzchen nicht vorenthalten. Auf jeden Fall verbrachte ich von den naechsten anderthalb Stunden die meiste Zeit mit den Knien und Ellebogen im Dreck, um den richtigen Ausschnitt zu finden , waehrend der Verschluss meiner Kamera Ueberstunden verbuchen konnte.
Dieses Knabenkraut sah fast so aus, wie das breitblaettrige, dass es bei uns zu hause gibt, (es war wie ein wieder sehen, von Verwandten von alten Freunden)
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Ein wuscheliges Laeusekraut (Pedicularis)
Ich habe gar nicht erwartet, dass Chin Jae wartete, jeder geht eben sein eigenes Tempo. Und in meinen Augen verdient es ein huebsches Plflaenzchen eben, sich mal fuenf Minuten Zeit zu nehmen, sie zu begutachten und ein nettes Portrait von ihren wohlgeformten Bestaeubungsorganen zu schiessen. (Randnotiz: Wieso sind wir Menschen eigentlich so auf Fortpflanzungsorgane fixiert? Fast alle Menschen finden Blumen mehr oder weniger schoen, und unter den Postkarten in den Touristenshops, gibt es mindestens eine die einen dicken Elfanten- oder Pferderiemen zeigt?)
Nachdem sich dieser schoene Wald langsam lichtete, machte sich der Regenschatten der Siebentausender zur linken richtig bemerkbar. Wir passierten eine ausgestorbene Blockhuettensiedlung, der nur noch der vorbei rollende Busch zum perfekten Westernflair fehlte, und fanden uns in einer voellig neuen Landschaft wieder.
(cheu...ich versuche gerade mit Buchstaben Windgeraeusche nachzuahmen)
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Waehrend die Haenge zu unserer linken noch saftig gruen waren, zeigte die Talmitte und der komplette rechte Gebirgsabschnitt einen Ausschnitt aus den Wuesten Nevadas. Ich war zwar noch nie da, aber so stell ich es mir ungefaehr vor.
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Nach dem wir 2 Stunden durch diese wahrlich atemberaubende (die Hoehe machte sich zum ersten Mal leicht bemerkbar) Landschaft gestiefelt waren, sahen wir auf der rechten Bergseite die verlassen wirkende Siedlung von Upper Pisang und Geier kreisten ueber unseren Koepfen.
Eigentlich wollten wir ja dort uebernachten, aber wir waren dann in Lower Pisang (3200m, welches direkt im Talboden vor Upper Pisang liegt) so platt, das wir bei der erst besten Lodge auf die sonnengewaermten Hotelbetten gefallen sind.
Diese nette Gurungfamilie hatte einen super suessen Hund, der mir vorm Fruehstueck zaertlich die Hand durchkauen sollte.
Im Hotelzimmer zueckte ich erstmal Lens-pen und Mikrofasertuch, um mein drittes Auge vom Wuestenwindstaub zu befreien. Dabei stelle ich immer wieder Paradoxen fest. Alle meine Objektive haben vorne einen SCHRAUBschutzfilter. Dieser unterbindet eigentlich jeden Kontakt der Frontlinse zur Aussenwelt. Aber der nepalesische Staub laesst sich doch von so einer unueberwindbaren Barriere nicht aufhalten. Der ist von einem ganz anderen Kaliber.
Wie gern wuerde ich mal den Weg eines Staubkorns nachverfolgen koennen, wie es von den wingigen Berghaengen abgetragen durch das weite Tal getragen wird, um seine Endstation auf der Frontlinse meines Ultraweitwinkelobjektivs zu finden.
Aufbruch: | 14.03.2009 |
Dauer: | 6 Monate |
Heimkehr: | 29.08.2009 |
Nepal
Chitwan Nationalpark