Osteuropareise
Auschwitz
Gestern war ich in Auschwitz.
Sara blieb lieber in Krakau, doch ich hatte das Gefuehl, dass ich dort hinfahren sollte. Also verbrachten wir den Tag getrennt. Am Ticketschalter bestellte ich: Ein Ticket nach Auschwitz bitte. 11 Zloty kostete die Fahrt; 2,74 Euro. Waehrend der eineinhalb stuendigen Fahrt schaute ich aus dem Fenster und dachte unweigerlich an all die Menschen, die damals auch mit dem Zug nach Auschwitz kamen. Ich dachte an die langen hoelzernen Gueterwaggons und fragte mich, wie gut ich es verkraften wuerde, an den Ort zu fahren, wo zwischen 1940 und 1945 ca. 1,1 Mio. Menschen starben. Wir hielten am Bahnhof Krakau Business Park. Zahlreiche Geschaeftsleute stiegen aus. Der Zug nach Auschwitz bringt sie jeden Tag zur Arbeit.
Im Ort Oswiecim, der unter seinem deutschen Namen Auschwitz weltbekannt wurde, leben heute 40.000 Menschen. Es ist weder schoen noch haesslich. Leute fahren einkaufen und gehen zum Friseur. Eine Gruppe Jugendlicher joggt an mir vorbei. Erst als ich den Eingang des Museums Auschwitz erreiche, wird es voll, unruhig. Viele Menschen sind heute hier, Reisebusse quetschen sich auf die letzten freien Parkplaetze und unzaehlige Sprachen schwirren durch die Luft.
Hinein kommt man nur mit einer Fuehrung, mit der Begruendung, dass die geschichtlichen Tatsachen sachgemaess wiedergegeben werden sollen. Ich schliesse mich einer englischsprachigen Gruppe an, da die deutsche Fuehrung erst nachmittags waere.
Man kennt die Bilder: Das hochgeklappte Eingangstor mit dem Slogan Arbeit macht frei, die langen Reihen von Baracken, spaeter in Birkenau, dem weit groesseren Aussenlager, die Gleise, die durch das langgestreckte Haus mit dem Turm fuehren. Und doch hatte ich es mir anders vorgestellt. Es faellt schwer, sich zu vergegenwaertigen, wie es gewesen sein muss hier vor 60 Jahren.
Die Sonne scheint. Das Lager ist voller Menschen, alle 5 Minuten folgt einen neue Besuchergruppe. Der Rasen ist gemaeht. Alles ist sauber und wirkt nahezu friedlich. Da hier seit 1947 viele Millionen Menschen durchgelaufen sind, die sich ein Bild von dem Leiden machen wollten, haben die Gebaeude ihren Schrecken verloren. Klar laeuft auch mir ein Schauer ueber den Ruecken, wenn ich hoere, dass in diesem und jenem Keller Josef Mengele seine Experimente an Menschen durchgefuhrt hat und dass vor dieser Wand tausende erschossen wurden. Aber es erscheint mir weit weg.
Das Grauen, was hier stattgefunden hat, wird einem weit bewusster, wenn anstatt von Gebaeuden von den Menschen die Rede ist: Wenn man die Berge an Schuhen sieht, die nach der Befreiung des Lagers gefunden wurden. All die Toepfe und Kuechenutensilien, die die Menschen mitgenommen haben, im Glauben, nur nach Auschwitz umgesiedelt zu werden. Die Berge an Buersten und Brillen und Kinderkleidern. Am schlimmsten aber sind die Haare.
Ein ganzer Raum voller menschlicher Haare, die abgeschoren wurden, bevor man die Leute umbrachte. Uns wurde gesagt, dass es auf der ganzen Welt keine so grosse Ansammlung von Haaren gibt. (Ich werde diese Bilder nicht veroeffentlichen).
Man wird durch die Baracken gefuehrt und hoert vieles, was man schon weiss. Ich denke, dass man durch einen guten Schulunterrricht und wenn man schonmal Filme wie Schindlers Liste oder Dokus ueber KZs gesehen hat oder zB in Buchenwald war, ganz gut vorbereitet ist auf das, was man hier zu sehen bekommt. Und doch ueberkommt einen Uebelkeit und irgendwann moechte man nur noch raus in die Sonne und durchatmen.
Als ich im Bus zuerueck nach Krakau fuhr, fragte ich mich, wie ich nun den Abend verbringen wuerde. Kann man abends ein Bier trinken gehen? Kann man froehlich sein und Spass haben?
Ja, man kann. Man darf nur nicht vergessen.
Aufbruch: | 12.07.2009 |
Dauer: | 10 Wochen |
Heimkehr: | 21.09.2009 |
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