Osteuropareise

Reisezeit: Juli - September 2009  |  von Tabea Lerch

Istanbul

Istanbul!

Wie beschreibt man diese Stadt?
Zuallererst einmal faszinierend.
Gross, riesengross ist sie und anfangs unueberschaubar und ein bisschen beaengstigend.
Schon 20km vor der Stadt standen die ersten Hochhaeuser entlang der Autobahn und wir im Stau. Der Verkehr ist Wahnsinn, bei einer Bevoelkerung der Metrolpolregion von 15 Millionen Menschen aber kein Wunder.

Abends um 19 Uhr kamen wir am Hauptbusbahnhof an, der allerdings noch weit ausserhalb lag. Es dauerte eine Weile, bis ich den passenden Bus fand, der mich zum Treffpunkt mit meinem Host bringen wuerde. Ich fand aber sehr hilfreiche Leute, die mir den Weg zeigten.
Als ich dann im Bus sass, ueber die Bruecke fuhr und rechts den Bosporus sah, da musste ich erstmal schlucken. Das Gefuehl laesst sich schwer beschreiben. Ich war angekommen, ich hatte es tatsaechlich bis nach Istanbul geschafft. Nun war ich also da! Zwei Monate und eine Woche reisen lagen hinter mir. Ich hatte sogar ein bisschen feuchte Augen.

Buraks Zimmer

Buraks Zimmer

In Besiktas traf ich dann Burak, ein sehr moderner, alternativer junger Tuerke mit Nickelbrille und Zopf. Wir fuhren gemeinsam mit der Faehre ueber den Bosporus, da er auf der asiatischen Seite lebt. Nun betrat ich also zum ersten Mal in meinem Leben asiatischen Boden. Er lebt in einer WG mit drei anderen Jungs, was hier noch recht untypisch ist. Sie haben ein ganzes kleines Haus fuer sich, was eng zwischen zwei andere Haeuser gequetscht ist. Leider war seit dem Morgen die Toilette ueberflutet wegen eines Leitungsbruchs. Naja, mit sowas muss man dann halt klarkommen.

Wir waren dann noch in Kadikoey, dem Zentrum der asiatischen Seite aus, und sassen gemuetlich in einer Bar. Hier herrscht seit wenigen Monaten ueberall drinnen Rauchverbot, was ich gan angenehm fand. Burak ist Englischlehrer und studiert nebenher noch. Sein Plan ist, in zwei Jahren nach Berli zu ziehen und dort zu arbeiten. Er war erst letzte Woche dort und am besten hat es ihm, wie soll es auch anders sein, in Kreuzberg gefallen.

Am naechsten Morgen konnte ich lange ausschlafen, waehrend Burak schon um 7 Uhr zur Arbeit aufbrach. Ich fruehstueckte Fladenbrot mit Kaese, Tomaten und Oliven und machte mich dann auf den Weg, die Statd zu erkunden. Fuer diesen Tag nahm ich mir noch ein Stadtviertel vor, das auf einer Halbinsel liegt und quasi das touristische Zentrum ist. Unglaublich, was hier los ist! Es herrscht so viel Leben und Trubel. Ueberall gibt es Maerkte und man kann so tolle Sachen kaufen. Auf dem Grand Bazar fuehlte ich mich wie in Dubai. Ein Stand neben den anderen gedraengt, viele viele Menschen, Teppiche, Schuhe, Lampen, Kleider, Schmuck, Suessigkeiten, Tiere... man kann hier einfach alles kaufen. Die Stimmung dort faszinierte mich.

Als Frau allein ist es manchmal nervig, weil man im Grunde staendig angesprochen wir und Maenner versuchen, einen ins Gespraech zu verwickeln. Die beste Taktik ist, sie einfach zu ignorieren und vorbeizugehen. Das klappt dann auch ganz gut.
Burak gab mir den Tipp, wenn ich etwas kaufen wolle, im Normalfall nur ein bisschen mehr als die Haelfte des angebotenen Preises zu bezahlen. Und so handelte ich froehlich und war auch ganz erfolgreich dabei. Der Flohmarkt in Muenster hat mich trainiert
Endlich kann ich mir mal was groesseres kaufen. Die ganze Zeit ueber dachte ich mir: Du musst das die ganze Zeit mit dir rumschleppen, lass es lieber.

Zu sehen gibt es hier so viel! unheimlich spannend finde ich das islamische Leben. Da freitag war, versammelten sich mittags alle in den Moscheen zum Freitagsgebet. Und da die meisten voll waren, entrollten die Maenner ihre Teppiche mitten auf dem Gehsteig. Da hockten sie dann in einer trubulenten Strasse vor lauter vorbeigehenden Leuten und beteten.

Morgens frueh wurde ich vom Ruf des Muezzins geweckt. Ich hatte das tatsaechlich noch nie gehoert und war auch hier fasziniert. Ich hatte es mir eher wie einen Ruf, eine Art Ansage vorgestellt. Tatsaechlich war es Gesang. So fremd, aber so schoen!
Es dauerte fast fuenf Minuten und war so laut (durch Lautsprecher verstaerkt), dass ich in dieser Zeit nicht wieder einschlafen konnte. Also lag ich da und lauschte und als er aufhoerte schlief ich wieder ein. Ein bisschen seltsam finde ich, dass er auf arabisch ruft, was natuerlich die Sprache des Koran ist, hier aber fast niemand arabisch spricht. Die Leute haben die wichtigsten Saetze auswendig gelernt und verstehen sie so in etwa.

Die Blaue Moschee

Die Blaue Moschee

Nachmittags sass ich dann erschoepft auf einer Bank und ruhte mich aus, als ploetzlich jemand auf mich zukam und mich freudig begruesste. Es war der Kanadier, mit dem ich tags zuvor im Bus von Varna hergefahren war. Haette nicht gedacht, dass einen das in einer so grossen Stadt passieren kann. Ich freute mich sehr und wir besichtigten dann gemeinsam den Gewuerzbasar und assen Doener.
ich selbst musste hier erstmal lernen, dass das Wort Doener keineswegs eine deutsche Erfindung ist (ich dachte, hier hiesse er Kebab) und dass süper kein umgangssprachliches Wort der Deutschtürken ist, sondern normales türkisch.
Wenn man mal in Berlin gelebt hat, kommen einem manche Ecken der Stadt seltsam vertraut vor. Die Lebensmittellaeden in Moabit sehen haargenauso aus, wie die hier.

Freitagsgebet auf dem Gehsteig

Freitagsgebet auf dem Gehsteig

Zwei Tage habe ich noch. Heute gehts zu Hacer und ihrer Familie. Ich dachte mir, es waere bestimmt spannend hier bei zwei verschiedenen Leuten zu wohnen. also hatte ich mir noch einen zweiten Host gesucht. Ich bin gespannt auf das Familienleben hier und auf die Festlichkeiten zum Ende des Ramadam, die morgen anfangen.
Am meisten freue ich mich aber mittlerweile auf Zuhause.

Auf dem Grand Bazar

Auf dem Grand Bazar

Der Bosporus und ich

Der Bosporus und ich

© Tabea Lerch, 2009
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Die Reise
 
Worum geht's?:
In gut zwei Monaten quer durch Osteuropa und zwar low budget, allein und mit möglichst viel Kontakt zu Einheimischen. Start: Kassel - Ziel: Istanbul!
Details:
Aufbruch: 12.07.2009
Dauer: 10 Wochen
Heimkehr: 21.09.2009
Reiseziele: Tschechische Republik
Polen
Slowakei
Ungarn
Rumänien
Bulgarien
Türkei
Der Autor
 
Tabea Lerch berichtet seit 15 Jahren auf umdiewelt.
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