Osteuropareise

Reisezeit: Juli - September 2009  |  von Tabea Lerch

Bukarest

Schon eine Weile vor Bukarest wurde der Verkehr immer dichter und auf Hoehe des Flughafens ging dann gar nichts mehr. Es war echt verrueckt, mitanzusehen, wie wild und ungeordnet die Leute umherfuhren. Innerhalb der Stadt wurde das nicht besser, aber dazu spaeter mehr.

people's palace

people's palace

Wenn man in die Stadt reinfaehrt, kommt man unweigerlich am grossen Triumphbogen Ceaucescus vorbei. Als wir im Fruehling in Paris waren, besuchten wir dort im Triumphbogen Napoleons eine kleine Ausstellung, die alle slche Boegen in Europa zeigte. Damals dachte ich noch: Na, ob du den in Bukarest wohl auch zu Gesicht bekommen wirst? Und nun war ich tatsaechlich da udn habe es bis hierher geschafft. Schon ein gutes Gefuehl.

Ich hatte ein Hostel ausgewaehlt, dass als "by far the best accomodation in town" beschrieben wurde. Es lag ein ganzes Stueck weit noerdlich des Ortes, wo ich rausgelassen wurde. Aber ich nahm nicht, wie anzunehmen den Bus, sondern lief hin. Schlechte Entscheidung. Der Rucksack war schwer und ich sowieso muede. Dann war auch noch die Karte in meinem Guide falsch und das Hostel bei weitem nicht dort, w es eingezeichnet war. Als fragte ich zahlreiche Leute, und die schickten mich dann jeweils in verschiedene Richtungen, weil sie selbst auch nicht recht wussten, wo es war. Nach fast einer Stunde Suchens kam ich entnervt endlich an. Vor dem Haus in der richtigen Strasse mit der richtigen Hausnummer eroeffnete mir dann ein Mann, dass das Hostel nicht mehr existiere.

Triumphbogen

Triumphbogen

Ich regte mich gar nicht erst auf (hatte keine Kraft mehr dazu) und nahm die naechste Tram zurueck in die Stadt. Ein netter Typ brachte mich dann zu meiner Zweitwahl, der Villa 11, einem kleinen, feinen Hostel in Bahnhofsnaehe. Ich hatte angenommen, dass er vom Hostel sei und die Reisenden dorthingeleitete, weil es schwer zu finden war
(er sagte das auch). Aber als wir ankamen, wollte er dann ploetzlich Geld haben fuer seine Dienste. War ich froh, als ich endlich ins Hostel eingelassen wurde und in mein Bett fallen konnte. Es war eine sehr gute Wahl, denn am naechsten Morgen gab es ein ausgiebiges und leckeres Fruehstueck inklusive. Die Leiter sind ein kanadisches Ehepaar und so gab es pancakes mit Marmelade. Mmmhh! Sie boten dann noch allerlei Hilfen an und auch, dass man sich einfach bedienen solle bei allem in der Kueche und wie zuhause fuehlen. Das tat ich dann auch.

Vormittags fuhr ich dann zu Ceaucescus people's palace, dem groessten Gebauede Europas und zweitgroessten der Welt nach dem Pentagon. Er liess damals in 1983 fuer den Bau ein ganzes Stadtviertel einfach abreissen. Dorthin baute er eine Strasse, die genau 6 Meter laenger ist, als die Champs Elysees in Paris, um die Franzosen auszustechen. Das Gebaeude hat 1000 Raeume und ist auch von innen sehr prunkvoll. Von dem grossen Balkon konnte Ceausescu leider nicht mehr selbst zu seinem Volk sprechen, da er 1989 ermordet wurde. Dafuer, so sagte man uns, stand Michael Jackson 1995 auf dem Balkon und begruesste die jubelnde Masse darunter. Leider soll er sich versprochen und "Hello Budapest" gesagt haben.

Im Villagemuseum

Im Villagemuseum

Der Palast dient heute als Parlament Rumaeniens. Da die Raeume damit aber noch laengst nicht ausgefuellt sind, befindet sich auch der Sitz des Nationalgerichtshofs, des Senats und das internationale Konferenzzentrum im Haus. Im Anschluss besuchte ich das Natinalmuseum fuer zeitgenoessische Kunst, das sich auf der Rueckseite im Gebauede befindet. Ich musste dafuer 20 Minuten (!!!) drumrumlaufen um das ganze Gelaende, bis ich ankam.

Nachmittags war ich dann im historischen Stadtzentrum, dass mich aber nicht sonderlich beeindruckte. Interessant finde ich allerdings die Kontraste in dieser Stadt. Oftmals sieht man Bauruinen grossartiger Palaeste rumstehen, die nicht fertig gestellt wurden und einfach verkommen. In der Altstadt wurde gerade ein Film gedreht, daneben war die ganze Strasse aufgerissen und es wurde gebaut. Pfarrer laufen neben Gothics rum. Uralte Autos parken neben riesigen Gelaendejeeps. Das kann einen auch ueberfordern. Der Kontrast zum Landleben in Mosna war gross.
Als Fussgaenger hat man quasi verloren. Hier gilt uneingeschraenkt das Recht des Staerkeren. Und selbst, wenn man gruen hat, muss man sich nochmal umgucken, ob nicht doch ein Auto bei Rot drueber faehrt. Ich habe bebachtet, wie Autos noch extra Gas geben, wenn Fussgaenger die Strasse ueberqueren und diese dann zur Seite springen muessen. Es herrscht grosse Respektlosigkeit. Ausserdem ist es laut und stinkig.

Wie gut, dass mein Host in dr zweiten und dritten Nacht in Bukarest Fahrraeder vermietet. Das ist sicherlich der richtige Weg, allerdings noch nicht sehr verbreitet und daher wenig akzeptiert. Er lebt weit im westen der Stadt in einer Betonsiedlung, wie der Grossteil der Bevoelkerung. Wir waren dann abends in einem Rockclub, wo immer donnerstags Jamsession ist. So gab es durchaus gute Livemusik und es war sehr nett.

Vincentiu bekam dann ploetzlich einen Anruf von einem anderen Deutschen, der auch mit hospitality bei ihm uebernachtet und der gerade in der Stadt unterwegs war. Er sei ausgeraubt worden und im Krankenhaus und wir sollten schnell kommen. Wir sprangen gleich in ein Taxi. Wir mussten ihn dann erst suchen, es wurde gerade einige Untersuchungen an ihm vorgenommen. Danach erzaehlte er uns, dass er in einem Park gesessen habe und auch was getrunken hatte. er sprach mit einem netten Maedel. Dann kamen aber zwei junge Maenner hinzu und luden ihn ein, zusammen in einen Club zu gehen. Er ging mit und in einem Tunnel schlugen sie ihn dann und wollten seine Kamera klauen. Er verteidigte sich und rannte weg. Anfangs sah es im Krankenhaus dann so aus, als sei er mit blauem Auge hinweg gekommen und er wollte schon heimgehen. Doch dann wurde Blut in seinem Urin festgestellt, was definitiv nicht okay ist. Die Diagnose spaet in der Nacht lautete dann, Fraktur an der Wirbelsaeule und Trommelfellriss. Es war gut, dass Vince da war ud uebersetzen konnte und dass ich da war, damit er jemanden hatte, mit dem er Deutsch sprechen konnte. Seine Kamera hatte er uebrigens verteidigt.
Nun ja, was lernen wir daraus? Ich denke, er war sehr unvorsichtig und hat definitiv den falschen Leuten vertraut.

Am Samstag verbrachte ich dann den halben Tag im Krankenhaus, brachte ihm Essen, kaufte Medikamente und unterhielt ihn ein bisschen. Nachmittags shaute ich mir noch das Village Museum an. Dort sind in einem Park ganz viele typische Haeuser aus den verschiedenen rumaenischen Regionen in Originalgroesse ausgestellt. Man kann auch hineingehen, die Einrichtung bewundern und so viel ueber die Lebensweise der Menschen frueher lernen. Das war wirklich sehr nett, kann ich empfehlen! In den Galerien fuer rumaenische und europaeische Kunst war ich auch noch.

Sonntag hiess es dann wieder Abschied nehmen, wobei ich nicht traurig war, die Grossstadt zu verlassen und endlich ans Meer zu kommen.

© Tabea Lerch, 2009
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Die Reise
 
Worum geht's?:
In gut zwei Monaten quer durch Osteuropa und zwar low budget, allein und mit möglichst viel Kontakt zu Einheimischen. Start: Kassel - Ziel: Istanbul!
Details:
Aufbruch: 12.07.2009
Dauer: 10 Wochen
Heimkehr: 21.09.2009
Reiseziele: Tschechische Republik
Polen
Slowakei
Ungarn
Rumänien
Bulgarien
Türkei
Der Autor
 
Tabea Lerch berichtet seit 15 Jahren auf umdiewelt.
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