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Bolivien: La Paz
La Paz
Paz de la Paz...
Das Pirwa Hostel ist eines der bekannteren und relativ zentral liegenden Hostels in La Paz und war von der Atmosphäre her relativ entspannt. Partymässig jedoch nicht der Rede wert, im Gegensatz zu den dafür bekannten Hostels wie das Adventure Brew um die Ecke, das Loki oder Wild Rover. Uns war das wurscht, da bei uns einmal Party machen direkt 3 Tage Erholung erfordert und so ist das mittlerweile eh was rarer geworden.
Glücklicherweise konnten wir hier neben den zahlreichen Schlafsälen auch einen Privatraum finden, der gleich mal mit 140 Bob`s (7,5 Bob ~ 1 €) zu Buche geschlagen hat. Noch am gleichen Abend ging`s für uns per Seilbahn, von denen es in La Paz drei verschiedene gibt, in den höchsten, bevölkertesten und gleichzeitig gefährlichsten Stadtteil nach „El Alto“. Kaum aus der Gondel ausgestiegen, waren wir schon mittendrin im größten Markt Südamerikas, auf dem man neben allem möglichen Scheiss auch Waffen und sonstiges illegales Zeux kaufen kann. Unser Grund jedoch, dem Stadtteil einen Besuch abzustatten, war das jeweils donnerstags und sonntags stattfindende Event „Lucha de las cholitas“. Ähnlich wie dem mexikanischen „lucha libre“, was von den Locals auch tierisch abgefeiert wird, bekämpfen sich hier die einheimischen Frauen, also die „cholitas“ in guter Wrestlingmanier und nehmen`s dabei auch mit den Männern auf. Da wir diese Tour im Gegensatz zu den anderen 90% der ausländischen Besucher nicht übers Hostel gebucht haben, sondern die Eintrittstickets erst vor Ort gekauft haben, hat`s direkt nur noch die Hälfte gekostet. Das ganze Spektakel entwickelte sich mit zunehmender Zeit zu einer richtigen Schlacht, bei dem fast das ganze Publikum mitwirkte und mal Orangen auf den fiesen Gegner schmiss, nur um kurze Zeit später das gekaufte Bier oder wahlweise auch drei Liter Colahumpen auf den gleichen zu verschütten. Leider sassen wir zwischen dem Ring und den fanatischen Einheimischen und immer wieder landeten irgendwelche Obststücke auf unseren Schoss, Gesicht, Kamera usw. An sich war das ganze recht witzig, aber schon übertrieben zugeschnitten auf die Ansprüche der Traveller und Touris.
Abends hieß es mal wieder, sich mit Ilka zu verabreden, die ein Hostel weiter in der gleichen Strasse wohnte und auf ihren baldigen Abflug nach Spanien wartete. Eigentlich gingen wir davon aus, ihr gar nicht mehr über den Weg zu laufen, aber da die fix ihre Pläne geändert hat, hatten wir hier auch nochmal drei Tage zum gemeinschaftlichen Abhängen.
Am nächsten Tag hatten wir vor, dem wohl einzigartigsten Knast der Welt, im Stadtteil San Pedro, einige hundert Meter von unserem Hostel entfernt, einen Besuch abzustatten. Einzigartig deswegen, weil dessen Häftlinge sich hier alles erkaufen müssen. Angefangen von der Zelle, übers Inventar bis hin zu mehrtägigen Freigängen. Wer Kohle hat lebt darin wie ein König und wer nichts hat, ist gezwungen irgendwo auf den Fluren zu schlafen. Außerdem ist es den Angehörigen der Gefangenen erlaubt, mit im Gefängnis zu leben. Hinzu kommt, dass innerhalb der Gefängnismauern ein Großteil, des in Boliviens gehandelten Kokains hergestellt wird. Bis vor fünf Jahren wurden sogar noch von Häftlingen Touren und Übernachtungen gegen gutes Geld angeboten. All dies wussten wir durch das Buch „Marching Powder“, dass wir schon vor mehreren Jahren gelesen haben, in dem ein englischer Tourist mit mehreren Kilogramm Kokain am Flughafen von La Paz hochgenommen wird und seinen über 10 Jahre langen Aufenthalt und das unglaubliche, überwiegend auf Korruption basierende System im San Pedro Gefängnis schildert. Mittlerweile bietet ein amerikanischer Ex-Häftling vor dem Platz des Gefängnisses täglich sog. „Walking-Touren“ an und erzählt dabei, wie es ihm ergangen ist. Nachdem das Buch mittlerweile fast schon jedem Bolivienbesucher bekannt ist, will natürlich auch jeder mehr darüber wissen und so sind dessen Touren immer recht gut besucht. Da er Geld wohl direkt in Kokain investieren würde, besteht der Ex-Häftling darauf,anstelle von Trinkgeldern lieber einen Einkauf spendiert zu bekommen. Komischerweise hat er bei uns das Gleiche gekauft, wie einen Tag vorher bei Ilka. U.a. eine recht teure, 2kg große Vorratspackung an Milchpulver, was den Schluss nahe legt, dass der Typ sich einfach das teuerste raussucht und etwas später alles wieder gegen Bares zurücktauscht und so einen für Bolivien unglaublichen Verdienst hat. Trotzdem war es recht interessant, sich die abgefahren Stories von Dave aus Brooklyn anzuhören. Vor den Toren sieht man auch immer wieder, wie diverse einheimischen Frauen iwelche Sachen durch die Tore zugesteckt bekommen und umgekehrt. Auf jeden Fall mal nen Besuch wert.
Ein weiterer Punkt auf unserer „To-Do“-Liste war natürlich wie für die meisten Bolivienbesucher, der legendäre Mountainbiketrip auf der gefährlichsten Strasse der Welt, der sog. „Death Road“ oder „Camino de la muerte“, was bis vor einigen Jahren noch die einzige Verbindung von La Paz in den Nordwesten des Landes war. Jährlich starben bei der Nutzung der Strasse Dutzende von Einheimische, Traveller und deren Guides. Zuletzt sei wohl ein Argentinier einen 90° Grad steilen Abhang runtergeflogen, als er beim Fotomachen der Gruppe einen Schritt zu weit nach hinten getreten ist. Schon bei unserem Trip durch Zentralamerika haben wir von der Möglichkeit gehört, mit Mountainbikes die „Death Road“ runter zu donnern, wobei man innerhalb von 2,5 Stunden von 4671m auf 1300m kommt. Die Strasse wurde in den 30er Jahren während des „Chaco“-Kriegs zwischen Bolivien und Paraguay von letzteren Häftlingen erbaut und wurde erst 2006 (nach 20 Jahren Bauzeit) durch die neue asphaltierte und wesentlich ungefährlichere Strasse in den Ruhestand geschickt, die immerhin auch Leitplanken hat. Trotzdessen nutzen aber noch viele die alte Strasse, auch weil die neue wegen Renovierungen im Moment täglich von 7:00 Uhr bis 16:00 Uhr gesperrt ist.
Jedenfalls haben wir es trotz der Eiseskälte und des kurz nach dem Start einsetzenden Regens überlebt und hatten ein paar aufregende Stunden. Immer wieder hält man an um Fotos zu machen, begutachtet die Kreuze am Strassenrand, hinter denen es hunderte Meter steil den Abgrund nach unten geht und keinerlei Absperrung einen daran hindern würde, die Schotterpiste ungewollt zu verlassen. Irgendwann dann im mittlerweile heissen Tal, knapp 3500 m tiefer angekommen, gab`s in nem Hotel noch was zu essen und ne heisse Dusche, bevor dann die vollbepackten Vans (innen die Touris & auf dem Dach die Fahrräder) zurück nach La Paz fuhren. Wir haben uns allerdings entschieden der Kälte einen Streich zu spielen und eine Nacht im viel wärmeren Coroico zu bleiben. Coroico ist ne schöne tropisch anmutende Stadt in den „Yungas“, so der Name der Gegend nordöstlich von La Paz und gleichzeitiger Ausgangsort für Touren in den Dschungel. Leider hat es bei uns die ganze Zeit bis zum Abend durch geregnet und wir konnten die neuerliche Wärme nicht so ganz genießen. Trotzdem wollten wir die Zeit hier einigermaßen sinnvoll nutzen und so haben wir für den nächsten Tag bei einem Einheimischen für 10 US-$ eine Tour gebucht, die uns durch den Dschungel nach Tocana führen sollte, wo u.a. noch einige Afrobolivianer leben, die vor hunderten von Jahren von den Spaniern als Sklaven hier her gebracht wurden. Abends haben wir noch ein bolivianisches Restaurant gefunden, wo es schweizerisches Käsefondue gab und dann ging`s auch irgendwann schon wieder in das billigste Hostel der Stadt, in unser Schimmelloch zum Schlafen.
Am nächsten Morgen gings dann pünktlich um 08:00 uhr los und unser Führer, der Sohn eines mittlerweile verstorbenen Schamanen, wusste so ziemlich zu jeder Pflanze was zu erzählen, sagte uns welche Früchte wir essen könnten und welche besser nicht. Der Walk an sich war ziemlich fordernd und unser Führer sichtlich geübt, weil er immer wieder auf uns drei (der andere war ein Franzose, der nicht viel zu sagen hatte) warten musste. Die Wege führten immer wieder durch satthgrünen Dschungel vorbei an Cocafeldern und den darin sitzenden, pflückenden Frauen. Das Dorf, wo wir auf die farbigen Bolivianer hofften, war jedoch eher eine Enttäuschung, weil wir keinen einzigen zu Gesicht bekamen, was wohl daran lag, dass wir eher an dem Dorf vorbei gelaufen sind. Naja, egal. Trotzdem hatten wir n bisschen was von der Gegend gesehen und konnten guten Gewissens zurück in die versmokte Großstadt. Glücklicherweise hatten wir im gleichen Hostel einen Raum für unsere Rückkehr reserviert. Unglücklicherweise hat die Reservierung nicht geklappt und alle Räume waren voll. Leider hat unser Rumgemeckere auf Spanisch nicht allzu viel bezweckt und letztendlich mussten wir uns ein neues Hostel suchen. Noch unglücklicher war der Umstand, dass am nächsten Tag das Fest des Jahres, nämlich „Gran Poder“ in La Paz stattfinden sollte, was Scharen aus dem Umland angezogen hat und dementsprechend alle Unterkünfte voll waren. Wir haben dann glücklicherweise noch eine billige Klitsche finden könnten, die jedoch so runtergerockt war, dass für uns schnell klar war, hier bald weg zu müssen. Eigentlich war die Kälte in dem Zimmer das Schlimmste, so dass die abgefuckte Matratze und das spärlich vorhandene Warmwasser Nebensache waren. Das Fest am nächsten Tag war eher nervig, da sämtliche Strassen gesperrt waren, von frühs bis abends unterschiedliche Musikgruppen mit ein und der gleichen ultralauten und teils sehr schiefen Musik durch die Stadt marschiert sind. Damit man auch ja nichts zu sehen bekommt, wenn man sich keinen teuren Sitzplatz an der Strasse kaufte, wurde alles abgehängt und damit ein Durchkommen an die zentralen Plätze nahezu unmöglich gemacht. Als wir drei Tage später in Potosi waren, hat uns der Eigentümer des Hostels erzählt, in der Zeitung gelesen zu haben, dass die Pacenas, so der Name der Einwohner von La Paz, das Ende des eintägigen Fests nicht so ganz akzeptieren wollten und der Großteil der Besucher noch immer am Saufen wäre.
Auch hier hab ich mich auf die erschwerliche Reise gemacht, um dem lokalen und gleichzeitig weltweit höchsten Skatepark abzuchecken, der erst vor kurzer Zeit fertig gestellt wurde und im erhabenen und nochmal 400 m höher gelegenen „Parque Pura Pura“, etwas oberhalb der Stadt liegt. Zwar fahren hier auch alte Busse den steilen Berg nach oben, doch man weiß nie so richtig welcher Bus der richtige ist, so dass ich lieber gelaufen bin. Oben angekommen, war der Park direkt ma geschlossen und die Mission wurde auf den nächsten Tag verschoben, was dann auch geklappt hat. Ansonsten waren wir hier noch im „Valle de la luna“, einer bizarren Felslandschaft, nur ein paar Minuten außerhalb von La Paz und haben an unserem vorletzten Tag hier, dem Riesenmarkt in El Alto noch einmal einen Besuch abgestattet. Leider wird hier auch ziemlich viel Schrott, Gefälschtes und sonstiges langweiliges Zeux verkauft, so dass wir nach einer geschätzten Stunde das Gefühl hatten, alles gesehen zu haben.
Nach einer vollgepackten Woche war`s für uns dann an der Zeit unsere Sachen zu packen und zum nächsten Stop nach Potosi zu fahren, einer mit 175.000 Einwohnern wesentlich kleineren und südlich von La Paz gelegenen Minenstadt am Berg „Cerro Rico, dessen Silberreichtum die Stadt im 17. Jh zu einer der größten Städte der Welt machte. Aufgrund der letzten schäbigen Bude in La Paz, haben wir uns entschieden, hier mal wieder ein beliebteres Hostel (Koala Den) anzusteuern, was dann glücklicherweise auch ein Volltreffer war.
Traurig. Aufgrund des ziemlich weit unten angesiedelten Berufsstatus` und der damit eihnergehenden Angst erkannt zu werden, tragen alle Schuhputzer solche Masken.
San Pedro Prison. Nach dem Foto ist gleich ein Polizist auf uns herbeibgeeilt mit der Forderung sofort das Bild zu löschen.
Aufbruch: | 01.09.2014 |
Dauer: | 12 Monate |
Heimkehr: | 10.09.2015 |
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