Zu den Burgen im Zweimuldental
Meißen - Albrechtsburg
Jetzt bleiben uns noch zwei Tage, ist die Frage zu klären: Großstadt oder weitere Schlösser. Das Wetter entscheidet sich für Schlösser, denn die Wahrscheinlichkeit von heftigem Regen ist in Dresden größer als in Meißen oder Moritzburg. Als wir losfahren, regnet es und der Himmel ist vergangen. In Meißen nach einer guten Stunde angekommen, suchen wir etwas länger nach dem Parkplatz, den wir dann in hochwassergefährdeten Bereich auf der anderen Elbeseite finden. Es sind ganze 800 m Fußweg über die Brücke zur Innenstadt, und da es aufgehört hat zu regnen, mit Regenschirm bewaffnet schnell erledigt.
Durch die Burgstrasse die z.Zt. völlig erneuert wird, laufen wir hoch zur Albrechtsburg, wo wir neben dem eigentlichen Burggebäude auch die Sonderausstellung zu Benno dem im 16. Jh. heilig gesprochenen Bischof von Meißen mit unserem Dauerticket sehen können.
Zunächst fürht der Rundgang durch riesige Hallen und Räume mit beeindruckenden Wandmalereien und tollen Gewölben.
Die Kleine Tafelstube, so benannt, weil sie im 16. Jahrhundert vermutlich der Fürstenfamilie als Speisesaal diente, gehörte vermutlich mit dem darüber liegenden Wappensaal zu einem der für die Albrechtsburg typischen Appartements: Einer beheizbaren Stube samt Schlafkammer mit Abortzugang. Üblicherweise lagen diese Räume nebeneinander, hier jedoch verbindet sie eine in der Mauer verborgene Treppe.
Zu Manufakturzeiten schufen eingezogene Zwischendecken Platz für Kapseldreher, Tonziegelformer und die Zeichenschule. Im 19. Jahrhundert richtete man den Saal erneut als Speisesaal ein.
Eine Etage höher ist in weiteren prächtigen Räumen die ausführliche Dokumentation 'der Weg zum weißen Porzellan' untergebracht.
Etwa Mitte des Jahres 1705 lenkt Ehrenfried Walther von Tschirnhaus die Aufmerksamkeit Johann Friedlich Böttgers von der Goldmacherei auf die Herstellung keramischer Stoffe. Tschirnhaus hat sich bereits intensiv damit beschäftigt, wie man Glas und Steinzeug herstellen kann.
Auf Anordnung August des Starken entsteht rund um Böttger eine gut organisierte Gruppe aus Wissenschaftlern, Facharbeitern, hohen Beamten und einflussreichen Personen. Sie vereinen den höchsten Wissensstand und die brillantesten technischen Fähigkeiten ihrer Zeit. Gemeinsam suchen sie nach dem Geheimnis der Porzellanherstellung.
Drei Jahre lang führt die Arbeitsgruppe Versuch um Versuch durch. Sie verkraften Rückschläge, feiern Teilerfolge, forschen hartnäckig weiter. Schließlich gelingt ihnen auf der Jungfernbastei in Dresden der Durchbruch: Im Juli 1708 gibt einer der Brennöfen das erste weiße Porzellan Europas preis.
Ehe nach diesem ersten Erfolg Porzellan fabrikmäßig hergestellt werden kann, vergehen weitere Jahre harter Arbeit.
Gelbes Gold oder weißes Gold'
Während seiner Lehre zum Apothekergesellen lernt Böttger Verfahrens- und Arbeitsweisen kennen, die zur Herstellung von Medikamenten, aber auch in der Metallverarbeitung und bei den Versuchen der Alchemisten verwendet werden.
Auch Böttger sucht den „Stein der Welsen", das geheime Wissen künstlich Gold herzustellen. Sein öffentlicher Auftritt als Goldmacher 1701 in Berlin zwingt ihn zur Flucht und treibt ihn direkt in die Arme August des Starken. Dieser lässt Böttger inhaftieren, richtet ihm in Dresden ein Labor ein und erwartet nur eins: massenhaft Gold! Schon bald gesellt sich ein „Nebenwerk" hinzu*. Die Suche nach dem Geheimnis der Porzellanherstellung. 1705 lässt August der Starke ein neues „geheimes Laboratorio" auf der Albrechtsburg einrichten. Als die Schweden anrücken, werden Böttger und einige Mitarbeiter im September 1706 auf der Festung Königstein in Sicherheit gebracht. Ihre Experimente können sie erst 1707 in einem neuen Labor in Dresden wieder aufnehmen. Dort gelingt ein Jahr später der erste Brand von europäischem Porzellan.
Zwei Ansätze prägen die Gestaltung des Porzellans in den ersten Jahren der Manufaktur: Böttger will sowohl aus der roten wie der weißen Masse Gefäße, Geschirre und Gerätschaften herstellen, die in ihren Formen und Funktionen den kostbaren Silbergeschirren gleichkommen. Das legt er 1709 in der Schrift „Unvorgreiffliche Gedanken" dar.
Im gleichen Jahr wählt August der Starke mehrere asiatische Porzellane aus seiner Sammlung aus, um sie nachformen zu lassen. Er sieht das ostasiatische Porzellan als künstlerische Inspirationsquelle und als zu erreichendes Ziel. 1710 wird der Hofgoldschmied Johann Jacob Irminger als Modellformer der Manufaktur angestellt. Sein gestalterisches Vermögen soll die künstlerische Qualität und die gewünschte Anlehnung an die Formensprache der Silber- und Goldarbeiten sicherstellen. Die Produktion bleibt aber noch hinter den gesetzten Ansprüchen zurück. Erst ab 1713 kann die Manufaktur Porzellane in hoher Qualität und Zahl liefern.
Die ersten Jahre der Manufaktur stehen ganz im Zeichen der Produktion des „Jaspisporzellans", heute Böttgersteinzeug genannt. Die Eigenschaften dieses Materials erlauben Bearbeitungstechniken, die für andere keramische Produkte nicht denkbar waren. Es entstehen dünnwandige Gefäße mit scharfgeschnittenen, feinen Dekoren, die zudem geschliffen, graviert und poliert werden können. Die Techniken sind in Sachsen und Böhmen aus der Glasindustrie bekannt, spezialisiertes Personal ist bereits vorhanden.
In kurzer Zeit entsteht eine umfangreiche Produktpalette, die sich sowohl an asiatischen Vorbildern orientiert wie an der europäischen Silbergestaltung.
Trotz seiner hohen Qualität wird das Böttgersteinzeug bald vom weißen Porzellan verdrängt: 1735 erscheint es leztmalig in den Warenlisten der Manufaktur.
Weißes Porzellan erreicht erst um 1713 eine marktfähige Qualität. Dieses frohe Porzellan, das Böttgerporzellan, hat noch einen leicht gelblichen Farbton, hervorgerufen vom anfangs als Flussmittel verwendeten Kalk. Erst als man Kalk durch Feldspat ersetzt, gelingt in den frühen 1720er Jahren - nach Böttgers Tod - die Herstellung eines reinweißen Scherbens.
Für die Entwicklung der Formen ziehen die Gestalter beim weißen Porzellan, wie schon beim Böttgersteinzeug, sowohl asiatische Vorbilder als auch die europäische Goldschmiedekunst heran. Viele Objekte zeigen, wie beide Inspirationsquellen zu neuartigen Formen und Dekoren verschmelzen.
Erst nach Böttgers Tod 1719 gelingt es der Manufaktur, farbig bemaltes Porzellan einer Qualität zu produzieren, die dem ostasiatischen Porzellan vergleichbar ist. Bunte Schmelzfarben, die den hohen Temperaturen standhalten, entwickelt Johann Gregorius Höroldt nach 1720. Bis dahin experimentiert man mit kalt aufgetragenen Lackfarben und Emailfarbendekoren.
Mit der Technik der unterglasurblauen Malerei erlangt die Manufaktur erst im Todesjahr Böttgers erste Erfolge. Einem seiner engsten Mitarbeiter der ersten Stunde, David Köhler, fällt der Verdienst zu, ein erstes brauchbares Rezept entwickelt zu haben, Vor seinem Tod übergibt er J.G. Höroldt die geheime Rezeptur.
Die Mahl-, Röhr- und Schleifwerke der Manufaktur, die Pochwerke zum Zerkleinem von Gestein, Heizungs- und Wasserrohre, Aufzugsschächte sowie die Dampfmaschine zerstörten das spätgotische Bauwerk zusehends.
Die Erniedrigung des einmaligen spätgotischen Schlosses zur Fabrik rief die denkmalbegeisterten Geschichts- und Kunstfreunde auf den Plan: Der Königlich-Sächsische Altertumsverein unter der Leitung von Prinz Johann von Sachsen regte einen Manufakturneubau an. 1863 stimmte der Landtag dem zu. Die Porzellanmanufaktur zog ins Triebischtal.
Nun war der Weg frei für eine umfassende Restaurierung des Baues. Die sich entwickelnde Denkmalpflege und ein wachsendes Geschichtsbewusstsein der Bevölkerung bewirkten, dass man dabei auf historische Vorbilder achtete.
Mir imponieren die Studien zur Konstruktion der spätgotischen Zellengewölbe im Architekturbereich der Ausstellung besonders.
„Zellengewölbe" sind vielleicht das wichtigste architektonische Element der Albrechtsburg. Offenbar wurde dieser besondere Gewölbetyp eigens für die Albrechtsburg erfunden. Markant sind seine gefalteten Gewölbeflächen, die ein raffiniertes Spiel aus Licht und Schatten erzeugen.
Die Zellengewölbe wurden zum Exportschlager und verbreiteten sich bis in die Mitte des 16. Jh. über das ganze östliche Mitteleuropa. Die Erfindung der Zellengewölbe erklärt sich aus der spätgotischen Planungspraxis und dem Herstellungsprozess. Beides kann jedoch heute nur durch praktische Versuche erforscht werden, da keinerlei zeitgenössische Informationen überliefert sind.
In einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), dem Europäischen Forschungsrat und den Staatlichen Schlössern, Burgen und Gärten Sachsen gemeinnützige GmbH geförderten Forschungsprojekt, wurden an der TU Dresden und am Bildungszentrum Trebsen Methoden der Bauforschung und der experimentellen Archäologie miteinander kombiniert, um eine Vorstellung von Planung und Technologie der Zellengewölbe zu erlangen.
Die Sonderausstellung zu Benno von Meißen sparen wir uns - u.a. da inzwischen die Sonne hervorgekommen ist. Auch den Besuch der Meißener Porzellanmanufaktur haben wir schon vorher im unserem Plan gestrichen, da wir sie schon während unserer DDR-resien bvesucht hatten.
Als wir mit unserem Rundgang fertig seine, ist die Sonne herausgekommen und taucht die Burg und die Stadt in gleißendes Licht. Vorbei am Dom und dem Bischofspalast steigen wir zur Stadt hinab.
Bischofspalast - erbaut 1.476 bis 1518 im spätgotischen Stil - Sitz der Bischöfe des Bistums Meißen bis 1539, seit 1856 als Gericht genutzt, 1911 im Inneren umgebaut.
In der Stadt gelüstet es meiner Frau Ulrike nach einem Getränk, so dass wir in einem Eiscafé einen Kaffee bzw. ein Wasser zu uns nehmen.
Aufbruch: | 03.07.2017 |
Dauer: | 11 Tage |
Heimkehr: | 13.07.2017 |