historisches Weserbergland - Spuren der Zeit
Höxter: Fürstenberg
Da in Höxter die Weserbrücke gesperrt ist, müssen wir einen größeren Umweg machen, um zum Schloß Fürstenberg zu gelangen. Es liegt am Rand eines steil zur Weser abfallenden Sollings. Um 1350 wurde hier eine braunschweigische Grenzfeste gegen die westlich gelegene Stadt Höxter und die Abtei Corvey errichtet. Um 1545 wurde sie durch die Hessen zerstört. Später wurde hier unter Heinrich Julius durch Paul Franke ein Renaissanceschloß gebaut, das den Herzögen von Braunschweig als Jagdschloss diente.
Herzog Karl Georg I. von Braunschweig gründete hier 1747 eine Porzellanmanufaktur, die nach Meißen die älteste noch bestehende Deutschlands ist.
Bei der Restaurierung in den 70er Jahren wurden störende Zutaten entfernt. Der Volutengiebel von P. Franke ist reich verziert.
Das Torhaus aus dem 15. Jahrhundert erhielt um 1600 eine Schmuckfassade im zeittypischen Renaissancestil mit einem Erker über dem Eingang. Die Schmuckelemente im Sandstein, Voluten (Schnecken), Pyramiden und andere, erinnern an Metallbeschläge (Beschlagwerk). Das Monogramm HE darüber steht für Herzog Heinrich Julius und seine Frau Herzogin Elisabeth. Das spitzbogige Eingangstor liegt zurückversetzt in der Wand. Sichtbar ist die Aussparung für die Zugbrücke, die über den früheren Burggraben führte.
Die Schlossterrassen wurden um 1747 auf Anordnung von Herzog Carl I. von Braunschweig-Lüneburg als Weinberg von Johann Georg von Langen, dem ersten Direktor der Porzellanmanufaktur, errichtet. Nachdem der Weinbau nach 1800 unrentabel geworden war verfielen die Terrassen. Nach 1900 dienten sie als Nutzgarten. Die sonnenbeschienene Südlage und die wärmespeichernden Trockenmauern des 18. Jahrhunderts, einmalig in Norddeutschland, begünstigen die Kultivierung von Pfirsichen und Mirabellen.
Unterhalb der Terrassen wurde bis in die 1950er Jahre Wesersandstein gebrochen. Heute erstreckt sich hier das Naturschutzgebiet Kathagenberg. Seltene Farne, Schling- und Ringelnattern leben auf den Felsen und im Buchenmischwald. Im Fels nistet der Uhu. Am Weserufer liegen Anleger für Kanus und Weserdampfer.
Porzellan in Europa.
Sammellust und Alchemy
Viele Herrscher waren begeisterte Porzellansammler, so auch der sächsische Kurfürst und König von Polen, August der Starke. Auf dessen Geheiß machten sich der Gelehrte Ehrenfried Walther von Tschirnhaus und der Apothekerlehrling Johann Friedrich Böttger an die Entschlüsselung des Porzellangeheimnisses. 1708 war es geschafft: Sie hatten die heißbegehrte Rezeptur. Zwei Jahre später wurde in Meißen die erste Porzellanmanufaktur Europas gegründet.
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Carl I. setzte großes Vertrauen in die Fähigkeiten seines Forstmeisters Johann Georg von Langen. Dieser interessierte sich neben der Holzwirtschaft für die Verwertung von Bodenschätzen und das Manufakturwesen. Darum plante er im Rahmen des herzoglichen Landesausbaus ein Netz von Betrieben. Der Porzellanmanufaktur in Fürstenberg und der Spiegelglashütte in Grünenplan stand er selbst als Direktor vor.
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Kurze Zeit nach der Gründung der Manufaktur entdeckte man in der Nähe von Fürstenberg Kaolin. Dies war von großer Bedeutung, da Mitte des 18. Jahrhunderts in Mitteleuropa nur zwei weitere Vorkommen bekannt waren. Nun musste man das Kaolin nicht mehr teuer importieren. Und auch die anderen Rohstoffe Quarz und Feldspat stammten aus braunschweigischen Landen.
Ein Rundgang durch das Museum mit umfangreicher Sammlung ist zwingend. Man kann jedoch nicht jedes Detail in Erinnerung behalten. daher beschränke ich mich auf besondere Ausstellungmerkmale.
„Ein Caffeetisch mit Figuren als vier große und vier kleine bekleidet“ heißt es nüchtern zur Kaffeegesellschaft im alten Modellverzeichnis der Manufaktur. Auf den ersten Blick scheint es sich um eine zwanglose Familienszene aus dem 18. Jahrhundert zu handeln. Bei genauerem Hinsehen entpuppt sich die Gruppe als komplexes Kunstwerk: großer handwerklicher Aufwand ist mit künstlerischer Gestaltung und anspruchsvollem Sinngehalt verbunden. Was als liebliches Genremotiv erscheint, ist tatsächlich die Auseinandersetzung mit damals aktuellen Fragen des Gefühls, der Liebe und des Menschseins.
Jedes Teil ist einzeln gefertigt und bezeichnet - wie uns eine Tfael erklärt.
Neue Formen für Kaffee, Tee und Schokolade
Kaffee, Tee und Schokolade waren im 17. und 18. Jahrhundert teure und exklusive Getränke, denn die für deren Herstellung benötigten Rohstoffe wurden aus fernen Ländern importiert. Ihr Genuss bedeutete Prestige, weshalb man auch das entsprechende Geschirr aus kostbaren Materialien fertigte. Porzellan eignete sich dabei besonders, weil es hygienisch, Wärme speichernd und geschmacksneutral ist. Es bildeten sich drei Kannentypen heraus: die Kugelform für Tee, die Birnenform für Kaffee und die Zylinderform für Schokolade.
Geheimnisvoll und einzigartig: die Kristallglasuren.
Eine ganz besondere Faszination geht von den schimmernden und glitzernden Kristallglasuren aus. Deren Geheimnis besteht im komplizierten Zusammenspiel von Glasurmischung und Brenntechnologie. Dabei entstehen kristalline Strukturen, deren Ausprägung nicht vorhersehbar ist. Jedes in dieser Technik dekorierte Porzellan ist daher einzigartig.
Am Ende des Rundgangs gibt es noch eine weitere Möglichkeit der Interaktion - vorher konnte man Tassen zu Untertassen der verschiedenen Stile zuordnen:
Alles erlaubt: Decken Sie Ihre eigene Mix-and-Match-Tafel. Gestalten Sie mit den Geschirrteilen aus der FÜRSTENBERG Kollektion nach Ihrer Phantasie kreative und ungewöhnliche Tafelszenen.
Der kurze Besuch der Verkaufsräume zeigt uns, dass wir selbst mit unserem 'edlen' Porzellan nicht an die Preisdimensionen von Fürstenberg herankommen, selbst wenn man die tw. 70%ige Reduktion wahrnehmen würde.
Aufbruch: | 04.05.2022 |
Dauer: | 14 Tage |
Heimkehr: | 17.05.2022 |