Wild West im Motorhome und eine Woche NY
Es geht zum letzten Nationalpark
Es wird eine erstaunlich warme Nacht. Für diese Höhe wohl eher ungewöhnlich! Jürg wacht auf mit Kopfschmerzen. Die Höhe, der Ausritt und vermutlich die Flasche Wein (...) zollen ihren Tribut. Doch nach einem kräftigenden Frühstück geht es auch Jürg wieder besser.
Heute haben wir zum ersten Mal in unseren Ferien einen bewölkten Himmel. In der Nacht brauste mehrere Male starke Windböen um unseren Camper und ab und zu trommelte Regen aufs Dach.
Um neun Uhr verlassen wir bei tiefliegenden Regenwolken das Plateau des Bryce Canyon und fahren bis Mount Carmel Junction auf bekannten Pfaden. Dort wechseln wir auf den Highway 9 westwärts und erblicken schon bald die farbenreichen Berge des Zion Nationalparks. Beim Eingang des Nationalparks müssen wir ein Ticket für 15 Dollar lösen damit wir durch einen Tunnel gelotst werden. Da dieser Tunnel nicht hoch oder breit genug ist, damit ein Camper mit anderen Fahrzeugen kreuzen kann, muss dieser für den Verkehr gesperrt werden. Und das kostet halt. Ist ja auch unsere Schuld, dass man dies beim Bau nicht berücksichtigt hat... Aber wir wollen mal nicht motzen!
Einzigartig ist auch die Strasse durch den schönen Nationalpark. Diese wurde nämlich mit dem Gestein der umliegenden Berge gebaut und ist somit genau so rot wie die umliegende Landschaft. Jedoch nicht mehr der ganze Strassenabschnitt. Anscheinend sind Reparaturen mit normalem Asphalt günstiger. Die Fahrt bis zum Tunnel ist malerisch schön. Irgendwie kommt das Gefühl auf als ob man durch einen überdimensionalen Sandkasten fahre. Die Berge sehen aus wie von Hand mit einem "Sandkesseli" modelliert und dann mit einer Gabel noch entsprechend eingeritzt. Trotz wüstenhafter Vegetation wachsen am Strassenrand und in den Berghängen grüne Büsche und Ponderosa Kiefern. Schieferstein artige Hügel begleiten den Highway und zeigen eindrückliche Strukturen. Trotz Bewölkung ahnt man von den intensiven Farben, die nun in eher zurückhaltendem Weiss, Gelb und Orange erscheinen. Es ist eine weitere herrliche Landschaft wie sie nur das Colorado Hochplateau hervorbringen kann.
Plötzlich werden wir von einer Rangerin gestoppt. Vor uns öffnet sich der Mount Carmel Zion Tunnel, welcher ja extra für uns gesperrt wird. Also müssen wir zuerst einmal warten und hinter uns entsprechend alle andern auch. Die Konstruktion des 1,1 Meilen langen Tunnels begann 1920 und wurde 1930 fertig gestellt. Zu dieser Zeit war er der längste Tunnel der USA. Immer wieder passierten Unfälle zwischen Bussen, Campers und PW's, eben weil die grossen Wagen die Mittellinie überfahren mussten, damit sie die Wände nicht berührten. So entschied die Nationalparkverwaltung bei grösseren Fahrzeugen die One-Way-Taktik einzuführen, was sich auch bewährte.
Endlich sind wir am Zug. Gemütlich fahren wir durch den Tunnel und staunen über die lange Kolonne an Autos, die auf der anderen Seite wegen uns warten musste. Der Highway führt uns in mehreren Haarnadelkurven hinunter ins Tal. Rund um uns wachsen die eindrücklichen Berge des Zions in den Himmel.
Am Virgin River erreichen wir unser Tagesziel: Springdale. Am Watchman Campground haben wir wiederum eine Reservation. Doch bevor wir dorthin abbiegen, fahren wir zu einem nahegelegenen Einkaufszentrum, wo wir unsere Vorräte auffüllen.
Eva hat uns auf den Geschmack für Shrimps gebracht. Ein riesiger Sack voll mit diesen leckeren Dingen kostet hier gerade mal 8 Dollar. Zuhause würden wir uns dumm und dämlich zahlen. Dann haben wir mal Lust auf Hot Dogs. Brot und Würstchen finden wir dazu ebenfalls. Dann geht's zum Campground. Es ist ein wunderschöner Ort direkt am Virgin River gelegen. Wir erhalten zwei schöne Plätze unterhalb des eindrücklichen Watchman Towers. Überhaupt ist dies hier neben dem Monument Valley einer der schönsten Campgrounds, die wir gesehen haben. Die umliegenden tiefroten Berge bieten ein unvergleichliches Panorama. Es geht aufs Wochenende zu und viele Familien haben sich hier zusammengefunden um eine gemeinsame Zeit zu verbringen. Überall erblicken wir Campers und Zelte, die zusammengehören. Man sitzt zusammen, spielt, grilliert und hat Spass.
Die Wolken haben sich in der Zwischenzeit verzogen und einem strahlendblauen Himmel Platz gemacht. Es sieht so klar aus wie nach einem Gewitterregen. Wunderschön!
Wir richten uns wieder ein. Jürg und ich entscheiden uns zu einem Besuch von Springdale. Unseren letzten Aufenthalt hatten wir hier 1990 mit Märi und Beat. Das Bumbleberry Inn mit seinem schönen Swimmingpool ist uns in bester Erinnerung geblieben. Doch seit dieser Zeit hat es eine wichtige Erneuerung gegeben. Damals durften alle Orte im Nationalpark mit dem Auto befahren werden. Heute ist dies nicht mehr möglich. Der Ansturm der Touristen war kurz davor das Paradies zu zerstören. So sperrte man den Hauptcanyon und richtete einen gratis Shuttlebus Service ein. Ein tolle Entscheidung. Es erlaubt uns nun mit dem Bus ins Städtchen hinein zu fahren ohne dass wir den Camper nehmen müssen.
Der Shuttlebus verlassen wir auf der Höhe von unserem alten Motel. Gemütlich bummeln wir der Hauptstrasse entlang und schwelgen in Erinnerung. Ab und zu besuchen wir einen der schönen Läden und staunen nicht schlecht als wir in einem Sportgeschäft eine Verkäuferin erblicken, die die junge Julia Robert sein könnte. Die gleiche Schönheit, das gleiche strahlende Lachen. Wirklich süss!
Der Ort Springdale wurde 1862 von Mormonen besiedelt. Doch zunächst entwickelte sich hier kein eigenes Gemeindewesen. Dies gehörte dem nächsten Ort Rockville. 1885 eröffnete dann das erste Gemeindehaus und die erste Kirche ihre Pforten und somit waren die Grundlagen für ein eigenes Städtchen gelegt. Springdale durchläuft bis heute viele Veränderungen. 1917 trafen die ersten Touristen ein, die die herrliche Natur für sich entdeckten. 1920 wurde das Mukuntuweap National Monument eingerichtet, der Vorläufer des Zions National Parks. In der Folge entstanden ein Stromnetz, Tankstellen, Unterkünfte und Geschäfte für Touristen. Noch heute leben die 457 Einwohner davon, konnten aber den Westerncharme des Städtchens bewahren.
Gemütlich spazieren Jürg und ich Richtung Campground. Unterwegs erblicken wir einen grossen indianischen Kunstladen. Ich kann nicht widerstehen! Und ich werde nicht enttäuscht. Kein Kitsch ist hier zu finden sondern wunderbare indianische Kunstwerke. Die Schmuckstücke aus Silber und Steinen sind wunderbar verarbeitet und entsprechend teuer! Lange schaue ich mir alles an. Ich verliebe mich in einen wunderbaren Türkis-Anhänger, der einen Bären zeigt. Doch der Preis hält mich von einem Kauf ab. Plötzlich ruft Jürg der Verkäuferin und kauft den herrlichen Anhänger. Mir fallen fast die Augen aus dem Kopf. Es ist mein Hochzeitsgeschenk! Ich weiss kaum was sagen und bedanke mich herzlich bei meinem Göttergatten für dieses wunderbare und grosszügige Geschenk.
Es geht weiter zurück. Beim Einkaufszentrum hat es eine Gallerie von einem berühmten Fotografen. Seine Spezialität sind unglaublich stimmungsvolle Bilder aus Nationalparks. Leider habe ich den Namen vergessen. Aber die Bilder in der Gallerie sind berührend schön ... und teuer! So geniessen wir nur deren Anblick. Der ist nämlich gratis! Dann spazieren wir zu unseren Motorhomes.
Mäthu und Eva gesellen sich zu uns. Eva genoss ihre nachmittägliche Ruhe im Camper und Mäthu wanderte auf dem Watchman Trail. Angeschrieben sind 3 Stunden, Mäthu schaffte es in der halben Zeit. Unsere Sportskanone...
Gemeinsam geht's an Grillieren. Der Abend ist einer der Schönsten, die wir erlebt hatten. Die langsam untergehende Sonne verfärbt die umliegenden Berge in eine Orgie aus rotem Gestein. Da kann ich mich unmöglich um so primitive Dinge wie Kochen kümmern. Immer wieder schnappe ich mir meinen Fotoapparat und suche auf dem Weg durch den Campground die schönsten Orte um alles bildlich festzuhalten. Die Schatten der Nacht werden immer länger und irgendwann leuchten nur noch die Spitzen der Berge wie entfachtes Feuer. Es ist schlicht grandios!
Unser Abendessen schmeckt wieder hervorragend. Danach machen wir uns gemeinsam zu einem Abendspaziergang auf. Wir können herrliche Studien über das Leben auf einem Campingplatz betreiben. Manche sitzen vor ihrem Fahrzeug und tippen in einen Labtop, manche schauen TV (für das müsste ich auch Campen gehen...), doch viele sitzen mit Jung und Alt um ein grosses Feuer und geniessen den Abend. Kinder spielen herum, Erwachsene geniessen ihr Bier beim abendlichen Plaudern und eine ganze Schulklasse erhält von ihren Lehrern Anweisungen (vermutlich für den nächsten Tag). Alles ist höchst interessant und so friedlich!
Die Sonne ist verschwunden und langsam erobern bleiche Sterne den Nachthimmel, Grillen zirpen und das Rauschen des Virgin Rivers begleitet uns. Was für eine idyllische Nacht!
Wir kehren zurück zu unseren Campers. Was die andern können, können wir auch. Mäthu und Jürg suchen die Umgebung nach Brennmaterial ab und schon bald lodert ein gemütliches Feuer auf dem Grillplatz. Wir setzen uns drum herum und plaudern über Gott und die Welt. Es ist eine herrliche Nacht und immer noch erblicken wir die umliegenden Berge im bleichen Licht der Nacht wie Geisterwälle.
Um halb zehn ziehen wir uns zurück und schlafen dem nächsten ereignisreichen Tag entgegen.
Aufbruch: | 21.05.2009 |
Dauer: | 4 Wochen |
Heimkehr: | 16.06.2009 |
Route 66