Wild West im Motorhome und eine Woche NY
Auf den Spuren der Spaghetti-Western
Den Tag heute lassen wir gemütlich angehen! Das herrliche Rauschen des Flusses hat uns auch diese Nacht herrlich schlafen lassen. Eva und Mäthu sind schon vor uns aufgestanden und haben auch schon das Frühstück hinter sich gebracht. Mäthu sitzt auf einem Campingstuhl am Fluss und liest, Eva ist mit ihren Yogaübungen im Camper beschäftigt. So geniessen wir zu Zweit unser Frühstück draussen in der aufgehenden Sonne.
Um neun Uhr haben wir unsere Camper wieder reisefertig und verlassen den schönen Campingplatz. Diesen hat Mäthu zuhause im Internet gefunden und wir müssen ihn wirklich loben. Es hat sich gelohnt den weiten Weg ins Tal auf uns zu nehmen, denn eigentlich wollten wir in Durango übernachten. Es war ein unglaublich schöner Ort, welchen wir nun schweren Herzens verlassen müssen.
Wieder fahren wir zurück nach Durango, wo wir noch einmal in unserem Shoppingcenter einen Halt einschalten. Da wir nicht wissen, wie die Einkaufsmöglichkeiten unterwegs aussehen, wollen wir die tolle Auswahl noch ausnützen.
Die Fahrt führt uns lange dem Highway entlang, den wir vor zwei Tagen in entgegengesetzter Richtung fuhren. Wir erreichen wiederum die Tafelberge von Mesa Verde zu unserer Linken und das Städtchen Cortez. Um die lieben Ute-Indianer noch einmal auf die Probe zu stellen, tanken wir ein zweites Mal außerhalb des Städtchens und verwenden prompt wieder unsere Traveller Checks dazu. Doch dieses Mal geht alles glatt und man veranstaltet kein Drama um unsere Zahlungsweise.
Auf dem Highway 160 verlassen wir Cortez - vom saftigen Grün des Bergstaates geht es wieder in die trockene Wüste von Utah. Mitten im Nowhere staut sich plötzlich der Verkehr. Nichts geht mehr! Man repariert die Strasse und wie in den USA so üblich, sperrt man auf mehreren Kilometern eine Spur und lässt die Autofahrer verhungern. Lange warten wir in der Einöde. Die einzige Abwechslung ist eine kleine Echse, die sich munter neben unserem Fahrzeug in der Wüste sonnt. Und so vertreibe ich mir die Zeit damit, die schöne Echse mit meinem Objektiv so nahe wie möglich heranzuzoomen und zu fotografieren.
Irgendwann geht auch diese Wartezeit zu Ende und wir können endlich weiterfahren. Der Highway 41 führt uns von Colorado über die Grenze nach Utah in den Highway 162. Ein Augenschmaus ist das Städtchen Bluff, welches von höchst malerischen Felsen umrahmt ist.
Wir schalten einen kurzen Halt auf einem grossen Platz ein. Ich mache Eva den Vorschlag, man könnte noch einen kurzen Abstecher zum Gooseneck State Park machen, wo man eine tolle Aussicht auf eine höchst eindrücklichen Schlaufe des San Juan River hat. Eva ist begeistert, doch Jürg macht uns einen Strich durch die Rechnung. Er hat absolut keine Lust noch einen Abstecher zu machen und dies macht mich sauer. So herrscht auf unserer Weiterfahrt absolute Eiszeitstimmung. Da hilft auch keine Thermowäsche! Wir knatschen uns beide so richtig nett an und Jürg fährt wie wenn der Teufel hinter ihm her wäre. Irgendwann ertönt das Walki Talki und Eva teilt uns mit, dass wir uns im Monument Valley treffen könnten, da sie und Mäthu noch diverse Halte unterwegs machen möchten.
Die Armen! Wer will schon in Überschallgeschwindigkeit hinter einem irre gewordenen Camper hinterherfahren, nur weil die beiden Zoff haben. Oi oi oi... Die Beiden ahnen sicher, dass wir uns in den Haaren liegen. So fahren Jürg und ich mit weiteren bemühenden Diskussionen Richtung Monument Valley und verpassen es, die schöne Anfahrt gebührend zu geniessen. Wir sind wirklich die Letzten!
Irgendeinmal sind wir bei der Abzweigung zum Visitor Center und staunen nicht schlecht, was sich hier alles verändert hat. Die hölzernen Stände der Indianer, die die Zufahrtsstrasse gesäumt haben, sind verschwunden. Statt dessen öffnet demnächst eine Shoppingmall mit Welcomecenter und die Zufahrt ist geteert! Doch uns fallen fast die Augen aus dem Kopf als wir das neue Hotel erblicken, das genau neben dem Visitor Center steht. Herrlich mit denselben roten Steinen erbaut, trohnt das Hotel mit dem klingenden Namen "the view" oberhalb der wunderschönen Ebene und passt wunderbar in die Landschaft. Wir sind höchst beeindruckt! Weiter gibt es ein neues Restaurant und einen tollen Souvenirshop.
Auch der grosse Parkplatz ist neuerdings geteert und wenn man sein Fahrzeug verlässt, wird man nicht mehr von mehreren Indianern überfallen, die einem unbedingt eine Tour andrehen wollen. Alles wurde professionalisiert und ist heute nur noch über das Visitor Center buchbar. Eine tolle Neuerung! Und hoffentlich eine gerechte Verteilung der Einnahmen.
Ich klettere auf einen roten Hügel und geniesse einer meiner Lieblingsausblicke, den Blick in die Ebene des Monument Valleys mit den drei markanten Buttes. Jürg schlendert auch hoch und fragt mal nach, ob wir uns denn nicht wieder vertragen könnten. Und so gibt es den grossen Versöhnungskuss vor grandioser Kulisse. Wer kann hier jemandem noch böse sein.
Irgendwann tauchen auch Eva und Mäthu auf. Mäthu ist von der Landschaft völlig hingerissen. Viele Spaghettiwestern wurden hier gedreht wie zum Beispiel "Spiel mir das Lied vom Tod". Aber auch bekannte Filme wie "Zurück in die Zukunft, Teil 3". Überhaupt sind wir hier im Werbegebiet aller Werbegebiete. Doch ohne Einwilligung der Navajos läuft hier gar nichts, denn wir sind wieder in einem Reservat angelangt, und das in einem der berühmtesten.
Hier ist das Marlboro County und es werden auch schon mal Allradfahrzeuge mit Helikopter auf Buttes verpflanzt nur um diese medienwirksam zu vermarkten. Mäthu steht wie verzaubert vor der Kulisse. Uns ging es nicht anders als wir 1990 das erste Mal hier hinunterschauten. Die Farben bringen einem um den Verstand und die vielen weissen Kuschelwolken werfen malerisch ihre Schatten in die weite Ebene. Eine Postkarte könnte nicht schöner aussehen!
Morgen wollen wir einen Halbtagesausflug ins Valley hinunter unternehmen. Doch zuerst müssen wir den mal buchen und das können wir erst beim Campingplatz. Für zwei Nächte haben wir eine Reservation bei der Gouldings Lodge. Wir fahren mehrere Kilometer quer durchs Land (erblicken unterwegs eine neue Schule) und erreichen westwärts unter eindrucksvollen roten Felsen die berühmte Lodge. Schon 1998 nächtigten wir hier und genossen den Ausblick in den wilden Westen. Der Campingplatz jedoch befindet sich in einem kleinen malerischen Tal zwischen hohen roten Felsen. Schnell erhalten wir unsere Standplätze, doch leider weit voneinander entfernt. Das gefällt uns gar nicht. So gehen wir zurück an die Rezeption und erkundigen uns, ob man daran nicht etwas ändern könnte. Man kann... wir erhalten neu den Platz direkt hinter Mäthu und Evi. Das ist doch schon viel besser!
Endlich finden wir Zeit uns wieder "einzunüschele". Mit dem Fotoapparat mache ich mich auf Motivpirsch. Alles sieht wunderschön und höchst fotogen aus. Die Farben sind höchst eindrücklich und fast unwirklich.
Unterwegs begegnen mir zwei ältere Herren, die gemütlich auf einem Picknicktisch sitzen. Da Amis immer offen für Kontakte sind, hauen sie mich schon bald an und es entwickelt sich ein nettes Gespräch. Die beiden sind Brüder und sind mit ihren kleinen Flugzeugen von St. Louis und Phoenix angeflogen. Ihre Familien werden in den Autos nachkommen um eine gemütliche Woche hier zu verbringen. Die Zelte haben sie schon aufgestellt.
Den schönen Abend wollen wir natürlich draussen geniessen und so machen wir unsere leckere Grillade parat. Doch plötzlich erscheinen schwarze Wolken am westlichen Horizont. Ein Gewitter zieht auf. Wir denken uns, dass dies nicht so tragisch ist und wir sicher noch locker Zeit hätten fertig zu Grillieren. Doch falsch gedacht.
Plötzlich schaue ich durch den Taleinschnitt ins Tal hinunter und sehe ... nichts mehr! Eine rote Wolke beraubt uns jeglicher Aussicht und plötzlich peitscht auch heftiger Wind durch unseren Campingplatz. Ein Sandsturm zieht auf! Wie aus dem Nichts fegt eine Böe nach der andern heran und wirbelt die rote Erde auf. Die Zelte der beiden Brüder zittern im Wind und ich hoffe, dass es ihnen nicht alles wegweht.
Sofort schliessen Eva und ich alle Türen, Fenster und Dachluken der Campers. Unser Fleisch brutzelt munter auf dem Grill und die beiden Herren stellen sich mutig in den Wind und versuchen den Sand einigermaßen abzuhalten. Ich schnappe mir derweilen die Kamera und mache Aufnahmen vom Sturm. Es sieht echt toll aus. Meinem Schwager Ueli würde das gefallen! Wir lieben Stürme! Jürg findet da immer wir hätten einen an der Waffel...
Die Farben, die uns grad vor ein paar Minuten noch höchste Jauchzer entlockten, sind verschwunden. Nur noch roter Nebel dominiert das Bild und dieser saust in Höchstgeschwindigkeit durch den schmalen Taleinschnitt. Nach dem Staub kommt der Regen und der schiesst ebenfalls quer durchs Tal. Die Naturgewalt ist höchst beeindruckend. Immerhin bändigt der Regen den Staub.
Doch so schnell wie der Sturm da war, so schnell ist er wieder weg und plötzlich erblicken wir wieder die markanten Felsen in der Ebene.
Da es immer noch stark windet, geniessen wir unsere Steaks und Fleischspiesse in den Campers. Natürlich "chroset" es schön zwischen den Zähnen, aber es schmeckt trotzdem fein. Als alles vorbei ist, beginnt das grosse Saubermachen. Obwohl wir sofort alles geschlossen haben, ist vieles von einer roten Staubschicht bedeckt. Also wischen wir mal den Boden sauber und reinigen mit einem feuchten Lumpen alle Oberflächen. Gott sei Dank hat das Bett fast gar nichts abbekommen. Trotzdem schütteln wir Kissen und Decken auch noch aus.
Auch die Temperatur hat sich stark gewandelt. Dominierte vor einer Stunde noch die Hitze der Wüste, ist es nun angenehm kühl. Die Hitze staut sich aber in den Campers, so dass wir mal alle Fenster öffnen, damit auch hier ein wenig Kühle rein kann. Eigentlich wissen wir schon nicht, was wir wollen. Vor kurzem beschwerten wir uns noch über die Kälte und nun ist es schon wieder zu heiss. Wir sind Weich-Eier!
Gemeinsam geniessen wir den restlichen Abend im Camper von Eva und Mäthu. Die Nespressomaschine hat sich wieder mal fürs Funktionieren entschieden und der Kaffee schmeckt in den kleinen Mesa-Verde-Tassli echt gut! Um acht Uhr kehren wir zurück in unseren Camper. In Durango habe ich heimlich eine DVD gekauft: Twilight! Ich lese grad das Buch und in den USA ist bereits die DVD vom Kinofilm erhältlich. Im Camper haben wir ja ein TV-Gerät mit einem DVD-Abspielgerät. Leider funktioniert das nicht (hey - eine neue Panne!). Das ist nicht weiter schlimm, wir haben ja unseren Labtop. So funktionieren wir unseren Camper zu einem Kino um, sitzen gemütlich auf dem Sofa mit einem Glas Wein und schauen uns die schöne Liebesgeschichte von Vampir Edward mit der Sterblichen Bella an. Um halb elf ist die Geschichte fertig und verzaubert vom Film begeben wir uns in das (fast) sandfreie Bett.
Aufbruch: | 21.05.2009 |
Dauer: | 4 Wochen |
Heimkehr: | 16.06.2009 |
Route 66