Wild West im Motorhome und eine Woche NY

Reisezeit: Mai / Juni 2009  |  von Franzi S.

Mesa Verde

Es wird wieder saukalt im Camper und wir knobeln wieder darum, wer nun am Morgen raus aus den Federn muss um die Heizung anzustellen. Laut dröhnt dann das Gerät durchs Auto, doch sehr schnell breitet sich eine angenehme Wärme aus.

Als die Sonne aufgeht, entscheiden wir uns zu einem Freiluft-Frühstück. Vor dem Camper haben wir einen modernen Picknick Tisch aus Stahl und da sich unser Platz nach Osten richtet, wärmen uns schon bald die ersten Sonnenstrahlen. Es ist ein unglaublich idyllischer Ort. Der Morgen ist so klar wie nach einem reinigenden Gewitterregen. Ein stahlblauer Himmel überzieht das Tal und die umliegenden Berghänge strahlen in einem satten Grün. Die Vögel zwitschern, die Grillen zirpen und ab und zu zeigt sich ein Reh. Wir sitzen wie verzaubert draussen und geniessen alles in vollen Zügen.

Ein herrlicher Morgen

Ein herrlicher Morgen

Frühstück in der Morgensonne

Frühstück in der Morgensonne

Nach dem Frühstück erhalten wir Besuch von Eva und Mäthu. Leider ohne Nespresso. Da die USA eine andere Stromspannung hat, baut die Maschine leider nicht den notwendigen Druck für die Wasserpumpe auf und es ist ein Rumgemurkse, bis man einen Kaffee hat. Und heute morgen hat grad gar nichts geklappt!

Doch das macht nichts. Bei einem so schönen Tag sitzt man auch gerne mit einem normalen gefriergetrockneten Kaffee zusammen und lässt sich die Sonne ins Gesicht scheinen.

Heute steht die Besichtigung der berühmten Felsenwohnungen der Anasazi auf dem Programm. Da wir dazu nur einen fahrbaren Untersatz benötigen, anerbieten sich Jürg und ich für den Fahrdienst. Schon bald haben wir wieder alles Dingfest gemacht, die Slideouts eingezogen und die Anschlüsse entfernt. Eva und Mäthu machen es sich auf dem Sofa bequem und los geht's.

Der Mesa Verde Nationalpark beinhaltet die größten und wichtigsten archäologischen Stätten der einheimischen Kulturen der USA. Die Anasazi oder "Alten" bewohnten diese Gegend von 500 bis 1300 nach Christus. Sie besetzten zuerst die Gipfel der Mesas, welche etwas natürlichen Schutz vor ihren Gegnern brachten. So wie ihre Kultur sich entwickelte, lernten sie schnell, befestigte Gemeinschaftswohnungen in die geschützte Höhlen in den Felsklippen zu bauen. Die Ruinen zahlreicher solcher alter Städte sind im Mesa Verde Nationalpark erhalten.

Die alten Siedlungen wurden um das Jahr 1300 verlassen, als eine lange Trockenperiode die Gegend heimsuchte. Man nimmt an, dass die Pueblo und Hopi Stämme, die zur Zeit im Arizona und in Neu Mexico wohnen, Nachkommen der Anasazi sind.

Und immer schön alles auf Bild bannen...

Und immer schön alles auf Bild bannen...

Kurvig verlassen wir den Morefield Campground und gelangen schnell auf eine der Bergrücken hinauf. Unseren ersten Halt machen wir beim Montezuma Valley Overlook, wo wir einen herrlichen Blick hinunter in die Ebene von Cortez haben. Weiter geht's zum Park Point Overlook und Geologic Overlook. Immer wieder erfreuen wir uns an den schönen Ausblicken, sei es über das Plateau des Mesa Verde, in Richtung der Rockies oder hinunter in die riesige Ebene. Viele Geisterbäume, die ihre Äste grau und klagend gegen den Himmel recken, zeugen von vergangenen Feuern.

Wir erreichen das Far View Visitor Center des Nationalparks und wie es der Name schon sagt, haben wir einen uneingeschränkten Blick über Mesa Verde, was auf gut Deutsch soviel wie grüner Tisch bedeutet. Kilometerweit sehen wir über eine karge, buschähnliche Landschaft. Am Horizont sind die Abbrüche der Tafelberge zu erkennen. Zudem die Taleinschnitte, wo die Anasazi ihre Klippenwohnungen hineinbauten. Es ist höchst eindrücklich!

Ausblick vom Far View Visitor Center

Ausblick vom Far View Visitor Center

Plötzlich piept es in meinem Rucksack. Wir haben wieder Handyempfang! Mama schreibt uns, dass die Schweiz von schweren Gewittern heimgesucht wurde. Die sommerlich heissen Temperaturen von 30 Grad fielen innerhalb von Stunden auf 14 Grad. Das zweite SMS ist von Mani. Ein Hagelzug hat ihren ganzen Garten verwüstet. Die Armen!

Im Visitor Center besuchen wir das dazugehörige Museum, das uns viele schöne Artefakte der Indianer zeigt wie kunstvollen Schmuck, geflochtene Körbe und geschnitzte Kunstwerke. Wir sind beeindruckt!

Hier gabs mal einen Waldbrand

Hier gabs mal einen Waldbrand

Die weitere Fahrt über die Panoramastrasse führt uns zum berühmten Spruce Tree House. Es ist die drittgrösste Siedlung von Felsenwohnungen, die hier im Mesa Verde gefunden wurde. Erbaut wurde sie zwischen 1200 - 1276 von den Anasazi. Das ganze Dorf bestand aus imposanten 114 Wohnungen und 8 Kivas (Zeremonienräume). Das ganze wurde unter einen riesigen Felsvorsprung von beachtlichen 66 Metern Breite und 27 Meter Tiefe gebaut. Man geht davon aus, dass bis zu 100 Menschen hier lebten.

Das Spruce Tree House

Das Spruce Tree House

Wanderung hinunter zum Spruce Tree House

Wanderung hinunter zum Spruce Tree House

Es geht tief in die Schlucht hinunter

Es geht tief in die Schlucht hinunter

Das Spruce Tree House ist sehr gut erhalten. Aus Sicherheitsgründen darf man aber nicht einfach die Häuser betreten, sondern nur auf markierten Pfaden herumlaufen. Das ist auch richtig so. Ich setze mich auf eine Mauer und bewundere die beeindruckende Architektur. Eine Rangerin gesellt sich zu mir und fragt, woher wir denn kommen. Schnell entwickelt sich ein nettes Gespräch. Sie kommt aus Tucson und arbeitet während des ganzen Sommers hier im Nationalpark. Viele Senioren würden das tun. Sie erhalten dafür Kost und Logis, tun dies also auf Freiwilligenbasis. Ihre Kinder seien nicht mehr zuhause und ihr Mann akzeptiere ihr Hobby. Sie geniesse dieses halbe Jahr jeweils sehr und freue sich über den Kontakt mit Menschen aus der ganzen Welt. Das verstehe ich gut!

Nachdem Eva und Mäthu auch in die Dunkelheit eines Kivas geklettert sind, nehmen wir den beschwerlichen Weg hinauf zum Parkplatz unter unsere Füsse. Es ist eine schöne Strecke durch die rötlichen Felsen, unter schönen Bäumen hindurch. Überall blühen farbige Blumen in den kargen Felsspalten. War es für die Anasazi das Paradies?

Ist schon beeindruckend wie die Anasazi lebten

Ist schon beeindruckend wie die Anasazi lebten

Es ist sehr heiss hier in dem engen Tal und ich danke dem Himmel als eine Wolke die Sonne für kurze Zeit verdeckt. Oben angelangt durchstöbern wir den Souvenirshop und finden vier entzückende kleine, knallrote Tassli, die direkt nach Nespresso schreien. Auch die ersten Postkarten werden eingekauft.

Unsere Fahrt geht weiter zum Cliff Palace House. Der Parkplatz ist bereits fast überfüllt. Wie geht das wohl erst im Hochsommer zu und her, wenn die Amis auch noch Ferien haben? Knapp finden wir am Strassenrand noch einen Platz für unseren Camper. Die Sonne scheint unbarmherzig vom Himmel und bringt mich ganz schön ins Schwitzen!

In diesen Schluchten befinden sich die Klippenhäuser

In diesen Schluchten befinden sich die Klippenhäuser

Cliff Palace ist die grösste Ansammlung von Felswohnungen in den ganzen USA. Hatten wir im Spruce Tree House 8 Kivas, gibt es hier 23. Man geht davon aus, dass hier zwei verschiedene Kommunen zusammen lebten. Der grösste der Kivas ist mitten drin und verband vermutlich die anderen Zeremonienräume. Cliff Palace wurde irgendwann zwischen 1190 und 1260 aufgebaut. Gewisse Räumlichkeiten wie der imposante Turm wurde von der Nationalparkverwaltung wieder aufgebaut.

Der Cliff Palace

Der Cliff Palace

Eine lange Treppe führt uns zum Aussichtspunkt von Cliff Palace. Es ist wirklich eine eindrückliche Ansammlung von Steinhäusern und überall stehen Gruppen von Touristen mit einem Ranger herum und hören den Ausführungen zu. Cliff Palace darf nur mit Rangern auf geführten Touren betreten werden. Das aber wollten wir nicht. Es sieht ziemlich anstrengend aus dort hinunter zu klettern und noch schöner: wieder hinauf. Das bei der Hitze - nö, nichts für uns. So geniessen wir halt nur den Ausblick auf das schöne Tal und den Felsenwohnungen.

Sehr amüsant sind aber gewisse Leute, die an solchen geführten Touren teilnehmen. Obwohl deutlich angeschrieben steht, dass es sich um eine anstrengende Tour handelt und man mit guten Schuhen ausgerüstet sein sollte, erblicken wir Touris mit Krocks oder Flip Flops und manche haben einen Körperumfang, der bei Anstrengung direkt nach einem Herzinfarkt schreit. Wirklich erstaunlich, was sich gewisse Leute zumuten...

Wir kehren zurück zu unserem Camper und geniessen einen Lunch. Es ist schon praktisch wenn man den Kühlschrank bei sich hat. Also kann man sich gemütlich belegte Brote streichen und ein kühles Getränk genehmigen. Camping macht Spass!

Mampf bitte! Wir sind hungrig...

Mampf bitte! Wir sind hungrig...

Nach dem Mittag haben wir genug gesehen. Gemütlich tuckern wir die ganze Panoramastrasse zurück. Manchmal durchqueren wir richtige Geisterwälder. 2003 hat ein verheerendes Feuer grosse Teile des Parks zerstört. Doch es ist der normale Gang der Natur und lässt vieles sich wieder Erneuern. Zwischen den gespenstischen Bäumen blüht wiederum ein grüner Teppich mit vielen weissen Blumen.

Das ist übrigens unser Maskottchen: muddy moose

Das ist übrigens unser Maskottchen: muddy moose

Bei der Far View Lodge haben wir wiederum einen grandiosen Ausblick in jede Windrichtung. Gegen Norden und Osten haben sich dunkle Gewitterzellen gebildet und wir hoffen, dass unser Campingplatz verschont bleibt. Gegen zwei Uhr erreichen wir wieder unseren Platz und jeder verzieht sich an einen Ort zum Ausspannen. Mäthu schnappt sich unsere Kamera und will wandern gehen, Eva zieht sich in den Camper zu einem Nachmittagsschläfchen zurück und Jürg und ich drehen unsere Sonnenstore heraus und setzen uns mit interessanter Lektüre vor den Camper. Die Gewitterwolken bleiben schön hinter den östlichen Bergen zurück und die Sonne scheint heiss ins Tal hinunter. Schatten ist da willkommen. Doch immer wieder findet eine Windböe den Weg zu uns und lässt unser Schattendach erzittern. Dies gefällt uns nicht!

Gewitter ziehen auf

Gewitter ziehen auf

Schon bald schläft Jürg im Campingstuhl ein. Ich erblicke weiter unten Rehe und pirsche mich mit meiner Kamera so nah wie möglich heran. Tatsächlich bleibt eines der Tiere gemütlich bei einem Picknicktisch stehen und lässt sich durch meine Anwesenheit nicht stören, so dass ich ein paar schöne Bilder schiessen kann.

Hallo ... und wer bist Du?

Hallo ... und wer bist Du?

Jürg geniesst ein Nickerchen

Jürg geniesst ein Nickerchen

Doch auch mich übermannt irgendwann die Müdigkeit, so dass ich mich zu einem stündigen Schläfchen in den Camper zurückziehe. So lässt es sich doch herrlich leben!

Am Abend grillieren wir gemeinsam bei unserem Camper. Bei Eva und Mäthu gibt es Lachs und Kartoffeln, bei uns Poulet und Salat. Es wird ein schöner Abend. Alle Gewitterwolken sind verschwunden, der Sonnenuntergang ist anbetungswürdig. Es wird aber auch schnell kalt. Auf den einzelnen Campingplätzen gibt es regen Wechsel. Ein jüngeres Ehepaar mit Kleinkind fährt vis-à-vis auf den Platz mit einem sehr kleinen America Cruise Camper. Während Mama kocht, spielt Papa draussen mit dem Kleinen, welcher riesigen Spass im Gras hat.

An die Arbeit Männer: wir Frauen haben Lust auf was Grilliertes!

An die Arbeit Männer: wir Frauen haben Lust auf was Grilliertes!

Die Nacht ist wirklich einmalig schön. Doch um neun Uhr friert es uns alle und wir kehren zurück in die Wärme unserer vier Wände. Morgen geht's in den wilden Westen der Rockies. Darauf freuen wir uns riesig! Und darauf, dass wir Sportgeschäfte finden, wo wir Thermounterwäsche kaufen können...

Was für ein schöner Abend ... aber es wird kalt!

Was für ein schöner Abend ... aber es wird kalt!

© Franzi S., 2010
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Schon viele Male besuchten wir den herrlichen Südwesten der USA. Doch zum ersten Mal wagten wir das Abenteuer im Motorhome. Herrliche Erlebnisse und Pannen inklusive... Und zum Schluss noch ein paar Tage New York.
Details:
Aufbruch: 21.05.2009
Dauer: 4 Wochen
Heimkehr: 16.06.2009
Reiseziele: Vereinigte Staaten
Route 66
Der Autor
 
Franzi S. berichtet seit 16 Jahren auf umdiewelt.
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