Wild West im Motorhome und eine Woche NY
500 Kilometer Fahrt - lang und eindrücklich
Es war wiederum eine kalte Nacht! Wir sind uns einig, dass wir bei der nächsten Einkaufsmöglichkeit unbedingt Thermowäsche einkaufen müssen. Evi und Mäthu sind da bereits toll ausgerüstet. Sind halt auch Profis!
Es ist sechs Uhr früh und die Sonne ist langsam am Aufgehen. Wiederum begrüsst uns ein strahlend schöner Morgen. Schon bald sitzen wir gemütlich bei Mäthu und Eva und geniessen eine leckere Tasse Nespressokaffee. Frühstück jedoch gibt's wieder in unserem Camper. Es ist schön am Tisch in der Wärme zu sitzen, das Erwachen des Tages zu beobachten und leckeres Schinkentoastbrot und Frosted Flakes zu geniessen.
Um acht Uhr geht unsere grosse Tour weiter. Heute haben wir die längste Strecke der ganzen Ferien vor uns, fast 500 Kilometer. Doch zuerst fahren wir noch dem East Rim des Grand Canyon entlang und da gibt es herrliche Punkte, die wir nicht missen wollen. Der erste ist der Grand View Point, eine Name der Programm ist! Wir stehen auf einer Höhe von 2 257 Meter über Meer und haben wiederum ein grandioses Panorama zu unseren Füssen. Von hier aus hat man einen freien Blick nach Westen wie nach Osten. Bemerkenswert ist der Punkt auch weil am rechten Ende der Horseshoe Mesa ein V-förmiger Taleinschnitt ist. Unterhalb dieses Einschnitts hat der Colorado eine 2 Milliarden alte Gesteinsschicht freigelegt, die älteste sichtbare der Erde.
Eine niedrige Mauer umfasst den Aussichtspunkt und immer wieder klettern Touristen waghalsig darüber um ein noch besseres Foto vom Canyon schiessen zu können. Das dies höchste Lebensgefahr bedeutet, muss wohl nicht erwähnt werden.
Unsere gemeinsame Fahrt geht weiter zum Moran Point auf 2 181 Meter über Meer. Hier kann man bei genauem Hinsehen die berüchtigten Stromschnellen, die Hance Rapids, erkennen. Diese Stromschnellen sind gefährlich, weil sie mit 9,14 Metern Gefälle über Felsen zu den grössten und schwierigsten des ganzen Colorados gehören.
Unser letzter Punkt ist der Desert View Point, der östlichste Aussichtspunkt des Grand Canyons. Für Touristen, die aus dem Osten kommen, ist dies der erste Berührungspunkt mit dem Grand Canyon und entsprechend ist hier auch eine beeindruckende Infrastruktur. Nebst einem riesigen Parkplatz, Souvenirläden und Restaurants hat es einen schönen Watchtower, der zum Erklimmen einlädt und einen tollen Blick in die Schlucht und die Painted Desert erlaubt. Nördlich erblickt man den 400 Meter höheren Northrim, der hier viel näher ist als anderswo. Bereits ballen sich dort wieder die ersten Gewitterwolken zusammen. Und westlich schliesslich beginnt die Furchenlandschaft des Grand Canyons. Was für andere der erste Kontakt mit dem Naturwunder ist, ist für uns der Abschiedspunkt. Es war wiederum ein grossartiges Erlebnis hier sein zu dürfen! Und wie immer schwöre ich mir, dass es nicht das letzte Mal war...
Auf dem Highway 64 geht unsere Fahrt der aufgehenden Sonne entgegen. Befanden wir uns hier auf einer Höhe von weit über 2000 Meter über Meer führt uns der Highway rasant in die Tiefe in eine der vielen endlosen Ebenen des Colorado Hochplateaus. Wir sind diese Strecke schon mehrmals gefahren und geniessen wiederum den Blick über die beeindruckenden Weiten.
Das Colorado Plateau breitet sich im Norden von Arizona, im Süden von Utah, im Südwesten von Colorado und im Nordwesten von New Mexico aus. Seine Größe umfasst eine Fläche von rund 112.000 Quadratkilometer, die von 1.500 auf 3.300 Meter ansteigt. Zahlreiche Plateaus aus mehr oder mal weniger abgetragenen Felsschichten reihen sich aneinander, die von Tälern, die durch Gebirgsflüsse entstanden sind, unterbrochen werden. Der bekannteste dieser Flüsse ist sicher der Colorado River.
Wir befinden uns im Indianerland. Immer wieder sind am Strassenrand grosse Schilder zu finden, wo von Indianer verwaltete Sehenswürdigkeiten angepriesen werden. Es hat auch viele Stände, die Schmuck verkaufen. Schon in früheren Jahren haben wir uns immer auf einen besonderen Ort in der Nähe einer kleinen eindrucksvollen Schlucht gefreut, wo wunderschöner Indianerschmuck verkauft wurde. Im letzten Moment erblicken wir die Abzweigung und Jürg zieht unser Gefährt mutig in die Kurve (generell eine blöde Idee, aber es geht gut...). Schon bald spazieren wir die vielen Stände ab und stellen enttäuscht fest, dass nur noch billiger Touristentand verkauft wird. Vorbei sind die Zeiten, wo man schöne handgefertigte Stücke fand wie meinen geliebten Kokopelli. Das was hier verkauft wird, hat keinen Charme und ist nur billige Massenware. Also verlassen wir den Ort wieder.
In Cameron erreichen wir den Highway 89. Nach ein paar Kilometern nordwärts wechseln wir auf den Highway 160, welcher uns nordostwärts bis nach Kayenta führt. Die Strecke ist höchst malerisch. Immer wieder durchqueren wir breite Ebenen, welche von tiefroten Mesas eingerahmt sind. Manchmal kurvt der Highway durch Berge, die ganz verschiedenfarbene Schichten haben oder wie verlassene Burgen mitten im Nirgendwo stehen. Am Horizont entstehen Gewitterzellen, die wie weiss-graue Fabeltiere am Himmel hängen. Oftmals schweben Wolkenberge wie Geisterschiffe über die Wüste und Regenvorhänge ziehen eindrücklich ihre Bahnen übers Land. Es ist eine tolle Fahrt und mein Fotoapparat findet kaum eine Ruhephase, da die Gewitterwolken zusammen mit der roten Landschaft einfach zu malerisch sind.
Gegen Mittag erreichen wir Kayenta und befinden uns mitten im Navajo County des Staates Arizona. Das knapp 5000 Einwohner grosse Städtchen liegt auf einer Höhe von 1719 m über Meer und hat sich ziemlich gemausert seit wir das letzte Mal 1990 hier waren. Als Ausgangspunkt zum Monument Valley ist hier eine gute touristische Infrastruktur aufgebaut worden und viele Navajos verdienen daraus ihr Einkommen. Trotzdem ist die Alkoholabhängigkeit nach wie vor ein grosses Problem in den Reservaten und daher wird hier auch nichts Alkoholhaltiges verkauft.
Wir machen bei einem grossen Einkaufszentrum halt. Gott sei Dank ermöglichen riesige Parkplätze immer ein problemloses Einparken unserer Camper. Im Shoppingcenter decken wir uns mit Vorräten für die nächsten zwei Tage ein. Eva und Mäthu geniessen ein leckeres Mittagessen aus ihrem Kühlschrank, Jürg und ich können dem dortigen McDonald nicht widerstehen und stopfen uns mit einem leckeren Burger voll. Tradition ist Tradition!
Die Fahrt geht weiter auf dem Highway 160. Die Qualität der Strassen ist unterschiedlich. Mal fährt man wie über Samt, da der Belag vor kurzem erneuert wurde und manchmal fährt man über eine katastrophale Rumpelstrecke, die man im Camper doppelt laut mitbekommt. Jürg schimpft darüber, was das Zeugs hält. Und schon bald meint er, dass wir wohl nie als Pensionierte Monate mit so einem Ding unterwegs sein werden, da seine Nerven dies nicht mitmachen würden.
Meilen um Meilen durchfahren wir die endlosen Weiten und langsam begreifen wir, warum jeder Reiseführer davor warnt, allzu lange Strecken mit einem Camper auf einmal zurücklegen zu wollen. Es ist einfach ein anderes Fahren als mit einem PW. Doch Fränzchen erkennt sofort einen gewichtigen Vorteil: als langsamer Verkehrsteilnehmer hat man äusserst selten andere Vehikel vor sich und kann somit uneingeschränkt schöne Fotos schiessen. Das gefällt mir!
Immer eindrücklichere Gewitterzellen entstehen und schweben oftmals wie schneeweiße Barrieren über der Landschaft. Es ist faszinierend. Irgendeinmal erreichen wir einen berühmten Landschaftspunkt: den Four Point Corner. Gerade führt der Highway rasant in ein Tal hinunter als ich im letzten Moment die Abzweigung entdecke. Doch dieses Mal reisst Jürg keine Kurve im letzten Moment und wir düsen dran vorbei. Sofort funke ich Eva und Mäthu, damit sie vom Gas gehen und abbiegen. Wir würden dann irgendwo wenden. Das erweist sich als Herausforderung, da sich nirgends irgendeine Ausweichmöglichkeit zeigt. Doch irgendwann biegt eine unbefestigte Strasse ab und mein professioneller Chauffeur manövriert unseren Camper elegant zurück. So schaffen auch wir es und werden natürlich grinsend von den andern Beiden erwartet.
Wir befinden uns an einem einmaligen Punkt der USA: An einem Ort, wo vier Staaten aufeinander treffen. Dies sind Arizona, Utah, New Mexico und Colorado. Doch der Punkt hier ist auch die Grenze der Navajos und Ute Indianer. Die Navajos betreiben zusammen mit den Ute die Touristenattraktion. Beide Stämme dürfen hier ihre handgefertigten Artikel verkaufen und an andern Ständen werden kulinarische Leckereien angeboten. In der Mitte erblicken wir eine bronzene Tafel, die den Treffpunkt der vier Staaten zeigt. Mit kurzen Schritten kann man also von einem Staat in den andern wechseln. Umrundet wird das Monument von den Staats- und Tribalflaggen der Stämme.
Natürlich fotografieren wir fleissig den historischen Punkt. Man hat auch ein Podest erbaut, damit man das ganze von oben ins richtige Bild rücken kann und ein freundlicher Herr bietet sich an, uns alle verteilt auf vier Staaten von dort oben zu fotografieren. Evchen schwärmt vom indianischen "Fry Bread" und das wieder hungrige Fränzchen muss das natürlich ausprobieren. Man kann dies in salziger oder süsser Variante bestellen, Logischerweise muss die süsse Variante her und so wird der Brotfladen mit Puderzucker eingestäubt. Dummerweise weht draussen eine ziemlich steife Brise, so dass irgendeinmal jeder um mich herum mit weissem Puderzucker eingestäubt ist... Evchen lacht sich darüber krumm, denn auch mein halbes Gesicht sieht weiss aus. Oi oi oi...
Unsere Reise ist bei weitem noch nicht zu Ende. Noch stehen weitere 50 Meilen an. In Cortez befinden wir uns mitten im Ute Indianer Reservat. Der Name "ute" bedeutet Land der Sonne und stand Pate für den Namen des Staates Utah.
In Wikipedia ist folgendes zu den Ute Indianern zu lesen:
Sie lebten in den weiten Landschaften des Großen Beckens (Great Basin) und lebten fast ausschließlich von der Großwildjagd, dazu gehörten auch Jagdzüge in die großen Prärien (Plains) des heutigen Colorados und Neu Mexikos, um Büffel (Bisons) zu erlegen. Sie betrieben keinerlei Ackerbau. Die Ute gelangten als einer der ersten Präriestämme in den Besitz von Pferden, die sie im Handel mit den spanischen Entdeckern ab etwa 1630 eintauschten oder stahlen. Die durch die Pferde völlig veränderte Mobilität führte auch zu einer Veränderung der Gesellschaft der Ute. Es entstanden sowohl Konflikte zwischen den Stämmen als auch Bündnisse mit anderen Völkern, beispielsweise den Comanchen und den Apachen. Den Spaniern und den von ihnen eroberten Pueblo-Indianern bleiben sie feindlich gesinnt.
Nachdem die Comanchen in die südwestlichen Prärien eingedrungen waren, verbündeten die Ute sich mit diesen und drängten gemeinsam die Apachen in den Südwesten. Später wurden sie selbst von ihren ehemaligen Verbündeten, den Comanchen, aus der Prärie in die Berge von Utah und Colorado zurückgedrängt. Obwohl als eher aggressives Volk eingeschätzt standen sie der amerikanischen Regierung weitgehend freundlich gegenüber und unterstützten diese in den Feldzügen gegen die Comanchen, Apachen oder Kiowa (wer erinnert sich noch an die Silberpfeil-Heftchen aus der Kindheit?). Die Vertreibung der Ute aus ihren angestammten Siedlungsgebieten begann mit dem Vertrag zwischen den Ute und der Regierung am 30. Dezember 1849. Im Zuge der Indianerpolitik wurde den Ute immer mehr Land "abgekauft" oder über Verträge gegen andere Gebiete in Reservaten eingetauscht, ihr Lebensraum beschränkte sich nach und nach auf die ihnen von der Regierung zugeteilten Reservate.
Heute leben etwa noch 10.000 Ute in den Vereinigten Staaten, vor allem in drei Indianerreservaten in den Bundesstaaten Utah und Colorado. In dem Reservat "Uintah-Ouray" im nordöstlichen Utah leben etwa 3.500 Stammesmitglieder, weitere 2.000 leben in "Southern Ute" und in der "Ute Mountain Ute Indian Reservation" noch etwa 1500 Ute.
Hier in Cortez leben die südlichen Utes, und die sind besonders wohlhabend und erfolgreich. In ihrem Reservat vermarkten sie das Glücksspiel und den Tourismus höchst eindrücklich. Zudem wurden Öl und Gas auf ihrem Gebiet gefunden. Die Region gilt als schönes und wohnenswertes Lebensgebiet. Es ist toll zu sehen, dass es auch positive Beispiele von Indianer Reservaten gibt! Die Mehrheit sieht leider anders aus.
Unsere Fahrzeuge haben Durst. Gleich Eingangs von Cortez erblicken wir eine riesige Tankstelle. Natürlich möchten wir wieder gerne mit unseren Traveller Checks bezahlen und lösen damit erneut eine Panikattacke aus. Man müsse das Benzin zum voraus bezahlen, bevor wir tanken könnten. Das ist ja gut und schön, aber wie sollen wir wissen wie viel das ganze kostet? Wir machen der jungen indianischen Verkäuferin klar, dass wir (Eva und ich) hier als Geiseln zusammen mit den Traveller Checks bleiben würden bis unsere Männer voll getankt haben. Es könne also nichts passieren. Sie holt dann Hilfe von einer älteren Indianerin, welche uns schräg anschaut und dann einwilligt. Eva und ich können es kaum glauben. So ein Theater!!
Endlich geht's in den Schlussspurt unserer heutigen Tour. Wir durchqueren Cortez und erkennen am Horizont die schneebedeckten Rockies. Nach weiteren acht Meilen erreichen wir die Abzweigung zum Mesa Verde Nationalpark. Kurvig führt uns die letzte Strecke in die Tafelberge hinein. Mitten in einem schönen Tal erreichen wir das Visitor Center, wo uns noch eine Überraschung erwartet. Die Reservation von Jürg und mir für einen Full Hook Up Platz ist nicht zu finden. Na toll... Doch wir haben Glück und es ist gerade noch der letzte Platz verfügbar. Mäthu und Eva haben einen Platz ohne zivilisierte Annehmlichkeiten wie Strom und Wasser reserviert und dort hat alles geklappt. Mäthu hat zuhause betont, dass er ab und zu dem richtigen Campen nachgehen möchte und Eva hat dem zugestimmt. Doch in der Zwischenzeit hat Eva den Luxus von Strom zu schätzen gelernt und hat wenig Freude an der Idee von Mäthu. Leider haben wir nun den letzten Full Hook Up Platz erhalten, so dass eben nur noch das ursprüngliche Campen übrig bleibt. Eva trägt's mit Fassung!
Der Campingplatz liegt wunderschön eingebettet in den umliegenden Bergen. Die Abendsonne scheint herrlich zwischen einem Talschnitt hinein. Die Plätze für die Campers liegen links und rechts von einem Loop. Man hat uns im Visitor Center einen Zettel in die Finger gedrückt, den wir dann beim "Briefkasten" einklemmen sollen. Unser Platz sei leicht zu finden, da es der letzte freie sei. So einfach ist es aber nicht, da gewisse Campers noch nicht stehen und so "schlärpelen" wir von Briefkasten zu Briefkasten bis wir endlich einen freien finden.
Eva und Mäthu haben ihren Platz etwas weiter unten, immerhin haben wir aber Sichtkontakt. Wieder stellen wir unseren Camper und als wir grad fertig sind, kommt es wie es kommen muss, ein anderer hält vor uns und meint wir seien auf seinem Platz. Super! Den Platz, den wir vermutlich hätten beziehen sollen, liegt hundert Meter weiter unten. Die Leute sind aber so nett, dass sie sich dort einnisten werden. Das schätzen wir sehr! Ami's sind da wesentlich unkomplizierter. Da hätten wir wohl Pech gehabt, wenn es Deutsche oder Schweizer gewesen wären...
Aufbruch: | 21.05.2009 |
Dauer: | 4 Wochen |
Heimkehr: | 16.06.2009 |
Route 66